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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 14 Sa 1448/07
Rechtsgebiete: MTV Metall NRW, BGB


Vorschriften:

MTV Metall NRW § 19 Nr. 5
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 9 a. F.
Bei § 19 Ziff. 5 des MTV Metallindustrie handelt es sich um eine konstitutive Regelung, die in ihrem Anwendungsbereich in statischer Weise die Geltung einer zweijährigen Verjährungsfrist anordnet (im Anschluss an LAG Hamm, 22. Februar 2007, 15 Sa 1909/06)
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 20. Juni 2007 (1 Ca 20/06) teilweise abgeändert und wie folgt zur Klarstellung neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger die Lohnsteuerkarte und den Versicherungsnachweis jeweils für das Jahr 2003 herauszugeben.

Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 72,5 %, die Beklagte zu 27,5 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 84 %, die Beklagte zu 16 %.

Der Streitwert bleibt unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Annahmeverzugslohn, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Vermögenswirksame Leistungen, die Erteilung eines Arbeitszeugnisses und die Herausgabe von Arbeitspapieren.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. November 1987 als technischer Angestellter im Vertriebsinnendienst beschäftigt. Grundlage war ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 1. Juni 1990 (Bl. 7 - 10, 393 d. A.). Dieser Vertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

"...

§ 3 Gehalt

Der Angestellte erhält monatlich nachträglich ein Gehalt von brutto 5.000,- DM

- unter Vereinbarung der Tarifgruppe T 5/3 4.235,- DM

- Tarifliche Leistungszulage 439,- DM

- Betriebliche auf tarifliche Leistungen anrechenbare Zulage 326,-- DM

AT Gehalt ......... DM

Mit dem Gehalt sind sämtliche Überstunden abgegolten.

Hinzu kommt ein Urlaubsgeld von 50 % des Bruttogehaltes ......... DM

Hinzu kommt ein Weihnachtsgeld von 20 % des Bruttogehaltes im 1. Jahr ......... DM

von 30 % des Bruttogehaltes im 2. Jahr ......... DM

von 40 % des Bruttogehaltesim 3. Jahr ......... DM

von 50 % des Bruttogehaltesim 4. Jahr ......... DM

den folgenden Jahren ......... DM

Das Weihnachtsgeld wird mit dem Novembergehalt bezahlt. Beträgt die Zugehörigkeit im 1. Jahr noch kein volles Jahr, so vermindert es sich entsprechend.

Bei Kündigung ergibt sich eine Rückzahlungsverpflichtung nach den bestehenden Vorschriften.

Hinzu kommt die Sparzulage von 52,-- DM

...

Im übrigen richtet sich das Anstellungsverhältnis nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der infrage kommenden Sparte, soweit nicht in diesem Arbeitsvertrag eine zulässige Änderung abdingbarer Bestimmungen oder die dem Angestellten günstigere Regelung vereinbart ist.

...

§ 7 Kündigung

Das Anstellungsverhältnis kann von beiden Seiten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monate zum Halbjahresende gekündigt werden.

..."

Bei den in § 3 Arbeitsvertrag genannten Tarifverträgen handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien um die Tarifverträge für die Metallindustrie des Landes Nordrhein-Westfalen, u. a. den Manteltarifvertrag.

Mit Schreiben vom 28. August 2002 kündigte die Beklagte erstmals das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2003. Eine weitere Kündigung vom 26. März 2003 erfolgte zum 31. Dezember 2003. Die dritte Kündigung datiert vom 24. April 2003 und erfolgte ebenfalls zum 31. Dezember 2003. Zuvor war bereits ab 16. April 2003 eine widerrufliche Freistellung des Klägers erfolgt. Nachdem der Kläger einer Aufforderung zur Wiederaufnahme der Arbeit ab 26. Mai 2003 nicht nachgekommen war, kündigte die Beklagte schließlich außerordentlich mit Schreiben vom 11. Juni 2003, dem Kläger zugegangen am 12. Juni 2003.

Mit der am12. September 2002 beim Arbeitsgericht Detmold (3 (4) Ca 2226/02) eingegangenen Kündigungsschutzklage wendete sich der Kläger gegen die erste Kündigung. Mit den am 30. März 2003, 6. Mai 2003 und 16. Juni 2003 beim Gericht eingegangenen Schriftsätzen erhob der Kläger gegen die weiteren Kündigungen Kündigungsschutzklage. Die Kündigung vom 26. März 2003 nahm die Beklagte zurück, der Rechtsstreit wurde in der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 11. März 2004 übereinstimmend von den Parteien hinsichtlich der hiergegen erhobenen Kündigungsschutzklage für erledigt erklärt. Im Übrigen beantragte die Beklagte die Abweisung der Kündigungsschutzklagen.

Durch Teilurteil vom 11. März 2004 wurde die Unwirksamkeit der Kündigungen der Beklagten vom 28. August 2002 und 11. Juni 2003 festgestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung hat die Beklagte zurückgenommen. Durch Schlussurteil vom 25. Januar 2005 wurde darüber hinaus die Unwirksamkeit der Kündigung vom 24. April 2003 festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. September 2005 (6 Sa 387/05) die Klage abgewiesen, weil der Kläger selbst dargelegt habe, dass im Jahr 1998/1999 ein Betriebsübergang stattgefunden habe. Die Klage sei daher unschlüssig.

Mit der am 6. Januar 2006 beim Arbeitsgericht Detmold (1 Ca 20/06) eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung seiner monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 4.037,00 € für die Monate Mai bis September 2003 verlangt, und zwar abzüglich des ab 22. Juli 2003 bis 30. September 2003 erhaltenen Arbeitslosengeldes. Zusätzlich hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2003 in Höhe von jeweils 2.018,50 € brutto und von Vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von monatlich 26,59 € für die Monate Mai bis September 2003 verlangt. Schließlich hat er die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses sowie die Herausgabe der Lohnsteuerkarte 2003 und des Versicherungsnachweises 2003 begehrt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts Detmold vom 11. März 2004, welche das Landesarbeitsgericht Hamm in seiner nachfolgenden Entscheidung übersehen habe, ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe. Der Annahmeverzug sei nicht durch das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2003 beendet worden. Anzurechnen sei lediglich das Arbeitslosengeld. Tantieme aus seiner Geschäftsführertätigkeit habe er erst ab Oktober 2003 bezogen. Eine rechtzeitige Geltendmachung sei durch Erhebung der Kündigungsschutzklagen gegen die ausgesprochenen Kündigungen erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

a. für Mai 2003 ein Bruttogehalt in Höhe von € 4.037,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.Juni 2003, b. für Juni 2003 ein Bruttogehalt in Höhe von € 4.037,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 1.Juli 2003,

c. für Juli 2003 ein Bruttogehalt in Höhe von € 4.037,00 abzüglich Arbeitslosengeld in Höhe von € 525,50, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.August 2003,

d. für August 2003 ein Bruttogehalt in Höhe von € 4.037,00 abzüglich Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.629,05, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2003,

e. für September 2003 ein Bruttogehalt in Höhe von € 4.037,00, abzüglich Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.576,50, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.Oktober 2003 zu zahlen;

2. die Beklagte ferner zu verurteilen,

a. an den Kläger zusätzliches Urlaubsgeld für 2003 in Höhe von € 2.018,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2003 und

b. Weihnachtsgratifikation für 2003 in Höhe von € 2.018,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2003 zu zahlen;

3. die Beklagte des weiteren zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes, sich auf Leistung und Führung beziehendes Arbeitszeugnis zu erteilen;

4. die Beklagte letztlich zu verurteilen, an den Kläger die Arbeitspapiere 2003, bestehend aus Lohnsteuerkarte 2003 und Versicherungsnachweis 2003 herauszugeben,

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger auf dessen bei der B6 Bausparkasse AG, L3 3, 56789 H2 bestehenden Bausparvertrag Vertrags-Nr. 1234567890 vermögenswirksame Leistungen für den Zeitraum 1. Mai - 30. September 2003 in Höhe von € 132,95 zuzüglich jeweils Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf jeweils € 26,59 seit dem 1. Juni 2003, 1.Juli 2003, 1. August 2003, 1. September 2003 sowie 1. Oktober 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass ausweislich des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. September 2005 ein Arbeitsverhältnis in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr bestanden habe. Trotz Aufforderung mit Schreiben vom 21. Mai 2003 habe der Kläger seine Arbeit nicht aufgenommen, was zum Wegfall des Annahmeverzugs geführt habe. Die Tantieme müsse anteilig auch auf den Zeitraum von Mai bis September 2003 angerechnet werden, da sie die Leistung des Klägers seit Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit für die Firma N1 H3 Vertriebs-GmbH mit umfasse. Schließlich seien die Ansprüche verfallen.

Im Wege der Widerklage hat die Beklagte darüber hinaus die Rückerstattung eines Dauerreisekostenvorschusses in Höhe von 1.022,58 € verlangt, der Kläger hat sich insoweit auf den Verfall eines Rückerstattungsanspruchs aufgrund der nach dem Arbeitsvertrag anwendbaren Regelung des § 19 MTV Metall-NRW berufen.

Von einer weiteren Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 20. Juni 2007 verkündete Urteil der Klage im Wesentlichen stattgegeben, lediglich für die Zeit vom 26. Mai 2003 bis 11. Juni 2003 hat es einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs abgelehnt, weil der Kläger es in dieser Zeit böswillig unterlassen habe, den bei der Beklagten ab 26. Mai 2003 möglichen Zwischenverdienst zu erwerben. Die Widerklage hat es wegen Verfalls eines Zahlungsanspruchs aufgrund der tariflichen Verfallfrist des § 19 Nr. 2 MTV Metall NRW abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde der Beklagten am 16. Juli 2007 zugestellt. Hiergegen richtet sich ihre am 13. August 2007 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Oktober 2007 mit dem an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung. Dem Kläger wurde das Urteil am 24. Juli 2007 zugestellt. Hiergegen richtet sich seine am 24. August 2007 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. Oktober 2007 mit einem am 23. Oktober 2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlich bereits vertretene Auffassung, dass dem Kläger schon dem Grunde nach Ansprüche auf Zahlung von Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nicht zustehen. Ungeachtet dessen seien die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche verfallen. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage allein reiche für eine ordnungsgemäße Geltendmachung nach § 19 Nr. 2 MTV Metall NRW nicht aus. Zudem seien die Ansprüche verjährt. Gemäß § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW gelte im Falle einer erfolglosen Geltendmachung eine zweijährige Verjährungsfrist, beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Beklagte habe spätestens mit dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzprozess kundgetan, dass sie nicht von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ausgehe, mithin nicht zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet sei. Spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2005 seien die mit der Klage geltend gemachten Vergütungsansprüche verjährt. Die Beklagte erhebt ausdrücklich die Einrede der Verjährung.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Des Weiteren beantragt der Kläger,

das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 20. Juni 2007 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere € 2.261,58 brutto zzgl. jeweils 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf € 781,35 brutto seit dem 1. Juni 2003 und auf € 1.480,23 brutto seit dem 1. Juli 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens als zutreffend, soweit seiner Klage stattgegeben worden ist. Dagegen habe er es nicht böswillig unterlassen in der Zeit vom 26. Mai 2003 bis 11. Juni 2003 anderweitigen Erwerb zu erzielen. Im Übrigen seien die finanziellen Ansprüche des Klägers weder verfallen noch verjährt. Aufgrund der erhobenen Kündigungsschutzklagen habe er die Verfallfrist des § 19 Nr. 2 MTV eingehalten. § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW beziehe sich auf die frühere gesetzliche Verjährungsfrist, die aber mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zum 1. Januar 2002 außer Kraft gesetzt worden sei. Ab diesem Zeitpunkt gelte eine dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB. Schließlich sei der Kläger außertariflicher Angestellter gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 17. Februar 2006, 9. August 2006, 15. November 2006, 30. Mai 2007 und 26. Juni 2007 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 24. Juni 2008 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unzulässig soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und Herausgabe der Arbeitspapiere richtet. Im Übrigen ist ihre Berufung zulässig und begründet, die Berufung des Klägers unbegründet. Etwaige Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Vergütung für das Jahr 2003 sind verjährt.

1. Soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und zur Herausgabe von Arbeitspapieren wendet, hat sie ihre Berufung nicht ordnungsgemäß begründet (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (vgl. BAG, 25. April 2007, 6 AZR 436/05, AP ZPO § 580 Nr. 15; 16. Juni 2004, 5AZR 529/03, AP ZPO 2002 § 551 Nr. 2). Bei einer Mehrheit von Ansprüchen, die mit der Berufung verfolgt ober bekämpft werden, ist eine Begründung für jeden einzelnen nötig. Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass ein Rechtsgrund hinsichtlich aller Ansprüche durchgreifen soll. Dann reicht der Angriff auf diesen Rechtsgrund aus, um die Prüfung auf alle Ansprüche zu erstrecken (vgl. BGH, 27. September 2000, XII ZR 281/98, NJW-RR 2001, S. 789; HKArbR/Pfeiffer, § 66 ArbGG Rn. 17, HWK/Kalb, 3. Aufl., § 64 ArbGG Rn. 36).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zwar im Rahmen ihrer Berufungsbegründung im Zusammenhang mit ihrer Einrede der Verjährung ausgeführt, dass ungeachtet dessen, dass der Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 19 Nr. 2 MTV Metall NRW geltend gemacht habe, diese auch verjährt seien. Im Weiteren führt sie jedoch aus, dass sie spätestens mit dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzprozess kundgetan habe, dass sie nicht von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ausgehe, mithin nicht zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet sei. Damit seien sämtliche zwischen den Parteien strittigen Ansprüche mit dem Ablauf des 31. Dezember 2005 verjährt. In ihrem Schriftsatz vom 18. Juni 2006 bezieht sie sich ausschließlich darauf, dass die mit der Klage geltend gemachten Vergütungsansprüche verjährt seien (Nr. 3 des Schriftsatzes). Erstinstanzlich hat die Beklagte sich weder mit dem Zeugnisanspruch noch mit dem Anspruch auf Herausgabe der Arbeitspapiere mit auch nur einem Wort auseinandergesetzt. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war die Verjährungseinrede allein auf die vom Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche bezogen. Die Beklagte hat in konsequenter Fortsetzung ihres erstinstanzlichen Vortrags sich weder mit dem Zeugnisanspruch noch mit dem Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren befasst. Stattdessen hat sie zum Schluss ihrer Berufungsbegründung nur noch darauf verwiesen, dass sie die ursprünglich mit der Widerklage verfolgten Ansprüche nicht weiter verfolgt. Daraus ist ersichtlich, dass eine Auseinandersetzung mit der Begründung des Arbeitsgerichts für die Stattgabe der Klage in den Punkten Arbeitszeugnis und Arbeitspapiere nicht erfolgt ist. Dies führt insoweit zur Unzulässigkeit der Berufung.

2. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Zahlung von Vergütung gegen die Beklagte für das Jahr 2003 mehr. Entsprechende Zahlungsansprüche sind gemäß § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW verjährt.

a) Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen vom 24. August 2001/11. September 2001 (MTV Metall NRW) Anwendung. Gemäß § 3 Abs. 9 Arbeitsvertrag vom 1. Juni 1990 richtet sich das Anstellungsverhältnis nach den jeweils geltenden Tarifverträgen der in Frage kommenden Sparte, soweit nicht im Arbeitsvertrag eine zulässige Änderung abdingbarer Bestimmungen oder eine dem Angestellten günstigere Regelung vereinbart ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei den Tarifverträgen für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen um diejenigen Tarifverträge handelt, die angesichts der Sparte der Beklagten (Umwelt und Energietechnik, insbesondere Kesselanlagen) in Frage kommt. Da im Betrieb der Beklagten das Entgeltrahmenabkommen für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen (ERA) nicht eingeführt worden ist, richtet sich das Arbeitsverhältnis weiterhin nach dem Manteltarifvertrag vom 24. August/11. September 2001 in seiner jeweiligen Fassung (vgl. § 26 Abs. 3 EMTV Metall NRW vom 18. Dezember 2003).

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass er angeblich außertariflicher Angestellter gewesen sei, ist dies zum einen nicht weiter tatsächlich von ihm begründet worden. Zum anderen ändert eine etwaige außertarifliche Vergütung nichts daran, dass ausweislich des Arbeitsvertrags vom 1. Juni 1990 die Tarifverträge der Metallindustrie als diejenigen der in Frage kommenden Sparte Anwendung auf das Arbeitsverhältnis finden sollten. Eine Änderung des Arbeitsvertrags in diesem Punkt hat der Kläger nicht vorgetragen.

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Ansprüche des Klägers nicht schon gemäß § 19 Nr. 2 MTV Metall NRW verfallen. Gemäß § 19 Nr. 2 b MTV Metall NRW haben Beschäftigte alle übrigen Ansprüche mit Ausnahme der in Buchstabe a) genannten Ansprüche auf Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen. Andernfalls sind diese Ansprüche ausgeschlossen, es sei denn, dass Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert waren, diese Fristen einzuhalten (§ 19 Nr. 4 MTV Metall NRW). Die Geltendmachung ist nicht an eine Form gebunden. Eine Kündigungsschutzklage reicht dann für die Geltendmachung der während des Laufs des Kündigungsschutzprozesses entstehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aus. Wenn der Arbeitnehmer auch mit ihr noch nicht seine etwaigen Ansprüche zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung macht, so erstrebt er mit der Klage außer der Erhaltung seines Arbeitsplatzes gleichzeitig, sich die ihm nach § 615 BGB zustehenden Vergütungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu erhalten. Daher genügt zur Geltendmachung dieser Ansprüche im Sinne der tariflichen Ausschlussklausel die Erhebung der Kündigungsschutzklage, wobei es keiner genauen Bezeichnung der Ansprüche bedarf (vgl. BAG, 7. November 1991, 2 AZR 34/91, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 114; Ziepke/Weiß, Kommentar zum MTV Metall NRW, 4. Aufl., § 19 Anm. 7.2).

c) Die Ansprüche des Klägers sind jedoch gemäß § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW verjährt, weil er sie nicht bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 im Wege der Klage gegenüber der Beklagten weiterverfolgt hat.

aa) Bleibt die Geltendmachung erfolglos, so tritt der Ausschluss nicht ein. Vielmehr gilt dann die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. Sie beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 19 Nr. 5 MTV Metall NRW). Eine erfolglose Geltendmachung liegt vor, wenn der Gegner eine Erfüllung der Ansprüche ablehnt. Eine solche Ablehnung liegt bereits dann vor, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess die Abweisung der Klage beantragt (vgl. BAG, 13. September 1984, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 86; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 12. Aufl. § 205 Rn. 34). Im Übrigen folgt aus der Nichterfüllung der Forderung die Erfolglosigkeit der Geltendmachung.

bb) Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW um eine konstitutive Regelung, die in ihrem Anwendungsbereich in statischer Weise die Geltung der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. anordnet (so auch LAG Hamm, 22. Februar 2007, 15 Sa 1909/06). Die Tarifvertragsparteien haben nicht lediglich auf die Verjährungsregelungen verwiesen, die sich aus der Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergeben. Dies zeigt sich schon darin, dass § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung lediglich die Verjährung von Ansprüchen der gewerblichen Arbeiter - Gesellen, Gehilfen, Lehrlingen, Fabrikarbeiter -, der Tagelöhner und Handarbeiter wegen des Lohns und anderer anstelle oder als Teil des Lohns vereinbarter Leistungen, mit Einschluss der Auslagen, sowie der Arbeitgeber wegen der auf solche Ansprüche gewährte Vorschüsse regelte. Demgegenüber erfasst § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW sämtliche Ansprüche sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis unabhängig davon, ob sie nach Gesetz einer kürzeren oder längeren Verjährungsfrist unterliegen. Die Tarifvertragsparteien haben für die nicht bereits von § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. unmittelbar erfassten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis die Verjährungsfristen verkürzt, was nach § 4 Abs. 4 Satz 3 TVG zulässig ist (vgl. LAG Hamm, a. a. O.; Ziepke/Weiss, a. a. O., § 19 Anm. 9.1).

Im Übrigen haben die Tarifvertragsparteien für den Fall der erfolglosen Geltendmachung nicht lediglich auf die gesetzliche Verjährungsregelung verwiesen. Vielmehr haben sie bestimmt, dass für die von § 19 MTV Metall NRW erfassten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis der Ausschluss nach § 19 Nr. 2, 4 MTV Metall NRW nicht eintritt und stattdessen die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. gilt. Die Tarifvertragsparteien haben damit im Anwendungsbereich des § 19 MTV Metall NRW eine zweijährige Verjährungsfrist nach erfolgloser Geltendmachung normiert, die sie der damals geltenden gesetzlichen Bestimmung des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. lediglich entnommen haben. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die jeweils bestehenden gesetzlichen Verjährungsfristen gelten sollten, haben im Wortlaut des § 19 MTV Metall NRW keinen Niederschlag gefunden.

Dass es sich bei § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW um eine konstitutive Regelung mit einer statischen Bezugnahme auf die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. handelt, wird auch durch einen Vergleich mit den Verjährungsregelungen bestätigt, die von den Tarifvertragsparteien im Einheitlichen Manteltarifvertrag vom 18. Dezember 2003 (EMTV) normiert worden sind (vgl. LAG Hamm, a. a. O.). Die Tarifvertragsparteien haben im § 19 Nr. 5 EMTV eine dreijährige Verjährungsfrist unter Nennung des § 195 BGB geregelt. Sie haben in Kenntnis der neuen gesetzlichen Verjährungsbestimmungen und im Bewusstsein dessen, dass der MTV Metall NRW vom 24. August 2001/11. September 2001 für diejenigen Betriebe der Metallindustrie weiter gilt, die das Entgeltrahmenabkommen gemäß den Bestimmungen des ERA-Einführungstarifvertrags nicht eingeführt haben, die Geltung der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB a. F. bei erfolgloser Geltendmachung unverändert gelassen. Hieraus kann nur geschlossen werden, dass die Tarifvertragsparteien die Verjährungsfristen bei erfolgloser Geltendmachung in den beiden Tarifwerken unterschiedlich regeln wollten (LAG Hamm, a. a. O.).

cc) Gemäß § 19 Nr. 5 MTV Metall NRW hatte der Kläger zur Vermeidung einer Verjährung seiner Vergütungsansprüche aus dem Jahr 2003 bis zum 31. Dezember 2005 eine Zahlungsklage zu erheben. Eine Kündigungsschutzklage reichte nicht aus, insbesondere führte sie nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung (vgl. BAG, 7. November 1991, 2 AZR 159/91, AP BGB § 209 Nr. 6; Ziepke/Weiss, a.a.O., § 19 Anm. 9.4). Die vorliegende Klage ist erst am 6. Januar 2006 nach Ablauf der Verjährungsfrist beim Arbeitsgericht eingegangen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung erster Instanz war der ursprünglich widerklagend von der Beklagten geltend gemachte Auskunftsanspruch sowohl beim Gesamtstreitwert von 29.883,48 € als auch bei der Kostenquotelung zu berücksichtigen. Für die Berufungsinstanz ist das Berufungsgericht von dem erstinstanzlichen Streitwert ausgegangen, wobei es versehentlich auch die Widerklageforderung, die hier nicht anhängig geworden ist, berücksichtigt hat.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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