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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 13 TaBV 178/05
Rechtsgebiete: BetrVG
Vorschriften:
BetrVG § 99 |
Tenor:
Die Beschwerden des Gesamtbetriebsrats und der Betriebsräte der Niederlassungen D4xxxxxx und H1xxxxx gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 14.09.2005 - 9 (1) BV 24/05 - werden zurückgewiesen
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die betriebliche Mitbestimmung beim Einsatz von sogenannten Testkäufern.
Die Arbeitgeberin betreibt die Bewirtschaftung von Zügen. Sie setzt in ihnen das zur Betreuung und Bewirtung der Reisenden notwendige Service-Personal ein.
Die Zentrale der Arbeitgeberin, die sich mit der Verwaltung des Unternehmens befasst und in der kein Betriebsrat besteht, befindet sich in D4xxxxxx, K1xxxxxxxx 22. A2 K1xxxxxxxx 11 unterhält die Arbeitgeberin eine ihrer insgesamt 5 selbständigen Niederlassungen - neben B2xxxx, D7xxxxx, M6xxxxx und H1xxxxx. In allen Niederlassungen bestehen Betriebsräte, und für das Unternehmen ist ein Gesamtbetriebsrat gebildet worden.
Die Service-Mitarbeiter in den Zügen sind unter anderem damit befasst, an die Reisenden Speisen und Getränke zu verkaufen. Ihr Einsatz wird von den verschiedenen Niederlassungen, die jeweils ein bestimmtes Kontingent von Zügen bzw. Zugverbindungen bewirtschaften, gesteuert. Dabei kann es vorkommen, dass in einem Zug Service-Kräfte verschiedener Niederlassungen zum Einsatz kommen.
Zu deren Kontrolle setzt die Arbeitgeberin sporadisch von ihr angestellte Testkäufer ein. Deren Einsatz wird geplant und gesteuert von der Revisionsabteilung der Arbeitgeberin, die sich in der D8xxxxxxxx Zentrale befindet. Die nach den Einsätzen zu erstellenden Berichte werden von den Testkäufern der Zentrale übermittelt. Bei festgestellten Unregelmäßigkeiten erfolgt eine Weiterleitung der einschlägigen Berichte an die zuständige Niederlassung, wo dann die erforderlichen personellen Maßnahmen ergriffen werden.
Der Gesamtbetriebsrat und die Betriebsräte der Niederlassungen D4xxxxxx und H1xxxxx als Antragsteller haben die Auffassung vertreten, beim Einsatz der Testkäufer handele es sich um beteiligungspflichtige personelle Einzelmaßnahmen. Diese würden nämlich im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses in anderen Betrieben tätig, sodass der Betriebsrat der betroffenen Niederlassung bzw. der Gesamtbetriebsrat seine Zustimmung erteilen müsse.
Die Antragsteller haben beantragt,
1. der Antragsgegnerin wird untersagt, auf den von ihr bewirtschafteten Zügen Testkäufe durch Arbeitnehmer der Antragsgegnerin durchzuführen,
ohne dass der Antragsteller zu 2) zuvor seine Zustimmung erteilt hat, sofern auf den Zügen ausschließlich Arbeitnehmer der Niederlassung D4xxxxxx beschäftigt werden,
ohne dass der Antragsteller zu 3) seine Zustimmung erteilt, sofern auf den Zügen ausschließlich Arbeitnehmer der Niederlassung H1xxxxx beschäftigt werden,
ohne dass der Antragsteller zu 1) seine Zustimmung erteilt hat, sofern auf den Zügen Arbeitnehmer unterschiedlicher Niederlassungen eingesetzt werden,
wenn nicht das Arbeitsgericht die fehlende Zustimmung ersetzt hat, oder das Verfahren gemäß § 100 BetrVG durchgeführt worden ist;
2. für den Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin Zwangsgeld in Höhe von bis zu 250,00 € bezogen auf jeden Tag angedroht.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Sie hat gemeint, der Einsatz der Testkäufer stelle für die Antragsteller keine mitbestimmungspflichtige personelle Maßnahme da, weil keine Zusammenarbeit mit den von ihnen repräsentierten Arbeitnehmern gegeben sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 14.09.2005 die Anträge abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, er liege aus Sicht der antragstellenden Betriebsräte keine beteiligungspflichtige Einstellung vor, weil der Einsatz der Testkäufer zu keiner Eingliederung in den jeweiligen Betrieb führe; diese würden nämlich mit den betriebsangehörigen Arbeitnehmers nicht zusammenarbeiten, sondern ihnen als Kunden gegenübertreten.
Eine Versetzung sei schon gemäß § 95 Abs. 3 S. 2 BetrVG nicht gegeben - abgesehen davon, dass nur das Beteiligungsrecht eines für die D8xxxxxxxx Zentrale gebildeten Betriebsrates in Betracht käme.
Gegen diesen ihnen am 10.10.2005 zugestellten Beschluss haben der Gesamtbetriebsrat und die beiden beteiligten Betriebsräte am 10.11.2005 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 12.01.2006 - am 12.01.2006 begründet.
Sie sind der Auffassung, es liege eine Einstellung vor, weil die Testkäufer hinsichtlich ihrer Kontrolltätigkeit in vollem Umfang dem Weisungsrecht der Arbeitgeberin unterliegen würden.
Dem Gesamtbetriebsrat komme das Beteiligungsrecht zu, wenn Testkäufer in Zügen mit Service - Mitarbeitern aus verschiedenen Niederlassungen zum Einsatz kämen.
Eine Zuordnung zur Zentrale scheide aus, weil keine Eingliederung in die dortigen betrieblichen Abläufe erfolge.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates der Niederlassung D4xxxxxx beantragt,
den Beschluss des Arbeitgerichts Dortmund - 9 (1) BV 24/05 - abzuändern und der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, auf den von ihr bewirtschafteten Zügen, in denen ausschließlich Mitarbeiter der Niederlassung D4xxxxxx beschäftigt sind, Testkäufer einzusetzen, solange nicht der Betriebsrat der Niederlassung D4xxxxxx seine Zustimmung zu der Einstellung erteilt hat oder die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist, es sei denn, die Arbeitgeberin hat die für die Durchführung als vorläufige Maßnahme bestimmten Schritte nach § 100 BetrVG vorgenommen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates der Niederlassung H1xxxxx beantragt,
den Beschluss des Arbeitgerichts Dortmund - 9 (1) BV 24/05 - abzuändern und der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, auf den von ihr bewirtschafteten Zügen, in denen ausschließlich Mitarbeiter der Niederlassung H1xxxxx beschäftigt sind, Testkäufer einzusetzen, solange nicht der Betriebsrat der Niederlassung H1xxxxx seine Zustimmung zu der Einstellung erteilt hat oder die
Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist, es sei denn, die Arbeitgeberin hat die für die Durchführung als vorläufige Maßnahme bestimmten Schritte nach § 100 BetrVG vorgenommen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Gesamtbetriebsrates beantragt,
den Beschluss des Arbeitgerichts Dortmund - 9 (1) BV 24/05 - abzuändern und der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, auf den von ihr bewirtschafteten Zügen, in denen sowohl Arbeitnehmer der Niederlassung D4xxxxxx wie auch der Niederlassung H1xxxxx beschäftigt sind, Testkäufer einzusetzen, solange nicht der Gesamtbetriebsrat seine Zustimmung zu der Einstellung erteilt hat oder die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist, es sei denn, die Arbeitgeberin hat die für die Durchführung als vorläufige Maßnahme bestimmten Schritte nach § 100 BetrVG vorgenommen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, es liege keine Einstellung vor, weil die Testkäufer nicht mit den Servicekräften einen gemeinsamen arbeitstechnischen Zweck verfolgen würden. Im Gegenteil würden sie - naturgemäß - ihre Funktion vor den Mitarbeitern verbergen.
II.
Die zulässigen Beschwerden des Gesamtbetriebsrates und der Betriebsräte der Niederlassungen D4xxxxxx und H1xxxxx sind unbegründet.
Insoweit folgt die Beschwerdekammer in allen Punkten den zutreffenden Gründen des Arbeitsgerichts und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Absatz 2 ArbGG Bezug.
Die Ausführungen der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz geben zu folgenden ergänzenden Bemerkungen Anlass:
Nach der zutreffenden ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt z. B. BAG AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 43, 35, 34) liegt betriebsverfassungsrechtlich eine Einstellung vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort beschäftigten Mitarbeitern den arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Dabei müssen die Personen so in die Arbeitsorganisation eingebunden sein, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen Entscheidungen über Art, Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat und in diesem Sinne die Personalhoheit besitzt.
Von diesen Grundsätzen ausgehend, kommt hier den einzelnen Niederlassungen als betriebsverfassungsrechtlich selbstständigen Organisationseinheiten keinerlei Befugnis zu, über Art, Zeit und Ort des Einsatzes von Testkäufern zu entscheiden. Den Niederlassungen fehlt also jegliche Art von Personalhoheit, was aber gerade Voraussetzung dafür ist, um dem dort bestehenden Betriebsrat, namentlich im Hinblick auf die potentiellen Zustimmungsverweigerungsgründe gemäß § 99 Absatz 2 BetrVG, ein Beteiligungsrecht einräumen zu können. In der vorliegenden Konstellation sind vielmehr angesichts der arbeitgeberseitigen Weisungslage bei der Zentrale in D4xxxxxx, deren Revisionsabteilung den Einsatz von Testkäufern steuert, die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte anzusiedeln. Da sich bis dato dort kein Betriebsrat gebildet hat, kann die Arbeitgeberin die Testkäufer weiterhin ohne Einschaltung betriebsrätlicher Gremien einsetzen.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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