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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.09.2006
Aktenzeichen: 13 Sa 891/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 102
BGB § 158
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 13.04.2006 - 2 Ca 1193/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer während der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ausgesprochenen arbeitgeberseitigen, ordentlichen Kündigung.

Der 39 Jahre alte Kläger trat mit Wirkung ab 01.03.2005 als Fertigungsleiter/Meister zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst in Höhe von 3.500,00 € in die Dienste der Beklagten, bei der mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Dem Arbeitsverhältnis lag ein "befristeter Arbeitsvertrag" vom 31.01.2005 zugrunde, den der Kläger an dem genannten Tag auch unterzeichnete. Darin heißt es auszugsweise unter anderem wie folgt:

...

wird (vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung) folgendes vereinbart:

...

4.

Die Einstellung erfolgt zunächst probeweise für die Dauer von 3 Monaten. Während dieser Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseitig unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 2 Wochen gekündigt werden.

...

16.

Nebenabreden und Abänderungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen über die Aufhebung der Schriftform sind nichtig.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Vertrages wird Bezug genommen auf die mit Klageschriftsatz vom 20.05.2005 eingereichte Kopie (Bl. 13 ff. d. Akten).

Vor der Tätigkeitsaufnahme sind zwischen den Parteien zwei Einstellungsgespräche geführt worden. Anlässlich der zweiten Unterredung am 28.01.2005 in den Räumen der Beklagten einigte man sich unter anderem auf eine zunächst zwölfmonatige Befristung des Arbeitsvertrages. Man sprach auch über eine zu vereinbarende Probezeit. Der diesbezügliche Inhalt des Einstellungsgesprächs ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 03.05.2005, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 17.05.2005 (Bl. 18 d. Akten).

Der Kläger wendet sich gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung.

Er hat behauptet, Gegenstand des Gesprächs am 28.01.2005 sei auch sein Wunsch gewesen, keine Probezeit zu vereinbaren, weil er sein bis dahin bestehendes Arbeitsverhältnis hätte aufkündigen müssen und entsprechende Sicherheiten benötigt hätte. Daraufhin sei ihm sowohl vom Geschäftsführer wie auch vom anwesenden Zeugen M4xxxxx mitgeteilt worden, wegen der Probezeit müsse er sich keine Gedanken machen. Sie sei nicht erforderlich wegen der vereinbarten Befristung. Diese Abrede sei per Handschlag besiegelt worden. Den Arbeitsvertrag mit der absprachewidrig vorgesehenen Probezeit habe er am 31.01.2005 nur unterschrieben, weil er sein vorheriges Arbeitsverhältnis zum damaligen Zeitpunkt schon gekündigt gehabt hätte. Somit sei von einem wirksamen Verzicht auf das Kündigungsrecht während der Probezeit auszugehen. Im Übrigen sei die Kündigung auch sittenwidrig. Letztlich sei auch der Betriebsrat nicht (ordnungsgemäß) angehört worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 03.05.2005, dem Kläger zugegangen am 03.05.2005, mit dem 17.05.2005 seine Beendigung findet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass in ihrem Betrieb ein Betriebsrat bestehe. Auch sei in dem Gespräch vom 28.01.2005 kein Verzicht auf die Probezeit vereinbart worden. Vielmehr habe man dem Kläger nur erklärt, er brauche sich über die Probezeit keine Gedanken zu machen, wenn er die an ihn gestellten Anforderungen erfülle - was dann aber nicht der Fall gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.04.2006 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der insoweit darlegungspflichtige Kläger habe nicht ausreichend zum Bestehen eines Betriebsrates vorgetragen.

Es fehle auch ein nachvollziehbares Vorbringen zur Sittenwidrigkeit der streitbefangenen Kündigung.

Schließlich habe man im Arbeitsvertrag wirksam eine dreimonatige Probezeit vereinbart. Selbst wenn man sich drei Tage zuvor per Handschlag auf einen Verzicht verständigt haben sollte, sei die am 31.01.2005 im Arbeitsverhältnis mit qualifizierter Schriftformklausel getroffene Abrede an dessen Stelle getreten.

Gegen dieses dem Kläger am 26.04.2006 zugegangene Urteil hat er am 26.05.2006 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.07.2006 - am 07.07.2006 begründet.

Er verweist auf die arbeitsvertragliche Bestimmung "vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung" und meint, dadurch habe er ausreichend zum Bestehen eines Betriebsrates vorgetragen.

Sollte tatsächlich kein Betriebsrat bestehen, sei die im Arbeitsvertrag vereinbarte aufschiebende Bedingung unmöglich und mache den Arbeitsvertrag insgesamt von Anfang an unwirksam.

Im Übrigen sei ein zwölfmonatiger Kündigungsverzicht vereinbart worden. Das Verhalten der Beklagten sei widersprüchlich und damit treuwidrig im Sinne des § 242 BGB.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 13.04.2006 - 2 Ca 1193/05 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 03.05.2005, dem Kläger zugegangen am 03.05.2005, mit dem 17.05.2005 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, in ihrem Betrieb habe bislang noch nie ein Betriebsrat bestanden. Dies wisse der Kläger auch aus eigener Anschauung. Keine andere rechtserhebliche Erklärung ergebe sich aus dem Einleitungssatz des Arbeitsvertrages. Insoweit habe man einen Vordruck verwandt ohne das Bewusstsein, eine eigenständige Abrede betreffend die Erforderlichkeit der Zustimmung des Betriebsrates treffen zu wollen.

Im Übrigen seien nur die am 31.01.2005 vom Kläger unterzeichneten arbeitsvertraglichen Absprachen getroffen worden. Während der Probezeit habe sich dann herausgestellt, dass dieser mit den ihm übertragenen Aufgaben und der Personalverantwortung überfordert gewesen sei; dies habe sich namentlich in einem Gespräch am 27.04.2005 herausgestellt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das zwischen den Parteien mit Wirkung am 01.03.2005 begründete Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche, arbeitgeberseitige Kündigung vom 03.05.2005 während der vereinbarten Probezeit unter Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist mit Ablauf des 17.05.2005 aufgelöst worden ist.

Insoweit folgt die Kammer den zutreffenden Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug.

Die Ausführungen in der Berufungsbegründung geben lediglich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen Anlass:

I.

Auf § 102 Abs. 1 BetrVG kann sich der Kläger nicht berufen, weil er als insoweit darlegungspflichtige Partei (vgl. BAG AP ZPO § 138 Nr. 11) nicht ausreichend Tatsachen für das Bestehen eines Betriebsrates im Betrieb der Beklagten vorgetragen hat.

Allein der Hinweis auf den Einleitungssatz im geschlossenen Arbeitsvertrag vom 31.01.2005 reicht insoweit nicht aus. Vielmehr hätte der Kläger, nachdem die Existenz eines Betriebsrates durch die Beklagte von Anbeginn an in Abrede gestellt und von ihr - unbestritten - vorgetragen worden war, man habe sich eines Arbeitsvertragsvordrucks bedient und insoweit gar keine rechtsverbindliche Erklärung abgeben wollen, weitere Tatsachen vortragen müssen. Dies wäre ihm auch ohne Weiteres aus eigener Anschauung und/oder entsprechender Nachfrage möglich gewesen, weil er in herausgehobener Stellung als Fertigungsleiter/Monteur mit Personalverantwortung 2,5 Monate im Betrieb gearbeitet hat und aufgrund dessen etwas von der Existenz eines gewählten, funktionsfähigen Betriebsrates mitbekommen haben müsste.

II.

Der Verweis des Klägers auf die Rechtsfolgen einer unmöglichen aufschiebenden Bedingung geht schon deshalb ins Leere, weil sich die Abrede über das Erfordernis der Zustimmung des Betriebsrates regelmäßig als (grundsätzlich wirksame) auflösende Bedingung darstellt, die den Zweck hat, dass Beteiligungsrecht gemäß § 99 BetrVG zu wahren (vgl. BAG AP BGB § 620 Befristete Arbeitsvertrag Nr. 74; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., § 39 Rdnr. 114). Geht diese - wie hier - formularmäßig vereinbarte Bedingung ins Leere, weil gar kein Betriebsrat besteht, bleiben die im Übrigen getroffenen arbeitsvertraglichen Absprachen in vollem Umfang wirksam (vgl. § 139 BGB).

III.

Gemäß Ziffer 4 Abs. 1 S. 1 des am 31.01.2005 geschlossenen Arbeitsvertrages haben die Parteien auch wirksam eine dreimonatige Probezeit vereinbart. Selbst wenn drei Tage zuvor am 28.01.2005 aus Sicht des Klägers etwas anderes verabredet worden sein sollte, ist dies durch die genannte unmissverständliche Regelung im Arbeitsvertrag wieder abgeändert worden. Offensichtlich hat dies der Kläger auch bei Vertragsschluss erkannt, wenn er in der Klageschrift vortragen lässt, wegen der bereits erfolgten Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als den ihm vorgelegten Vertrag zu unterschreiben. Dann muss er sich aber auch an den arbeitsvertraglichen Absprachen festhalten lassen. Andernfalls hätte er insbesondere angesichts der qualifizierten Schriftformklausel in Ziffer 16 Abs. 1 des Arbeitsvertrages darauf bestehen müssen, die entsprechende Passage im Arbeitsvertrag zu streichen.

Entsprechende Erwägungen gelten für seine Behauptung, die Beklagte habe für die ersten zwölf Monate auf den Ausspruch einer (ordentlichen) Kündigung verzichtet. Dagegen sprechen die unmissverständlichen Regelungen in § 4 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 des Arbeitsvertrages, verbunden wiederum mit der qualifizierten Schriftformklausel in § 16 Abs. 1 des Vertrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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