Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.05.2009
Aktenzeichen: 14 Sa 263/09
Rechtsgebiete: BUrlG


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 1
1. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich und stellt er den Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von seiner Arbeitsleistungspflicht unter Anrechnung auf Urlaub frei, hat er damit nicht bereits Urlaub ab dem auf den Zugang der Kündigung folgenden Tag in Höhe des noch offenen Urlaubs erteilt.

2. Will der Arbeitgeber bei einer Freistellung unter Anrechnung auf Urlaub im Falle einer Kündigung dem Arbeitnehmer nicht die Konkretisierung des Urlaubszeitraums überlassen, muss er den Urlaubszeitraum eindeutig festlegen.


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 28. August 2008 (4 Ca 893/08) abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.199,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger weitere 1.280,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 640,00 Euro ab 1. Oktober 2008 und 1. Januar 2009 zu zahlen; der weitergehend geltend gemachte Zinsanspruch wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 86 %, die Beklagte zu 14 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung von Urlaubsvergütung, einer Zulage für die Tätigkeit des Klägers als Sicherheitsfachkraft sowie die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers.

Der im Jahr 1959 geborene Kläger ist seit mehr als 20 Jahren bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Leiter der Abteilung Instandhaltung. Die Vergütung hierfür betrug zuletzt 3.417,00 Euro brutto im Monat. Zudem übt der Kläger seit 1986 eine Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft aus. Seit 1. Januar 1998 erhält er hierfür eine Zulage, die zuletzt 640,00 Euro im Quartal betrug. Hierzu teilte die Beklagte unter dem 27. Februar 1998 dem Kläger folgendes mit:

...

Sehr geehrter Herr H3,

wie bereits mündlich vereinbart, erhören wir Ihr Gehalt mit Wirkung vom 01. März 1998 auf DM 6.000,-- pro Monat. Darüber hinaus werden wir Ihre Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft, beginnend mit dem 01. Januar 1998, mit einem Betrag in Höhe von DM 5.000,-- pro Jahr vergüten. Die Auszahlung erfolgt in 1/4-jährlichen Beträgen in Höhe von DM 1.250,-- jeweils zum Ende eines Quartals.

....

Unter dem 30. Mai 2008 widerrief die Beklagte die Bestellung als Sicherheitsfachkraft, seit Juni 2008 zahlt sie die Zulage nicht mehr. Zuvor hatte es am 16. April 2008 einen Vorfall gegeben, der die Beklagte zu folgender Anhörung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers unter dem 17. April 2008 veranlasste:

...

Beabsichtigte fristlose Kündigung des Herrn M1 H3

Sehr geehrter Herr C1,

sehr geehrte Damen und Herren,

wie Ihnen bekannt ist, ist es im Laufe der vergangenen Jahre wiederholt zu Störungen des Betriebsfriedens durch Herrn H3 gekommen. Verschiedene Einzelfälle sind dem Betriebsrat über die Jahre bekannt geworden. Trotz zahlreicher Gespräche, die durch verschiedene Parteien, auch die Geschäftsführung, geführt wurden, war es nicht möglich Herrn H3 dergestalt zu motivieren, dass er diese den Betriebsfrieden störenden Aktivitäten unterlässt.

Am gestrigen Tage eskalierte nun die Situation dergestalt, dass Herr H3 während der Arbeitszeit die Mitarbeiter K2, E2 und S5 ansprach, um die überaus positive Mitteilung der Unternehmensleitung über eine mögliche Dividendenausschüttung für das Jahr 2007 ins extreme, negative Gegenteil umzukehren. Die Ausführungen von Herrn H3 waren darauf ausgerichtet, zur Zeit laufende Verhandlungen der Unternehmensführung mit sowohl Betriebsrat als auch Gewerkschaft hinsichtlich einer weiteren Sicherung des deutschen Standortes zu stören, oder gar unmöglich zu machen.

Dies stellt zweifelsohne den Tatbestand der gezielten Störung des Betriebsfriedens dar. Dies ist umso gefährlicher, als dass es uns gerade erst im letzten Jahr gelungen ist, das Unternehmen am deutschen Standort in die Profiltabilitätszone zurückzuführen.

Ich erlaube mir gleichzeitig, Ihnen gegenüber noch einmal herauszustreichen, dass Herrn H3 in seiner Funktion als vorgesetzter Abteilungsleiter eine besondere Sorgfaltspflicht zufällt. Dieser entspricht er in keiner Weise.

Aus den zuvor genannten Gründen sehe ich mich daher gezwungen, die unmittelbare, fristlose, verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.

...

Mit Schreiben vom 17. April 2008 kündigte die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis der Parteien wie folgt:

Sehr geehrter Herr H3,

hiermit sprechen wir eine fristlose, außerordentliche Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses aus. Vorsorglich sprechen wir außerdem eine ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses zum frühestmöglichen Zeitpunkt aus.

Sie werden hiermit mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt. Die Freistellung erfolgt unter Anrechnung auf die bestehenden Urlaubsansprüche.

Zur Begründung der Kündigung verweisen wir auf das zu Ihrer Information beigefügte Anhörungsschreiben an den Betriebsrat vom 17.04.2008.

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates sind gewahrt.

...

Mit Schreiben vom 31. Mai 2008 nahm die Beklagte über ihren späteren Prozessbevollmächtigten die ausgesprochene Kündigung zurück. Zugleich sprach sie folgende Abmahnung aus:

...

Gleichzeitig sprechen wir hiermit wegen dieses Vorfalls eine Abmahnung aus.

Ihr Mandant hat durch sein Verhalten gegen die ihm obliegenden Vertragspflichten verstoßen. Ein Arbeitnehmer ist danach verpflichtet, nach besten Kräften zur Erhaltung des Betriebsfriedens beizutragen und es tunlichst zu unterlassen, Arbeitskollegen aufzuwiegeln. Sollte sich ein derartiger Vorfall wiederholen, muss Ihr Auftraggeber mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, bis zu einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen.

...

Der Kläger nahm am 4. Juni 2008 seine Arbeit wieder auf. Der Kläger ist verheiratet, seine drei unterhaltsberechtigten Kinder sind alle schulpflichtig, seine Ehefrau ist Lehrerin. Er hatte bis Ostern 2008 den Resturlaub aus 2007 genommen, vor Ausspruch der Kündigung standen dem Kläger noch 31 Urlaubstage zu. Nach Rückkehr in den Betrieb hatte er vor dem beabsichtigten Urlaub in den Sommerferien einen Tag Urlaub genommen. Unter dem 13. Juni 2008 füllte er einen Urlaubsantrag für die Zeit vom 30. Juni 2008 bis 18. Juli 2008 aus und zeichnete diesen ab (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie des Antrags, Bl. 129 d. A.). Er legte ihn sodann dem Betriebsleiter K3 vor, welcher ihn abzeichnete. Am 25. Juni 2008 übergab er den Antrag der Personalabteilung. Die Beklagte teilte ihm mit Schreiben vom selben Tage Folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr H3,

die Personalabteilung machte mich darauf aufmerksam, dass Herrn K3 bei der Unterzeichnung Ihres Urlaubsantrags ein Fehler unterlaufen ist.

Herr K3 hatte in diesem Augenblick nicht bedacht, dass Ihr Urlaubsanspruch für das Jahr 2008 bereits im Rahmen der erfolgten Freistellung gewährt wurde.

Bitte entschuldigen Sie dieses Versehen.

Sie werden Verständnis dafür haben, dass eine Urlaubsgewährung über Ihren Urlaubsanspruch hinaus nicht erfolgen kann."

Noch am 25. Juni 2008 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers folgendes mit:

...

Sehr geehrter Herr Kollege D3. S6,

wie wir in unserem heutigen Telefonat besprochen haben, ist unsere Mandantin im Ergebnis bereit, Ihrem Auftraggeber den beantragten Urlaub aus sozialem Entgegenkommen als unbezahlten Urlaub zu gewähren. Dies ist für unsere Mandantin zwar mit Nachteilen verbunden, da die unbezahlte Urlaubszeit mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, so beispielsweise den allgemeinen Personalverwaltungskosten und den anteiligen Sonderzahlungen. Unsere Mandantin hat aber letztlich Verständnis dafür, dass sich Ihr Auftraggeber aus Rechtsunkenntnis auf den Urlaub eingerichtet hat und möchte eine besondere Härte, die mit der Ablehnung des Urlaubswunsches verbunden wäre, vermeiden.

Wie besprochen, hat Ihr Auftraggeber die Möglichkeit, gerichtlich zu klären, ob der Jahresurlaub für das Jahr 2008 trotz der im Rahmen der fristlosen Kündigung erfolgten Freistellung unter Anrechnung auf die noch bestehenden Urlaubsansprüche noch nicht verbraucht worden ist. Sollte Ihr Auftraggeber in dieser Frage rechtskräftig obsiegen, wird unsere Mandantin den zunächst als unbezahlten Urlaub gewährten Urlaub nachträglich vergüten.

...

Der Kläger trat sodann den Urlaub an.

Mit Schriftsatz vom 21. April 2008 erhob der Kläger Kündigungsschutzklage gegen die ausgesprochene fristlose Kündigung verbunden mit einem Weiterbeschäftigungsantrag, diese Klage erweiterte er in der Folgezeit um die Anträge aus den Schriftsätze vom 6. Mai 2008 (Bl. 8 d. A.), 2. Juni 2008 (Bl. 19 d. A.), 25. Juni 2008 (Bl. 28 d. A.) und 26. Juni 2008 (Bl. 30 d. A.).

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Abmahnung vom 31. Mai 2008 unwirksam sei, da Abmahnungsgründe nicht gegeben seien. Auch sei die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, ihn einseitig als Sicherheitsfachkraft unter Kürzung der bisherigen Zulage abzuberufen. Im Übrigen habe er Anspruch auf bezahlten Urlaub vom 30. Juni 2008 bis 18. Juli 2008 gehabt. Seine Urlaubsansprüche seien durch die mit dem Kündigungsschreiben ausgesprochene Freistellung nicht verbraucht gewesen.

Der Kläger hat unter Klagerücknahme im Übrigen zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 31. Mai 2008 aus seiner Personalakte zu entfernen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 213,04 Euro brutto sowie 2.199,96 Euro brutto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Abmahnung für gerechtfertigt erachtet und sich zudem aufgrund ihres Direktionsrechts für berechtigt gehalten, einseitig die Abberufung des Klägers als Sicherheitsfachkraft unter Einstellung der Zahlung der Zulage vorzunehmen. Zudem habe der Kläger seinen Urlaub durch die mit Schreiben vom 17. April 2008 erfolgte Freistellung, gegen die er unstreitig keinen Widerspruch erhoben hat, erhalten.

Durch die hier angefochtene Entscheidung hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, soweit der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte sowie die Zahlung der Zulage für seine Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft für den Monat Juni 2008 verlangt hat. Im Übrigen hat es sie abgewiesen. Die Abmahnung sei mangels Bestimmtheit der darin enthaltenen pauschalen Vorwürfe unwirksam. Der Entzug der Aufgabe einer Sicherheitsfachkraft habe einseitig nicht erfolgen können, da die Bestellung insbesondere aufgrund der Zahlung einer zusätzlichen Vergütung eine Änderung des Arbeitsvertrages zur Folge gehabt habe. Ein Anspruch auf Urlaubsvergütung bestehe nicht. Nach dem Wortlaut des Kündigungsschreibens sei der Kläger von der Erbringung der Arbeitspflicht unter Anrechnung seines Urlaubs freigestellt worden. Die Beklagte habe damit einseitig den Urlaub des Klägers festgelegt und den Urlaubsanspruch erfüllt, weil der Kläger der einseitigen Festlegung des Urlaubs durch die Beklagte nicht widersprochen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Urteil ist dem Kläger am 22. September 2008 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 13. Oktober 2008 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. Dezember 2008 mit dem am 14. November 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung. Dieser Schriftsatz wurde der Beklagten am 17. November 2008 zugestellt. Mit dem am 17. Dezember 2008 eingegangenen Schriftsatz vom 16. Dezember 2008 hat die Beklagte Anschlussberufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sinnwidrig, widersprüchlich und unbillig sei, von einem bereits fristlos gekündigten Arbeitnehmer noch die Geltendmachung seiner Urlaubswünsche zu verlangen. Es könne von ihm nicht gefordert werden, so zu handeln, als würde sein Arbeitsverhältnis trotz der ausgesprochenen fristlosen Kündigung weiterbestehen wie bisher. Ein Widerspruch gegen die Urlaubsanrechnung könne daher nicht erwartet werden. Zudem liege ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers vor. Er müsse die aus einer rechtsunwirksamen Kündigung resultierenden Risiken tragen und könne diese nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen. Hinzu komme, dass eine Urlaubsgewährung von einem auf den anderen Tag bei bestehender Unsicherheit über eine etwaige Arbeitslosigkeit dem Sinn und Zweck des Erholungsurlaubs nicht gerecht werde. Zudem werde der Arbeitnehmer in eine sozialrechtlich unüberschaubare Situation gebracht, in der er einerseits gehalten sei, sich umgehend arbeitslos zu melden, andererseits wegen der Urlaubsgewährung dem Arbeitsmarkt aber gerade nicht zu Verfügung stehe. Im Übrigen habe der Arbeitgeber bei der Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Mit seiner Klageerweiterung vom 26. Juni 2008 habe der Kläger hinreichend deutlich gemacht, dass er dem ihm zustehenden Urlaub gerade nicht in dem von der Beklagten festgelegten Zeitraum habe nehmen wollen.

Die Anschlussberufung der Beklagten sei zurückzuweisen. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt der Kläger die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Darüber hinaus hat er seine Klage in der Berufungsinstanz um die Zahlung der Zulage für das 3. und 4. Quartal 2008 erweitert.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an ihn weitere 2.199,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2008 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.280,00 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 640,00 Euro ab dem 30.09.2008 sowie aus weiteren 640,00 Euro ab dem 31. Dezember 2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung, soweit der Anspruch auf Zahlung von Urlaubsvergütung abgewiesen wurde, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Im Übrigen nehme das Arbeitsgericht zu Unrecht an, dass die Abmahnung vom 31. Mai 2008 mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam sei. Der im Abmahnungsschreiben enthaltene Vorwurf werde durch die dem Kläger mit dem Kündigungsschreiben überreichte Betriebsratsanhörung konkretisiert, welche den der Abmahnung zugrunde liegenden Vorfall umschreibe. Damit werde die Abmahnung sowohl der Dokumentationsfunktion als auch der Warnfunktion gerecht. Der zugrundeliegende Sachverhalt sei vom Kläger nicht bestritten worden, die Abmahnung daher wirksam. Des Weiteren hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, einseitig den Kläger als Sicherheitsfachkraft unter Einstellung der Zulagenzahlung abberufen zu können. Im Übrigen habe sie sich nicht in Verzug befunden. Nach Rücknahme der Kündigung habe der Kläger seine Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft der Beklagten nicht angeboten, dies sei aber im fortbestehenden Arbeitsverhältnis erforderlich. Schließlich verhalte es sich so, dass ausschließlich die tatsächliche Erbringung der Leistungen als Sicherheitsfachkraft den Anspruch des Klägers auf Zahlung der Zulage begründeten. Insoweit sei zwischen den Parteien keine Vereinbarung zur Arbeitsleistung und zum Arbeitsentgelt getroffen worden. Der Kläger habe die Zulage lediglich für sein überobligatorisches Engagement erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 20. Mai 2008 und 28. August 2008 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet, die zulässige Anschlussberufung unbegründet.

I.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 30. Juni 2008 bis 18. Juli 2008 Urlaubsentgelt zu zahlen. Die mit der Kündigung vom 17. April 2008 ab 18. April 2008 erfolgte Freistellung hat den Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2008 nicht erfüllt und nicht zum Erlöschen gebracht.

1. Entgegen der im Anschluss an das Arbeitsgericht Hamburg (26. April 2004, 21 Ca 658/03, ArbuR 2004, 437) vertretenen Meinung des Klägers scheitert eine Urlaubsgewährung vorliegend nicht daran, dass die Beklagte die Erklärung der Freistellung unter Anrechnung auf Urlaub mit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung verbunden hat. Der Arbeitgeber kann Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte ordentliche oder außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst (vgl. BAG, 14. August 2007, 9 AZR 934/06, NZA 2008, S. 473 <474>). Einer näheren Auseinandersetzung mit den vom Kläger lediglich wiederholten Argumenten der Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg bedarf es im Hinblick auf das zeitlich nachfolgende Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr.

2. Die von der Beklagten im Kündigungsschreiben vom 17. April 2008 erklärte Freistellung unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche hat nicht zu einer Urlaubsgewährung ab dem 18. April 2008 bis zum 1. Juni 2008, dem letzten Arbeitstag vor der Arbeitsaufnahme durch den Kläger am 4. Juni 2008, im Umfang von 30 Urlaubstagen geführt.

a. Stellt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Kündigungserklärung unter Anrechnung auf seinen noch offenen Urlaub von der Arbeitsleistung frei, ist in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die zeitliche Festlegung der Urlaubszeit überlässt, im Übrigen die Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ablehnt und so gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug gerät (vgl. BAG, 6. September 2006, 5 AZR 703/05, NZA 2007, S. 36 <38>). Nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls kann die Auslegung der Freistellungserklärung des Arbeitgebers auch ergeben, dass dem Arbeitnehmer für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist Urlaub erteilt werden soll (vgl. BAG, 14. März 2006, 9 AZR 11/05, AP BUrlG § 7 Nr. 32). Des Weiteren ist denkbar, wenn die genaue zeitliche Lage des Urlaubs vom Arbeitgeber nicht festgelegt wird, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Festlegung der zeitlichen Lage der Urlaubstage innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraumes überlassen will und ihn im Übrigen den Abschluss eines Erlassvertrags i. S. v. § 397 BGB anbietet, durch den die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aufgehoben werden soll. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer nach § 151 BGB annehmen (vgl. BAG, 19. März 2002, 9 AZR 16/01, NJOZ 2001, S. 1319 <1321 f.>). In allen Fällen wird der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers dadurch erfüllt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Recht einräumt, die konkrete Lage des Urlaubs innerhalb eines bestimmten Zeitraums selbst zu bestimmen (vgl. BAG, 14. März 2006, a.a.O.; 6. September 2006, a.a.O. S. 1322). Ihm wird bei einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung die Konkretisierungsbefugnis bezüglich der zeitlichen Lage innerhalb des Freistellungszeitraums übertragen (vgl. BAG, 9. November 1999, 9 AZR 992/98, juris; 19. März 2002, a.a.O.). Sowohl in diesem Fall wie auch in dem, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die gesamte Zeit der Kündigungsfrist Urlaub gewährt, ist für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar, dass er während der restlichen Dauer seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr damit rechnen muss, seine Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. BAG, 9. November 1999, a.a.O., 14. März 2006, a.a.O.). Ist der Arbeitnehmer damit nicht einverstanden, weil er ein Annahmeverweigerungsrecht geltend macht, hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Unterbleibt eine solche Mitteilung, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, der Arbeitnehmer lege die Urlaubszeit innerhalb der Kündigungsfrist selbst fest (vgl. BAG, 6. September 2006, a.a.O.). Macht der Arbeitnehmer keine anderen Urlaubswünsche geltend, ist die Festlegung des Urlaubs auf die Zeit der Kündigungsfrist ordnungsgemäß (vgl. BAG, 14. August 2007, a.a.O.).

b. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte in ihrem Kündigungsschreiben erklärt, dass sie den Kläger mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Arbeitsleistung freistellt und die Freistellung unter Anrechnung auf die bestehenden Urlaubsansprüche erfolge. Mit dieser Erklärung hat sie dem Kläger die zeitliche Festlegung der Urlaubszeit überlassen und im Übrigen die Annahme seiner Arbeitsleistung abgelehnt. Eine Festlegung der Gewährung des vollen Urlaubs ab dem 18. April 2008 lässt sich dieser Erklärung nicht entnehmen. Das folgt aus einer Auslegung der Freistellungserklärung.

aa) Bei der Freistellungserklärung handelt es sich um eine nichttypische Willenserklärung. Diese ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln der § 133, § 157 BGB so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen muss. Dabei ist zunächst vom Wortlaut auszugehen, zur Ermittlung des wirklichen Willens des Erklärenden sind jedoch auch die außerhalb der Erklärung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit der Erklärung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. für Verträge BAG, 9. Dezember 2008, 3 AZR 112/07 juris; 19. November 2008, 10 AZR 671/07, NZA 2009, S. 318 <320>; 26. September 2001, 4 AZR 544/02, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 21; allgemein: Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage, 2009, § 133 Rn. 9, 14 - 18). Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren (vgl. BGH, 5. Oktober 2006, III ZR 166/05, NJW 2006, S. 3777 <3778>). Auf seinen Horizont und seine Verständnismöglichkeit ist bei der Auslegung abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte. Der Empfänger der Erklärung darf dieser allerdings nicht einfach den für ihn günstigen Sinn beilegen. Er ist nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat (vgl. BAG, 15. Dezember 2005, 2 AZR 148/05, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 55).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall hat die Beklagte nach dem Wortlaut ihrer Freistellungserklärung dem Kläger nicht für einen bestimmten Zeitraum, insbesondere nicht ab dem 18. April 2008 Urlaub gewährt. Weder enthält das Kündigungsschreiben die Erklärung, dass dem Kläger vom 18. April 2008 bis 1. Juni 2008 der ihm zustehende Urlaub gewährt wird, noch hat die Beklagte erklärt, dass sie dem Kläger ab 18. April 2008 Urlaub in Höhe seines noch offenen Anspruches erteilt. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Wortlaut der Erklärung, dass die Beklagte dem Kläger zunächst Urlaub gewähren und danach die Annahme der Arbeitsleistung ablehnen wollte. Vielmehr beschränkt sich der Wortlaut der Erklärung auf die unwiderrufliche Freistellung mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung von Urlaub.

Die Erklärung, dass die Freistellung mit sofortiger Wirkung erfolgt, hat nicht zur Folge, dass die im nachfolgenden Satz erklärte Anrechnung auf den Urlaub dazu führt, dass auch der Urlaub mit sofortiger Wirkung erteilt wurde. Gerade eine Erklärung wie die vorliegende ist in der Regel (vgl. BAG, 6. September 2006, a.a.O.) dahin auszulegen, dass dem Arbeitnehmer die zeitliche Festlegung der Lage des Urlaubs überlassen bleibt und im Übrigen der Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung ablehnt. Insbesondere hatte im vorliegenden Fall die Beklagte in erster Linie eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Im Falle der Wirksamkeit dieser außerordentlichen Kündigung bedurfte es keiner Freistellung oder Urlaubsgewährung mehr. Diese sollte vielmehr nur im Hinblick auf die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung erfolgen. Damit war für den Kläger lediglich erkennbar, dass die Beklagte ihn auf keinen Fall über den Zeitpunkt des Erhalts des Kündigungsschreiben hinaus beschäftigen wollte und sich für den Fall, dass die fristlose Kündigung unwirksam sein sollte, ihn zwar freistellen und nicht beschäftigen wollte, durch die Anrechnung des Urlaubs auf die Freistellung während der Kündigungsfrist aber eine Kumulation von Urlaubsabgeltungs- und Annahmeverzugsansprüchen vermeiden wollte. Eine konkrete zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums kann daraus nicht entnommen werden.

Etwas anderes ergab sich nicht aus der für den Kläger erkennbaren Interessenlage der Beklagten. Zwar mag sich nunmehr im Nachhinein herausgestellt habe, dass eine sofortige Urlaubsgewährung im Interesse der Beklagten gelegen hätte, da damit zunächst Urlaubsansprüche erfüllt worden wären. Erkennbar war dies aufgrund der Erklärung der Beklagten nicht. Es ist nochmals darauf zu verweisen, dass die Beklagte eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hatte und daraus im Hinblick auf die Freistellungserklärung für den Kläger nur erkennbar war, dass die Beklagte aus den der Kündigung zugrundeliegenden Gründen auch in dem Fall, dass die außerordentliche Kündigung nicht wirksam sein sollte, ihn nicht mehr beschäftigen wollte. Dass es der Beklagten gerade auf einen Urlaubsbeginn ab 18. April 2008 ankam, ließ sich dagegen der Erklärung nicht eindeutig entnehmen. Im Gegenteil ist davon auszugehen werden, dass es der Beklagten letztlich gleichgültig war, wann der Kläger seinen Urlaub nahm, er sollte nur nicht mehr in den Betrieb kommen.

cc) Eine solche Eindeutigkeit bezüglich der Festlegung des Urlaubszeitraums ist aber erforderlich, damit der Arbeitnehmer gegebenenfalls geltend machen kann, den Urlaub zu einem anderen Zeitpunkt nehmen zu wollen. Wird ein Arbeitnehmer unter Anrechnung auf seinen offenen Urlaub während der Kündigungsfrist freigestellt und liegt der von ihm gewünschte Urlaubszeitraum innerhalb dieser Kündigungsfrist, hat er keinen Anlass, der Festlegung des Urlaubs zu widersprechen, da ihm die zeitliche Konkretisierung auf den von ihm gewünschten Urlaubszeitraum möglich bleibt. Anders ist die Lage, wenn der Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist den Urlaub für einen bestimmten Zeitraum erteilt. Dann ist der Arbeitnehmer gehalten, der Urlaubsfestlegung zu widersprechen und seinen anderweitigen Urlaubswunsch zu äußern, um eine wirksame Erteilung des Urlaubs und damit eine Erfüllung seines Urlaubsanspruches zu vermeiden. Dies kann er aber nur, wenn er erkennen kann, dass ihm für einen bestimmten Zeitraum Urlaub gewährt werden soll. Ist dagegen aus der Erklärung nur zu entnehmen, dass ihm die zeitliche Konkretisierung des Urlaubs überlassen bleibt, hat er in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Kläger während der Sommerferien Urlaub machen wollte und die ordentliche Kündigungsfrist des bis zum 30. November 2008 angedauert hätte, unter keinem Gesichtspunkt Veranlassung, einer solchen Urlaubsgewährung und damit Erfüllung seines Urlaubsanspruchs zu widersprechen.

dd) Die Erklärung der Beklagten kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie für den gesamten Zeitraum der Kündigungsfrist dem Kläger überobligatorisch Urlaub gewähren wollte. Es kann daher offen bleiben, ob in einem solchen Fall ohne weitere der zeitlichen Lage des Urlaubs durch den Arbeitgeber Konkretisierung Urlaub bereits ab dem ersten Tag erteilt wird. Gegen eine überobligatorische Urlaubsgewährung spricht, dass die Beklagte eine außerordentliche Kündigung erklärt hatte. Vorrangig wollte sie die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit der Freistellungserklärung unter Anrechnung auf den Urlaub kam es der Beklagten für den Kläger erkennbar nur darauf an, einerseits eine Weiterbeschäftigung abzulehnen und zum anderen für den Fall, dass lediglich eine ordentliche Kündigung wirksam werden sollte, eine Anrechnung der Freistellung auf seinen Urlaub vorzunehmen. Das die Beklagte sich im Übrigen die Möglichkeit einer Geltendmachung der Anrechnung von Zwischenverdienst nach § 615 Satz 2 BGB begeben wollte, indem sie den Kläger für die gesamte Kündigungsfrist Urlaub gewährte, lässt sich der Erklärung nicht entnehmen. Die Gewährung von Urlaub führt dazu, dass ein während des Urlaubs anderweitig erzielter Verdienst auf das vom Arbeitgeber geschuldete Arbeitsentgelt nicht anzurechnen ist (vgl. BAG, 19. März 2002, 9 AZR 16/01, a.a.O.). Angesichts der Länge der Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte sich dieser Anrechnungsmöglichkeit begeben wollte, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil sie den Kläger außerordentlich gekündigt hatte. Daraus war erkennbar, dass sie ihm mit Sicherheit "nichts schenken" wollte. Dies schließt die vorsorgliche Gewährung eines überobligatorischen Urlaubs unter Verzicht auf § 615 Satz 2 BGB in Zusammenhang mit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung aus.

c) Die tatsächliche Freistellung des Klägers vom 18. April 2008 bis einschließlich 1. Juni 2008 führte nicht dazu, dass der Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2008 erfüllt wurde.

aa) Die Beklagte hatte nach Auslegung ihrer Erklärung den Kläger für den Fall, dass lediglich die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wirksam sein sollte, von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf seine noch offenen Urlaubsansprüche freigestellt. Zwar führt eine solche Form der Urlaubserteilung, bei der das Recht der Urlaubsfestlegung innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf den Arbeitnehmer übertragen wird, zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs. Der Arbeitnehmer kann aber, wenn ihm die zeitliche Konkretisierung des Urlaubs übertragen worden ist, während der laufenden Kündigungsfrist frei bestimmen, auf welchen Zeitraum er den Urlaubszeitraum festlegt. Unterlässt er eine Festlegung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, ändert dies nichts an der Erfüllung des Urlaubsanspruchs, denn dazu reicht die Übertragung der Konkretisierungsbefugnis. Das bedeutet aber zugleich, dass die Erfüllung nur dann endgültig eintritt, wenn der Arbeitnehmer entweder zeitlich den Urlaub festlegt, oder aber der Zeitraum, für den ihm dieses Recht übertragen wurde, abgelaufen ist. Lässt sich das Bestimmungsrecht des Arbeitnehmers z. B. aus den Gründen der § 9, § 10 BUrlG (Arbeitsunfähigkeit, Maßnahme medizinischer Vorsorge und Rehabilitation) nicht realisieren oder tritt ein solcher Nichtanrechnungstatbestand in dem vom Arbeitnehmer festgelegten Urlaubszeitraum auf, trägt der Arbeitgeber das Risiko, dass deshalb noch eine Urlaubsabgeltung zu zahlen ist. Der Arbeitnehmer ist nicht zuletzt im Hinblick auf die Realisierung seines in § 7 Abs. 1 BUrlG ausdrücklich geschützten Urlaubswunsches nicht verpflichtet, bei einer Freistellung während der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf offenen Urlaub zu einer bestimmten Zeit den Urlaub zu nehmen. Insbesondere muss er den Beginn seines Urlaubs nicht auf den ersten Tag der Freistellung festlegen. Dies widerspricht gerade der ihm eingeräumten Konkretisierungsbefugnis. Der Arbeitgeber wird nur davor geschützt, dass der Arbeitnehmer gar keine Festlegung innerhalb der Kündigungsfrist trifft, nicht aber davor, dass der Urlaubsanspruch noch besteht, wenn aus anderen Gründen das übertragene Bestimmungsrecht hinsichtlich der zeitlichen Lage entfällt. Das ist das vom Arbeitgeber bei dieser Form der Urlaubsgewährung zu tragende Risiko.

bb) Dass damit das Ziel, eine Kumulation von Annahmeverzugs- und Urlaubs(abgeltungs)-ansprüchen zu verhindern, nicht erreicht wird, ist hinzunehmen. Der Arbeitgeber hat trotz einer ausgesprochenen außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung es in der Hand, durch eine vorsorgliche Gewährung von Urlaub für einen konkret bestimmten Zeitraum bei Wahrung der Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers die Erfüllung des Urlaubsanspruchs herbeizuführen und dies nicht dem Arbeitnehmer zu überlassen. Im Übrigen muss er mit dem Risiko leben, dass sich aus der Übertragung der Konkretisierungsbefugnis auf den Arbeitnehmer ergibt.

cc) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass bei einer ordentlichen Kündigung sowohl die Freistellung als auch die Urlaubserteilung ausdrücklich erklärt werden müssen, während es im Falle der außerordentlichen Kündigung nur um die Urlaubserteilung für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geht. Das blendet aus, dass der Arbeitgeber die ordentliche Kündigung lediglich hilfsweise erklärt hat. Dann kann der Arbeitnehmer die Freistellung unter Anrechnung des Urlaubs nur so verstehen, dass für den Fall, dass lediglich die ordentliche Kündigung wirksam sein sollte, er nicht mehr arbeiten muss und sein Urlaub innerhalb der Kündigungsfrist von ihm zu nehmen ist. Eine eindeutige Erteilung des Urlaubs ab dem auf den Zugang der Kündigung folgende Tag lässt sich im Hinblick darauf, dass wegen der Länge der Kündigungsfrist noch Raum für eine Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers besteht, einer Erklärung, wie sie die Beklagte abgegeben hat, nicht entnehmen. Dies gilt umso mehr, wenn angesichts der Länge der ordentlichen Kündigungsfrist es naheliegt, dass ein Arbeitnehmer, dessen Ehefrau berufstätig und aufgrund ihrer Tätigkeit als Lehrerin an die Schulferien gebunden ist und der drei schulpflichtige Kinder hat, auf die Ferien als gemeinsame Urlaubszeit mit seiner Familie angewiesen ist.

d) Zusammenfassend ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt der einvernehmlichen "Rücknahme" der Kündigung mangels zeitlicher Konkretisierung des Urlaubszeitraums durch den Kläger der Urlaubsanspruch noch in vollem Umfang bestand. Mit der Wiederaufnahme der Arbeit entfiel die Freistellung und damit auch die Möglichkeit für den Kläger, frei über die zeitliche Lage seines Urlaubs zu disponieren. Wegen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses war dies nunmehr nicht mehr möglich. Zum Zeitpunkt des Antritts seines Urlaubs am 30. Juni 2008 bestand noch ein offener Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen. Hiervon hat der Kläger 15 Tage genommen, diese sind mit dem rechnerisch unstreitigen Betrag von 2.199,96 Euro zu vergüten. Der Zinsanspruch folgt aus § 291, § 288, § 247 BGB.

3. Soweit die Beklagte erstinstanzlich vorgetragen hat, dass der Kläger im Zeitraum vom 30. Juni 2008 bis 18. Juli 2008 unbezahlten Urlaub erhalten habe, kann offenbleiben, ob dieser Sachvortrag der Verpflichtung der Beklagten gemäß § 138 Abs. 1 ZPO, sich über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß zu erklären, entsprochen hat. Wie sie in der Berufungsinstanz unter Vorlage des Schreibens vom 25. Juni 2008 nunmehr klargestellt hat, haben die Parteien sich lediglich darauf geeinigt, dass bis zu einer gerichtlichen Klärung der Frage, ob der Jahresurlaub für das Jahr 2008 trotz der im Zusammenhang mit der Kündigung erfolgten Freistellung unter Anrechnung auf noch bestehende Urlaubsansprüche nicht verbraucht wurde, der Kläger seinen Urlaub zunächst unbezahlt nehmen konnte und dieser gegebenenfalls nachträglich vergütet werden sollte.

II.

Die Anschlussberufung der Beklagten ist unbegründet. Die Beklagte hat die Abmahnung vom 31. Mai 2008 aus der Personalakte zu entfernen und dem Kläger weiterhin die Zulage für die Aufgabe als Sicherheitsfachkraft zu zahlen.

1. Die Abmahnung ist schon mangels Bestimmtheit unwirksam, dies hat das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt. Die Kammer folgt den Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Begründung der Anschlussberufung gibt zu folgenden Ergänzungen Anlass:

Entgegen der Ansicht der Beklagten führt der in dem Abmahnungsschreiben enhthaltene Hinweis auf den der Kündigung zugrundeliegenden Vorfall nicht zu einer anderen Beurteilung. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des mit der Kündigung vom 17. April 2008 überreichten Anhörungsschreibens an den Betriebsrat vom selben Tage. Es ist dort lediglich in pauschaler Weise von einer angeblichen Störung des Betriebsfriedens durch Äußerungen des Klägers die Rede. Woraus sich ergibt, dass der Kläger die Mitteilung der Unternehmensleitung über eine mögliche Dividendenausschüttung ins extreme negative Gegenteil umgekehrt hat, und warum seine Ausführungen darauf ausgerichtet waren, die Verhandlungen der Unternehmensführung mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft bezüglich der Standortsicherung zu stören oder gar unmöglich zu machen, ergibt sich aus dem Anhörungsschreiben an den Betriebsrat nicht. Es wird nicht deutlich, welches konkrete Verhalten die Beklagte dem Kläger vorwirft.

Unabhängig davon folgt aus der mangelnden Konkretisierung des Abmahnungsvorwurfs zugleich die Unbegründetheit der Abmahnung. Die pauschalen Darlegungen über eine angeblich gezielte Störung des Betriebsfriedens sind nicht geeignet, einen abmahnungswürdigen Vorwurf gegenüber dem Kläger zu begründen.

2. Die Beklagte ist weiterhin verpflichtet, dem Kläger die Zulage für eine Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft zu zahlen. Der Widerruf der Bestellung als Sicherheitsfachkraft hat nicht zum Wegfall dieser Zahlungsverpflichtung geführt. Auch dies hat das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt, die Kammer folgt in diesem Punkt den Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Begründung der Anschlussberufung gibt zu folgenden Ergänzungen Anlass:

a) Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger nicht verpflichtet, die Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft tatsächlich gemäß § 294 BGB anzubieten. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt und sodann mit Schreiben vom 30. Mai 2008 die Bestellung als Sicherheitsfachkraft widerrufen. Letzteres geschah noch vor "Rücknahme" der Kündigung. Da die Beklagte im Zusammenhang mit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Kläger nicht zugleich seine Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft wieder zugewiesen hat, konnte er aus dem Verhalten der Beklagten nur entnehmen, dass eine tatsächliche Beschäftigung in dieser Funktion nicht mehr erfolgen sollte. Im Hinblick auf die erforderliche Mitwirkungshandlung der Beklagten hätte es bei der Arbeitsaufnahme des Klägers am 4. Juni 2008 der Zuweisung der Tätigkeit gemäß § 296 BGB bedurft. Dies ist nicht geschehen. Eines tatsächlichen Angebots des Klägers bedurfte es nicht mehr.

b) Soweit die Beklagte weiterhin die Auffassung vertritt, sie habe im Wege des Direktionsrechts dem Kläger die Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft entziehen können, obwohl für diese Tätigkeit ausweislich des im Termin vorgelegten Schreibens vom 27. Februar 1998 ab 1. Januar 1998 eine Zulage zusätzlich vereinbart worden ist, hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt, das dies nicht möglich ist. Tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen, insbesondere ein entsprechendes Direktionsrecht der Beklagten begründen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

c) Ebenso wenig rechtfertigt der Vortrag der Beklagten, die Parteien hätten sich lediglich dahingehend verständigt, der Kläger solle bei tatsächlicher Erbringung der Leistungen als Sicherheitsfachkraft zur Entschädigung dieses überobligatorischen Engagements eine 1/4-jährliche Zulage erhalten, einen Wegfall der Zahlungsverpflichtung, weil der Kläger nunmehr ab Juni 2008 diese Tätigkeit tatsächlich nicht mehr ausübt. Für eine solche Vereinbarung fehlt es an jedem tatsächlichen Anhaltspunkt. Insbesondere das Schreiben vom 27. Februar 1998 enthält einen solchen Vorbehalt nicht. Vielmehr ergibt sich daraus nur, dass die zum Aufgabenbereich und damit zur Arbeitsleistungspflicht des Klägers gehörende Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft nunmehr zusätzlich mit einer Zulage vergütet werden sollte. Diese konnte einseitig nicht mehr entzogen werden.

d) Die Beklagte war daher verpflichtet, für den Monat Juni 2008 den noch fehlenden Teil der Zulage in Höhe von 213,04 Euro brutto zu zahlen. Darüber hinaus war sie aufgrund der gemäß § 533 ZPO zulässigen Klageänderung durch die Geltendmachung der Zulage für das 3. und 4. Quartal 2008 antragsgemäß zur Zahlung der Zulage für diese Quartale zu verurteilen. Der Zinsanspruch folgt für die Zulage des Monats Juni 2008 aus § 291, § 288, § 247 BGB. Hinsichtlich der weiteren Quartale folgt der Anspruch aus § 286, § 614, § 288, § 247 BGB, jedoch erst ab dem 1. des auf das Quartal folgenden Monats und nicht bereits ab dem Monatsletzten eines Quartals.

III.

Hinsichtlich der Kosten erster Instanz war bezogen auf den vom Arbeitsgericht zugrunde gelegten Gesamtkostenstreitwert eine Neuverteilung der Kostenquoten entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen beider Parteien unter Berücksichtigung der auf die erstinstanzlich erfolgten Klagerücknahme des Klägers vorzunehmen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück