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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.11.2007
Aktenzeichen: 13 Sa 870/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 112
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.02.2007 - 6 Ca 4516/06 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Bestehen des Anspruchs auf Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan.

Der Kläger war langjährig Mitarbeiter der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen im Bereich der Server- und Netzwerkadministration.

Das Arbeitsverhältnis ging aufgrund eines Teilbetriebsübergangs mit Wirkung ab 01.10.2005 auf die Firma P1 Service GmbH (im folgendem kurz: P1), einem Tochterunternehmen der B1 AG, über. Anlässlich dieser Ausgliederung des sogenannten Desk Side Supports schloss die Beklagte mit dem im Unternehmen bestehenden Gesamtbetriebsrat am 30.06.2005 einen Sozialplan. Darin heißt es unter anderem:

1. Zweck

Dieser Sozialplan regelt den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern infolge der im Interessenausgleich vom heutigen Tage genannten unternehmerischen Maßnahmen entstehen. Es handelt sich dabei um Organisationsänderungen in den der Competency "Distributed Client Services" ("CSC/DCS") zugeordneten Teilen der Betriebe der I1 Business Service GmbH ("I1 BS") und die nachfolgende Ausgliederung des Desk Side Supports ("DSS") auf die B1 AG oder eines ihrer Tochterunternehmen ("B1").

Die Parteien sind sich einig, dass es sich bei der Ausgestaltung des Sozialplans nicht um eine Standardsituation handelt, weil B1 eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zur Verbesserung seiner Kostensituation im Zusammenhang mit dem Service gegenüber der I1 BS anstrebt.

...

2.2. Abfindung für Kompensation für geänderte Arbeitsbedingungen

...einen Abfindungsanspruch haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

...

b) die innerhalb von 12 Monaten seit dem Betriebsübergang eine Änderung der Arbeitsbedingungen zu ihrem Nachteil mit B1 vereinbaren.

2. 3. Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen

Die Voraussetzungen eines Abfindungsanspruchs sind durch den Anspruchssteller nachzuweisen.

Der Nachweis kann erfolgen

...

d) im Falle der Ziffer 2.2. b) durch Vorlage der mit B1 geschlossenen Änderungsvereinbarung; in diesem Fall ist weiter eine Erklärung mit B1 vorzulegen, der zu entnehmen ist, dass die Änderungsvereinbarung auf ihre Veranlassung hin abgeschlossen wurde.

Wegen des weiteren Inhalts des Sozialplanes wird verwiesen auf die mit Klageschriftsatz vom 27.09.2006 eingereichte Kopie (Bl. 4 ff. d. A.).

Nach dem 01.10.2005 bot die P1 dem Kläger einen neuen Arbeitsvertrag zu schlechteren Bedingungen an, was diese ablehnte. Der Kläger kam deshalb zunächst bei einem Kunden in U1 zum Einsatz.

Ab dem 16.02.2006 wechselte er dann zu einem Kunden nach L1.

Mit Schreiben vom 24.07.2006 (Bl. 30 d. A.) forderte der Kläger dann von der P1 den Abschluss eines entsprechenden schriftlichen Änderungsvertrages. Dies lehnte seine Arbeitgeberin ab mit dem Hinweis darauf, es liege in ihrem Direktionsrecht, den Kläger in L1 einzusetzen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe der Abfindungsbetrag aus dem Sozialplan zu, weil er mit seiner Arbeitgeberin für den Zeitraum ab 16.02.2006 schlechtere Arbeitsbedingungen vereinbart habe. Hintergrund sei gewesen, dass bei dem Kunden in U1 nicht mehr soviel Arbeit vorhanden gewesen sei. Deshalb habe ihn der Abteilungsleiter M1 vor die Wahl gestellt, bei einem Kunden in L1 zu arbeiten oder entlassen zu werden. Weil in seinem Arbeitsvertrag D1 als Dienstsitz bestimmt sei, sei die Versetzung nicht vom Direktionsrecht gedeckt gewesen. Für ihn seien gravierende Nachteile entstanden in Gestalt von Kraftstoff- und Verschleißkosten in Höhe von 350,00 € bzw. 200,00 € monatlich; darüber hinaus würden arbeitstäglich ca. zwei Stunden nicht als Arbeitszeit anerkannt.

Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, er könne die Voraussetzungen des Abfindungsanspruches frei nachweisen. Es bedürfe nicht der im Sozialplan bestimmten Belege; eine vorherige Klage gegen seinen jetzigen Arbeitgeber sei nicht opportun.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 134.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 17.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, es liege schon deshalb keine Änderung der Arbeitsbedingungen vor, weil die Versetzung von U1 nach L1 vom Direktionsrecht gedeckt gewesen sei. Im Übrigen fehle es an einer Vereinbarung zwischen dem Kläger und der P1 als seiner jetzigen Arbeitgeberin.

Zentrales Ziel des Sozialplanes sei es unter anderem gewesen, Arbeitnehmer für substantielle Einschnitte in ihre Vergütung zu entschädigen. Gerade diese Reduzierung der Vergütung habe der Kläger aber abgelehnt. Auch fehle es bei ihm an wirtschaftlichen Nachteilen, weil die neue Arbeitgeberin zum Ersatz der von ihm ins Feld geführten Aufwendungen verpflichtet sei.

Schließlich habe der Kläger auch nicht den nach dem Sozialplan erforderlichen Nachweis einer auf Veranlassung der P1 zustande gekommenen Änderungsvereinbarung erbracht.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 01.02.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne erst dann gegenüber der Beklagten die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn zuvor im Verhältnis zur P1 die Voraussetzungen der Ziffer 2.3. d) des Sozialplanes zu seinen Gunsten geklärt worden seien.

Gegen dieses ihm am 16.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.05.2007 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.07.2007 - am 11.07.2007 begründet.

Er meint, es reiche aus, wenn die Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch im vorliegenden Verfahren dargelegt und bewiesen würden. Er könne die Abfindung beanspruchen, weil er durch seinen Einsatz in L1 insgesamt Einkommensverluste von jährlich ca. 23.000,00 € erleide. Auch habe er wesentliche Teile seiner vormaligen Aufgabenstellung verloren.

Eine Änderung der Arbeitsbedingungen habe er mit seiner neuen Arbeitgeberin, vertreten durch den Abteilungsleiter M1, vereinbart.

Die Anweisung, zukünftig in L1 zu arbeiten und dort zumindest ganz überwiegend Hard- und Software zu warten und zu pflegen sowie User zu betreuen, sei nicht vom Direktionsrecht gedeckt gewesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.02.2007 - 6 Ca 4516/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 134.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und weist darauf hin, dass der Kläger nicht einerseits seine günstigeren Arbeitsbedingungen aufrechterhalten könne und andererseits eine Abfindung erhalte. Die Voraussetzungen des Sozialplanes seien nicht gegeben. Es fehle schon an einer einvernehmlichen Änderung der Arbeitsbedingungen. Auch habe der Kläger keine Nachteile erlitten, die nach dem Sozialplan auszugleichen seien. Schließlich sei der Nachweis gemäß Ziffer 2.3. d) des Sozialplanes nicht geführt worden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten keinen aus dem Sozialplan vom 30.06.2005 ableitbaren Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 134.000,00 € hat. Die in der Vereinbarung aufgestellten Voraussetzungen sind in der Person des Klägers nämlich nicht erfüllt.

I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag des Klägers dazu, dass er in den Monaten November/Dezember 2005 mit der P1 als Tochterunternehmen von "B1" tatsächlich eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne der Ziffer 2.2. b) des Sozialplanes vereinbart hat.

Selbst wenn man in dem Zusammenhang zu seinen Gunsten von einer entsprechenden Befugnis des Abteilungsleiters M1 ausgeht und alle auf Seite 11 f. des Berufungsbegründungsschriftsatzes wiedergegebenen Äußerungen als richtig unterstellt, führt die Frage des Zeugen M1, ob dem Kläger der Arbeitsplatz in L1 zusage, und die Antwort des Klägers, ihm bleibe nicht anderes übrig, nicht zu einer zweiseitigen Änderung der getroffenen arbeitsvertraglichen Abreden. Vielmehr kann das Verhalten des Abteilungsleiters auch zwanglos dahingehend gewertet werden, dass er sich im Rahmen des vorhandenen arbeitgeberseitigen Direktionsrechts erkundigt hat, ob der Kläger der Weisung, nach L1 zu wechseln, zu folgen bereit ist. Wenn dieser sich darauf eingelassen hat, kann sein Erklärungsverhalten auch dahingehend verstanden werden, er akzeptiere die angekündigte Ausübung des Direktionsrechts, werde also nicht im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten dagegen vorgehen.

Aus den Geschehnissen, ihre Richtigkeit unterstellt, folgt jedenfalls nicht der Abschluss der nach dem Sozialplan erforderlichen Vereinbarung.

II. Davon abgesehen hat der Kläger auch nicht die Voraussetzungen eines Abfindungsanspruchs gemäß Ziffer 2.3. d) des Sozialplans nachgewiesen, da er weder eine Änderungsvereinbarung noch eine Veranlassungserklärung der P1 vorgelegt hat. Gerade dies wäre aber erforderlich gewesen, um der Beklagten als der an diesen Rechtsgeschäften nicht beteiligten potentiellen Schuldnerin die Möglichkeit zu eröffnen, die Verwirklichung der im Sozialplan niedergelegten Anspruchsvoraussetzungen ohne Weiteres überprüfen zu können, namentlich ob es zum Abschluss einer Änderungsvereinbarung auf Veranlassung der P1 oder "nur" zu einer Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts gekommen ist.

III. Letztlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger tatsächlich solche wirtschaftlichen Nachteile erlitten hat, die nach dem Sozialplan ausgeglichen werden sollen. Denn unter Ziffer 1 Abs. 2 des Sozialplans wird ausdrücklich herausgestrichen, es handele sich nicht um eine Standardsituation; vielmehr werde eine Veränderung der Arbeitsbedingungen "zur Verbesserung (der) Kostensituation" angestrebt. Ein auf dieses Ziel der Reduktion von Personalkosten ausgerichtetes Änderungsangebot hat der Kläger aber gerade in der Vergangenheit abgelehnt.

Wenn er daraufhin nach L1 gegangen ist, ohne dass sich aus Sicht seiner jetzigen Arbeitgeberin die übrigen Vertragsbedingungen geändert haben, ist es nunmehr Aufgabe des Klägers, die von ihm behaupteten unzulässigen Änderungen bei der Qualität seiner Aufgaben und den Kostenbelastungen gegenüber seinem jetzigen Vertragspartner geltend zu machen. In jedem Fall sollen solche Nachteile aber nicht durch den abgeschlossenen Sozialplan in Gestalt einer Abfindungszahlung durch die Beklagte ausgeglichen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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