Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.02.2007
Aktenzeichen: 13 Sa 1126/06
Rechtsgebiete: KSchG, BetrVG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 1
BetrVG § 102
ZPO § 148
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 19.05.2006 - 2 Ca 212/06 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung; der Kläger begehrt seine Weiterbeschäftigung.

Der am 30.04.1955 geborene, mit einem GdB von 50% schwerbehinderte Kläger ist verheiratet und einem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Er trat mit Wirkung ab 15.08.1990 in die Dienste der Beklagten, einem Unternehmen der Druckguß- und Oberflächentechnik mit 367 Mitarbeitern. Zuletzt arbeitete er zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 2.358,00 € als Stanzer im Bereich Gießerei Zink.

Zwischen der Beklagten und dem im Betrieb bestehenden Betriebsrat wurde am 21.12.2005 ein "Interessenausgleich und Sozialplan" zur Durchführung weiterer Restrukturierungsmaßnahmen abgeschlossen. Darin ist namentlich der Abbau von 108 Arbeitsplätzen vorgesehen. Die Betriebspartner einigten sich auf zahlreiche Gruppen vergleichbarer Arbeitnehmer, darunter in der "Gießerei Zink" die "Stanzer". Innerhalb einzelner Gruppen war "zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur" die Sozialauswahl in bis zu vier Altersgruppen durchzuführen. Auf dieser Basis ist in einer Namensliste als Bestandteil des Interessenausgleichs unter anderem der Kläger zur Kündigung vorgesehen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die mit Beklagtenschriftsatz vom 22.02.2006 eingereichte Kopien des Interessenausgleichs und Sozialplans einschließlich der Anlagen 1 und 2 (Bl. 21 bis 41 der Akten) sowie einer Liste der mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer (Bl. 42 der Akten).

Was die vorherige Anhörung des Betriebsrates zur Kündigung des Klägers angeht, heißt es in Teil 1, II. 5. des Interessenausgleichs und Sozialplans wie folgt:

Bei den Verhandlungen über den Interessenausgleich und der Erstellung der Namensliste lagen dem Betriebsrat die Sozialdaten sämtlicher Arbeitnehmer vor. Mit der Erstellung der Namensliste ist gleichzeitig das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG zur Kündigung der in der Namensliste genannten Arbeitnehmer eingeleitet worden. Die Erörterungen, die zur Erstellung der Namensliste geführt haben, sind gleichzeitig die förmlichen Informationen des Betriebsrats über die Kündigungsgründe gem. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Der Betriebsrat hatte Gelegenheit, über die beabsichtigten Kündigungen zu beraten. Er gibt dazu folgende abschließende Stellungnahme ab:

Den Kündigungen stimmt der Betriebsrat zu. Der Betriebsrat betrachtet das Anhörungsverfahren damit als abgeschlossen.

Mit Bescheid vom 07.02.2006 stimmte das Integrationsamt der Kündigung des Klägers zu; dagegen richtet sich seine derzeit beim Verwaltungsgericht Minden (Az.: 6 K 3076/06) anhängige Klage.

Mit Schreiben vom 10.02.2006 kündigte die Beklagte dem Kläger ordentlich, betriebsbedingt zum 31.08.2006 (Bl. 4 der Akten).

Gegen die Wirksamkeit der Kündigung wendet sich der Kläger im vorliegenden Verfahren.

Er hat die Auffassung vertreten, die Anhörung des Betriebsrates sei fehlerhaft. Diesem hätte man nämlich die erfolgte Zustimmung des Integrationsamtes mitteilen müssen.

Davon abgesehen sei die Kündigung auch sozial ungerechtfertigt. Die vorgenommene Vergleichsgruppenbildung sei willkürlich, weil sie bei 156 Vergleichsgruppen fast den einzelnen Arbeitsplätzen gleichkomme. Auch die Bildung von Altersgruppen sei grob fehlerhaft, weil sie erst eine ausgewogene Personalstruktur schaffe und nicht erhalte.

Abgesehen davon müsse berücksichtigt werden, dass er, der Kläger, bis März 2005 als Entsorger gearbeitet habe. Ohne weiteres sei er auch mit den Mitarbeitern W2xxxxx, P4xxxxxx und G2. G3xxxx vergleichbar.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom 10.02.2006, dem Kläger zugegangen am gleichen Tag, aufgelöst wurde,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger nach Obsiegen mit dem Antrag zu 1) zu unveränderten Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Arbeiter weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf hingewiesen, dem Betriebsrat sei die Schwerbehinderung des Klägers bekannt gewesen; auch sei er im Rahmen des vom Integrationsamt durchgeführten Verfahrens angehört worden.

Was die vom Kläger gerügte Sozialauswahl angehe, sei diese ordnungsgemäß erfolgt. Weil der Produktionsprozess äußerst komplex und ausdifferenziert sei, komme eine Austauschbarkeit der jeweils hoch spezialisierten Arbeitnehmer nur nach einer in der Regel mehr als sechs Monate dauernden Einarbeitung in Betracht.

Es bestehe keine Vergleichbarkeit mit den Arbeitnehmern W2xxxxx, P4xxxxxx und G2. G3xxxx. Diese seien in den Bereichen "Staplerfahrer/ Lagerverwaltung" und "Warenannahme/ Staplerfahrer" tätig, wofür der Kläger insbesondere aufgrund seiner Schwerbehinderung, verbunden mit epileptischen Anfällen, nicht in Betracht komme.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.05.2006 der Klage stattgeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung sei gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam, weil man den Betriebsrat im Vorfeld nicht darauf hingewiesen habe, es müsse noch eine Zustimmung beim Integrationsamt eingeholt werden.

Gegen das der Beklagten am 12.06.2006 zugestellte Urteil hat sie am 06.07.2006 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.09.2006 - am 12.09.2006 begründet.

Sie ist der Meinung, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. So habe es im November/Dezember 2005 zahlreiche Gespräche gegeben, in denen der Betriebsrat über alle Einzelheiten informiert worden sei. Man habe im Zuge der Interessenausgleichsverhandlungen umfassende Personallisten übergeben, die sich auch zu bestehenden Schwerbehinderungen verhalten hätten. Speziell die Schwerbehinderung des Klägers sei im Rahmen der vereinbarten Auswahlrichtlinien berücksichtigt worden und dem Betriebsrat bekannt gewesen. Mehr habe man insoweit nicht mitteilen müssen. Auch im Übrigen sei der Betriebsrat über alle beteiligungsrelevanten Punkte unterrichtet gewesen, namentlich auch über die Geburts- und Eintrittsdaten zur Ermittlung der Kündigungsfristen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 19.05.2006 - 2 Ca 212/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er rügt nunmehr die Anhörung des Betriebsrates noch unter drei Gesichtspunkten: Er ist der Ansicht, man habe den Betriebsrat über das noch durchzuführende Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt unterrichten müssen. Auch fehle es an der Mitteilung der Kündigungsfrist und des - termins.

Materiellrechtlich sei zu berücksichtigten, dass er, der Kläger, über den 31.08.2006 hinaus fortbeschäftigt worden sei, so dass in jedem Fall ein auf unbestimmte Zeit verlängertes Arbeitsverhältnis bestehe.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist nämlich die am 10.02.2006 arbeitgeberseits erklärte ordentliche, betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisse des Klägers zum 31.08.2006 rechtswirksam.

I.

Dem steht § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG (analog) nicht entgegen. Denn der im Betrieb der Beklagten bestehende Betriebsrat wurde vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung ordnungsgemäß angehört ( § 102 Abs. 1 S. 1, S 2 BetrVG).

1. Zu den maßgeblichen Informationen, die dem Betriebsrat zu geben sind, gehört ein bestehender Sonderkündigungsschutz, im Falle des Klägers also die Angabe seiner Schwerbehinderung (vgl. z. B. BAG AP LPVG Sachen-Anhalt § 67 Nr. 2; KR/Etzel, 7. Aufl., § 102 BetrVG Rdnr. 58a). Nur dann ist nämlich der Betriebsrat in der Lage, entsprechend dem Schutzzweck des § 102 BetrVG den Kündigungssachverhalt, wie er sich aus Arbeitgebersicht darstellt, in vollem Umfang zu verstehen und Alternativen zur beabsichtigten Kündigung zu entwickeln (BAG AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 113, 133, 134), zum Beispiel bei einer betriebsbedingten Kündigung wie hier im Rahmen der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG. Um so auf die Willensbildung und Entscheidungsfindung des Arbeitsgebers einwirken zu können, bedarf es keiner Information darüber, dass beim zuständigen Integrationsamt noch die Zustimmung einzuholen ist, wobei dieses Wissen im Übrigen bei einem von der Schwerbehinderteneigenschaft informierten Betriebsrat vorausgesetzt werden kann. Im Übrigen hat dieser sodann gemäß § 87 Abs. 2 SGB IX gegenüber dem Integrationsamt eine Stellungnahme abzugeben.

Allenfalls kann sich bei einem länger sich hinziehenden Verwaltungsverfahren die Notwendigkeit der erneuten Anhörung des Betriebsrates ergeben, wenn sich der Kündigungssachverhalt in der Zwischenzeit wesentlich verändert hat (vgl. BAG AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 23; AP BPersVG § 108 Nr. 3); dafür gibt es aber hier bei einem Zeitraum von nicht einmal zwei Monaten und unveränderter Sachlage keine Anhaltspunkte.

2. Was die Angabe der einschlägigen Kündigungsfrist und des Kündigungstermins, also des Zeitpunkts, zu dem das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, angeht, ist maßgebend, dass der Betriebsrat im Anhörungszeitpunkt die Tragweite der beabsichtigten Kündigung abschätzen und zu ihr sachgerecht Stellung nehmen kann (BAG AP KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung § 1 Nr. 67; KR/Etzel, a.a.O., § 102 BetrVG Rdnr. 59). Deshalb ist entscheidend auf die Kenntnis der Kündigungsfrist abzustellen, weil dann der Betriebsrat im Stande ist, die Auswirkungen für den betroffenen Arbeitnehmer umfänglich zu beurteilen. Insoweit reicht es aus, wenn der Betriebsrat über die maßgeblichen tatsächlichen Umstände für die Berechnung der einschlägigen Kündigungsfrist unterrichtet ist (BAG, a.a.O.; AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 42, 56; KR/Etzel, a.a.O., § 102 BetrVG Rdnr. 59a).

Die Voraussetzungen liegen hier vor. Im Zug der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen wurden dem Betriebsrat Personallisten unter anderem mit dem Geburts- und Eintrittsdatum des Klägers überreicht. Damit war der Betriebsrat unter Heranziehung der gesetzlichen Vorschriften ohne weiteres in der Lage, die Kündigungsfrist von sechs Monaten um Monatsende (§ 622 Abs. 2 S.1 Nr. 6 BGB) zu ermitteln, und konnte abschätzen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers volle sechs Kalendermonate nach Zugang der ordentlichen Kündigung beendet sein würde. Damit ist dem Anhörungserfordernis des § 102 Abs. 1 S. 1, S. 2 BetrVG ausreichend Rechnung getragen worden.

II.

Die Kündigung ist auch sozial gerechtfertigt, weil sie durch dringende betrieblichen Erfordernisse bedingt ist (§ 1 Abs. 2 S. 1 3. Fall KSchG) und die einschlägigen Sozialauswahlgesichtspunkte (§ 1 Abs. 3 S. 1, S. 2 KSchG) gewahrt wurden.

In dem Zusammenhang kann sich die Beklagte auf den am 21.12.2005 mit dem Betriebsrat formwirksam abgeschlossenen Interessenausgleich mit Namensliste stützen.

1. Deshalb wird gemäß § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG zu ihren Gunsten vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Dem ist der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht durch einen schlüssigen Vortrag entgegengetreten. Er hätte im Einzelnen ausführen müssen, warum eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihn nicht weggefallen ist (vgl. BAG EzA KSchG 1969 Interessenaugleich § 1 Nr. 10).

2. Es kann auch nicht zugunsten des Klägers festgestellt werden, dass die im Interessenausgleich vorgenommenen Sozialauswahl grob fehlerhaft ist (§ 1 Abs. 5 S. 2 KSchG).

Grobe Fehlerhaftigkeit bedeutet, dass ganz tragende Gesichtspunkte nicht in die Bewertung einbezogen worden sind und diese damit evident unzulänglich ist (BAG AP KSchG 1969 Soziale Auswahl § 1 Nr. 45; EzA KSchG 1969 Interessenausgleich § 1 Nr. 10). In dem Zusammenhang ist aus Gründen der Rechtssicherheit der Beurteilung der Betriebspartner eine hohe Präferenz einzuräumen.

Ausgehend von diesen Gesichtspunkten, kann hier kein Verstoß gegen § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG festgestellt werden. So haben sich die Betriebspartner nach wochenlangen Verhandlungen unter Beachtung der Vorgaben des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG auf nachvollziehbare Richtlinien zur Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter anhand bestimmter Punktzahlen verständigt (Teil 1, II. 2. des Interessenausgleichs und Sozialplans).

Ebenso kann es nicht als evident unzulässig angesehen werden, wenn man sich im Rahmen der Vergleichbarkeit gemäß der Anlage 2 zum Interessenausgleich und Sozialplan auf sehr viele Einzelgruppen einigte. Insoweit hat die Beklagte nämlich nachvollziehbar vorgetragen, der Produktionsprozess sei äußerst komplex und ausdifferenziert; ein Austausch der jeweils hochspezialisierten Arbeitnehmer komme deshalb nur nach einer in der Regel mehr als sechs Monate dauernden Einarbeitung in Betracht. Dem ist der Kläger nicht mit Tatsachen entgegengetreten, die auf eine willkürliche bzw. unsachliche Bestimmung des auswahlrelevanten Personenkreises schließen lassen könnten.

Der Gesichtspunkt, dass man sich dann innerhalb der Gruppe noch auf bis zu vier Altersgruppen verständigte, um eine ausgewogene Personalstruktur zu sichern (§ 1 Abs. 3 S. 2 KSchG), führt ebenfalls nicht zur groben Fehlerhaftigkeit. Denn betrachtet man sich zum Beispiel den Arbeitsbereich des Klägers, so waren dort insgesamt 16 Arbeitnehmer zwischen dem 29 und 56 Lebensjahr tätig. Wenn man dann beim Abbau von 13 Arbeitsplätzen drei Arbeitnehmer im Alter von 29, 44 und 53 Jahren behielt, hält sich dies ohne Weiteres im Rahmen der Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur, kann in jedem Fall aber nicht als grob fehlerhaft gemäß § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG eingestuft werden.

Entsprechendes gilt für die vom Kläger benannten Arbeitnehmer W2xxxxx, P4xxxxxx und G2. G3xxxx, gerade auch unter Berücksichtigung des unwidersprochen gebliebenen Vortrages der Beklagten, für die Bereiche "Staplerfahrer/Lagerverwaltung" und "Warenannahme/Staplerfahrer" sei der Kläger schon wegen seiner Schwerbehinderung, verbunden mit epileptischen Anfällen, nicht in Betracht gekommen.

III.

Die Tatsache, dass der Kläger über den 31.08.2006 hinaus im Betrieb tätig wurde, kann seiner Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.

Denn im erstinstanzlichen Urteil vom 19.05.2006 war die Beklagte verurteilt worden, den Kläger über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen. Wenn sich die Beklagte in dieser Konstellation rechtstreu verhielt und zur Abwendung einer möglichen Zwangsvollstreckung und zur Wahrnehmung eigener Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO den Kläger ab dem 01.09.2006 fortbeschäftigte, liegt darin ein die Rechtsfolgen des § 625 BGB ausschließender (konkludenter) Widerspruch (vgl. BAG AP BGB Beschäftigungspflicht § 611 Nr. 22; AP BGB Weiterbeschäftigung § 611 Nr. 1). Dabei darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte bereits am 06.07.2006, also knapp zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist, Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil eingereicht hatte und damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht gewillt war, das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus mit ihrem Einverständnis fortzusetzen.

IV.

Der Rechtsstreit war nicht gemäß § 148 ZPO bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor dem Verwaltungsgericht Minden (Az.: 6 K 3076/06) anhängigen Verfahrens betreffend die Rechtmäßigkeit der vom Integrationsamt am 07.02.2006 erteilten Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers auszusetzen.

Allerdings hängt die Entscheidung über die Wirksamkeit der streitbefangenen Kündigung nach den Ausführungen unter I. bis III. der Gründe allein noch davon ab, ob der Bescheid des Integrationsamtes zu Recht ergangen ist.

Im Rahmen des nach § 148 ZPO auszuübenden pflichtgemäßen Ermessens ist aber gegenüber dem Zweck, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, vorrangig das in den §§ 61a, 64 Abs. 8 ArbGG besonders hervorgehobene Gebot zu beachten, Kündigungsschutzverfahren beschleunigt zu erledigen, es sei denn, dass die Rechtslage Anlass zu begründeten Zweifeln gibt (BAG AP KSchG 1969 Krankheit § 1 Nr. 28).

Hier ist nicht ersichtlich, dass die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen ihrer begrenzten Prüfungskompetenz zu dem Ergebnis gelangen könnten, die erteilte Zustimmung des Integrationsamtes sei rechtswidrig erfolgt. Sollte aber wider Erwarten die Zustimmung doch noch versagt werden, könnte der Kläger im Wege der Restitutionsklage die Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück