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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.02.2008
Aktenzeichen: 10 TaBVGa 3/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 85 Abs. 2
ZPO § 935
ZPO § 940
BetrVG § 80 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 19.12.2007 - 1 BVGa 5/07 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten im Wege der einstweiligen Verfügung über einen Anspruch des Betriebsrats auf Hinzuziehung eines Sachverständigen.

Die Arbeitgeberin stellt in ihrem Betrieb in S1 Staubsauerbeutel her. Die ursprüngliche Mitarbeiterzahl von ca. 400 war im Sommer 2006 auf ca. 200 Mitarbeiter gesunken. Im Betrieb ist ein siebenköpfiger Betriebsrat gebildet.

Am 20.09.2006 schlossen die Beteiligten einen Interessenausgleich und Sozialplan (Bl. 6 ff.d.A.). Nach § 4 des Interessenausgleichs war der Abbau von weiteren ca. 100 Arbeitskräften in allen Bereichen vorgesehen.

In § 4.9 des Interessenausgleichs war folgendes festgelegt:

"Die Zahl der verbleibenden Arbeitsplätze nach Ziffern 4.1. und 4.2. steht allerdings unter dem Vorbehalt einer Volumenannahme absehbar in 2007 von 80 Mio Beuteln im MPVV-Bereich. Sollte sich diese Annahme nicht erfüllen, sind weitere Arbeitsplätze gefährdet. Soweit ein weiterer Personalabbau in der Größenordnung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG bis zum 31.12.2007 damit verbunden ist, bedarf die Maßnahme der erneuten Beteiligung des Betriebsrates. Soweit der weitere Personalabbau nicht in der Größenordnung einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 BetrVG erfolgt, werden die bis zum 31.12.2007 durch einen Kündigungsausspruch betroffenen Arbeitnehmer nach den Regelungen des Sozialplans vom 20.09.2006 behandelt."

Das für das Jahr 2007 vorgesehene Volumen von 80 Mio. Staubsauerbeuteln konnte nicht erreicht werden. Die tatsächliche Produktionszahl des Jahres 2007 belief sich auf lediglich 57 Mio. produzierter Staubsaugerbeutel.

Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat daraufhin am 31.08.2007 mit, dass ein weiterer Personalabbau notwendig sei. Der weitere geplante Personalabbau wurde am 16.10.2007 mit insgesamt 18 Mitarbeitern angegeben, auf die einzelnen Abteilungen bezogen dargelegt und dem Betriebsrat näher erläutert (Bl. 24, 25 f.d.A.).

Der Betriebsrat machte wegen der Abteilungen MPVV und Verpackung am 05.11.2007 eine Gegenrechnung auf, nach der er zu einer geringeren Zahl notwendiger Entlassungen kam (Bl. 27 f.d.A.).

Die wegen des Personalabbaus mit dem Betriebsrat geführten Verhandlungen vom 18.10.2007, 05.11.2007 und 14.11.2007, deren Gegenstand auch Überlegungen zum freiwilligen Ausscheiden von Mitarbeitern sowie zur Nutzung des vorhandenen LKW-Verkehrs waren, blieben erfolglos.

Am 16.11.2007 fasste der Betriebsrat den Beschluss, wegen Fehlens des erforderlichen Fachwissens als Sachverständige Frau A2 R2 von der E2-C1 GmbH als externe Sachverständige hinzuzuziehen. Dies teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 20.11.2007 (Bl. 30 d.A.) mit. Mit Schreiben vom 22.11.2007 (Bl. 31 d.A.) erklärte die Arbeitgeberin das Scheitern der Verhandlungen und teilte mit, dass sie die Einsetzung einer Einigungsstelle beantragen werde. Gleichzeitig lehnte sie die Hinzuziehung eines Sachverständigen ab und wies darauf hin, dass die vorgelegten Berechnungen zum Personalabbau jederzeit nochmals durch den Werkmeister S5 erläutert werden könnten. Auf der Betriebsratssitzung vom 05.12.2007 fasste der Betriebsrat daraufhin den Beschluss zur Einleitung eines Beschlussverfahrens zwecks Hinzuziehung eines Sachverständigen gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG. Zugleich wurde beschlossen, seinen Verfahrensbevollmächtigten mit der Einleitung des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens zu beauftragen (Bl. 85 ff.d.A.).

Der Betriebsrat leitete daraufhin am 11.12.2007 das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein.

Zuvor hatte die Arbeitgeberin bereits am 26.11.2007 beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle beantragt. Diesem Antrag wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 21.12.2007 - 1 BV 33/07 Arbeitsgericht Herford - stattgegeben. Gegen diesen Beschluss haben beide Beteiligte Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt - 13 TaBV 6/08 Landesarbeitsgericht Hamm -, über die noch nicht entschieden ist.

Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung (Bl. 29 d.A.) hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, er habe gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Hinzuziehung eines Sachverständigen, da dies zur Plausibilitätsprüfung der Planung weiterer Entlassungen erforderlich sei. Er, der Betriebsrat, habe bei Prüfung der von der Arbeitgeberin vorgelegten Unterlagen festgestellt, dass er die notwendige Sachkunde zur Beurteilung der Notwendigkeit von Entlassungen zumindest hinsichtlich der Zahlen nicht habe beurteilen können. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen sei insbesondere deshalb erforderlich, weil die Arbeitgeberin ihm, dem Betriebsrat, vorgeworfen habe, keine eigenen Konzepte zu entwickeln und seinen Vorschlag rundweg abgelehnt habe. Er, der Betriebsrat, könne auch nicht auf weitere innerbetriebliche Erläuterungen verwiesen werden. Weitere schriftliche Erläuterungen zu den erklärten Personalabbaumaßnahmen habe die Arbeitgeberin ausdrücklich abgelehnt.

Der Betriebsrat hat ferner die Auffassung vertreten, der geltend gemachte Anspruch könne angesichts besonderer Eilbedürftigkeit auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Die besondere Dringlichkeit ergebe sich aus dem bevorstehenden Einigungsstellenbesetzungsverfahren. Der Betriebsrat müsse den notwendigen Sachverständigenrat bereits im Einigungsstellenbesetzungsverfahren besitzen, um dort auf Augenhöhe mit der Arbeitgeberin verhandeln zu können. Im Übrigen sei zu befürchten, dass ein Hauptsacheverfahren auf Hinzuziehung eines Sachverständigen rechtskräftig erst entschieden werde, wenn die beabsichtigten Maßnahmen bereits durchgeführt seien.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung, aufgrund der besonderen Dringlichkeit gegebenenfalls zu erlassen ohne vorherige mündliche Verhandlung, aufzugeben, die Zustimmung zu der Hinzuziehung und Kostenübernahme von Frau A2 R2 als Sachverständige des Betriebsrats für eine Plausibilitätsprüfung der von der Arbeitgeberin zur Begründung des anstehenden Personalabbaus von 18 MitarbeiterInnen gemachten Angaben gemäß dem Angebot vom 30.11.2007 zu erteilen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es sei schon zweifelhaft, ob ein ordnungsgemäßer Beschluss des Betriebsrats über die Hinzuziehung eines Sachverständigen vorlägen. Es fehlten nämlich präzise Angaben darüber, in welcher Hinsicht erforderliche Kenntnisse fehlten und zu welchem Aufgabenbereich, mit welcher Zielsetzung und zu welchen Kosten und unter welchen Bedingungen die benannte Sachverständige tätig werden solle. Es sei auch nicht ersichtlich, warum ein Aufwand von vier Tagen erforderlich sei.

In jedem Fall sei die Hinzuziehung eines Sachverständigen nach dem derzeitigen Verfahrensstand nicht erforderlich. Es sei schon nicht erkennbar, in welchem Bereich konkrete Kenntnisse des Betriebsrats fehlten. Insbesondere im Verhandlungstermin vom 05.11.2007 habe es Diskussionen über die jeweils aufgestellten Berechnungen gegeben. Es sei in keiner Weise zum Ausdruck gebracht worden, inwieweit ein Informationsdefizit oder weiterer Erklärungsbedarf seitens des Betriebsrats vorliege. Zu einigen Bereichen habe der Betriebsrat überhaupt noch nicht Stellung genommen, ohne dass Gründe dafür benannt worden seien. Die Arbeitgeberin habe auch nicht erklärt, dass weitere schriftliche Erläuterungen zu den geplanten Personalabbaumaßnahmen nicht mehr erfolgen würden. Das Gegenteil ergebe sich aus dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 22.11.2007. Die Erforderlichkeit der Einsetzung eines Sachverständigen fehle schon deshalb, weil der Betriebsrat die in diesem Schreiben angebotenen innerbetrieblichen Informations- und Erklärungsmöglichkeiten nicht in Anspruch genommen habe.

Die Arbeitgeberin hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, es fehle auch an einer Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Eventuelle Informationsdefizite könnten in dem angestrebten Einigungsstellenverfahren beseitigt werden.

Durch Beschluss vom 19.12.2007 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der begehrten einstweiligen Verfügung fehle es schon an einem Verfügungsanspruch. In welchen Punkten dem Betriebsrat hinreichende Kenntnisse hinsichtlich des geplanten Personalabbaus fehlten, sei nicht ausreichend dargelegt. Die geplanten Personalmaßnahmen seien dem Betriebsrat detailliert in mehreren Verhandlungen erläutert worden, der Betriebsrat sei schlicht zu anderen Ergebnissen als die Arbeitgeberin gelangt, ohne fehlende Beurteilungsmöglichkeiten zu monieren. Die vorherigen innerbetrieblichen Informationsmöglichkeiten, die dem Betriebsrat mit Schreiben vom 22.11.2007 ausdrücklich angeboten worden seien, habe der Betriebsrat nicht ausgeschöpft.

Gegen den dem Betriebsrat am 08.01.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 16.01.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, die Hinzuziehung eines Sachverständigen sei im vorliegenden Fall erforderlich. Es gehe insoweit nicht um die Aufarbeitung vorhandener Informationsdefizite, sondern vielmehr darum, dass erteilte Informationen vom Betriebsrat nicht so bewertet werden könnten, wie dies notwendig sei, um auf Augenhöhe mit der Arbeitgeberseite verhandeln zu können. Die Bewertung, in welchem Umfang ein weiterer Personalabbau notwendig sei, könne vom Betriebsrat nicht mit der notwendigen Sicherheit vorgenommen werden, weil die Betriebsratsmitglieder selbst nicht über eine entsprechende Qualifikation verfügten. Gerade dann, wenn der Betriebsrat die auf Befragen erhaltenen Erläuterungen des Arbeitgebers nicht für nachvollziehbar halte, müsse er die Möglichkeit haben, diese mittels eines externen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Mit seinem Beschluss vom 16.11.2007 habe der Betriebsrat auch im Hinblick auf die entstehenden Kosten Augenmaß walten lassen. Die Kosten für die Sachverständige beliefen sich lediglich auf 4.800,00 €. Insoweit bestehe sogar die Möglichkeit, dass ein anschließendes Einigungsstellenverfahren sich nach erfolgter Prüfung durch die Sachverständige kürzer und damit auch kostengünstiger gestalte.

Auch ein Verfügungsgrund sei vorhanden. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Angelegenheit eilbedürftig. Die Argumentation, notwendige Informationsdefizite könnten noch im Einigungsstellenverfahren nachgeholt werden, sei nicht nachzuvollziehen. Der Betriebsrat habe ein Recht darauf, sich schon vor Durchführung des Einigungsstellenverfahrens in einen entsprechenden Argumentationsstand zu versetzen. Unter Umständen sei es sogar notwendig, den Einigungsstellenvorsitzenden von der Richtigkeit der Bewertung durch den Betriebsrat zu überzeugen. Dies sei dem Betriebsrat wegen fehlender betriebswirtschaftlicher und produktionstechnischer Spezialkenntnisse nicht möglich.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Herford vom 19.12.2007 - 1 BVGa 5/07 - der Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die Zustimmung zu der Hinzuziehung und Kostenübernahme von Frau A2 R2 als Sachverständige des Betriebsrats für eine Plausibilitätsprüfung der von der Arbeitgeberin zur Begründung des anstehenden Personalabbaus von 18 MitarbeiterInnen gemachten Angaben gemäß dem Angebot vom 30.11.2007 zu erteilen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags verteidigt sie den angefochtenen Beschluss. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen sei schon deshalb nicht erforderlich, weil der Betriebsrat verpflichtet sei vorrangig den Sachverstand des Unternehmens zu nutzen. Im Übrigen habe der Betriebsrat selbst zu dem erforderlichen Personalabbau in den Bereichen MPVV und Verpackung ausreichend Stellung nehmen können und ein Gegenkonzept vorgelegt, ohne hierzu externen Sachverständigenrat zu benötigen. Welche konkreten Fragestellungen der Sachverständige beantworten solle und welche Informationen der Betriebsrat noch benötige, sei nicht dargelegt. Durch die vorherige Nutzung der Erkenntnisquellen der Arbeitgeberin könne ein etwaiger Aufwand für den Sachverständigen begrenzt und vermieden werden. Insoweit habe das Arbeitsgericht zutreffend auf das Schreiben der Arbeitgeberin vom 22.11.2007 verwiesen, in welchem die Arbeitgeberin dem Betriebsrat ausdrücklich angeboten habe, die vorgelegten Berechnungen jederzeit nochmals durch den Betriebsleiter erläutern und erklären zu lassen. Dieses Angebot habe der Betriebsrat nicht einfach ablehnen dürfen.

Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die benannte Sachverständige in einem Umfang von bis zu vier Arbeitstagen tätig werden müsse. Würde der Betriebsleiter, der ja keine zusätzlichen Kosten verursache, zunächst zur Verständniserlangung befragt werden, würden sich möglicherweise etwaige Problempunkte klären, offene Fragen könnten präzisiert werden.

Schließlich fehle es auch an der erforderlichen Eilbedürftigkeit, weil etwaige Informationslücken im Einigungsstellenverfahren behoben werden könnten. Im Übrigen habe der Betriebsrat selbst eine gewisse Dringlichkeit im Sinne eines fehlenden Kenntnisstandes verursacht, indem er die ausdrücklich angebotene weitere innerbetriebliche Klärungsmöglichkeiten nicht genutzt habe.

Die Beschwerdekammer hat die Akten 1 BV 33/07 Arbeitsgericht Herford = 13 TaBV 6/08 Landesarbeitsgericht Hamm informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht stattgegeben.

I.

Der vom Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz gestellte Antrag ist zulässig.

1. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren zutreffend im Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit, nämlich die Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG streitig.

Nach § 85 Abs. 2 ArbGG ist auch im Beschlussverfahren der Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig.

2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Die nach Auffassung des Betriebsrats hinzuzuziehende Sachverständige ist nicht am vorliegenden Beschlussverfahren zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 25.04.1978 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 11).

II.

Der Antrag des Betriebsrats ist jedoch nicht begründet.

Dem Antrag auf Hinzuziehung eines Sachverständigen fehlt es schon an einem im Eilverfahren durchsetzbaren Verfügungsanspruch, § 80 Abs. 3 BetrVG i.V.m. §§ 935, 940 ZPO.

Nach § 80 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Hinzuziehung von Sachverständigen im Eilfall bei entsprechender Dringlichkeit auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. In dringenden Fällen kann der Betriebsrat die fehlende Zustimmung des Arbeitgebers zur Hinzuziehung eines Sachverständigen auch im einstweiligen Verfügungsverfahren ersetzen lassen (LAG Köln, Beschluss vom 05.03.1986 - LAGE BetrVG § 80 Nr. 5; LAG Hamm, Beschluss vom 15.03.1994 - LAGE BetrVG § 80 Nr. 12; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 80 Rz. 93; ErfK/Kania, 8. Aufl., § 80 BetrVG Rz. 36; Däubler/Kittner/Klebe/Buschmann, BetrVG, 10. Aufl., § 80 Rz. 129 und 144; Pflüger, NZA 1988, 45, 49 m.w.N.).

Das Arbeitsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass es der begehrten einstweiligen Verfügung bereits am Verfügungsanspruch im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG fehlt. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen kann der Betriebsrat nur verlangen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen besteht aber, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht.

1. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Betriebsrat nach § 80 Abs. 3 BetrVG setzt voraus, dass dieser dem Betriebsrat fehlende Kenntnisse vermitteln soll, die er zur Wahrnehmung einer konkreten Aufgabe nach dem Betriebsverfassungsgesetz benötigt. Aufgabe des Sachverständigen ist es nicht, dem Betriebsrat fehlende Kenntnisse in bestimmten Angelegenheiten generell oder auf Vorrat zu vermitteln. Zur Erteilung seiner Zustimmung zur Heranziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG darf der Arbeitgeber nur verpflichtet werden, wenn die Heranziehung des Sachverständigen in der konkreten Situation, in der der Betriebsrat seine Aufgaben zu erfüllen hat, als erforderlich anzusehen ist (zuletzt: BAG, Beschluss vom 16.11.2005 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 64; Fitting, a.a.O., § 80 Rz. 88; ErfK/Kania, a.a.O., § 80 BetrVG Rz. 34; DKK/Buschmann, a.a.O., § 80 Rz. 130; GK/Kraft/Weber, BetrVG, 8. Aufl., § 80 Rz. 123 f.; Hunold, NZA 2006, 583 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Beschwerdekammer anschließt, fehlt es an der Erforderlichkeit für die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG, wenn sich der Betriebsrat die fehlende Sachkunde kostengünstiger als durch die Beauftragung eines Sachverständigen verschaffen kann. Der Betriebsrat ist aus den Grundsätzen der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit verpflichtet, zum Erwerb des notwendigen Fachwissens zunächst die innerbetrieblichen Erkenntnisquellen zu erschließen, ehe die mit Kosten verbundene Beauftragung eines Sachverständigen als erforderlich angesehen werden kann (BAG, Beschluss vom 04.06.1987 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 30; BAG, Beschluss vom 16.11.2005 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 64). Die Mitglieder des Betriebsrats haben sich insbesondere um die selbständige Aneignung der notwendigen Kenntnisse zu bemühen und gegebenenfalls weitere, ihnen vom Arbeitgeber gebotene Möglichkeiten der Unterrichtung durch sachkundige Arbeitnehmer des Betriebs oder Unternehmens zu nutzen. Dies darf der Betriebsrat nicht von vornherein mit der pauschalen Begründung ablehnen, diese Personen besäßen nicht das Vertrauen des Betriebsrats, weil sie im Dienste des Arbeitgebers stünden und deshalb nicht als neutral oder objektiv angesehen werden könnten (BAG, Beschluss vom 26.02.1992 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 48; BAG, Beschluss vom 16.11.2005 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 64; LAG Köln, Beschluss vom 18.10.2006 - LAGE BetrVG 2001 § 80 Nr. 4).

2. Auch die Beschwerdekammer hat die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen in dem vorgenannten Sinne nicht bejahen können. In welchen Punkten dem Betriebsrat Kenntnisse und Informationen fehlten, um den erforderlichen Personalabbau hinreichend einschätzen zu können und über die von der Arbeitgeberin beantragte Personalabbaumaßnahmen weiter in einer Einigungsstelle verhandeln zu können, ist vom Betriebsrat nicht in ausreichender Weise dargelegt worden. Die geplante Personalabbaumaßnahme im Bereich MPVV und im Bereich Verpackung ist dem Betriebsrat jedenfalls so detailliert durch die Arbeitgeberin erläutert worden, dass er hierzu in einer Gegenrechnung am 5.11.2007 Stellung nehmen und ein Gegenkonzept erarbeiten konnte. Der Betriebsrat kam schlicht zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich des notwendigen Umfangs des Personalabbaus, ohne dass er fehlende Beurteilungsmöglichkeiten und fehlende Informationen konkret bemängelt hätte. Der Betriebsrat hat auch nicht vorgetragen, warum er hinsichtlich der weiteren von den Personalabbaumaßnahmen betroffenen Bereiche - etwa Logistik, Entkalker - keine Stellung nehmen konnte.

Jedenfalls konnte dem Vorbringen des Betriebsrats nicht entnommen werden, dass er sämtliche ihm zugänglichen Informationsquellen genutzt hat. Das Angebot der Arbeitgeberin aus dem Schreiben vom 22.11.2007, sich die bei den bisherigen Verhandlungen vorgelegten Berechnungen zum Personalabbau nochmals durch den Betriebsleiter S5 erläutern und erklären zu lassen, hat der Betriebsrat nicht angenommen. Dieses Angebot durfte der Betriebsrat auch nicht unter Hinweis auf den gleichen Argumentationsstand ablehnen und gleichzeitig die Hinzuziehung eines Sachverständigen beantragen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, war es dem Betriebsrat auch nicht unzumutbar, dieses Angebot zunächst auszuschöpfen. Dies gilt auch dann, wenn dem Betriebsrat zuvor, wie er an Eides statt versichert hat, zunächst mitgeteilt worden wäre, dass es weitere schriftliche Erläuterungen zu den geplanten Personalabbaumaßnahmen nicht mehr geben werde. Selbst wenn eine derartige Weigerung durch die Arbeitgeberin vorgelegen hätte, wäre sie durch das Angebot im Schreiben vom 22.11.2007 revidiert worden.

Auch wenn die Beschwerdekammer davon ausgeht, dass dem Betriebsrat bestimmte betriebswirtschaftliche und produktionstechnische Spezialkenntnisse fehlen und insoweit weiteres Informationsbedürfnis bestand, ist vom Betriebsrat nicht ausreichend dargelegt worden, dass er seinen Beschluss, einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen, unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Arbeitgeberseite an der Geringhaltung der entstehenden Kosten getroffen hat. Ohne die Darlegung besonderer Umstände durfte der Betriebsrat die angebotene Informationsvermittlung durch den Betriebsleiter nicht ablehnen. Dessen vorherige Befassung mit dem Umfang der erforderlichen Personalabbaumaßnahmen schließt es nicht aus, dass er dem Betriebsrat gegenüber den Umfang der Personalabbaumaßnahmen in einer Weise darzustellen in der Lage ist, die es dem Betriebsrat ermöglicht, die damit verbundene Problematik weiter zu erschließen. Der Betriebsrat war auch deshalb zur Nutzung der ihm durch die Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Erkenntnisquellen verpflichtet, weil hierdurch der Umfang der Beauftragung des Sachverständigen und damit der für die Arbeitgeberin verbundene Aufwand hätte begrenzt werden können. Die von der Arbeitgeberin angebotene Vorinformation war jedenfalls geeignet, die Informationstiefe des externen Sachverständigen zu verringern. Nach weiteren Informationen durch den Betriebsleiter hätte sich ein externer Sachverständiger möglicherweise lediglich noch mit Teilbereichen befassen müssen.

Im Übrigen geht es bei der vorliegenden Personalabbaumaßnahme lediglich um einen relativ überschaubaren Komplex. Die Arbeitgeberin beabsichtigte einen weiteren Personalabbau von 18 Mitarbeitern. Dabei hat der Betriebsrat in den bisher geführten Verhandlungen selbst gezeigt, dass er durch Vorlage eines von ihm selbst entwickelten Gegenkonzepts in der Lage ist, den Sachverhalt zu durchschauen und zu bearbeiten. Worin ein fehlender Sachverstand und weiterer Klärungsbedarf bestanden hat, der nur und ausschließlich durch einen externen Sachverständigen behoben werden kann, ist vom Betriebsrat nicht vorgetragen worden.

Im Übrigen hat das Arbeitsgericht auch zu Recht darauf hingewiesen, dass ein etwaiger fehlender Sachverstand im Übrigen auch in der Einigungsstelle, die jedenfalls erstinstanzlich eingerichtet worden ist, geklärt werden kann. Gerade weil eine Einigungsstelle - jedenfalls erstinstanzlich - eingerichtet worden ist, hätte der Betriebsrat diesen Umstand bei seinen Überlegungen einbeziehen müssen. Ein etwaiger fehlender Sachverstand kann in der Einigungsstelle geklärt werden (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 26.07.2004 - 10 TaBV 64/04 - AuA 2005, 312; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19.04.2005 - 5 Ta 18/05 - ). Die Einigungsstelle kann die Hinzuziehung eines Sachverständigen anordnen, ohne auf eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber nach § 80 Abs. 3 BetrVG angewiesen zu sein (Fitting, a.a.O., § 76 Rz. 44; DKK/Berg, a.a.O., § 76 Rz. 68; Richardi, a.a.O., § 76 Rz. 91). Sie entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Einholung weiteren Sachverstands erforderlich ist.

III.

Gegen diese Entscheidung findet die Rechtsbeschwerde nicht statt, § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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