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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: 14 Sa 1549/08
Rechtsgebiete: ERA Metall NRW


Vorschriften:

ERA Metall NRW § 2
ERA Metall NRW § 3
Eingruppierung eines Werkstoffprüfers in EG 12 ERA - betroffenes Anforderungsmerkmal "Mitarbeiterführung" (Stufe 1 oder 2).
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 9. September 2008 (5 Ca 1095/08) abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger von der Beklagten mit Wirkung vom 1. Januar 2007 in die Entgeltgruppe 12 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen einzugruppieren ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers nach dem Entgeltrahmenabkommen für die Eisen,- Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie vom 18. Dezember 2003 (ERA). Dabei geht es konkret darum, ob die vom Kläger wahrgenommene Betreuung von Auszubildenden die Bewertungsstufe 1 oder 2 des Anforderungsmerkmals "Mitarbeiterführung" erfüllt und er deshalb in die Entgeltgruppe 12 ERA statt Entgeltgruppe 11 ERA einzugruppieren ist.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Werkstoffprüfer tätig. Er wird im mechanischen Labor eingesetzt. Arbeitsaufgabe ist die Qualitätsprüfung-Metallografie. Neben dem Kläger sind drei weitere Werkstoffprüfer eingesetzt, die ebenfalls wie der Kläger ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 ERA verlangen (14 Sa 1550/08, 14 Sa 1585/08, 14 Sa 1783/08). Fachlicher und disziplinarisch Vorgesetzter ist der Mitarbeiter S4 als Leiter des mechanischen Labors. Im mechanischen Labor wird im Zweischichtsystem gearbeitet, die Frühschicht beginnt um sechs Uhr. Der Schichteinsatz erfolgt aufgrund eines rollierenden Systems, das für einen gleichmäßigen Einsatz der Werkstoffprüfer in Früh- und Spätschicht sorgt. Die Abwesenheitszeiten aller fünf Beschäftigten im mechanischen Labor bedingt durch Urlaub, Arbeitsunfähigkeit etc. haben im Jahr einen Umfang von etwa einer Arbeitskraft. Die Frühschicht ist trotz solcher Abwesenheitszeiten regelmäßig mit zwei Mitarbeitern mindestens besetzt, in der Spätschicht kann durch solche Ausfallzeiten hin und wieder nur ein Werkstoffprüfer eingesetzt werden.

Bei der Beklagten werden Verfahrensmechaniker (Umformtechnik) und Industriekaufleute ausgebildet, Werkstoffprüfer in den letzten fünf Jahren nicht mehr. Die Auszubildenden beider Gruppen werden jeweils für vier Wochen im mechanischen Labor eingesetzt. Bei den Auszubildenden für den Beruf des Verfahrensmechanikers ist die Ausbildung im mechanischen Labor Bestandteil des Ausbildungsplans. Die Ausbildungsinhalte sind prüfungsrelevant. Daher findet für einen Zeitraum von bis zu einer Woche eine Prüfungsvorbereitung im mechanischen Labor statt, die Dauer wird vom Kläger bzw. seinem Kollegen mit dem Ausbildungsleiter im Einzelfall nach Kenntnis- und Ausbildungsstand des Prüflings bestimmt. Bei den Auszubildenden für den Beruf Industriekauffrau/mann ist die Ausbildung im mechanischen Labor Bestandteil eines Ausbildungsbereichs, der früher Produktionswirtschaft genannt wurde. Bei beiden Ausbildungsgruppen ist während des vierwöchigen Aufenthalts im mechanischen Labor der Ausbildungsinhalt jedoch gleich. Die Tätigkeiten werden in den Berichtsheften bzw. Ausbildungsnachweisen stichwortartig dokumentiert. Die Ausbildung im mechanischen Labor während der vier Wochen hat im Wesentlichen folgende Inhalte: Erläuterung der eingesetzten Messmittel (Messschraube, Messschieber), Vorstellung der Kundenanforderungen an die Materialprüfung, Erläuterung der notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen bei der Durchführung der Prüfverfahren, Vorbereitung der Werkstoffprüfung inklusive Zurechtschneiden der Proben für die verschiedenen Prüfverfahren, Erläuterung der einzelnen Prüfverfahren (Flittertest, Kugeltest, Härteprüfungen nach Vickers und Brinell, Oberflächenrauhigkeitsprüfung, Wiegetest, Lötbarkeitstest, Zugversuch für Bandproben), theoretische Ausbildung im Bereich Werkstoffkunde. Die Auszubildenden werden an die Durchführung der einzelnen Prüfverfahren herangeführt und führen sie dann später selbst während ihres Ausbildungsaufenthaltes durch. Die Ergebnisse der Prüfverfahren werden in die EDV für das zu erstellende Prüfattest eingegeben, und zwar ausschließlich durch die Werkstoffprüfer, die aufgrund des passwortgesicherten Zugangs zum System allein die Eingaben vornehmen können. Die ermittelten Werte sind die Prüftestatwerte für den Kunden.

Darüber hinaus werden im mechanischen Labor Schülerpraktikanten betreut. Im Jahr kommen durchschnittlich zwei bis drei Praktikanten für zwei bis drei Wochen in das Labor. Die Praktikanten bleiben in der Regel während der gesamten Praktikumszeit im Labor, nur in Ausnahmefällen wechseln sie auch in das chemische Labor oder in andere Abteilungen. Den Praktikanten werden die Instrumente als auch die Messverfahren gezeigt. Teilweise wird die Betreuung auch von den Auszubildenden wahrgenommen, in dem ein Praktikant einem Auszubildenden, der z.B. einen Flittertest durchzuführen hat, zugewiesen wird.

Soweit Auszubildende für den Beruf des Verfahrensmechanikers die vierwöchige Ausbildung durchlaufen haben, werden sie in Einzelfällen auch zu Urlaubs- und Krankheitsvertretungen im mechanischen Labor eingesetzt. Im Übrigen beginnen die Verfahrensmechaniker ihre Ausbildungszeit mit der Frühschicht um 6.00 Uhr, die kaufmännischen Auszubildenden um 8.00 Uhr. Grundsätzlich wird jeweils nur ein Auszubildender dem mechanischen Labor zugewiesen. Gelegentlich kommt es zu Überschneidungen, so dass zwei Personen (zwei Auszubildende oder ein Auszubildender und ein Praktikant) gleichzeitig zu betreuen sind. Eine feste Zuordnung von Auszubildenden und Praktikanten zu einem der Werkstoffprüfer im mechanischen Labor erfolgt nicht. Während der Ausbildungszeit sind dieses Auszubildenden nicht an allen Tagen im Labor anwesend, Abwesenheitszeiten können durch Urlaub, Krankheit oder Berufsschultage entstehen. Im Übrigen ist der zeitliche Umfang im Verhältnis zur Gesamttätigkeit des Klägers zwischen den Parteien umstritten.

Im Hinblick auf die zum 1. Januar 2007 beabsichtigte Einführung des ERA schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat am 28. April 2005 eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 2 Nr. 4 ERA-ETV. In Nr. 9 dieser Betriebsvereinbarung wurde das besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren gemäß § 7 ERA-ETV, § 4 Nr. 3 ERA vereinbart und eine Paritätische Kommission eingerichtet, die mit je zwei vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat bestellten Betriebsangehörigen besetzt ist. (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage B1 zur Klageerwiderung vom 11. Juli 2008, Bl. 27 ff. d. A.). Im Rahmen des Eingruppierungsverfahrens wurde eine Aufgabenbeschreibung erstellt, die keine Angaben zu den Tätigkeiten des Klägers im Rahmen der Ausbildung enthielt. Mit Schreiben vom 15. November 2006 (Anlage B 5 zur Klageerwiderung, Bl. 34 f. d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er mit Wirkung zum 1. Januar 2007 in die Entgeltgruppe 11 eingruppiert werde. Hiergegen legte der Kläger unter dem 15. Dezember 2006 Einspruch ein. Die schriftliche Begründung befasst sich ausschließlich mit dem Anforderungsmerkmal Kooperation (vgl. Anlage B 6 zur Klageerwiderung Bl. 36 ff. d. A.). Die Paritätische Kommission lehnte in ihrer Sitzung vom 23. Januar 2007 den Einspruch ab. Mit Schreiben vom 25. Januar 2007 (Anlage B 7 zur Klageerwiderung, Bl. 39 d. A.) teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

Widerspruch ERA-Eingruppierung

Sehr geehrter Herr E1,

der Widerspruch zu Ihrer ERA-Eingruppierung ist in der paritätischen Kommission behandelt worden.

Wir müssen Ihnen heute mitteilen, dass dem Widerspruch nicht stattgegeben werden konnte und Ihre Eingruppierung sowie die Zusammensetzung des Entgeltes gültig ist, wie seinerzeit im Schreiben vom 15.11.2006 mitgeteilt.

Die Bewertung der Arbeitsaufgabe bzw. der Anforderungsmerkmale ist im Rahmen der ERA-Bestimmungen tarifkonform erfolgt.

Die Aufgabenbeschreibung wird der Vollständigkeit halber ergänzt um:

- Betreuung der Auszubildenden während des vorübergehenden Einsatzes im Mechanischen Labor zur Vermittlung der erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse

- Unterstützung der Ausbildungsleitung bei der fachbezogenen Prüfungsvorbereitung

Wir bedauern, Ihnen keinen günstigeren Bescheid geben zu können und hoffen auf weiterhin gute Zusammenarbeit.

Die Aufgabenbeschreibung wurde entsprechend ergänzt (vgl. Anlage B4 zur Klageerwiderung, Bl. 32 f. d. A.).

Mit seiner am 15. Mai 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger weiterhin seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 ERA verlangt und die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen der Stufe 2 des Anforderungsmerkmals "Mitarbeiterführung", so dass ein Gesamtwert von 115 Punkten von ihm erreicht werde. Im Schnitt hätten sich in den vergangen fünf Ausbildungsjahren rund 40 Wochen lang Auszubildende und Praktikanten im Labor befunden. Da im Durchschnitt pro Schicht lediglich zwei Mitarbeiter anwesend seien, sei der Kläger während der Hälfte der Zeit damit befasst, einen Auszubildenden oder Praktikanten zu betreuen. Dies stelle eine regelmäßige Betreuung dar.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass er mit Wirkung zum 1. Januar 2007 in die Entgeltgruppe 12 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen einzugruppieren ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die Bewertung im Bereich "Mitarbeiterführung" für zutreffend. Zur Arbeitsaufgabe "Werkstoffprüfung" gehöre gerade nicht die fachliche Anweisung, Anleitung oder Unterstützung anderer Beschäftigter zur Erreichung des Arbeitsergebnisses. Die zeitweise Betreuung der Auszubildenden während ihres vorübergehenden Einsatzes im mechanischen Labor diene lediglich der Vermittlung der erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich Werkstoffprüfung. Im Schnitt seien in den vergangenen fünf Ausbildungsjahren rund 38 Wochen lang Auszubildende und Praktikanten im Labor betreut worden. Bei fünf Mitarbeitern im Labor betreue somit ein Mitarbeiter im Schnitt über einen Zeitraum von siebeneinhalb Wochen im Jahre einen Auszubildenden. Im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Betreuung sei diese nicht prägend für das Tätigkeitsbild des Werkstoffprüfers. Der Kläger behaupte selbst nicht, dass er mit einem weiteren Mitarbeiter sieben Stunden am Tag mit der Ausbildung befasst sei.

Das Arbeitsgericht hat durch das hier angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Dem Vorbringen des Klägers sei schon nicht zu entnehmen, dass ihm die Ausbildung als Arbeitsaufgabe wirksam arbeitsvertraglich oder von einer sonst dazu befugten Person übertragen worden wäre. Die Berücksichtigung einer Tätigkeit im Rahmen der Eingruppierung setzte deren wirksame Übertragung zwingend voraus. Im Übrigen arbeite der Kläger nach seiner eigenen Darstellung nicht vergleichbar mit einem Vorarbeiter oder Gruppenleiter mit anderen Beschäftigten zusammen. Allein die gleichzeitige Anwesenheit des Klägers und Auszubildender oder Praktikanten, welche die Werkstoffprüfung als Abteilung durchliefen, sei keine regelmäßige Betreuung. Sie gehe über ein gelegentliches Einweisen oder Unterweisen nicht hinaus und gebe der Arbeitsaufgabe des Klägers nicht das Gepräge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

Das Urteil wurde dem Kläger am 17. September 2008 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 10. Oktober 2008 eingelegte und mit dem am 12. November 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Betreuung der Auszubildenden und Praktikanten regelmäßig erfolge und seine Tätigkeit bei der Beklagten präge. Insbesondere sei es unzutreffend, dass die Auszubildenden nach einmaligem Zeigen bestimmter Prüfungsschritte selbständig arbeiten könnten. Es erfolgten ständig Rückfragen. Selbst wenn gegen Ende des Ausbildungsgangs Messungen selbständig durchgeführt würden, müsse jeder Prüfschein und die abgewickelten Prüfungen vollständig kontrolliert werden, da die jeweils ermittelten Werte exakt die Testatwerte für den Kunden seien. Zusätzlich zur praktischen Ausbildung erfolge eine intensive theoretische Ausbildung. Im Jahr 2007 seien für die Dauer von 47 Ausbildungswochen Auszubildende und Praktikanten betreut worden. Im Jahr 2008 ergeben sich insgesamt 45 Ausbildungswochen im mechanischen Labor. Auch die Beklagte gehe für das Jahr 2008 von 106 Ausbildungstagen im mechanischen Labor aus. Bei einer regelmäßigen Jahresarbeitszeit von 210 Arbeitstagen mache dies 50 % aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn (5 Ca 1095/08) vom 9. September 2008 abzuändern und festzustellen, dass der Kläger von der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 2007 in die Entgeltgruppe 12 des Entgeltrahmenabkommens (ERA) der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen einzugruppieren ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt sie die angegriffene Entscheidung als zutreffend. Die Ausbildungsinhalte beträfen größtenteils Aufgaben, die den Auszubildenden einmal gezeigt würden und diese dann weitestgehend selbständig durchführen könnten. Dadurch sei auch eine krankheits- oder urlaubsbedingte Vertretung des Klägers durch Auszubildende möglich. Im Übrigen seien im Jahr 2007 Auszubildende lediglich 90 Tage anwesend gewesen, im Jahr 2008 seien dies 106 Tage gewesen. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung finde nicht statt. In der Regel seien zwei Werkstoffprüfer zugegen, um die Auszubildenden zu betreuen. Setze man die Anwesenheitstage zu den zur Verfügung stehenden Arbeitstagen bei durchschnittlich vier anwesenden Werkstoffprüfern ins Verhältnis, seien diese an rund 10 % der zur Verfügung stehenden Regelarbeitstage mit der Betreuung Auszubildender im Labor befasst. Ein solcher Umfang könne nicht als prägend im Sinne des Tarifvertrages gewertet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 5. Juni 2008 und 9. September 2008 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 31. März 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die auch in der Privatwirtschaft zulässige Eingruppierungsfeststellungsklage des Klägers (vgl. BAG, 17. Oktober 2007, 4 AZR 2005/06, AP TVG § 1 Nr. 40) ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger ab dem 1. Januar 2007 in die Entgeltgruppe 12 ERA einzugruppieren.

1. Die Entscheidung der Paritätischen Kommission vom 23. Januar 2007 beschränkt nicht den Umfang der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Eingruppierung vorliegen.

Gemäß Nr. 9 Betriebsvereinbarung vom 28. April 2005 haben die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat die Einrichtung einer Paritätischen Kommission unter gleichzeitiger Vereinbarung des besonderen Eingruppierungs- und Reklamationsverfahrens gemäß § 7 ERA-ETV, § 4 Nr. 3 ERA vereinbart. Die Entscheidung der Paritätischen Kommission führt nicht zu einem nach §§ 317 bis 319 BGB, § 101 ArbGG eingeschränkten Rahmen der Überprüfung auf offenbare Unrichtigkeit des Ergebnisses und auf Verfahrensverstöße. Zwar können die Tarifvertragsparteien für die Bewertung von Arbeitsaufgaben oder bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung eines Entgeltrahmenabkommens, also auch hinsichtlich der Eingruppierung von Arbeitnehmern Schiedsgerichte einrichten, so dass dem Beschäftigten nur noch eingeschränkt der Rechtsweg eröffnet ist. Ein solches Schiedsverfahren ist nach § 7 ERA-ETV jedoch nicht vorgesehen. Vielmehr steht es dem Arbeitnehmer nach § 4 ERA frei, ob er die Paritätische Kommission anruft oder sofort den Rechtsweg beschreitet. Angesichts dieser Möglichkeit kann der Umfang der Überprüfung durch das Gericht nicht in Abhängigkeit von dieser Wahl als beschränkt angesehen werden. Vielmehr ist die Richtigkeit der Eingruppierung umfassend zu prüfen. Die erkennende Kammer folgt insoweit der bisherigen Rechtsprechung der übrigen Kammern des Berufungsgerichts (vgl. LAG Hamm, 7. Dezember 2007, 7 Sa 1354/07; 8. Februar 2008, 10 Sa 1355/07, 10 Sa 1356/07; 9. April 2008, 2 Sa 1352/07; 13. Mai 2008, 4 Sa 2063/07; 14. Mai 2008 19 Sa 2239/07, 19 Sa 2241/07) sowie des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (12. Januar 2007, 10 Sa 1082/06, ZTR 2007, S. 314), wobei es nach ihrer Auffassung nicht darauf ankommt, ob die Entscheidung der Paritätischen Kommission begründet wurde oder ob dies - wie im vorliegenden Rechtsstreit - nicht der Fall ist (vgl. LAG Hamm, 25. November 2008, 14 Sa 354/08).

2. Die Tätigkeit des Klägers rechtfertigt eine Gesamtpunktzahl von 115 Punkten, dies entspricht der Entgeltgruppe 12 ERA gemäß § 3 Nr. 2 ERA.

a) Gemäß § 2 Nr. 2 ERA hat der Beschäftigte Anspruch auf eine Vergütung entsprechend der Entgeltgruppe, in die er eingruppiert wurde. Nach § 2 Nr. 3 ERA ist die Einstufung der übertragenen und auszuführenden Arbeitsaufgabe (Einzelaufgabe oder Arbeitsbereich) Grundlage der Eingruppierung. Dabei ist diese ganzheitlich unter Berücksichtigung aller übertragenen und auszuführenden Tätigkeiten zu bewerten, unabhängig wie oft und wie lange diese ausgeführt werden. Nach § 2 Nr. 4 ERA gilt bei Übertragung mehrerer Aufgaben, die wegen des Fehlen eines unmittelbaren arbeitsorganisatorischen Zusammenhangs nicht ganzheitlich zu betrachten und die verschiedenen Entgeltgruppen zugeordnet sind, dass der Beschäftigte entsprechend der überwiegenden Tätigkeit eingruppiert ist. Gemäß § 3 Nr. 1 ERA in Verbindung mit der Anlage 1 a ERA sind vier Anforderungsmerkmale - Können, Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Kooperation und Mitarbeiterführung - maßgeblich für die Ermittlung der Gesamtpunktzahl. Nach der Anlage 1 a ERA ist jedes Merkmal in Bewertungsstufen unterteilt, denen jeweils Punkte zugeordnet sind. Der Gesamtpunktwert folgt gemäß § 3 Nr. 3 ERA aus der Addition der Punktwerte der für die Arbeitsaufgabe jeweils zutreffenden Bewertungsstufen der vier Anforderungsmerkmale.

b) Für die Entgeltgruppe 12 ERA ist gemäß § 3 Nr. 2 ERA eine Gesamtpunktspanne von 113 bis 128 Punkten vorgesehen. Die dem Kläger übertragene und von ihm auszuführende Arbeitsaufgabe als Werkstoffprüfer im mechanischen Labor erreicht diesen Bereich. Neben den übereinstimmend von den Parteien in diesem Verfahren bewerteten Anforderungsmerkmalen Können, Handlungs- und Entscheidungsspielraum sowie Kooperation mit insgesamt 110 Punkten ist das Anforderungsmerkmal "Mitarbeiterführung" entsprechend der Bewertungsstufe 2 mit 5 Punkten zu bewerten. Die Erfüllung der Arbeitsaufgabe erfordert es, Beschäftigte fachlich anzuweisen, anzuleiten und zu unterstützen.

aa) Mit dem Anforderungsmerkmal "Mitarbeiterführung" werden die vom Beschäftigten geforderten Voraussetzungen beschrieben, im Rahmen der übertragenen und auszuführenden Arbeitsaufgabe zur Erreichung des Arbeitsergebnisses andere Beschäftigte fachlich anzuweisen, anzuleiten und zu unterstützen, die Kooperation zu fördern, Arbeitsziele vorzugeben oder zu vereinbaren, Beschäftigte zur Zielerfüllung einzusetzen, sie zu fördern und damit zu motivieren. Der Grad der Führung wird dabei wesentlich mitbestimmt von der Anzahl der zu führenden Beschäftigten und dem von ihnen abgeforderten Anforderungsniveau (vgl. Nr. 4 Anlage 1 a ERA). Fachliches Anleiten bedeutet die Vermittlung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen an Beschäftigte zur ordnungsgemäßen Ausführung ihnen übertragener Arbeiten unmittelbar im Zusammenhang mit der Ausübung einer bestimmten eingegrenzten Arbeitsaufgabe im Gegensatz zum Anlernen. Einmaliges einfaches Einweisen, Unterweisen und/oder Anleiten von Beschäftigten sind kein fachliches Anleiten im Sinne dieses Anforderungsmerkmals (vgl. VI. Nr. 1 ERA-Glossar). Fachliches Anweisen bedeutet die Aufforderung an einen Beschäftigten, eine Tätigkeit, die dieser grundsätzlich fachlich beherrscht, in einer ihm geläufigen oder modifizierten Art und Weise auszuführen (vgl. VI. Nr. 1 ERA-Glossar). Kein Führen ist erforderlich und damit die Arbeitsaufgabe im Hinblick auf das Anforderungsmerkmal "Mitarbeiterführung" der Bewertungsstufe 1 (= 0 Punkte) zuzuordnen, wenn die Erforderlichkeit des Führens in seinen verschiedenen Ausprägungen nicht zum Inhalt der Arbeitsaufgabe gehört. Der Zuordnung zu dieser Bewertungsstufe widerspricht es nicht, wenn dem Arbeitnehmer kurzzeitig gelegentlich andere Beschäftigte wie z. B. Helfer bei Unterstützungsmaßnahmen zugeordnet werden oder eine nur gelegentliche Betreuung von Auszubildenden, Praktikanten, Leiharbeitnehmern etc. während des Betriebsdurchlaufes durch den Arbeitnehmer erfolgt (vgl. VI. Nr. 2 ERA-Glossar). Dagegen beinhaltet Bewertungsstufe 2 im Rahmen der eigenen Arbeitsaufgabe das fachliche Führen im Hinblick auf Anweisen, Anleiten und/oder Unterstützen gegenüber anderen Beschäftigten. Üblicherweise handelt es sich in dieser Bewertungsstufe um Arbeitsaufgaben von Vorarbeitern im bisherigen gewerblichen und von Gruppenleitern in bisherigen Angestelltenbereich. Gleichermaßen zählen auch die Arbeitsaufgaben solcher Beschäftigten dazu, denen zur Erfüllung eines bestimmten betrieblichen Aufgabenzwecks andere in der Regel geringer qualifizierte Beschäftigte zugeteilt sind, z.B. Maschinen- oder Anlagenführer mit Helfer, Techniker mit Servicepersonal u. ä. sowie die regelmäßige Betreuung von Auszubildenden, Praktikanten, Leiharbeitnehmern etc. (vgl. VI. Nr. 2 ERA-Glossar).

bb) Der Kläger hat im Rahmen der ihm übertragenen Arbeitsaufgabe als Werkstoffprüfer im mechanischen Labor regelmäßig Auszubildende und Praktikanten zu betreuen.

(1) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts gehört die Betreuung von Auszubildenden und Praktikanten zu den übertragenen und vom Kläger auszuführenden Aufgaben. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass die Aufgabenbeschreibung nach dem Einspruchsverfahren entsprechend ergänzt worden ist. Daraus wird deutlich, dass dieser Teilbereich Bestandteil der Tätigkeit als Werkstoffprüfer im mechanischen Labor nach der übereinstimmenden Auffassung der Parteien ist. Die Tätigkeitsbeschreibung dokumentiert lediglich die schon seit 18 Jahren bestehende Verpflichtung des Klägers. Er kann nicht ohne seinen Arbeitsvertrag zu verletzten, die Durchführung von Ausbildungstätigkeiten verweigern.

(2) Die laut Tätigkeitsbeschreibung vom Kläger wahrzunehmende "zeitweise Betreuung der Auszubildenden während des vorübergehenden Einsatzes im mechanischen Labor zur Vermittlung der erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse" sowie die "Unterstützung der Ausbildungsleitung bei der fachbezogenen Prüfungsvorbereitung" stellt nach Auffassung der Kammer eine regelmäßige Betreuung von Auszubildenden und Praktikanten dar.

(a) Die Regelmäßigkeit einer Tätigkeit hängt nicht davon ab, dass sie zeitlich überwiegend anfällt. Sie muss nur vorhersehbar immer wieder in einem zeitlich nicht nur unerheblichen (gelegentlichen) Umfang anfallen. So ist gerade bei einem Vorarbeiter oder Gruppenleiter, welche die Tarifvertragsparteien beispielhaft für die Bewertungsstufe 2 des Anforderungsmerkmals "Mitarbeiterführung" im ERA-Glossar genannt haben, in ihrem Aufgabenbereich die Führungstätigkeit ein Teilaspekt, der zeitlich neben der eigenen Sacharbeit stets anfällt, ohne dass er zeitlich überwiegen muss. Lediglich eine zeitlich unerhebliche (gelegentliche) Betreuung von Mitarbeitern oder hier von Auszubildenden ist nicht geeignet, die zweite Stufe dieses Anforderungsmerkmals auszufüllen.

(b) Bei der Beklagten werden übers Jahr Auszubildende dem mechanischen Labor für vier Wochen sukzessive zugewiesen. Diese Zuweisung ist vorhersehbar. Zwar werden keine Werkstoffprüfer ausgebildet. Eine vierwöchige Ausbildungszeit im mechanischen Labor ist aber für jeden Auszubildenden im Betrieb der Beklagten vorgesehen, egal ob es sich um eine gewerbliche oder kaufmännische Ausbildung handelt. Das hat in jedem Jahr vorhersehbar die Betreuung von Auszubildenden zur Folge für die Werkstoffprüfer im mechanischen Labor zur Folge. Entsprechendes gilt für die Schülerpraktikanten, von denen zwei bis drei jährlich für zwei bis drei Wochen im mechanischen Labor sind. Auch deren Betreuung fällt vorhersehbar im Jahr an. Das gilt auch für die jährliche Prüfungsvorbereitung der Verfahrensmechaniker.

(c) Die Betreuung der Auszubildenden fällt in einem zeitlich erheblichen Rahmen im Jahr an. Unter Zugrundelegung der von der Beklagten vorgetragenen und vom Kläger zuletzt nicht mehr bestrittenen Zahl der Anwesenheitstage von Auszubildenden im mechanischen Labor (90 Arbeitstage in 2007 sowie 106 Arbeitstage im Jahr 2008) und der unter Einschluss des Leiters des mechanischen Labors aufgrund von Abwesenheitszeiten der einzelnen Mitarbeiter im Schnitt von vier Beschäftigten des mechanischen Labors wahrzunehmenden Betreuung der Auszubildenden fallen statistisch für jeden etwa 22,5 bis 26,5 Arbeitstage und damit bei einer Gesamtzahl von rund 220 Arbeitstagen (365 Kalendertage abzüglich 104 Wochenendtage, 30 Urlaubstage und 10 Feiertage) etwa 10 % bis 12,5 % der möglichen Arbeitstage an, wo Ausbildung und Unterweisung stattzufinden hat. Dies ist nicht mehr unerheblich.

(d) Unerheblich ist es, dass keine ständige Betreuung der Auszubildenden und Praktikanten rund um die Uhr erfolgt, wenn sie im mechanischen Labor anwesend sind. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die Auszubildenden selbständig Prüftätigkeiten vornehmen, ist diese Selbständigkeit zum einen begrenzt und zum anderen nicht schon, wie die Beklagte meint, nach einmaligem Zeigen des Prüfvorgangs möglich.

Die Begrenztheit der Selbständigkeit ergibt sich daraus, dass die ggfs. eigenständig von einem Auszubildenden durchgeführten Prüfungen des Materials vom Werkstoffprüfer zwingend zu kontrollieren sind. Denn die Prüfwerte sind auch diejenigen, die gegenüber dem Kunden attestiert werden, für die somit der Werkstoffprüfer die Verantwortung trägt. Selbst wenn ein Auszubildender in der Lage ist, als Urlaubs- und Krankheitsvertretung eingesetzt zu werden, ändert dies nichts an dieser Kontrollnotwendigkeit.

Darüber hinaus ist angesichts der von der Beklagten nicht mehr bestrittenen Beschreibung der Ausbildung im mechanischen Labor durch den Kläger (vgl. Blatt 97 bis 100 der Akte = Blatt 5 bis 8 der Berufungsbegründung) davon auszugehen, dass durch ein einmaliges Zeigen von Messschraube und Messschieber sowie einer einmaligen Vorstellung der verschiedenen Prüfverfahren deren selbständige Durchführung einem Auszubildenden (oder gar einem Praktikanten) nicht möglich ist. Angesichts des Umfangs und der Bedeutung, welche die Werkstoffprüfung hat, was sich auch darin dokumentiert, dass sie notwendiger Inhalt der Ausbildung zum Verfahrensmechaniker und prüfungsrelevant ist, kann davon nach Auffassung der Kammer nicht ausgegangen werden. Die erste Vorstellung der Prüfverfahren und Messmittel sowie die theoretische Unterweisung in der Werkstoffkunde, um Prüfergebnisse mit einem gewissen Verständnis für deren Logik oder Unlogik wahrnehmen zu können, mögen zwar dazu führen, dass es den Auszubildenden möglich ist, mit der Durchführung einer Prüftätigkeit zu beginnen, eine vollständig selbständige Tätigkeit ist dabei jedoch nicht zu erwarten. Die Selbständigkeit mag innerhalb der vierwöchigen Ausbildung immer weiter greifen, so dass immer weniger theoretische und praktische Unterweisung, Beantwortung von Rückfragen sowie Kontrollen bei der Prüfung von Werkstoffen durch einen Auszubildenden erforderlich und sogar Urlaubs- und Krankheitsvertretungen möglich sind. Eine Restkontrolle verbleibt aber schon allein im Hinblick auf die Verantwortung des Werkstoffprüfers für die gefundenen Prüfergebnisse.

(e) Die Betreuung von Auszubildenden umfasst fachliches Anleiten, Anweisen und Unterstützen. Die Tarifvertragsparteien verwenden ausweislich der gemeinsam verfassten Erläuterungen der Bewertungsstufen im ERA-Glossar (hier VI. Nr. 2 ERA-Glossar) bei dieser Beschäftigtengruppe nur den Begriff "Betreuung" und gehen deshalb davon aus, dass diese alle Einzelformen der Mitarbeiterführung vereinigt. Im Übrigen müssen Anweisen, Anleiten und Unterstützen nur alternativ, nicht kumulativ vorliegen. Für die Bewertungsstufe 2 heißt es in VI. Nr. 2 ERA-Glossar ausdrücklich, dass diese im Rahmen der eigenen Arbeitsaufgabe das fachliche Führen im Hinblick auf Anweisen, Anleiten und/oder Unterstützen gegenüber anderen Beschäftigten beinhaltet.

(3) Die regelmäßige Betreuung von Auszubildenden und Praktikanten muss darüber hinaus die Arbeitsaufgabe insgesamt prägen. Bei der ganzheitlichen Bewertung der Arbeitsaufgabe ist bei dem Anforderungsmerkmal "Können" das höchste für die Arbeitsaufgabe erforderliche Könnensniveau für die Einstufung der übertragenen Arbeitsaufgabe entscheidend. Bei den Anforderungsmerkmalen "Handlungs- und Entscheidungsspielraum", "Kooperation" und "Mitarbeiterführung" ist eine Gewichtung danach vorzunehmen, ob und inwieweit die Tätigkeiten die Arbeitsaufgabe insgesamt prägen (§ 2 Nr. 3 Abs. 3 ERA). Der Geprägegrundsatz bestimmt, dass Arbeiten/Tätigkeiten nach ihrer Bedeutung gewichtet bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe berücksichtigt werden und zwar hinsichtlich der in § 2 Nr. 3 ERA genannten drei Anforderungsmerkmale. Dabei ist eine Gewichtung danach vorzunehmen, ob und inwieweit die Tätigkeiten, die Arbeitsaufgabe insgesamt prägen (vgl. I. ERa-Glossar Stichwort Arbeitsaufgabe - Gepräge). Nach Auffassung der Kammer ist die Tätigkeit des Klägers als Werkstoffprüfer im mechanischen Labor der Beklagten in diesem Sinne auch von der Betreuung der Auszubildenden geprägt.

(a) Bei der Prüfung, inwieweit eine Tätigkeit prägt, die zu bewertende Arbeitsaufgabe prägt, kann nicht auf eine generelle Betrachtungsweise des Berufs- und Tätigkeitsbildes "Werkstoffprüfer" abgestellt werden. Für die Ausübung dieser Tätigkeit und die Erreichung der mit dieser Arbeitsaufgabe verbundenen Arbeitsziele ist in der Tat die Betreuung von Auszubildenden nicht erforderlich. Zu bewerten ist aber die Arbeitsaufgabe in ihrer Gesamtheit, nicht das Berufs- oder Tätigkeitsbild. Nach § 2 Nr. ERA 3 sind die Einzelaufgabe oder der Arbeitsbereich Grundlage der ganzheitlichen Bewertung. Diese ergibt sich aus der Aufgabenbeschreibung, welche beim Kläger die Ausbildungstätigkeiten mit umfasst.

Ebenso wenig kommt es auf den zeitlichen Umfang an, der für Anleitung, Anweisung und Unterstützung von Auszubildenden verwandt wird. Bei den von den Tarifvertragsparteien genannten Beispielen (Vorarbeiter, Gruppenleiter) muss die Führungstätigkeit nicht zeitlich überwiegen, um die Arbeitsaufgabe zu prägen. Es ist vielmehr zu prüfen, ob und inwieweit die regelmäßige Betreuung von Auszubildenden eine solche Bedeutung hat, dass sie die Arbeitsaufgabe eines Werkstoffprüfers im mechanischen Labor der Beklagten prägt.

(b) Sieht man auf den für die Eingruppierung zu bewertenden Aufgabenbereich im Betrieb der Beklagten gemäß der Aufgabenbeschreibung, gehört die Betreuung von Auszubildenden und Praktikanten zum Arbeitsalltag im mechanischen Labor. Wer dort als Werkstoffprüfer tätig ist, hat immer wieder junge Menschen ohne oder mit geringen Vorkenntnissen anzulernen, anzuweisen und zu unterweisen, so dass sie ihr Ausbildungsziel erreichen, im Labor in zunehmendem Maße Prüfaufgaben selbständig wahrnehmen können, deren Ergebnisse nach Kontrolle durch die Werkstoffprüfer als Arbeitsergebnis übernommen und zu Prüfattesten für die Kunden verarbeitet werden können.

Zwar dauert die Ausbildungstätigkeit nicht den ganzen Arbeitstag, aber sie ist auch nicht völlig unerheblich. Sie bedarf neben einem gewissen Maß an Überlegung und Vorbereitung auch der Zeit zur theoretischen Stoffvermittlung, zur Einführung in die einzelnen Prüfungsverfahren, der stetigen Ansprechbarkeit für Fragen nach der Unterweisung sowie der Überwachung und Kontrolle der Tätigkeit der Auszubildenden und Praktikanten. Angesichts des Ausbildungskonzepts der Beklagten, die solche Tätigkeiten immer wieder bei ihren Werkstoffprüfern im Labor anfallen lässt und die ihnen deshalb auch zur Erledigung übertragen worden sind, sind diese vergleichbar der Führungstätigkeit eines Vorarbeiters oder Gruppenleiters für die Tätigkeit von Bedeutung. Sie prägen den Aufgabenbereich eines bei der Beklagten beschäftigten Werkstoffprüfers im mechanischen Labor.

(c) Entgegen der Auffassung der Beklagten geht es nicht darum, dass der Kläger wie ein Mitarbeiter einer Lehrwerkstatt zu bewerten ist. Die von den Tarifvertragsparteien für den Bereich der Ausbildung formulierten Niveaubeispiele im Bereich der Ausbildung bewerten die Mitarbeiterführung und die damit verbundene Führungsverantwortung gegenüber den Auszubildenden mit der Stufe 3, d.h. 10 Punkten. Dies gilt sowohl für das auf den Mitarbeiter einer Lehrwerkstatt wohl zutreffende Niveaubeispiel 03.02.01.05 (Berufsausbilder/in 1) als auch das eher für die Ausbildungsleitung zutreffende Niveaubeispiel 03.02.01.10 (Berufsausbilder/in 2). Im Falle des Klägers geht es lediglich um die regelmäßige Betreuung von Auszubildenden und Praktikanten im Rahmen der eigentlichen beruflichen Tätigkeit. Die Beklagte bezeichnet den Kläger als "betrieblichen Ausbildungsbeauftragten" und stellt die selbständige Durchführung der Ausbildung durch ihn nicht in Frage. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass Werkstoffprüfer nicht ausgebildet werden. Eine regelmäßige Betreuung von Auszubildenden hängt nicht davon ab, dass kontinuierlich eine Person ausgebildet wird. Vielmehr ist die regelmäßige Durchführung vierwöchiger Ausbildungsabschnitte in einem Betriebsbereich geeignet, zum einen eine regelmäßige Betreuung zu begründen, die zum anderen aber auch die Tätigkeit in diesem Bereich des Betriebs mit zu prägen. Die Kläger sind eingebunden in die betriebliche Ausbildung der Verfahrensmechaniker und Industriekaufleute im mechanischen Labor. Sie führen sie durch. Sie ist zeitlich nicht völlig unerheblich. Daraus ergibt sich der insgesamt prägende Charakter der Ausbildungstätigkeit im mechanischen Labor der Beklagten.

c) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Betreuung von Auszubildenden für den Kläger als Werkstoffprüfer im mechanischen Labor regelmäßig anfällt, zeitlich nicht völlig unerheblich ist und seine Tätigkeit mitprägt. Dies rechtfertigt es, für das Anforderungsmerkmal "Mitarbeiterführung" die Bewertungsstufe 2 mit 5 Punkten zu vergeben. Bei der danach sich ergebenden Gesamtpunktzahl von 115 Punkten steht dem Kläger Vergütung nach Entgeltgruppe 12 ERA zu, er ist entsprechend einzugruppieren.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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