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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 14 Sa 1717/05
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 2
Eine zulässige Verlängerung des befristeten Erstvertrages liegt auch vor, wenn im Anschlussvertrag ohne Änderung der sonstigen Arbeitsbedingungen eine Lohnerhöhung festgelegt wird.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.07.2005 - 1 Ca 721/05 - wird kostenfällig zurückgewiesen.

Tatbestand: Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses. Im Betrieb der Beklagten werden Hilfsmittel für Körperbehinderte hergestellt. Die Parteien schlossen am 07.04.2003 einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag, wonach der Kläger mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und zu einem Stundenlohn von 10,-- € zur Fertigung von Carbonteilen eingestellt wurde. Unter dem 06.02.2004 wurde ein Jahresvertrag für die Zeit ab 07.04.2004 geschlossen, welcher in allen Punkten dem vorherigen Vertrag entsprach bis auf den Stundenlohn, welcher um 0,50 € erhöht wurde. Nach Ablauf dieses Vertrages lehnte die Beklagte eine Weiterbeschäftigung des Klägers ab. Dieser hat am 26.04.2005 vor dem Arbeitsgericht Paderborn eine Entfristungsklage erhoben, wobei er die Auffassung vertrat, dass es sich bei dem zweiten Vertrag nicht um eine Verlängerung des Erstvertrages handle, weil andere Bedingungen gegolten hätten. Somit sei der Neuabschluss des sachgrundlos befristeten Zweitvertrages nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unzulässig. Das Arbeitsverhältnis bestehe daher unbefristet fort, die Beklagte sei aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit vom 08.04.2005 bis zum 31.05.2005 zur Lohnzahlung zu verurteilen. Der Kläger hat beantragt, 1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund Befristung zum 07.04.2005 beendet worden sei, 2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.172,60 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 1.344,00 € seit dem 01.05.2005 sowie auf 1.818,60 € seit dem 01.06.2005 abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene 1.444,04 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie sieht in dem abgeschlossenen Anschlussvertrag unbeschadet des geringfügig erhöhten Stundenlohnes eine zulässige Verlängerung des Erstvertrages im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG. Die dem Kläger im Anschlussvertrag zugestandene Lohnerhöhung sei im Zusammenhang mit der allgemeinen Vergütungsanpassung zu sehen, die seinerzeit für alle 12 Mitarbeiter gegolten habe. Nach alledem handle es sich um eine zulässige Befristung des Zweitvertrages, sodass das Arbeitsverhältnis der Parteien endgültig mit dessen Auslaufen beendet worden sei. Das Arbeitsgericht Paderborn hat durch sein am 14.07.2005 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Es hat in dem befristeten Anschlussvertrag der Parteien eine zulässige Verlängerung des Erstvertrages gesehen. Soweit in dem Zweitvertrag zum Vorteil des Klägers der Lohn erhöht worden sei, stehe dies einer zulässigen Verlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht entgegen. Der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.07.2000 (7 AZR 51/99 - BAGE 95, 255)) zu entnehmenden gegenteiligen Rechtsprechung könne im Interesse der befristet eingestellten Arbeitnehmer nicht gefolgt werden. Somit habe das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem Ablauf des befristeten Anschlussvertrages sein Ende gefunden. Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Gegen das ihm am 01.08.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.08.2005 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel zugleich begründet. Er wiederholt seinen bereits erstinstanzlich geäußerten Rechtsstandpunkt und sieht sich darin in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestärkt. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und nach seinem Schlussantrag erster Instanz zu erkennen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend. Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Die Berufungskammer tritt dem Rechtsstandpunkt des Arbeitsgerichts bei. Denn auch nach ihrer Meinung sprechen die besseren Argumente dafür, dass die geringfügige Erhöhung des Stundenlohnes in dem befristeten Anschlussvertrag einer Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht entgegensteht. Insofern teilt sie den Standpunkt des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 26.07.2000 nicht, wonach jede materielle Änderung im Anschlussvertrag eine Verlängerung i. S. der genannten Vorschrift ausschließt. Denn es widerspricht dem Charakter des Arbeitsverhältnisses als eines dynamischen Austauschvertrages, dass ein Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer nur für die Höchstdauer von zwei Jahren befristet einstellen will, gehalten ist, dem Arbeitnehmer im Anschlussvertrag eine Lohnerhöhung vorzuenthalten, obwohl sich dieser während des Erstvertrages bewährt hat und im Laufe der Zeit eine höherwertigere Arbeitsleistung erbracht hat. Auch kann einem Arbeitnehmer kaum vermittelt werden, dass er nur deshalb auf eine allgemeine betriebliche oder tarifliche Lohnerhöhung verzichten soll, nur um den Verlängerungscharakter des Anschlussvertrages nicht zu gefährden. Die Kommentarliteratur geht daher überwiegend davon aus, dass eine im Interesse des Arbeitnehmers liegende Gehaltsanpassung im befristeten Anschlussvertrag bei sonst gleichbleibenden Bedingungen gegenüber dem Erstvertrag durchaus noch als Verlängerung im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG angesprochen werden kann (vgl. Boewer, Kom. z. TzBfG, § 14 Rn. 248; KR-Lippke, § 14 TzBfG Rn. 290; Meynel/Heyn/Herns, Kom. z. TzBfG, 2. Aufl., § 14 Rn. 87; APS/Backhaus, § 14 TzBfG Rn. 74). Auch Landesarbeitsgerichte sind der gegenteiligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht gefolgt (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 17.02.2005 - 8 Sa 1931/04 - in LAGE, § 14 TzBfG Nr. 20 a; Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 27.02.2004 - 2 Sa 739/03 -, zitiert nach JURIS). Darauf hinzuweisen ist im Übrigen, dass das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 19.02.2003 (AZ: 7 AZR 648/01) Änderungen hinsichtlich der Tätigkeit und der Vergütungsgruppe innerhalb der festgelegten Befristungsdauer zulässt und eine nachfolgende Befristung nicht als Verstoß gegen das Anschlussverbot wertet. Es ist den Arbeitsvertragsparteien kaum zu vermitteln, dass derartige Veränderungen während des Laufs eines befristeten Vertrages eine Verlängerung zulassen, jedoch die gleichen Veränderungen anlässlich des Abschlusses des Anschlussvertrages einer Verlängerung entgegenstehen sollen. Da nach alledem das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg haben konnte, waren ihm die Kosten gemäß § 97 ZPO aufzuerlegen. Der Streitwert hat sich gegenüber der Vorinstanz nicht geändert. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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