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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.02.2009
Aktenzeichen: 12 Sa 395/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte/VKA


Vorschriften:

TV-Ärzte/VKA § 16 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 05.02.2008 - 5 Ca 2076/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger steht seit 1989 bei dem beklagten Landschaftsverband als Arzt in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 des Arbeitsvertrages finden die von dem Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Kläger ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Der Kläger ist in der H4-P2-K1 des Beklagten in H1 tätig, die in 4 Abteilungen gegliedert ist:

- Psychiatrie und Psychotherapie

- Suchtmedizin und spezielle Psychiatrie

- Psychotherapeutische Medizin und Depressionsbehandlung

- Gerontopsychiatrie

Mit Schreiben vom 18.09.2000 wurde der Kläger zum Facharzt in der Funktion eines Oberarztes bestellt und ist seit dem ununterbrochen in der Tagesklink des gerontopsychiatrischen Zentrums in I2 tätig. Zu diesem Zentrum gehört auch die Institutsambulanz. Die medizinische Verantwortung für das Zentrum wurde von der Beklagten zunächst dem Oberarzt D1. B3 übertragen, seit Juni 2008 erfolgte eine Übertragung an die Oberärztin Frau R. Intern haben der Kläger und D1. B2 die Aufteilung vorgenommen, dass er die Tagesklinik und D1. B2 die Institutsambulanz leitet. Es fand nur eine Urlaubsvertretung statt.

Mit Wirkung vom 01.08.2006 wendet der Beklagte den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (TV-Ärzte/VKA) sowie den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigen der kommunalen Arbeitgeber in den TV-Ärzte/VKA, die einerseits vom Marburger Bund und andererseits von der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände abgeschlossen worden sind, an.

Nach der Überleitung wurde der Kläger in der Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA eingruppiert, was ein Bruttomonatsgrundgehalt von 5110,- € gegenüber 6000,- € in Entgeltgruppe III ausmacht.

Die Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe vom 01.08.2006 an eine Vergütung nach der Entgeltgruppe III des TV-Ärzte/VKA zu. Denn er werde als Oberarzt eingesetzt. Dass die medizinische Verantwortung für die Klinik beim Klinikdirektor liege, stehe der Übertragung der medizinischen Verantwortung eines Teil- und Funktionsbereiches nicht entgegen. Da die Tagesklinik räumlich abgegrenzt ist und über eigenes Pflegepersonal verfügt, seien die Voraussetzungen für einen selbständigen Teilbereich erfüllt.

Die Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm eine Vergütung nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger erfülle die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe III nicht. Ihm sei nicht die medizinische Verantwortung für einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich der Klinik bzw. Abteilung ausdrücklich übertragen worden.

Mit Urteil vom 05.02.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dem Vorbringen des Klägers sei nicht zu entnehmen, dass ihm die erforderliche medizinische Verantwortung übertragen worden ist. Er habe nicht substantiiert dargelegt, dass er eine "vorgesetzte" Funktion eingenommen habe und ihm die Aufsichtsfunktion über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen worden ist.

Gegen das ihm am 18.02.2008 zugestellte und wegen der weiteren Einzelheiten in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 10.03.2008 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.05.2008 an diesem Tage begründet.

Er hält dem Urteil entgegen, die Tagesklinik des gerontopsychiatrischen Zentrums stelle einen selbstständigen Bereich dar, da sie etwa 9 km von der H4-P2-K1 entfernt liegt. Trotz der organisatorischen Zuordnung zur Abteilung Gerontopsychiatrie besitze die Tagesklinik eine hohe Eigenständigkeit. Die organisatorische und medizinische Verantwortung hätten der Kläger und der Oberarztkollege gemeinsam wahrgenommen. Er verweist darauf, dass ihm ein Diplompsychologe, eine Assistenzärzten, eine Tanztherapeutin sowie Ergo- und zwei Physiotherapeutinnen unterstellt seien.

Er beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Iserlohn 5 Ca 2076/07 vom 05.02.2008 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.08.2006 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/VKA zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Berufung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 1 ArbGG an sich statthafte und nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige sowie in gesetzlicher Form und Frist nach den §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 ZPO eingelegte und innerhalb der verlängerten Frist ordnungsgemäß nach den §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 Abs. 3 ZPO begründete Berufung des Kläger hat keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I.

Die Klage ist zulässig.

Erstinstanzlich hat der Kläger einen Feststellungsantrag gestellt, der jedoch zeitlich nicht datiert war. Im Berufungsverfahren hat der Kläger den Antrag gestellt die Beklagte zu Vergütungszahlungen nach der Entgeltgruppe III TV Ärzte/VKA ab dem 01.08.2008 zu verurteilen. Ein solcher unbestimmter Leistungsantrag wäre mangels Bestimmtheit unzulässig. Bei verständiger Würdigung des Begehrens des Klägers geht die Berufungskammer davon aus, dass der Kläger eine im öffentlichen Dienst übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger arbeitsgerichtlicher Rechtsprechung keine Bedenken bestehen (vgl. nur BAG Urt. v. 11.10.2006, 4 AZR 534/05, AP Nr. 9 zu § 20 BMTG II; Urt. v. 31.07.2002, 4 AZR 163/01 AP Nr. 292 zu §§ 22, 23 BAT 1975, Urt. v. 29.11.2001, 4 AZR 736/00, AP Nr. 288 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urt. v. 10.12.1997, 4 AZR 291/96 AP Nr. 237 zu §§ 22, 23 BAT 1975), erheben will.

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die begehrte Feststellung nicht zu.

1. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA), der von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und dem Marburger Bund abgeschlossen worden ist aufgrund jedenfalls einzelvertraglicher Vereinbarungen Anwendung. Der tarifgebundene Beklagte wendet diesen Tarifvertrag an und hat den Kläger auch in diesen Tarifvertrag übergeleitet.

2. Der Kläger erfüllt die geforderten Tarifmerkmale nicht.

a) Nach § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA ist die Ärztin/der Arzt in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen der gesamte von ihm/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht dem Tätigkeitsmerkmal einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Dabei sind die Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob die Anforderungen erfüllt sind, zusammen zu beurteilen, wenn die Erfüllung der Anforderungen in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden kann.

Nach der Protokollerklärung zu § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen, einschließlich der Zusammenhangsarbeiten, die bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

Die Voraussetzungen der Eingruppierung sind in § 16 TV- rzte/VKA geregelt.

Danach sind Ärztinnen und Ärzte wie folgt eingruppiert:

a. Entgeltgruppe I:

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

b. Entgeltgruppe II:

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

Protokollerklärung zu b):

Fachärztin/Facharzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in Ihrem/seinem Fachgebiet tätig ist.

c. Entgeltgruppe III:

Oberärztin/Oberarzt

Protokollerklärung zu c):

Oberärztin/Oberarzt diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden sind.

d. Entgeltgruppe IV:

leiterende Oberärztin/leitender Oberarzt, ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/des leitenden Arztes (Chefärztin/Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

Protokollerklärung zu d):

Leiterende Oberärztin/leitender Oberarzt ist nur diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der die leitende Ärztin/den leitenden Arzt in der Gesamtheit ihrer/seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik in der Regel nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.

b) Der Anspruch des Kläger erfolgt zunächst nicht aus der Tatsache, dass der Kläger bereits vor in Kraft treten des Tarifvertrages die Bezeichnung "Oberarzt" geführt hat.

Denn in der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 TVÜ-rzte/VKA heißt es:

"Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzung für eine Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die Berechtigung zu Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden".

Dies zeigt deutlich, dass auch bei denjenigen Oberärztinnen und Oberärzten, die diesen Titel führen durften, die Voraussetzungen des § 16 TV-Ärzte/VKA vorliegen müssen.

c) Maßgeblich für die Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 c TV-Ärzte/VKA ist die dortige Protokollerklärung.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei Protokollerklärungen, sofern, was hier nicht im Streit steht, sie dem Formerfordernis des Tarifvertrages entsprechen, um Regelungen des materiellen Tarifrechts (vgl. BAG Urteil vom 27.11.2008 - 6 AZR 632/08 - BeckRS 2009 50695).

Die Eingruppierungsfeststellungsklage der Kläger kann damit nur Erfolg haben, wenn sich aus seinem und dem unstreitigen Vorbringen ergibt, dass er die Voraussetzungen der Protokollerklärung erfüllt.

bb) Dem Kläger ist es aber auch in II. Instanz nicht gelungen, darzulegen, dass ihm die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich von der Arbeitgeberin ausdrücklich übertragen worden ist. Eine Feststellung von Arbeitsvorgängen kann unterbleiben, da dies bei jedem Zuschnitt der Fall ist.

(1) Unter Verantwortung im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man die mit einer bestimmten Stellung oder Aufgabe verbundene Verpflichtung, in der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu sorgen, dass innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereiches alles einen guten, sachgerechten und geordneten Verlauf nimmt, was beispielsweise mit der entsprechenden Verantwortung von Eltern, Lehrern aber auch Ingenieuren, Ärzten und Redakteuren erläutert wird (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der Sprache). Die Protokollerklärung knüpft hier nicht an die allgemeine Verantwortung, sondern an die medizinische Verantwortung des Arztes an. Damit soll deutlich werden, dass entscheidend für die Eingruppierung als Oberarzt nicht die Verantwortung im administrativen Bereich maßgeblich ist, sondern allein die medizinische Verantwortung, nämlich dass der Kläger als Arzt tätig wird (vgl. auch BAG Urteil vom 29.01.1986 - 4 AZR 465/84 -, AP BAT 1975, § 22 Nr. 115; Urteil vom 16.04.1986 - 5 AZR 595/84 -, AP BAT 1975, § 22 Nr. 120).

Geht man vom allgemeinen Sprachgebrauch aus und versteht man die Erweiterung "medizinisch" als Abgrenzung zu den Ärzten, die im Wesentlichen Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, so wird aus dem Kontext deutlich, dass mit der in der Protokollerklärung für Oberärzte genannten "medizinischen Verantwortung", mehr gemeint sein muss, als die Verantwortung, die ein Arzt ohnehin trägt. Denn auch die in den Entgeltgruppen I und II genannten Ärzte bzw. Fachärzte tragen für ihr eigenes Handeln die medizinische Verantwortung. Da die Eingruppierungsnormen im TV-Ärzte/VKA eine hierarchische Steigerung beinhalten, muss die ärztliche Verantwortung des Oberarztes über die diejenige hinaus gehen, die Ärzte im Allgemeinen trifft. Mit der höheren Vergütung des Oberarztes wird damit auch das höhere Maß der Verantwortung honoriert (vgl. Wahlers, PersV 2008, Seite 204, 206; vgl. auch LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2008 - 13 Sa 1910/07 -, LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18.07.2008 - 3 Sa 77/08 -, BeckRS 2008, 57007).

Schon aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich, dass der Beklagte die medizinische Verantwortung für das gerontopsychiatrischer Zentrum in H1xxx, zu dem auch die Tagesklinik gehört, nicht ihm, sondern seinem Kollegen übertragen hat. Selbst wenn man davon ausginge, dass beide Ärzte für den Teil- oder Funktionsbereich gemeinsam die medizinische Verantwortung tragen würden, würde das die Voraussetzungen der Tarifnorm nicht erfüllen, weil eine geteilte Verantwortung nach Auffassung der Berufungskammer nicht die Wahrnehmung der medizinischen Verantwortung für den gesamten Teil- oder Funktionsbereich beinhalten kann. Eine gemeinschaftliche Verantwortung ist stets eine geteilte Verantwortung (vgl. LAG Düsseldorf Urt. v. 08.08.2008 - 9 Sa 1399/07).

(2) Der Kläger hat auch nicht darzulegen vermocht, dass es sich bei der Tagesklinik um einen selbständigen Teil- und Funktionsbereich der Klinik bzw. der Abteilung handelt.

Für die Frage wann ein Funktionsbereich vorliegt, liegt es nahe auf bereits tarifrechtlich Bekanntes zurückzugreifen. Bereits in der Protokollnotiz Nr. 5 zu den Vergütungsgruppen I a Fallgruppe 7 und I b Fallgruppe 10 BAT wurde dieser Begriff definiert. Dabei handelte es sich um ein "wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eine ärztlichen Fachgebietes, z. B. Nephrologie, Handchirurgie, Neuroradiologie, Elektroenzephalographie, Herzkathederisierung". Es sind keine Gründe erkennbar warum der Begriff des Funktionsbereiches im TV-Ärzte/VKA anders zu verstehen sein sollte, als dies zum Vorläufertarifvertrag zum BAT der Fall war (vgl. Wahlers, PersV 2008, Seite 204, 206). Gegenüber dem BAT ist allerdings die so beschriebene organisatorische Einheit durch den Begriff "Teilbereich" erweitert worden. Anders als dort, wo Abgrenzungskriterium allein das Fachgebiet war, ist nun tarifrechtlich bedeutsam, dass medizinische Verantwortung für einen Bereich getragen wird, der kein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet darstellen muss, jedoch vom Arbeitgeber als eigenständiger Bereich organisiert und definiert worden ist. Die Selbständigkeit zeigt sich dabei an der organisatorischen Abgrenzung (so auch LAG München, Urt. vom 26.08.2008 - 5 Sa 328/08). Sie wird erkennbar an der personellen und räumlichen Eigenständigkeit. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, ergibt sich aus dem Vorbringen der Kläger nicht.

Bei dem gerontopsychiatrischen Zentrum in H1xxx dürfte es sich um einen Funktionsbereich im Sinne der Tarifnorm handeln, weil es sich bei der Gerontopsychiatrie um ein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet innerhalb eines ärztlichen Fachgebietes handelt. Um das gesamte Zentrum geht es jedoch nicht, weil der Kläger nur in einem Teilbereich, nämlich der Tagesklinik, tätig ist. Daher hätte der Kläger darlegen müssen, dass die Tagesklinik als eigenständiger Bereich selbstständig organisiert ist. Dies ist aus dem Vorbringen des Klägers nicht zu erkennen. Es wird überhaupt nicht deutlich, inwieweit die Tagesklinik in das Zentrum eingebunden ist und in welchem Verhältnis sie zur Institutsambulanz steht. Die Zuordnung des Personals leistet insoweit nichts.

(3)) Schließlich fehlt es auch an der tarifrechtlich erforderlichen ausdrücklichen Übertragung einer medizinischen Verantwortung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt die Übertragung einer Tätigkeit durch ausdrückliche Anordnung grundsätzlich voraus, dass diese durch das zuständige Organ des Arbeitgebers erfolgt. Denn die Anordnung bewirkt eine Änderung des Arbeitsvertrages nach zivilrechtlichen Grundsätzen bezüglich des Inhalts der Arbeitspflicht und führt wie auch hier zu einem höheren Vergütungsanspruch (vgl. BAG Urteilt vom 25.10.1995 - 4 AZR 479/94 -, NZA 1996, Seite 710, 712; Urteil vom 11.11.1987 - 4 AZR 336/87 -, AP BAT 1975, § 22 Nr. 140). Die ausdrückliche Anordnung kann dabei schriftlich oder mündlich erklärt werden, aber auch in Dienstanweisungen, Verwaltungsverfügungen und Geschäftsverteilungsplänen enthalten sein. Nicht für ausreichend gehalten hat das BAG konkludentes Verhalten oder die lediglich faktische Herstellung entsprechender Organisationsformen in der Verwaltung oder die Benachrichtigung lediglich unterstellter Angestellter.

Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich dies nicht. Er hat im Gegenteil dargelegt, dass die medizinische Verantwortung auch für seinen Bereich gerade einer anderen Person übertragen worden ist. Auch wenn er und der von dem Beklagten im Tarifsinne ausdrücklich bestellte Oberarzt sich die Bereiche aufgeteilt haben, stellt dies keine " ausdrückliche" Übertragung dar, weil sie nicht durch das zuständige Organ erfolgt wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, da die Kläger die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.

Die Revisionszulassung folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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