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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 29.03.2006
Aktenzeichen: 13 TaBV 26/06
Rechtsgebiete: BetrVG, WO 2001


Vorschriften:

BetrVG § 1
BetrVG § 3
WO 2001 § 2 Abs. 2 Satz 1
Zu den Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung auf Herausgabe von Unterlagen zur Erstellung der Wählerliste bei einem Streit um den Betriebsbegriff.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 10.03.2006 - 2 (1) BVGa 1/06 - abgeändert.

Der Arbeitgeberin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, an den Wahlvorstand eine Liste herauszugeben

a.) mit allen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern unter Angabe der Namen und Vornamen, des Geburts- und Eintrittsdatums sowie des Geschlechts, wobei die aus Sicht der Arbeitgeberin als leitende Angestellte einzustufenden Arbeitnehmer zu kennzeichnen sind, und

b.) mit allen bei ihr tätigen Leiharbeitnehmern, die am 28.04.2006 länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt sind oder länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden sollen, unter Angabe der Namen und Vornamen, des Geburtsdatums und des Geschlechts.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Erteilung von Auskünften zur Anfertigung einer Wählerliste für die bevorstehende Betriebsratswahl.

Antragsteller ist der fünfköpfige Wahlvorstand des Gemeinschaftsbetriebs S2xxx. Er wurde vom Betriebsrat des gemeinsamen Betriebs der sechs Unternehmen S2xxx N1xxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG, T1xxxxxxx A2. S7xxxxxx GmbH & Co. KG (im Folgenden kurz: Firma T1x-xxxxxx), B2xxxxxx D3xxxxxxxxx GmbH, C1xxxxxx N1xxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG, S8 & G2 G3xxxxxx GmbH & Co. KG und K3-S8-K3 T2xxxxxxxx B3xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG (im Folgenden kurz: Firma K6x) zur Durchführung der Betriebsratswahlen 2006 bestellt.

Nachdem der Wahlvorstand zu der Überzeugung gelangt war, auch das im vorliegenden Verfahren beteiligte Unternehmen P4xxxxxxxxx K2xxxxxx GmbH & Co. KG (im Folgenden kurz: Firma K2xxxxxx) gehöre zum Gemeinschaftsbetrieb S2xxx, forderte er die Beteiligte zu 2) erstmals mit Schreiben vom 07.10.2005 auf, ihm die zur Erstellung der Wählerliste erforderlichen Informationen über die beschäftigten Arbeitnehmer und Leiharbeitnehmer zu erteilen.

Dies wurde in der Folgezeit abgelehnt. Dabei berief sich man u.a. auf einen am 15.02.2002 vor dem Arbeitsgericht Paderborn (AZ: 2 BV 2/02) geschlossenen Vergleich. Im genannten Verfahren stritt man sich um die Bildung eines gemeinsamen Betriebs. Antragsteller und Beteiligte zu 1) und 2) waren der Wahlvorstand und der Betriebsrat der Unternehmensgruppe S2xxx. Daneben waren u.a. die hier in Anspruch genommene Firma K2xxxxxx (als Beteiligte zu 9) und deren Betriebsrat (als Beteiligter zu 11) beteiligt. Der geschlossene Vergleich lautet auszugsweise wie folgt:

"1.

Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Firma K3-S8-K3 T2xxxxxxxx B3xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG... mit sofortiger Wirkung einen gemeinsamen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes mit den Beteiligten zu 3) bis 7) führt.

Zum gemeinsamen Betrieb der sogenannten "S2xxx-Gruppe" gehören somit die Unternehmen

B2xxxxxx D3xxxxxxxxx GmbH

S2xxx N2xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG

C1xxxxxx N1xxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG

S8 & G2 G3xxxxxx GmbH & Co. KG

T1xxxxxxx A3xxxx S7xxxxxxx GmbH & Co. KG und

K3-S8-K3 T2xxxxxxxx B3xxxxxxxxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG.

2.

Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Antragsteller und Beteiligten zu 1) und 2) zukünftig, soweit nachgewiesenermaßen keine grundlegenden und wesentlichen Änderungen bei den Unternehmen P4xxxxxxxxx K2xxxxxx GmbH & Co. KG

...

hinsichtlich ihrer bestehenden Gesellschaftsverhältnisse und einer möglichen Bindung an die sogenannte "S2xxx-Gruppe", d.h. die Beteiligten zu 3) bis 7) eintreten, keine Anträge und/oder Ansprüche gleich welcher Art dahingehend geltend gemacht werden, dass die vorstehend genannten Unternehmen

a) unter den gemeinsamen Betriebsbegriff der sogenannten "S2xxx-Gruppe" fallen,

b) mit dieser einen gemeinsamen Betrieb führen und

c) die Arbeitnehmer wahlberechtigt im zukünftigen gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 3) bis 8) sind.

3.

Die Antragsteller und Beteiligten zu 1) und 2) nehmen den Antrag betreffend die Beteiligten zu 9), 10) und 11) zurück."

Daraufhin leitete der Wahlvorstand beim Arbeitsgericht zunächst unter dem Aktenzeichen 2 (3) BV 57/05 am 15.11.2005 ein Hauptsacheverfahren (Termin am 17.03.2006) und dann am 21.02.2006 das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren ein, nachdem er zuvor am 01.02.2006 den Beschluss gefasst hatte, in der Zeit vom 25. bis 27.04.2006 für die insgesamt ca. 765 Arbeitnehmer (einschließlich 115 Wahlberechtigter bei der beteiligten Firma K2xxxxxx) Betriebsratswahlen durchzuführen.

Er hat, soweit hier noch von Interesse, unter Berufung auf die Vermutungsregelung des § 1 Abs. 2 BetrVG die Auffassung vertreten, die beteiligte Firma K2xxxxxx bilde mit den anderen sechs Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb. So sei sie in das Kommunikationsnetz der S2xxx-Gruppe eingebunden, und ihre Mitarbeiter benutzten teilweise dieselben Sozialräume sowie Zeiterfassungs- und Zugangskontrollsysteme. Es komme zum Teil auch zu einem Personalaustausch.

Eine Bindung an den im Jahre 2002 geschlossenen Vergleich bestehe nicht.

Der Wahlvorstand hat, soweit hier noch von Interesse, beantragt,

der Beteiligten zu 2) aufzugeben, dem Wahlvorstand Listen mit allen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer zu überlassen, die den Namen, Vornamen, das Geburtsdatum, das Eintrittsdatum, das Geschlecht und die Betriebsabteilung enthalten.

Soweit es sich bei den Arbeitnehmern nach Auffassung der Beteiligten zu 2) um leitende Angestellte handelt, soll dies auf der Arbeitnehmerliste durch ein "L" gekennzeichnet werden. Soweit Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, die länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden sollen, soll dies durch einen "LA" kenntlich gemacht werden.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, der Einleitung des Verfahrens und der Beauftragung von Rechtsanwalt P2xxx lägen keine wirksamen Beschlüsse des Wahlvorstandes zugrunde.

Davon abgesehen stehe dem hier verfolgten Begehren der Vergleich vom 15.02.2002 entgegen. Tatsächlich bestehe auch kein gemeinsamer Betrieb mit den sechs Unternehmen der S2xxx-Gruppe.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 10.03.2006 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das einstweilige Verfügungsverfahren sei nicht wirksam eingeleitet worden, weil insoweit kein eindeutiger Beschluss des Wahlvorstandes vorgelegt worden sei.

Gegen diesen ihm am 13.03.2006 zugestellten Beschluss hat der Wahlvorstand am 20.03.2006 Beschwerde eingelegt und diese zugleich auch begründet.

Er hat die Niederschrift über eine Wahlvorstandssitzung am 22.02.2006 vorgelegt, in der es unter Ziffer 5. heißt:

"Beschäftigungslisten der Firma P1xxxxxxx K2xxxxxx GmbH & Co KG, Beauftragung eines Rechtsanwaltsbüros bzw. eines Rechtsanwaltes mit der Führung eines "Einstweiligen Verfügungsverfahrens" zum Erhalt der Beschäftigtenlisten...."

Weiter gibt es das Protokoll einer Wahlvorstandssitzung vom 13.03.2006, dessen TOP 3 lautet:

"Beauftragung der RAe K5xxx P2xxx und M3xxx S10xx mit der Wahrnehmung der Interessen des Wahlvorstandes bezüglich der Namenslisten für die Betriebsratswahl 2006.

Der Wahlvorstand hatte bereits die Rechtsanwälte K5xxx P2xxx und M3xxx S10xx beauftragt, die Verfahren beim Arbeitsgericht 2 BV 57/05 und 2 (1) BVGa 1/06 zu führen. Weil der Beschluss möglicherweise nicht ausreichend war, soll dieser wiederholt werden.

Der Wahlvorstand diskutiert ausgiebig die Problematik.

J1xxx S3xxxxxxxx stellt die Beschlussfähigkeit fest.

Es wird der Antrag gestellt, die Rechtsanwälte K5xxx P2xxx und M3xxx Sxxx mit der Führung der Verfahren beim Arbeitsgericht 2 BV 57/05 und 2 (1) BVGa 1/06 zu beauftragen und gegebenenfalls auch Rechtsmittelverfahren zu führen."

In der Sache meint der Wahlvorstand, der Vergleich vom 15. 02.2002 habe auf das vorliegende Verfahren keinen Einfluss. So seien weder er noch die Firma K2xxxxxx am Vergleichsabschluss beteiligt gewesen. Im Übrigen liege ein Verstoß gegen § 3 BetrVG vor.

Davon abgesehen habe es wesentliche und grundlegende Änderungen gegeben.

So erledigten ab etwa Ende 2002 unter Leitung von Linienaufsichten der beteiligten Firma K2xxxxx Arbeitnehmer dieses Unternehmens und der Firma T1xxxxxxx im Betriebsteil H2x-xxxxxxxxx S4xxxx 61 gemeinsam die Arbeiten bei der Befüllung von PET-Flaschen, namentlich in den Bereichen der Maschinenbediener und Produktionshelfer. Dort komme es auch zum Austausch von Beschäftigten. Es würden auch Arbeitnehmer der Firma T1xxxxxxx vom Betriebsteil A4xxxxxxx zum Standort H2xxxxxxxxxxx S4xxxx geschickt und unterständen dort den Linienführern der Firma K2xxxxxx.

Auch im Bereich der Presswerke für Äpfel und Karotten kämen Produktionsmitarbeiter der Firma T1xxxxxxx unter Leitung von Vorgesetzten der Firma K2xxxxxx zum Einsatz.

Die gesamte Personaleinteilung fuße auf einer gemeinsamen Schichtplanung.

Anfallende Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie sonstige technische Aufgaben würden von den Beschäftigten der ebenfalls zum Gemeinschaftsbetrieb gehörenden Firma K3-S8-K3 erledigt.

Der Wahlvorstand beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 10.03.2006 - 2 (1) BVGa 1/06 - abzuändern und der Arbeitgeberin im Weg der einstweiligen Verfügung aufzugeben, eine Liste herauszugeben

a.) mit allen bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern unter Angabe der Namen und Vornamen, des Geburts- und Eintrittsdatums sowie des Geschlechts, wobei die aus Sicht der Arbeitgeberin als leitende Angestellte einzustufenden Arbeitnehmer zu kennzeichnen sind, und

b.) mit allen bei ihr tätigen Leiharbeitnehmern, die am 28.04.2006 länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt sind oder länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden sollen, unter Angabe der Namen und Vornamen, des Geburtsdatums und des Geschlechts.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß bestellt worden. Im Übrigen sei das vorliegende Beschlussverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet und die Verfahrensbevollmächtigten seien nicht ordnungsgemäß bestellt worden.

Dem Begehren stehe auch der gerichtliche Vergleich vom 15.02.2002 entgegen; zwischenzeitlich sei keine Änderung der relevanten Umstände eingetreten.

Es sei auch nicht dargelegt worden, wer die Lenkungsmacht des vermeintlichen gemeinsamen Betriebs haben solle. Die Beschäftigten würden in den betriebsverfassungsrechtlich relevanten Fragen jeweils ausschließlich dem Direktionsrecht ihres eigenen Vorgesetzten unterliegen.

Wegen des weiteren Vorbringens beider Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B.

I.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch im Beschlussverfahren grundsätzlich gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG zulässig. So ist es allgemein anerkannt, dass der Wahlvorstand seinen Anspruch gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 WO 2001 gegebenenfalls auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann (DKKS/Schneider, 9. Aufl., § 2 WO Rn. 15; Fitting, 23. Aufl., § 2 WO Rn. 6; Kreutz GK-BetrVG, 8. Aufl., § 2 WO Rn. 10; Richardi/Thüsing, 10. Aufl., § 2 WO Rn. 11).

II.

Die für die Einleitung des Verfahrens und die Beauftragung von Rechtsanwalt P2xxx erforderlichen Beschlüsse hat der Wahlvorstand ordnungsgemäß gefasst.

So ist - erstmals mit dem Beschwerdeschriftsatz - die Niederschrift einer Wahlvorstandssitzung am 22.02.2006 vorgelegt worden, nach deren Ziffer 5 mittels eines Rechtsanwaltes "ein einstweiliges Verfügungsverfahren" zum Erhalt der Beschäftigtenliste der beteiligten Firma K2xxxxxx geführt werden sollte. Rechtzeitig vor Abschluss der ersten Instanz am 10.03.2006 wurde dadurch der insoweit unklare Ursprungsbeschluss vom 26.10.2005 ausreichend konkretisiert (vgl. BAG AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 33; AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11; Beschl. v. 16.11.2005 - 7 ABR 12/05).

Bevor Rechtsanwalt P2xxx am 20.03.2006 namens und in Vollmacht des Wahlvorstandes die Beschwerde einreichte, hatte dieser in seiner Sitzung am 13.03.2006 zu TOP 3 nochmals die Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten bekräftigt - einschließlich der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens.

III.

Soweit die beteiligte Firma K2xxxxxx die rechtmäßige Bestellung des Wahlvorstandes durch den Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs S2xxx unter Berufung auf einen gemeinsamen Betrieb in Frage stellt, kann sie hiermit im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nicht durchdringen.

Denn wie das Bundesarbeitsgericht (AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55) zu Recht betont hat, führt die Verkennung des Betriebsbegriffs weder zur Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstandes noch zur Nichtigkeit der anschließenden Betriebsratswahl; allenfalls können Fehler in diesem Bereich die Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 BetrVG begründen (z.B. Kreutz GK-BetrVG, a.a.O., § 16 Rn. 89). In der genannten Norm kommt die grundlegende gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass selbst eine möglicherweise fehlerhafte Wahl zunächst einmal stattfinden soll und in eine (vorläufige) Bestandskraft erwächst, um in jedem Fall Zeiten ohne Betriebsrat zu vermeiden. Alle eventuell bestehenden Mängel werden dann sogar geheilt, wenn keine Anfechtungsberechtigten innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG tätig werden, um eine richterliche Gestaltungsentscheidung zu erreichen.

Daraus folgt, dass es bei einem Streit um den Zuschnitt der betriebsratsfähigen Organisationseinheit - von offensichtlichen und groben Fehlern abgesehen - zunächst zur Wahl eines Betriebsrates kommen soll. Insoweit war hier der Betriebsrat der Unternehmensgruppe S2xxx, der mit ca. 650 Arbeitnehmern - gegenüber 115 Wahlberechtigten bei der Firma K2xxxxxx - die Mehrheit der wahlberechtigten Arbeitnehmer repräsentiert, in entsprechender Anwendung des § 21a Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu Recht berufen, den Wahlvorstand einschließlich seines Vorsitzenden zu bestellen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG; vgl. LAG Niedersachsen NZA-RR 1998, 545).

IV.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich für den Wahlvorstand aus § 2 Abs. 2 Satz 1 WO 2001. Danach hat der Arbeitgeber alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Ihm kommt also die Pflicht zu, den Wahlvorstand bei der Anfertigung der Wählerliste zu unterstützen (Fitting, a.a.O., § 2 WO Rn. 6; Kreutz GK-BetrVG, a.a.O., § 2 WO Rn. 9). Demgegenüber ist es die alleinige Aufgabe des Wahlvorstandes, gemäß § 2 Abs. 1 WO 2001 die Wählerliste aufzustellen (Kreutz GK-BetrVG, a.a.O., § 2 WO Rn. 2; Richardi/Thüsing, a.a.O., § 2 WO Rn. 6). In dem Zusammenhang hat er durch Beschluss u.a. auch die Frage zu entscheiden, für welche betriebsratsfähige Organisationseinheit die Wahl durchzuführen ist (vgl. Kreutz GK-BetrVG, a.a.O., § 2 WO Rn. 3 und § 18 Rn. 19).

Aus der Zusammenschau der genannten Vorschriften folgt, dass der Arbeitgeber schon immer dann seiner Unterstützungsfunktion nachzukommen hat, wenn die Auskünfte und Unterlagen benötigt werden, um der konkret gefassten Entscheidung des Wahlvorstandes über die aufzustellende Wählerliste gerecht zu werden. Der Anspruch des Wahlvorstandes ist also selbst bei einer anfechtbaren Entscheidung zu erfüllen (vgl. LAG Hamm NZA-RR 2005, 373). Andernfalls bestände nämlich die Gefahr, dass sich schon vor der eigentlichen Einleitung der Wahl (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 WO 2001) durch die Vorenthaltung erforderlicher Informationen das eigentliche Wahlverfahren verzögern würde und es im Ergebnis faktisch zu einer mehr oder weniger langen Wahlaussetzung käme. Damit wäre wiederum die Gefahr des Eintritts einer betriebsratslosen Zeit nach Ablauf der Amtszeit des bisherigen Betriebsrates verbunden, was der Gesetzgeber gerade verhindern will (vgl. z.B. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 19, 21a, 21b, 22 BetrVG).

Hiervon ist nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Beschluss des Wahlvorstandes nichtig ist, also ein offensichtlicher und zugleich besonders grober Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben vorliegt (vgl. zuletzt z.B. BAG AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 und AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 54).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

1. Was das Vorbringen der beteiligten Firma K2xxxxxx zur Verkennung des Betriebsbegriffs angeht, kann nicht festgestellt werden, dass deren Einbeziehung in die betriebsratsfähige Organisationseinheit offensichtlich fehlerhaft ist. Denn wenn der Wahlvorstand unter Berufung auf die Vermutungsregelung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ausführt, namentlich Arbeitnehmer der Firma K2xxxxxx und der bislang schon zum Gemeinschaftsbetrieb S2xxx gehörenden Firma Txxxxxx würden an der Produktionsstätte H2xxxxxxxxxxx S4xxxx bei einheitlicher Schichtplanung unter Leitung von Linienaufsichten der Firma K2xxxxxx gemeinsam PET-Flaschen befüllen und in den Presswerken für Äpfel und Karotten auch zusammenarbeiten, so bedürfen diese Gesichtspunkte im Rahmen des § 1 BetrVG einer genaueren Prüfung. In einer solchen Konstellation muss der Arbeitgeber seiner "bloßen" Unterstützungsverpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 WO 2001 nachkommen, ohne dass eine Klärung der betriebsratsfähigen Organisationseinheiten herbeigeführt wird. Er ist hinreichend dadurch geschützt, dass er seine Rechte in einem Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG geltend machen und jederzeit eine für alle Beteiligten rechtsverbindliche Entscheidung über den betriebsratsfähigen Zuschnitt der relevanten Einheiten herbeiführen kann (§ 18 Abs. 2 BetrVG).

2. Soweit sich die Firma K2xxxxxx auf einen am 15.02.2002 geschlossenen Vergleich beruft, ist zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass sie den genannten Vergleich gar nicht selbst mit abgeschlossen hat; vielmehr wurde gemäß Ziffer 3) der gegen sie gerichtete Antrag zurückgenommen.

Im Übrigen ist es zweifelhaft, ob der jetzt bestellte Wahlvorstand überhaupt gebunden sein kann an die Entscheidung eines Wahlvorstandes, dessen Amtszeit nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Jahre 2002 endete (vgl. für den Betriebsrat: BAG AP ArbGG 1979 § 80 Nr. 2).

Des Weiteren hat der Wahlvorstand hier geltend gemacht, dass sich die maßgeblichen Umstände ab Ende des Jahres 2002 geändert haben sollen.

Letztlich ausschlaggebend ist aber, dass die Regelungen in dem genannten Vergleich nicht im Einklang stehen mit zwingenden gesetzlichen Vorgaben. Aus der Ausnahmeregelung des § 3 BetrVG lässt sich nämlich als Grundsatz entnehmen, dass die organisatorischen Bestimmungen des Gesetzgebers bindend sind, also namentlich der Betriebsbegriff nicht zur Disposition der Beteiligten steht (vgl. BAG EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 1; AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 53; Fitting, a.a.O., § 3 Rn. 2; Kraft/Franzen GK-BetrVG, a.a.O., § 3 Rn. 3).

Allerdings wollte der Gesetzgeber durch das BetrVerf-Reformgesetz vom 23.07.2001 die Möglichkeiten erweitern, durch Vereinbarungen den Begriff des Betriebs als Basiseinheit der Betriebsverfassung zu bestimmen. Im Falle einer unternehmensübergreifenden Bildung betriebsratsfähiger Organisationseinheiten - wie hier - geht dies aber unverändert nur unter Einschaltung der zuständigen Tarifvertragsparteien, weil gemäß § 3 Abs. 2 BetrVG den Betriebspartnern nicht der Weg eröffnet ist, in Fällen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG Regelungen zu treffen (vgl. BAG EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 1; Kraft/Franzen GK-BetrVG, a.a.O., § 3 Rn. 10; Richardi, a.a.O., § 3 Rn. 17).

Schon deshalb kommt den im gerichtlichen Vergleich vom 15.02.2002 von mehreren Unternehmen getroffenen Abreden keine rechtliche Bedeutung zu für die allein nach den zwingenden gesetzlichen Vorschriften zu entscheidende Frage, für welche betriebsratsfähige Organisationseinheit ein Betriebsrat zu wählen ist.

V.

Ein Verfügungsgrund ist ebenfalls gegeben. Zwar erfolgt mit der stattgebenden und sofort vollstreckbaren Entscheidung eine endgültige Befriedigung des antragstellerseitigen Begehrens. Nur so können aber die sofortige Erstellung der Wählerliste und damit der wirksame Erlass des Wahlausschreibens (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 WO 2001) gewährleistet werden, um die damit eingeleitete Neuwahl noch rechtzeitig vor Ablauf der Amtsperiode des amtierenden Betriebsrates stattfinden zu lassen (vgl. LAG Hamm DB 1977, 1269, 1270; NZA-RR 2005, 373).

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG)

Ende der Entscheidung

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