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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.11.2007
Aktenzeichen: 10 TaBVGa 19/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 85 Abs. 2
BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 890
ZPO § 935
ZPO § 940
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.09.2007 - 4 BVGa 23/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

A

Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nimmt der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf Unterlassung in Anspruch.

Die Arbeitgeberin betreibt im Kraftwerk H1 die Industriereinigung. Seit der Übernahme des Betriebes durch die jetzige Arbeitgeberin erstrebt sie den Tarifwechsel in die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Frühjahr 2006 gewählte Betriebsrat, der aus drei Personen besteht.

Im Betrieb der Arbeitgeberin werden Arbeitnehmer auch im Bereich der sogenannten Contherm-Anlage eingesetzt, dort wurde in der Vergangenheit in zwei Schichten von 6.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr gearbeitet; bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden jeweils montags bis freitags wurden 40 Stunden wöchentlich vergütet.

Um die vorgeschriebenen Ruhepausen von 30 Minuten einzuhalten, beabsichtigte die Arbeitgeberin, die restlichen Arbeitsstunden jeweils am letzten Samstag im Monat arbeiten zu lassen. Verhandlungen hierüber mit dem Betriebsrat führten zu keiner Einigung. Auf den zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat geführten Schriftverkehr (Bl. 15 ff.d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.08.2007 (Bl. 21 d.A.) teilte die Arbeitgeberin den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage mit:

"Der Betriebsrat hat meinem Vorschlag zur Neuregelung der Arbeitszeit im ConTherm-Annahmebereich nicht zugestimmt, sodass es bei der bisherigen Regelung verbleibt.

Die geleisteten Stunden werden von dem Vorarbeiter erfasst und Ihnen zur Gegenzeichnung vorgelegt. Soweit die tarifliche Arbeitszeit dadurch nicht ausgeschöpft wird, biete ich die Arbeitsleistung generell am letzten Samstag im Monat an."

Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 20.08.2007 (Bl. 22 d.A.) und vom 21.08.2007 (Bl. 24 d.A.) auf seine Mitbestimmungsrechte hingewiesen hatte, erklärte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 22.08.2007 (Bl. 25 d.A.):

"Der Betriebsrat hat einer Neuregelung zur Arbeitszeit aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen nicht zugestimmt, sodass ich diese nun nicht weiter verfolge. Allerdings bringt dies mit sich eine Bezahlung gemäß Tarif und Arbeitsvertrag. Das dürften auch Sie einsehen, denn nirgendwo ist geregelt, dass der Arbeitgeber Stunden zu bezahlen hat, die nicht geleistet wurden, obwohl Arbeit angeboten wurde. Ich verweise auf § 615 BGB.

...

Bei der vom Betriebsrat gewünschten Schichtzeit 06.00 h bis 14.00 h und 14.00 bis 20.00 h sind schon bei einfacher Berechnung nur 7,5 Stunden Arbeitszeit zu erreichen, sodass darüber hinaus den Mitarbeitern Arbeit am Samstag angeboten wird, damit diese das Stundensoll gemäß Arbeitsvertrag und Tarifvertrag erreichen können. Der Betriebsrat ist daran nicht zu beteiligen, da es sich hier um das Direktionsrecht des Arbeitgebers handelt."

Mit dem am 05.09.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrte der Betriebsrat daraufhin die Unterlassung der Anordnung oder Annahme von Arbeit am letzten Samstag im Monat ohne seine Zustimmung.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin verletze sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG. Da die Arbeitgeberin in grober Weise gegen die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes verstoße, sei der Erlass einer einstweiligen Verfügung geboten, da sein Mitbestimmungsrecht sonst durch Zeitablauf unwiederbringlich verletzt werde.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, gegenüber Arbeitnehmern im Bereich der Contherm-Anlage am letzten Samstag im Monat gemäß dem Schreiben an die Mitarbeiter vom 20.08.2007 Arbeit anzuordnen und/oder anzunehmen ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung einer Einigungsstelle, sofern es sich nicht um leitende Angestellte oder Notfälle handelt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass in der Contherm-Anlage bei fünf Arbeitstagen nur 37,5 Stunden gearbeitet werden könne, da Ruhepausen von täglich 30 Minuten dringend vorgeschrieben seien. Um den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, auf die arbeitsvertragliche bzw. tarifvertragliche Arbeitszeit von 39 Stunden zu kommen, solle den Arbeitnehmern ab 01.09.2007 die Möglichkeit der Arbeitsleistung am letzten Samstag im Monat oder an anderen Tagen gegeben werden. Eine Änderung der bisherigen Arbeitszeit werde dadurch nicht verursacht.

Dem vom Betriebsrat vorgelegten Entwurf einer entsprechenden Betriebsvereinbarung könne nicht zugestimmt werden, da der Betriebsrat die Arbeitszeit ausdehnen wolle, der Betriebsvereinbarungsentwurf sei nicht durchführbar.

Durch Beschluss vom 13.09.2007 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Unterlassungsantrag des Betriebsrats sei begründet, da die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG verletze, sie beabsichtige, ohne Einhaltung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats die zeitliche Lage der Arbeitszeit der Mitarbeiter in der Contherm-Anlage zu ändern, bislang sei samstags dort nicht gearbeitet worden. Auch der erforderliche Verfügungsgrund sei gegeben.

Gegen den der Arbeitgeberin am 18.09.2007 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Arbeitgeberin am 15.10.2007 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 17.10.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat hat inzwischen beim Arbeitsgericht wegen der Arbeitszeiteinteilung in der Contherm-Anlage die Einsetzung einer Einigungsstelle beantragt. Dem Antrag des Betriebsrats wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.10.2007 - 6 BV 140/07 - stattgegeben. Über die dagegen von der Arbeitgeberin eingelegte Beschwerde zum Landesarbeitsgericht - 10 TaBV 111/07 - ist noch nicht entschieden.

Im vorliegenden Verfahren ist die Arbeitgeberin der Auffassung, dass der Betriebsrat einen Verstoß der Arbeitgeberin gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß dargelegt habe. Insbesondere habe der Betriebsrat nicht behauptet, die Arbeitgeberin habe Arbeiten angeordnet oder angenommen. An der bisherigen Arbeitszeit in der Contherm-Anlage von 06.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr habe sich nichts geändert. Geändert habe sich allenfalls die Bezahlung für diese Zeit, weil die Arbeitgeberin die von den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage gemachten Pausen nicht mehr bezahle. Es würden nur noch 7,5 Stunden pro Schicht gezahlt. Lediglich um den Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, wieder 40 Stunden pro Woche bezahlt zu bekommen, sei den Mitarbeitern das Angebot der Samstagsarbeit gemacht worden. Der Betriebsrat verfolge rechtswidrige Ziele, er arbeite nicht für die Mitarbeiter, sondern gegen deren Interessen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.09.2007 - 4 BVGa 23/07 - abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Insbesondere ist er der Auffassung, die Arbeitgeberin verletze Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Mit Schreiben vom 22.08.2007 habe sie "Arbeit am Samstag" angeboten. Wer dies so anbiete, wolle erkennbar diese Arbeit auch annehmen. Hierzu sei aber die Zustimmung des Betriebsrats bzw. ein Spruch der Einigungsstelle notwendig. Die Arbeitgeberin bestreite auch weiterhin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Veränderung der Lage der Arbeitszeit.

Die Beschwerdekammer hat die Akten des Beschwerdeverfahrens 10 TaBV 111/07 Landesarbeitsgericht Hamm informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.

B

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.

I.

Der vom Betriebsrat gestellte Unterlassungsantrag ist zulässig.

1. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren zutreffend im Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig. Die Beteiligten streiten nämlich um die Frage, ob dem Betriebsrat wegen Verstoßes gegen Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG ein Unterlassungsanspruch zusteht.

Nach § 85 Abs. 2 ArbGG ist auch im Beschlussverfahren der Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

3. Dem Unterlassungsantrag fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich regelmäßig aus der Nichterfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs (BAG, Urteil vom 14.09.1994 - AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 13; BAG, Urteil vom 03.06.2003 - AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 19; BAG, Urteil vom 09.05.2006 - AP BErzGG § 15 Nr. 47). Für eine Unterlassungsklage gilt nichts anderes. Das gilt auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Insoweit genügt regelmäßig die Behauptung, dass der vom Antragsteller verfolgte Anspruch besteht. Ob ein solcher Anspruch gegeben ist, ist eine Frage der materiell-rechtlichen Begründetheit. Nur besondere Umstände können das Verlangen, in die materiell-rechtliche Prüfung des Anspruches einzutreten, als nicht schutzwürdig erscheinen lassen. Derartige besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Betriebsrat vorliegend kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Entscheidung haben kann, liegen nicht vor.

II.

Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht dem Unterlassungsantrag des Betriebsrats stattgegeben, er ist begründet.

1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus einem Verstoß der Arbeitgeberin gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG.

a) In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass dem Betriebsrat grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung von mitbestimmungswidrigen Maßnahmen zusteht, wenn der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG verletzt. Dieser Anspruch setzt auch keine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG voraus (BAG, Beschluss vom 03.05.1994 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23; BAG, Beschluss vom 23.07.1996 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 68; BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105; BAG, Beschluss vom 27.01.2004 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 40; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/ Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 87 Rz. 596 und § 23 Rz. 99 f.; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 10. Aufl., § 87 Rz. 316; ErfK/Kania, 8. Aufl., Einl. vor § 74 BetrVG Rz. 28; GK/Oetker, BetrVG, 8. Aufl., § 23 Rz. 130 ff., 137 f. m.w.N.). Auch die beim Beschwerdegericht zuständigen Kammern haben einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich anerkannt (LAG Hamm, Beschluss vom 06.02.2001 - 13 TaBV 132/00 - AiB 2001, 488, LAG Hamm, Beschluss vom 14.01.2005 - 10 TaBV 85/04 -; LAG Hamm, Beschluss vom 26.02.2007 - 10 TaBVGa 7/07 - ).

b) Der Betriebsrat nimmt im vorliegenden Fall zu Recht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG für sich in Anspruch. Hiernach besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Dadurch, dass die Arbeitgeberin, wie sie in ihrem Schreiben vom 20.08.2007 an die Mitarbeiter in der Contherm-Anlage unmissverständlich mitgeteilt hat, die Arbeitnehmer auch am letzten Samstag im Monat einsetzen will, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Satz 2 BetrVG berührt. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Mitarbeiter in der Contherm-Anlage bislang in zwei Schichten von montags bis freitags gearbeitet haben. Diese beabsichtigte Änderung der Arbeitszeit ist nur unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG möglich. Für den Einsatz der Mitarbeiter in der Contherm-Anlage auch an Samstagen ist die Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unerlässlich.

c) Gegen dieses Mitbestimmungsrecht hat die Arbeitgeberin verstoßen, indem sie die Arbeit in der Contherm-Anlage auch am letzten Samstag im jeweiligen Monat ermöglichen will. Dies ist aber nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Eine Zustimmung des Betriebsrats liegt nicht vor.

Die Arbeitgeberin kann demgegenüber auch nicht einwenden, die streitige Maßnahme liegen im Direktionsrecht des Arbeitgebers. Bei der Frage, ob der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer individualrechtlich berechtigt ist, Samstagsarbeit anzuordnen oder zu dulden, mag es sich um eine Frage des Direktionsrechts des Arbeitgebers gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer handeln. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers steht aber im vorliegenden Fall nicht im Streit, streitig vielmehr ist, ob die Arbeitgeberin kollektivrechtlich berechtigt ist, Samstagsarbeit anzuordnen oder zu dulden. Selbst wenn die Arbeitgeberin individualrechtlich gegenüber den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage kraft Direktionsrechts berechtigt wäre, Samstagsarbeit anzuordnen oder zu dulden, enthebt dies die Arbeitgeberin nicht von ihrer Verpflichtung, kollektive Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Arbeitgeberin den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage, wie sie meint, lediglich ermöglicht hat, am letzten Samstag im Monat Arbeitsleistungen zu erbringen. Selbst wenn die Mitarbeiter in der Contherm-Anlage sich zu der Samstagsarbeit freiwillig bereit erklären würden, schließt dies das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht aus. Das Einverständnis der betroffenen Mitarbeiter mit der Samstagsarbeit beseitigt nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Auch die Duldung von freiwillig geleisteten Arbeitsstunden durch den Arbeitgeber unterliegt dem Mitbestimmungsrecht (vgl. BAG, Beschluss vom 27.11.1990 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 41; BAG, Beschluss vom 16.07.1991 - AP BetrVG § 87 Arbeitszeit Nr. 44; Fitting, a.a.O., § 87 Rz. 144; DKK/Klebe, a.a.O., § 87 Rz. 98; ErfK/Kania, a.a.O., § 87 BetrVG Rz. 34 m.w.N.). Der Betriebsrat hat bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands nicht nur dann mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber Arbeiten an bestimmten Tagen ausdrücklich anordnet, sondern auch dann, wenn er freiwillig geleistete Arbeitsstunden nur duldet, indem er sie entgegennimmt. So liegt der vorliegende Fall. Die Arbeitgeberin hat sich bereit erklärt, dass an Samstagen in ihrem Betrieb gearbeitet wird. Sie ist bereit, Samstagsarbeit von Mitarbeitern in der Contherm-Anlage entgegenzunehmen, sie zu dulden. Dies ist ohne Mitbestimmung des Betriebsrats nicht möglich.

Auch in der Anhörung vor der Beschwerdekammer hat sich herausgestellt, dass die Arbeitgeberin an ihrer Absicht, den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage Samstagsarbeit "auf freiwilliger Basis" anzubieten, festhält. Dies stellt einen Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dar.

2. Entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin ist auch der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund gegeben.

Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts ohne alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Zur Abwendung dieser Gefahr muss die einstweilige Verfügung erforderlich sein. Angesichts der Tatsache, dass die auf Unterlassung oder Rückgängigmachung gerichtete einstweilige Verfügung Erfüllungswirkung hat, ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Es kommt insoweit darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen (LAG Hamm, Urteil v. 19.04.1984 - LAGE Art. 9 GG Nr. 14 = NZA 1994, 130; LAG Hamm, Urteil v. 17.03.1987 - LAGE Art. 9 GG Nr. 31 = DB 1987, 846; LAG Hamm, Beschluss v. 06.02.2001 - AiB 2001, 488). Dabei ist auch das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme einerseits für den Arbeitgeberin und andererseits für die Belegschaft angemessen zu berücksichtigen (BAG, Beschluss v. 03.05.1994 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23 - unter B. III. 3. der Gründe). Das durch eine Unterlassungsverfügung zu sichernde Beteiligungsrecht des Betriebsrats ist kein subjektives, absolutes Recht, sondern eine Berechtigung, zum Schutz der Arbeitnehmer durch Ausübung des jeweiligen Beteiligungsrechtes mitgestaltend tätig zu werden. Für die Feststellung eines Verfügungsgrundes kommt es daher nicht allein darauf an, ob dem Betriebsrat die Ausübung seiner Beteiligungsrechte ganz oder jedenfalls für die Vergangenheit unmöglich gemacht wird, sondern auch darauf, ob für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung der damit bezweckte Schutz der Arbeitnehmer unwiederbringlich vereitelt wird.

Bereits die zum Verfügungsanspruch gemachten Ausführungen zeigen, dass die Arbeitgeberin nicht bereit ist, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten. Dies ist für den Betriebsrat nicht hinnehmbar. Der Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch die Arbeitgeberin ist eindeutig und zweifelsfrei. Die Arbeitgeberin hat, wie die Anhörung vor der Beschwerdekammer gezeigt hat, ihre Absicht, den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage Samstagsarbeit anzubieten, auch nicht inzwischen aufgegeben. Dies zeigt, dass der Betriebsrat auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung dringend angewiesen ist. Sinn der §§ 935, 940 ZPO ist es gerade zu verhindern, dass die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt wird. Bestehen an dem Bestand des Verfügungsanspruchs keine vernünftigen Zweifel, ist eine einstweilige Verfügung zu erlassen, da das mögliche Interesse der Arbeitgeberin an der Beibehaltung einer offensichtlich rechtswidrigen Verfahrensweise rechtlich nicht schützenswert ist (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.08.2005 - AiB 20006, 369; LAG Hamm, Beschluss vom 26.02.2007 - 10 TaBV 7/07 -; Walker, ZfA 2005, 45, 53 m.w.N.). Der Betriebsrat ist auf den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung dringend angewiesen, da ohne Erlass ihm ein endgültiger Rechtsverlust hinsichtlich seiner Mitbestimmungsrechte droht. Bereits hieraus ergibt sich die Notwendigkeit und Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Verfügung. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, desto schwerer und offensichtlicher die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist (LAG Köln, Urteil vom 24.11.1998 - NZA 1999, 1008; LAG Hamm, Urteil vom 12.12.2001 - NZA 2003, 311; LAG Hamm, Beschluss vom 26.02.2007 - 10 TaBVGa 7/07 -). Gegen die besondere Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Verfügung spricht auch nicht, dass der Betriebsrat, wie die Arbeitgeberin meint, rechtswidrige Ziele verfolge und gegen die betroffenen Mitarbeiter und deren Interessen arbeite. Ein rechtlich anerkennenswertes Interesse der Arbeitgeberin an der Abweisung des Antrags des Betriebsrats besteht schon deshalb nicht, weil nicht der Betriebsrat, sondern die Arbeitgeberin sich mitbestimmungswidrig und damit rechtswidrig verhält. Auch die den Mitarbeitern in der Contherm-Anlage eingeräumte Möglichkeit, auf freiwilliger Basis Samstagsarbeit zu leisten, ist mitbestimmungspflichtig.

Ende der Entscheidung

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