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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.01.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 2136/07
Rechtsgebiete: TVG, BAT, TV-L, TV Zuwendung


Vorschriften:

TVG § 3
TVG § 4
BAT
TV-L
TV Zuwendung
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 11.10.2007 - 4 Ca 2564/07 - wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Anwendbarkeit des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) auf ihr Arbeitsverhältnis und über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer restlichen Zuwendung für das Jahr 2006 nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV Zuwendung) in Höhe von 3.365,68 € brutto.

Der am 06.06.1958 geborene Kläger ist Mitglied der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Seit dem 01.04.1991 ist er bei dem beklagten Land als Arzt in dem Justizvollzugskrankenhaus in F2 beschäftigt, seit dem 11.05.1991 als Oberarzt der Inneren Abteilung. § 2 des zwischen den Parteien unter dem Datum vom 12.03.1991 abgeschlossenen Arbeitsvertrages lautet:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung."

Der BAT und der TV Zuwendung (Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973) wurden seinerzeit auf der Arbeitnehmerseite von der Gewerkschaft ÖTV/ver.di "zugleich handelnd für Marburger Bund" abgeschlossen. Zugrunde lag eine entsprechende Bevollmächtigung durch den Marburger Bund. Der Marburger Bund hatte in der Vergangenheit der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG), die sich später mit der ÖTV zur neu gegründeten Gewerkschaft ver.di zusammenschloss, eine Verhandlungs- und Abschlussvollmacht für die Verhandlungen zum BAT erteilt. Der TV Zuwendung ist von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zum 30.06.2003 gekündigt worden und seitdem von dem beklagten Land zunächst als nachwirkender Tarifvertrag gemäß § 4 Abs. 5 TVG angewandt worden.

Der TV Zuwendung sieht in der Protokollnotiz 1 zu § 2 TV Zuwendung vor, dass der Bemessungssatz für die Zuwendung vom 1.Mai 2004 an 82,14 v. H. beträgt [von der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT, wenn der Angestellte während des ganzen Monats September Urlaub gehabt hätte].

Am 10.09.2005 entzog der Marburger Bund der Gewerkschaft ver.di die Vollmacht, ihn weiterhin in Tarifverhandlungen zu vertreten. Von der Gewerkschaft ver.di wurde der BAT danach gekündigt. Die zwischen dem Marburger Bund und der TdL bestehenden Tarifverträge sind weder von dem Marburger Bund noch von der TdL gekündigt worden. Am 12.10.2006 schlossen die Gewerkschaft ver.di und die TdL den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder ab (TV-L) sowie den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder).

Nach dem Abschluss dieser Tarifverträge zahlte das beklagte Land dem Kläger eine Vergütung nicht mehr nach dem BAT sondern nach dem TV-L. Im November 2006 erhielt der Kläger eine Jahressonderzahlung in Höhe von 35 % der Bruttovergütung für September 2006, was im Vergleich zu einer Sonderzuwendung nach dem TV Zuwendung (82,14 %) zu einer Differenz in Höhe von 3.365,68 € brutto führte. Nachdem der Kläger vergeblich schriftlich im November 2006 gegenüber dem beklagten Land darauf hingewiesen hatte, dass der BAT für sein Arbeitsverhältnis fortgelte, und die Jahressonderzahlung nach Maßgabe des BAT unter Fristsetzung bis zum 05.01.2007 gefordert hatte, verfolgt der Kläger mit der am 10. Mai 2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage sein Begehren auf Feststellung, dass für das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT fortgelte, und verlangt zugleich die Zahlung der restlichen Sonderzuwendung in Höhe von 3.365,68 € brutto nebst Zinsen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der TV-L ersetze im streitgegenständlichen Arbeitsverhältnis den BAT nicht, so dass das beklagte Land sich nicht auf § 2 des Arbeitsvertrages beziehen könne. Der TV-L ersetze nämlich die Regelungen des BAT nur für diejenigen Tarifvertragsparteien, die den TV-L abgeschlossen hätten. Der Sinn und Zweck der vertraglichen Bezugnahmeklausel werde unterlaufen, wenn die Bezugnahmeklausel dem beklagten Land das Recht gewähren würde, die tarifvertraglichen Rechte einseitig zu modifizieren, indem sie mit anderen Gewerkschaften Tarifverträge abschließe. Der TV-L sei auch nicht wegen des Grundsatzes der Spezialität einschlägig. Es liege weder eine Tarifkonkurrenz noch eine Tarifpluralität vor.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961, zuletzt geändert durch den 78. Änderungstarifvertrag vom 31. Januar 2003, über den 31.10.2006 hinaus fortgelten,

an den Kläger als restliche Jahresssonderzahlung für das Jahr 2006 einen Betrag in Höhe von 3.365,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2007 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, der TV-L ersetze den BAT. Kraft der arbeitsvertraglichen Bezugnahme finde dieser daher künftig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. § 2 des Arbeitsvertrages sei als dynamische Verweisung in Form einer Gleichstellungsabrede zu verstehen. Im Übrigen sei die bestehende Tarifpluralität gemäß dem Grundsatz der Spezialität aufzulösen. Danach sei der TV-L als im Vergleich zum BAT näherer und daher speziellerer Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.10.2007 festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 23.02.1961, zuletzt geändert durch dem 78. Änderungstarifvertrag vom 31.01.2003, über den 31.10.2006 hinaus fortgelten. Es hat das beklagte Land ferner verurteilt, an den Kläger als restliche Jahressonderzahlung für das Jahr 2006 einen Betrag von 3.365,68 € nebst Zinsen zu zahlen. Der zulässige Feststellungsantrag zur Anwendung des BAT sei begründet. Gehe man davon aus, dass der BAT durch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund nicht gekündigt worden sei, so finde der BAT weiterhin Anwendung. Der Abschluss des TV-L habe nicht zur Beseitigung des BAT geführt, weil er die Regelungen des BAT nur für diejenigen Tarifvertragsparteien ersetze, die den TV-L abgeschlossen hätten. Eine Rechtsmacht, den BAT auch für die Mitglieder des Marburger Bundes zu beseitigen, sei nach Entzug der Vollmacht für eine Vertretung durch die Gewerkschaft ver.di nicht mehr vorhanden gewesen. Bedenken gegen die Anwendbarkeit des BAT für die im Marburger Bund organisierten Ärzte des Landes NRW einerseits sowie die Anwendbarkeit des TV-L für die Mitglieder der Gewerkschaft ver.di andererseits bestünden nicht. Das Nebeneinander sei vielmehr Konsequenz aus dem Vorhandensein konkurrierender Gewerkschaften in einem Betrieb, die durch die in Art. 9 Abs. 3 GG gewährte Koalitionsfreiheit entstehe. Sofern der BAT durch den Marburger Bund gekündigt worden sei, gelte das Ergebnis der Anwendbarkeit des BAT mit der Maßgabe, dass dann der BAT gemäß § 4 Abs. 5 TVG fortgelte. Bisher sei ein neuer Tarifvertrag zwischen der TdL und der Ärztegewerkschaft Marburger Bund nicht abgeschlossen. Da auf das Arbeitsverhältnis der Parteien weiterhin der BAT sowie die ergänzenden Tarifverträge Anwendung fänden, gelte auch der TV Zuwendung weiter. Daraus resultiere der Anspruch auf eine Sonderzahlung in Höhe von 82,14 % des Gehaltes für September 2006 gemäß Protokollerklärung Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung. Abzüglich des gezahlten Betrages bestehe noch ein Anspruch des Klägers in Höhe von 3.365,68 €.

Das Urteil ist dem beklagten Land am 19.11.2007 zugestellt worden. Das beklagte Land hat am 11.12.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 19.02.2008 am 19.02.2008 begründet.

Das beklagte Land wendet ein, durch den Abschluss des TV-L sei eine Tarifpluralität zwischen dem TV-L und dem (weder von der TdL noch vom Marburger Bund gekündigten) BAT eingetreten. Die Tarifpluralität sei dahin aufzulösen, dass der TV-L Vorrang vor dem BAT genieße. Zwischen der Anwendung des BAT und der Anwendung des TV-L habe eine Auflösung nach dem Grundsatz der Spezialität stattzufinden. Der weniger spezielle Tarifvertrag werde verdrängt. Der TV-L enthalte in § 42 Sonderregelungen für Ärztinnen und Ärzte außerhalb von Universitätskliniken und sei damit gegenüber dem BAT spezieller. Angesichts der komplexen die besonderen Bedürfnisse von Krankenhausärzten berücksichtigenden Regelungen im TV-L könne kein Zweifel daran bestehen, dass der TV-L im Vergleich zu dem BAT in jeder Hinsicht - insbesondere jedoch bei einer zusammenfassenden Bewertung - einen spezielleren Tarifvertrag darstelle. Der grundsätzlich im Verhältnis zwischen dem beklagten Land und dem bei dem Marburger Bund organisierten Ärzten weiterhin anwendbare BAT werde daher durch den spezielleren Tarifvertrag TV-L verdrängt. Dies habe zur Konsequenz, dass auch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ausschließlich der TV-L anzuwenden sei.

Daher bestehe auch kein Anspruch auf die eingeklagte restliche Jahressonderzahlung für das Jahr 2006. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der TV Zuwendung gekündigt sei und im Jahr 2006 allenfalls kraft Nachwirkung angewandt werden könne. Der Auffassung des BAG im Urteil vom 28.05.1997 (4 AZR 546/95), dass die gleichzeitige Anwendung eines (lediglich) nachwirkenden Tarifvertrages und eines neuen Tarifvertrages für verschiedene Arbeitnehmer eines Betriebes keinen Fall der Tarifpluralität darstelle, sei nicht zuzustimmen. Die nach der Rechtsauffassung des Klägers kraft Nachwirkung anzuwendenden Bestimmungen des BAT (gemeint offenbar: TV Zuwendung) seien zudem gemäß § 4 Abs. 5 TVG durch die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages verdrängt. Gemäß § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages sei der ursprünglich anwendbare BAT durch den TV-L ersetzt worden. Die Bezugnahmeklausel in § 2 Satz 1 Arbeitsvertrag stelle eine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG dar, welche die Anwendung eines nachwirkenden Tarifvertrages beende.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 11.10.2007 (4 Ca 2564/07) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Argumentation des beklagten Landes greife bereits deshalb nicht durch, weil er in keinem Fall vom personalem Anwendungsbereich des TV-L nach § 1 umfasst sei. Nach § 1 Abs. 2 b TV-L gelte der TV-L nicht für Beschäftigte, die ein über das Tabellenentgelt 15 hinausgehendes regelmäßiges Entgelt bezögen. Sein einschlägiges Vergleichsentgelt nach § 5 TVÜ-Länder betrage unstrittig 5.189,66 €. Der TV-L sehe in der höchsten Entgeltgruppe 15 in der höchsten Entwicklungsstufe 5 lediglich ein Gehalt von 4.780,00 € brutto vor, welches somit das ihm zustehende Vergleichsgehalt deutlich unterschreite. Der personale Anwendungsbereich des TV-L sei nicht eröffnet, der TV-L gelte für ihn nicht. Abgesehen davon sei der TV-L aber auch nicht anstelle des BAT im Wege der Tarifpluralität anzuwenden. Da der Marburger Bund der Gewerkschaft ver.di im September 2005 das Verhandlungsmandat entzogen habe, sei der Marburger Bund nicht Vertragspartei des 2006 abgeschlossenen TV-L, welcher den BAT außer Kraft setze.

Als Mitglied des Marburger Bundes sei er nicht an den TV-L tarifgebunden. Eine Berechtigung des beklagten Landes, den BAT unter Berufung auf den Grundsatz der Tarifeinheit nicht mehr anzuwenden und stattdessen auf den TV-L zuzugreifen und ihm so den unmittelbaren tarifvertraglichen Schutz durch den BAT zu entziehen, bestehe nicht. Entgegen der Argumentation des beklagten Landes sei der TV-L nicht spezieller als der jahrelang im Justizvollzugskrankenhaus der Beklagten angewandte BAT. Es sei widersprüchlich, wenn das beklagte Land die Anwendung des TV-L als eines Tarifvertrages für alle Arbeitnehmer ausgerechnet damit zu begründen versuche, dass der TV-L gerade Sonderregelungen nur für Ärzte außerhalb der Universitätsklinika und somit Klauseln enthalte, die gerade nicht für alle Arbeitnehmer gelten würden. § 42 TV-L sei zudem tatbestandlich nicht einschlägig. § 42 TV-L beziehe sich nach seinem Wortlaut auf Ärzte, die nicht in Krankenhäusern oder Einrichtungen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stünden, beschäftigt würden. Die Arbeit in einem Justizvollzugskrankenhaus diene jedoch voll umfänglich der Versorgung von Patienten und sei deshalb nicht vom Geltungsbereich des § 42 Nr. 1 TV-L umfasst. Die von dem beklagten Land vertretene Auffassung zum Prinzip der Tarifeinheit sei erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Auffassung des beklagten Landes bedeute einen Eingriff in die durch Art.9 GG geschützte kollektive Koalitionsfreiheit des Marburger Bundes, dessen mit der TdL seinerzeit abgeschlossener Tarifvertrag (BAT) durch die Argumentation des Landes zum Grundsatz der Tarifeinheit bei Tarifpluralität verdrängt werde. Dem Marburger Bund werde mit dieser Auffassung der Zugang zu einem bestimmten Unternehmen, unter Umständen zu einem ganzen Wirtschaftszweig wie den Landeskliniken, versperrt. Die Auffassung des beklagten Landes bedeute auch einen Eingriff in seine individuelle Koalitionsfreiheit, weil er unter den nach Auffassung des Landes verdrängten Tarifvertrag des Marburger Bundes falle. Würde man jede Konkurrenz von Tarifverträgen dem Grundsatz der Tarifeinheit unterstellen, so führe dies dazu, dass die ihm zustehende positive Koalitionsfreiheit als Mitglied des Marburger Bundes in unzulässiger Weise eingeschränkt werde. Die Mitglieder des Marburger Bundes würden bei einem solchen Ergebnis letztlich um die in ihrem Tarifvertrag erkämpften Ergebnisse gebracht. Dem Sachvortrag des beklagten Landes sei nicht hinreichend zu entnehmen, welchen legitimen Zweck sie mit dem Angriff in seine Grundrechte verfolge. Der Eingriff sei auch nicht geeignet oder gar erforderlich, um einen legitimen Zweck zu erreichen. Das beklagte Land habe doch über Jahre hinweg das Justizvollzugskrankenhaus unter Geltung des BAT erfolgreich geführt. Ein Eingriff in die Grundrechte der Mitglieder des Marburger Bundes aus Art. 9 Abs. 3 GG sei nicht angemessen. Ein verfassungsrechtlich gleichermaßen geschütztes Grundrecht des beklagten Landes, das mit dem Grundrechtseingriff gegenüber den Mitgliedern des Marburger Bundes in Einklang zu bringen wäre, sei nicht erkennbar. Die derzeitige Praxis in den Universitätskliniken des Landes NRW zeige, dass sehr wohl verschiedene Tarifverträge in einer Klinik angewendet werden könnten, dort nämlich sowohl der mit der Gewerkschaft ver.di geschlossene TV-L als auch der über die TdL mit dem Marburger Bund geschlossene Tarifvertrag für Ärzte und Ärztinnen an den Universitätskliniken vom 30.10.2006. Weshalb das beklagte Land in dem Justizvollzugskrankenhaus F2 dazu nicht in der Lage sei, sei nicht erkennbar. Falls das beklagte Land für sich unüberbrückbare Schwierigkeiten bei einer weiteren Anwendung des unmittelbar geltenden BAT erkenne, stehe es ihm frei, mit dem Marburger Bund Tarifverhandlungen aufzunehmen. Der Marburger Bund habe das beklagte Land mehrfach aufgefordert, Tarifverhandlungen über die Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des TV-L zu führen. Diesen Tarifverhandlungen entziehe sich das beklagte Land.

Zu Recht habe das Arbeitsgericht Dortmund daher auch den restlichen Zahlungsanspruch zuerkannt. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der TV Zuwendung offenbar tatsächlich Mitte 2003 gekündigt worden sei. Eine "andere Abmachung" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG existiere nicht. Insbesondere liege insoweit ein Fall der Tarifpluralität nicht vor (BAG 28.05.1997 - 4 AZR 546/95 -). Der TV-L sei keine "andere Abmachung" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG. Im Hinblick auf den TV-L sei er Außenseiter. Die Nachwirkung für Außenseiter werde nicht schon deswegen ausgeschaltet, weil überhaupt ein neuer Tarifvertrag in Kraft trete.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des beklagten Landes ist statthaft und zulässig gemäß § 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht dem zulässigen Feststellungsantrag stattgegeben (zur Zulässigkeit des Feststellungsantrages: BAG 22.10.2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11) und entschieden, dass der BAT auf das Arbeitsverhältnis der Parteien weiterhin Anwendung findet (I). Zutreffend hat das Arbeitsgericht das beklagte Land zur Zahlung der restlichen Jahreszuwendung für 2006 entsprechend dem TV Zuwendung verurteilt (Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 i. d. F. v. 31.01.2003) (II).

I.

Die Anwendbarkeit des BAT auf das Arbeitsverhältnis der Parteien folgt aus §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG.

1. Nach § 4 Abs. 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen. Tarifgebunden sind gemäß § 3 Abs. 1 TVG die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrages ist. Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet (§ 3 Abs. 3 TVG).

Der BAT ist u.a. abgeschlossen worden zwischen dem Marburger Bund, seinerzeit vertreten durch die Gewerkschaft ÖTV/ver.di, und der TdL. Der Kläger ist Mitglied des Marburger Bundes. Das beklagte Land ist Mitglied der TdL. Dementsprechend waren die Parteien dieses Rechtsstreites gemäß §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG im Jahr 2005 tarifgebunden an den BAT.

Die 2005 begründete Tarifbindung ist in der nachfolgenden Zeit nicht beendet worden. Die Wirksamkeit des zwischen Marburger Bund und TdL vor 2005 abgeschlossenen BAT hat nicht geendet. Weder der Marburger Bund noch die TdL oder das beklagte Land haben den BAT aufgekündigt. Dass der BAT, soweit er zwischen ver.di und der dbb-Tarifunion abgeschlossen war, inzwischen gemäß § 2 TVÜ Länder durch den am 12.10.2006 abgeschlossenen TV-L ersetzt worden ist, berührt die Tarifbindung der Parteien dieses Rechtsstreits an den BAT nicht. Bei einem Tarifvertrag, der auf der Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberseite von mehreren Tarifvertragsparteien abgeschlossen ist (mehrgliedriger Tarifvertrag) ist in der Regel davon auszugehen, dass es sich um mehrere selbständige Tarifverträge handelt, bei denen jede Tarifvertragspartei die Autonomie über die Vertragsgestaltung und das Kündigungsrecht behält. Für eine abweichende Auslegung bedarf es einer ausdrücklichen Regelung oder besonderer Anhaltspunkte (BAG 07.05.2008 - 4 AZR 229/07 - Rn. 20 m. w. N.). Derartige ausdrückliche Regelungen oder besondere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung bestehen hier nicht. Die Geltung des zwischen dem Marburger Bund und der TdL abgeschlossenen BAT wird für die Mitglieder des Marburger Bundes deshalb nicht dadurch berührt, dass ver.di und dbb-Tarifunion für ihre Mitglieder mit dem TV-L und dem TVÜ-Länder neue Tarifverträge abgeschlossen haben, die u.a. den BAT ersetzen.

2. Das aus den Bestimmungen des TVG resultierende Ergebnis der fortbestehenden Tarifbindung der Parteien des Rechtsstreits an den BAT ist nicht nach den Grundsätzen zur Tarifeinheit bei Tarifpluralität zu korrigieren.

a) Bei der Fragestellung, ob mehrere Tarifverträge in einem Betrieb nebeneinander anzuwenden sind oder ob ein Tarifvertrag den anderen Tarifvertrag verdrängt, ist zu differenzieren zwischen den Fällen der Tarifkonkurrenz und der Tarifpluralität. Tarifkonkurrenz liegt vor, wenn nach den Normen des TVG verschiedene Tarifverträge für dasselbe Arbeitsverhältnis gelten sollen. Mehrere Tarifverträge finden nach ihrem zeitlichen, räumlichen, betrieblichen fachlichen und persönlichen Geltungsbereich Anwendung und beide Arbeitsvertragsparteien sind an mehrere Tarifverträge tarifgebunden. Die Tarifkonkurrenz ist nach der Rechtsprechung des BAG nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend aufzulösen, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Das ist der Tarifvertrag, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird (BAG 23.03.2005 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 29; BAG 20.03.1991 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20; Jacobs/Krause/Oetker, Tarifvertragsrecht, 2007, S. 462 ff. = § 7 Rn. 201 ff.; Schliemann, Festschrift für Hromadka 2008, Betriebliche Tarifeinheit und Gewerkschaftspluralität, S. 359 ff., 366; Bepler, Festschrift Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht 2006, Aktuelle tarifrechtliche Fragen aus Anlass eines BAG-Urteils vom 23. März 2005, S. 791 ff. unter II 1; Schaub, Anm. zu BAG 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 in RdA 2003, 378,379). Von der Tarifkonkurrenz sind die Fälle der Tarifpluralität zu unterscheiden. Tarifpluralität liegt vor, wenn innerhalb eines Betriebes unterschiedliche Tarifverträge normative Geltung in der Weise beanspruchen, dass auf mindestens ein Arbeitsverhältnis des Betriebes die Vorschriften eines Tarifwerks normativ anzuwenden sind, während auf mindestens ein anderes Arbeitsverhältnis die Normen eines anderen Tarifvertrages nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend wirken (BAG 26.01.1994 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 22; BAG 20.03.1991 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 20; Jacobs/Krause/Oetker, Tarifvertragsrecht 2007, S. 474 ff. = § 7 Rn. 227 ff.; Schliemann, a. a. O., S. 364, 365; Bepler, a. a. O., unter II 1). Für die Tarifpluralität soll nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG ebenfalls der Grundsatz der betrieblichen Tarifeinheit gelten (BAG 26.01.1994 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 22). Der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seiner Entscheidung vom 04.12.2002 "jedenfalls für die Geltungsbereichsstreitigkeiten der Sozialkassen des Baugewerbes" an diesem Grundsatz festgehalten (BAG 04.12.2002 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 28). Das BAG hat das ohne positivrechtliche Grundlage entwickelte Postulat der Tarifeinheit ("ein Betrieb, ein Tarifvertrag !") im Wesentlichen aus Gründen der Praktikabilität sowie der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit entwickelt; im Betrieb müsse die Tarifanwendung einheitlich erfolgen (BAG a. a. O.; vgl. auch Bepler, a. a. O., unter II 1 und Schaub, Anm. zu BAG 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 in RdA 2003, 378, 379).

Gegen die Auffassung, auch eine Tarifpluralität sei nach dem Grundsatz der Tarifeinheit im Sinne des Vorranges eines Tarifvertrages unter Zurückdrändung anderer Tarifverträge aufzulösen, wird im Schrifttum ganz überwiegend und nachdrücklich Kritik geübt. Es existiere kein Rechtssatz, der eine gleichzeitige Anwendung mehrerer Tarifverträge im Betrieb untersage. Ein solcher lasse sich weder den von der Rechtsprechung genannten Prinzipien der Rechtssicherheit oder Rechtsklarheit noch einem allgemein anerkannten Rechtsinstitut entnehmen. Der Grundsatz der Tarifeinheit greife in Fällen der Tarifpluralität in unzulässiger Weise in die positive Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) der Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein, denen trotz bestehender Tarifbindung nach § 3 Abs. 1 TVG die normative Wirkung des Tarifvertrages genommen werde. Beeinträchtigt sei zudem die Koalitionsfreiheit der Tarifvertragsparteien, deren Tarifverträge im Betrieb verdrängt würden. Die Ansicht des Bundesarbeitsgerichts laufe einfachgesetzlichen Bestimmungen des TVG zuwider. Der Grundsatz der Tarifeinheit habe im TVG gerade keinen Niederschlag gefunden (Jacob/Krause/Oetker, Tarifvertragsrecht 2007, S. 476, 477; ErfK-Franzen, 9. Aufl. 2009, § 4 TVG Rn. 70 - 72 und derselbe RdA 2008, 193, 194; Däubler-Zwanziger, TVG, 2.Aufl. 2006, § 4 TVG Rn. 943 ff; HWK-Henssler 3. Aufl. 2008, § 4 TVG Rn. 46 ff.; Thüsing/von Medem, Tarifeinheit und Koalitionspluralismus, ZIP 2007, 510, insbesondere S. 515 ff. - je m. w. N.).

Die Kammer folgt dieser Kritik für Fallgestaltungen gewillkürter Tarifpluralität, also einer Tarifpluralität, die dadurch entstanden ist, dass der Arbeitgeber kraft eigenen Entschlusses mit verschiedenen Gewerkschaften Tarifverträge abgeschlossen hat und so eine Tarifpluralität in seinem Betrieb herbeigeführt hat. Würde man in solchen Fällen eine Tarifpluralität nach dem Grundsatz der Tarifeinheit auflösen, würde man dem Arbeitgeber faktisch die Flucht aus einem Tarifvertrag erlauben, an den er nach dem Wortlaut der Normen des TVG gebunden ist. Den Mitgliedern der Gewerkschaft, deren Tarifvertrag verdrängt werden soll, würde man die Rechtswirkungen "ihres" Tarifvertrages nehmen. Ein solches Ergebnis ist nach Auffassung der Kammer mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben und den Normen des TVG nicht zu vereinbaren. Schließt der Arbeitgeber mit einer DGB-Gewerkschaft und einer anderen Gewerkschaft unterschiedliche Tarifverträge ab und kommt es so zu einer Tarifpluralität, so haben angesichts des Art. 9 Abs. 3 GG und der gesetzlichen Regelungen im TVG die abgeschlossenen Tarifverträge nebeneinander zu gelten (ebenso LAG Baden-Württemberg Urt. 22.01.2008 - 14 Sa 87/07 - NZA-RR 2008, 443 f und Urt. 26.02.2008 - 14 Sa 91/07 - bei einem Aufeinandertreffen von TVöD und BAT bei Mitgliedschaft des Arbeitnehmers im Marburger Bund; Schaub, Anm. zu BAG 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 in RdA 2003, 378,380; Thüsing, a. a. O., ZIP 2007, 515, 516 unter IV 1). Entsprechend diesem Grundsatz ist die Tarifbindung der Prozessparteien an den BAT gemäß §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG nicht dadurch beendet worden, dass das beklagte Land mit ver.di und der dbb-Tarifunion im Jahr 2006 mit dem TV-L einen den BAT ersetzenden Tarifvertrag abgeschlossen hat. W2 nach Auffassung der Kammer kein Fall einer nach dem Grundsatz der Tarifeinheit aufzulösenden Tarifpluralität gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, ob im TV-L ein gegenüber dem BAT speziellerer und damit vorrangiger Tarifvertrag gesehen werden kann, wie das beklagte Land meint (verneinend: LAG Baden-Württemberg 22.01.2008 - 14 Sa 87/07, NZA-RR 2008, 443, 444 unter 2 c).

b) Auch die Bezugnahmeklausel in § 2 Arbeitsvertrag ändert an dem Ergebnis der kraft Tarifbindung unveränderten Fortgeltung des BAT zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nichts. Wenn es im Arbeitsvertag heißt, das Arbeitsverhältnis solle den Tarifverträgen unterfallen, die den BAT ersetzen, so ist zwischen den Parteien des hier anzuwendenden Arbeitsvertrages eine Ersetzung des BAT entsprechend den obigen Ausführungen gerade nicht erfolgt. Ist der BAT aber nicht "ersetzt" worden, so ist auch nicht anstelle des BAT nach § 2 Arbeitsvertrag ein anderer Tarifvertrag an dessen Stelle anzuwenden.

II.

Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht das beklagte Land verurteilt, an den Kläger auf der Grundlage des TV Zuwendung eine restliche Jahreszuwendung (Jahressonderzahlung) in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 3.365,68 € zu zahlen. Der Kläger hat diesen Anspruch rechtzeitig entsprechend der tarifvertraglichen Ausschlussfrist des § 70 BAT geltend gemacht. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ist der Anspruch des Klägers auf eine Jahreszuwendung / Jahressonderzahlung nicht auf den deutlich geringeren Betrag gemäß §§ 20 Abs.2 TV-L, 21 TVÜ Länder beschränkt.

Bis zur Kündigung des TV Zuwendung im Jahr 2003 waren die Parteien wie an den BAT so auch an den TV Zuwendung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG tarifgebunden. Auch dieser Tarifvertrag war seinerzeit von ÖTV/ver.di "zugleich handelnd für den Marburger Bund" abgeschlossen worden.

Mit Wirksamwerden der Kündigung des TV Zuwendung wirken die dortigen Regelungen im Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach.

Die Nachwirkung des TV Zuwendung ist im Verhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits nicht durch eine andere Abmachung ersetzt worden. In § 4 Abs. 5 TVG ist bestimmt, dass nach Ablauf des Tarifvertrages seine Rechtsnormen weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung des TV Zuwendung ist nicht durch den Abschluss von TV-L und TVÜ Länder zwischen der TdL und ver.di / dbb-Tarifunion beendet worden. Bei einem Nebeneinander von nachwirkenden Tarifvertragsnormen und einem kraft Tarifbindung wirkenden Tarifvertrag kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Auflösung nach dem Grundsatz der Tarifeinheit nicht in Betracht. Eine "andere Abmachung" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG ist nur bei einer positiven, das Arbeitsverhältnis erfassenden kollektivrechtlichen oder einzelvertraglichen Regelung gegeben. Eine solche Regelung liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber mit einer anderen Gewerkschaft einen Tarifvertrag abschließt, an den der Arbeitgeber dem betreffenden Arbeitnehmer gegenüber nicht kraft Tarifbindung gebunden ist. Der neue Tarifvertrag wirkt nur dann unmittelbar auf den Arbeitsvertrag ein, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezüglich des neuen Tarifvertrages kongruent tarifgebunden sind oder wenn der neue Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist. Ist dies nicht der Fall, so ist der Arbeitnehmer insoweit Außenseiter. Die Nachwirkung wird für Außenseiter nicht schon deswegen ausgeschaltet, weil überhaupt ein neuer Tarifvertrag in Kraft tritt. Treffen ein gemäß § 4 Abs. 5 TVG nachwirkender Tarifvertrag und ein Tarifvertrag aufeinander, an den nur der Arbeitgeber gemäß § 3 Abs. 1 TVG gebunden ist, liegt ein Fall der Tarifpluralität nicht vor (BAG 28.05.1997 AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 26). Im Verhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits ist der TV-L nach diesen Grundsätzen keine "andere Abmachung" i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG; denn nur das beklagte Land nicht aber der Kläger ist an den TV-L gebunden ist; kongruente Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit sind nicht gegeben.

Eine "andere Abmachung" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG kann entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch nicht im Hinblick auf die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages bejaht werden. Der Arbeitsvertrag der Parteien ist vor dem 01.01.2002, dem Tag des Inkrafttretens des reformierten Schuldrechts des BGB, abgeschlossen worden. Damit ist die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages als Gleichstellungsabrede auszulegen (BAG 23.01.2008 AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 63). Mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel soll lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden (BAG a. a. O.; BAG 22.10.2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 16). Da neben dem Kläger hier aber auch das beklagte Land unverändert nach den Vorschriften des TVG an den BAT tarifgebunden ist (s.o.) - und deshalb der TV-L das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht erfasst (s.o.) -, stellt der TV-L im Arbeitsverhältnis der Parteien keinen "ersetzenden" Tarifvertrag im Sinne des § 2 des Arbeitsvertrages dar.

Es verbleibt bei der Nachwirkung der Regeln des TV Zuwendung im Arbeitsverhältnis der Parteien. Danach schuldet das beklagte Land für 2006 eine Jahressonderzahlung in Höhe von 82,14 % der Septembervergütung entsprechend den tarifvertraglichen Maßgaben.

Da der von dem beklagten Land nach den Regeln des TV-L ausgezahlte Sonderzahlungsbetrag hinter dem Betrag nach dem TV Zuwendung zurückbleibt, hat das beklagte Land den Differenzbetrag in der rechnerisch unstreitigen Höhe nebst den gemäß §§ 286, 288 BGB geschuldeten Verzugszinsen nachzuzahlen. Auch insoweit verbleibt es deshalb bei der zusprechenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

III.

Da das beklagte Land mit seiner Berufung unterlegen ist, hat es gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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