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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 15 Sa 110/05
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 10.12.2004 - 1 Ca 71/04 - wird ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung und um Weiterbeschäftigung.

Die am 31.03.1959 geborene, verheiratete Klägerin war seit dem 01.01.1989 bei der Beklagten beschäftigt und übte zuletzt die Tätigkeit einer Kreditrevisorin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von ca. 4.500,-- Euro aus. Die Klägerin, die keine Kinder hat, ist durch Bescheid des Arbeitsamtes E1 vom 17.01.1997 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Bundesangestelltentarifvertrag Anwendung. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer.

Die Klägerin fehlte krankheitsbedingt im Jahre 1998 an 26 Arbeitstagen, im Jahre 1999 an 49 Arbeitstagen, im Jahre 2000 an 41 Arbeitstagen, im Jahre 2001 an 67 Arbeitstagen und im Jahre 2002 an 56 Arbeitstagen. Im Jahre 2003 war die Klägerin wie folgt arbeitsunfähig krank:

06.01.2003 - 07.01.2003

03.02.2003 - 14.03.2003

11.07.2003

21.07.2003 - 31.12.2003

Wegen der Fehlzeiten im Einzelnen wird auf die Aufstellung im Schreiben der Beklagten vom 10.10.2003 an den Landschaftsverband W3-L1 (Bl. 68 ff) verwiesen. Ursächlich für die Fehlzeiten waren nach Angaben der Klägerin bis zum Jahre 2002 im Wesentlichen Erkältungen, Bronchitis, Magenprobleme und HWS-Beschwerden.

Im Jahre 2001 unterzog die Klägerin sich einer kieferchirurgischen Operation. Dabei wurden im Unterkiefer der Klägerin Implantate eingesetzt, um den Sitz ihrer Zahnprothesen zu verbessern. In der Folgezeit traten bei den neueingesetzten Prothesen Probleme auf, die chirurgische Korrekturen erforderlich machten.

Auf Antrag der Beklagten vom 10.10.2003 erteilte der Landschaftsverband W3-L1 - Integrationsamt - mit Bescheid vom 18.12.2003 die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Klägerin. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Der bei der Beklagten gebildete Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung stimmten der Kündigung der Klägerin nicht zu. Die bei der Beklagten gebildete Einigungsstelle beschloss auf ihrer Sitzung vom 28.10.2003, der Beklagten den Ausspruch einer fristgerechten personenbedingten Kündigung gegenüber der Klägerin zu empfehlen.

Mit Schreiben vom 22.12.2003, das der Klägerin am gleichen Tage zuging, erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2004. Hiergegen richtet sich die am 12.01.2004 beim Arbeitsgericht Bochum eingegangene Feststellungsklage.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Kündigung vom 22.12.2003 sei sozial ungerechtfertigt. Die erhöhten Fehlzeiten der letzten Jahre seien insbesondere durch Behandlungsfehler ihrer Zahnärztin beim Einsetzen der Implantate entstanden. Hierauf seien auch die HWS-Beschwerden und die Magenprobleme zurückzuführen. Die alten Implantate seien am 16.03.2004 entfernt und der Kiefer neu aufgebaut worden. Am 16.06.2004 seien insgesamt 12 neue Implantate in die Kiefer eingesetzt worden, um der Zahnprothese Halt zu verschaffen. Nunmehr sei ihre Arbeitskraft wieder voll hergestellt. Aus keinem ärztlichen Gutachten bzw. Attest sei auf eine chronische Erkrankung bzw. auf eine dauerhafte negative Gesundheitsprognose zu schließen. Sie, die Klägerin, habe bereits im Vorfeld der Kündigung sämtliche behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht befreit, so dass die Beklagte in der Lage gewesen sei, mit den Ärzten Kontakt aufzunehmen.

Entgegen der Darstellung der Beklagten seien auch keine betrieblichen Ablaufstörungen feststellbar. Sie, die Klägerin, habe in den zurückliegenden Jahren ihre Prüfungsplanung immer eingehalten. Mit Nichtwissen müsse bestritten werden, dass die Verbandsprüfung für 2003 eine unzureichende Prüfung durch die Innenrevision beanstandet habe.

Auch die Interessenabwägung müsse zu Lasten der Beklagten ausgehen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.12.2003 zum 30.06.2004 nicht aufgelöst wird;

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Kreditrevisorin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung vom 22.12.2003 sei aus krankheitsbedingten Gründen gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen. Angesichts der Fehlzeiten, die seit 1998 aufgetreten seien, sowie der seit dem 21.07.2003 fortlaufenden Erkrankung der Klägerin sei davon auszugehen, dass auch in Zukunft ähnliche Fehlzeiten zu verzeichnen seien. Sie, die Beklagte, habe keine sicheren Kenntnisse von den diversen Ursachen der verschiedenen Erkrankungen der Klägerin; auch die von den Ärzten vorgelegten Bescheinigungen wiesen dies nicht aus. Es müsse daher dabei verbleiben, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit die Gefahr künftiger Erkrankungen indiziere.

Entgegen der Darstellung der Klägerin hätten ihre Fehlzeiten auch zu Betriebsablaufstörungen geführt. Zudem habe sie, die Beklagte, in erheblichem Umfang Entgeltfortzahlungskosten zu tragen gehabt. Im Jahre 2001 habe sie Entgeltfortzahlung in Höhe von 14.581,69 Euro, im Jahre 2002 von 13.191,74 Euro und im Jahre 2003 bis zum 25.07.2003 von 8.199,74 Euro geleistet. Darüberhinaus habe die Klägerin bis zum 18.01.2004 Entgeltfortzahlung erhalten.

Durch Urteil vom 10.12.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die der Klägerin am 18.12.2004 zugestellt wurde, richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 17.01.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.03.2005 - am 18.03.2005 begründet worden ist.

Die Klägerin macht weiter geltend, unter Berücksichtigung der Krankheitsursachen könne nicht von einer negativen Zukunftsprognose ausgegangen werden. Die Fehlzeiten der Vergangenheit hätten überwiegend auf der genannten Zahnproblematik beruht. Aufgrund erfolgter und erfolgreicher Behandlungen habe sie, die Klägerin, aktuell keinerlei Zahnprobleme mehr. Bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung hätten die sie behandelnden Ärzte Prof. Dr. M1 und Prof. Dr. W4 von der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in E1 einen Behandlungsplan aufgestellt, der die hohe Wahrscheinlichkeit beinhaltet habe, dass sie trotz der äußerst schwierigen gesundheitlichen Ausgangssituation hinreichend oral rehabilitiert werden würde. Danach seien weitere durch die Zahnproblematik bedingte Arbeitsausfälle als unwahrscheinlich anzusehen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils gemäß den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen und der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie vertritt weiter die Auffassung, die Kündigung vom 22.12.2003 sei sozial gerechtfertigt. Entgegen der Darstellung der Klägerin sei ihr Gesundheitszustand im Dezember 2003 so gewesen, dass ohne Weiteres von einer negativen Zukunftsprognose habe ausgegangen werden dürfen. Abgesehen von den Fehlzeiten der letzten drei Jahre vor der Kündigung sei die Klägerin seit dem 21.07.2003 bis weit über den Ausspruch der Kündigung und dem tatsächlichen Beendigungszeitpunkt hinaus arbeitsunfähig krank gewesen. Erst mit Schreiben vom 16.07.2004 habe sie vermeldet, ihre Arbeitsfähigkeit sei nach rund einjähriger ununterbrochener Erkrankung wieder hergestellt, wobei die von ihr vorgelegte ärztliche Bescheinigung gleichwohl noch weitere ärztliche Eingriffe - mit ungewissen Arbeitsausfällen - in Aussicht gestellt habe. Unabhängig von der im Jahre 2001 durchgeführten kieferchirurgischen Operation habe die Klägerin auch schon in den Jahren 1993 bis 1997 erhebliche Fehlzeiten aufzuweisen gehabt. So habe sie im Jahre 1993 an 44 Tagen, im Jahr 1994 an 121 Tagen, im Jahr 1995 an 120 Tagen, im Jahr 1996 an 115 Tagen und im Jahre 1997 an 59 Tagen krankheitsbedingt gefehlt. Mit Nichtwissen müsse bestritten werden, dass die Klägerin derzeit keine akuten Zahnprobleme aufweise und dies auf eine erfolgreiche Behandlung zurückzuführen sei.

Die Fehlzeiten der Klägerin hätten auch zu massiven Betriebsablaufstörungen und hohen Gehaltsfortzahlungskosten geführt.

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben darüber,

1. welche Krankheitsursachen den Fehlzeiten der Klägerin in den letzten drei Jahren vor Ausspruch der Kündigung vom 22.12.2003 zugrunde gelegen haben.

2. ob die behandelnde Zahnärztin der Klägerin, Frau Dr. R2, bei den von ihr durchgeführten kieferchirurgischen Maßnahmen Behandlungsfehler begangen hat, die eine orale Rehabilitation erforderlich gemacht haben, so dass - bezogen auf den 22.12.2003 - davon ausgegangen werden konnte, dass nach Abschluss der oralen Rehabilitation krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgrund der oralen Situation nicht mehr zu erwarten waren,

3. oder ob - bezogen auf den 22.12.2003 - auch in Zukunft mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen pro Kalenderjahr zu rechnen war, durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen der Einzelheiten der Gutachten von Prof. Dr. Dr. J3 vom 24.01.2007 und Herrn Dr. C2 vom 12.10.2007 wird auf Bl. 350 ff und Bl. 428 ff d.A. verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft so wie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2003 rechtswirksam zum 30.06.2004 aufgelöst worden ist.

1. Die erkennende Kammer konnte über die Berufung der Klägerin zulässigerweise nach Aktenlage entscheiden.

a) Gemäß § 331 a Satz 1 ZPO kann der Gegner beim Ausbleiben einer Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen; dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Für die Klägerin war im Termin vom 20.12.2007 trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand erschienen. Der Vertreter der Beklagten hat daraufhin unter Bezugnahme auf die Anträge aus dem Protokoll vom 30.06.2005 eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt. Diesem Antrag war zu entsprechen. Denn der Sachverhalt erschien der erkennenden Kammer nach Vorlage der genannten Sachverständigengutachten hinreichend geklärt.

b) Auch die Voraussetzungen des § 251 a Abs. 2 ZPO sind gegeben. Denn die Parteien hatten bereits im Termin vom 30.06.2005 unter Stellung der Anträge mündlich verhandelt. Unter diesen Voraussetzungen war die Kammer befugt, im Verkündungstermin vom 10.01.2008 ein Urteil nach Lage der Akten zu verkünden.

2. Die streitgegenständliche Kündigung ist sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz, das streitlos auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können häufige Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers zum Anlass einer personenbedingten Kündigung genommen werden, wenn objektive Tatsachen vorliegen, welche die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können für ein entsprechendes Erscheinungsbild in der Zukunft sprechen (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1983 - 2 AZR 347/82, NZA 1984, 93 f; Urteil vom 07.11.1985 - 2 AZR 657/94 - NZA 1986, 359 f mit weiteren Nachweisen; Urteil vom 29.04.1999 - 2 AZR 431/98 - BB 2000, 49).

Ist danach mit künftigen Fehlzeiten im gleichen Ausmaß zu rechnen, so ist weiter zu prüfen, ob sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Hierbei kommen zwei Arten von Beeinträchtigungen in Betracht. Zum einen können wiederholte kurzfristige Ausfallzeiten des Arbeitnehmers zu schwerwiegenden Störungen im betrieblichen Geschehen führen (Betriebsablaufstörung). Sie sind nur dann als Kündigungsgrund geeignet, wenn sie nicht durch mögliche Überbrückungsmaßnahmen vermieden werden können. Hierzu gehören Maßnahmen, die anlässlich des konkreten Ausfalls eines Arbeitnehmers ergriffen werden, aber auch der Einsatz eines Arbeitnehmers aus einer vorgehaltenen Personalreserve. Werden auf diese Weise Ausfälle überbrückt, so liegt bereits objektiv keine Betriebsablaufstörung und damit insoweit kein zu sozialer Rechtfertigung geeigneter Grund vor (vgl. BAG, Urteil vom 06.09.1989 - 2 AZR 224/89, NZA 1990, 434).

Kündigungsgrund kann zum anderen auch eine erhebliche wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers sein. Davon ist auszugehen, wenn bei dem zu kündigenden Arbeitnehmer in Zukunft mit immer neuen außergewöhnlich hohen Entgeltfortzahlungskosten zu rechnen ist, die für jährlich jeweils einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen aufzuwenden sind (BAG, Urteil vom 06.09.1989 - 2 AZR 224/89, NZA 1990, 434).

In einer dritten Stufe ist im Rahmen der gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles dem Arbeitgeber noch zuzumuten sind. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, ob bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis ungestört verlaufen ist, ferner das Alter und der Familienstand des Arbeitnehmers; zu berücksichtigen ist auch, ob die Fehlzeiten des gekündigten Arbeitnehmers deutlich höher sind als die der Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.1989 - 2 AZR 299/88, DB 1989, 2075; Urteil vom 10.05.1990 - 2 AZR 580/89, EzA Nr. 31 zu § 1 KSchG Krankheit).

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2003 als sozial gerechtfertigt anzusehen.

aa) Nicht streitig zwischen den Parteien ist, dass die Klägerin jedenfalls seit dem Jahre 1999 jährlich in einem Umfang von mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig krank war. Ausweislich des arbeits- und sozialmedizinischen Gutachtens von Herrn Dr. C2 vom 12.10.2007 rechtfertigt bereits die Analyse der Arbeitsunfähigkeitszeiten vor dem Zeitpunkt der Kündigung, die nicht aus oralen Erkrankungen begründet waren, die Annahme, dass auch in Zukunft mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als 6 Wochen pro Kalenderjahr zu rechnen war. Unter Berücksichtigung der oralen Erkrankungen war danach sogar mit noch höheren Arbeitsunfähigkeitszeiten zu rechnen. Das Gericht schließt sich den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt der genannten Gutachten.

bb) Ist nach den genannten Sachverständigengutachten bezogen auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 22.12.2003 davon auszugehen, dass bei der Klägerin auch in Zukunft krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als 6 Wochen pro Kalenderjahr auftreten werden, so sind dadurch die betrieblichen Interessen der Beklagten erheblich beeinträchtigt. Da sowohl hinsichtlich der Fehlzeiten, die nicht auf oralen Erkrankungen beruhen, als auch der Fehlzeiten aufgrund der oralen Erkrankungen der Klägerin von einer negativen Prognose auszugehen ist, ist damit zu rechnen, dass die Beklagte im Falle der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jährlich Entgeltfortzahlungskosten für einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen aufzuwenden hat. Dies stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung der Beklagten dar.

cc) Auch die Interessenabwägung kann nicht zugunsten der Klägerin ausfallen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte des vorliegenden Falles überwiegt das Auflösungsinteresse der Beklagten das Bestandsschutzinteresse der Klägerin. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Klägerin bei Ausspruch der Kündigung 44 Jahre alt und seit dem 01.01.1989 bei der Beklagten beschäftigt war. Sie war damit im Zeitpunkt der Kündigung bereits mehr als 14 Jahre für die Beklagte tätig. Zugunsten der Klägerin ist weiter zu berücksichtigen, dass sie einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist. Andererseits hat die verheiratete Klägerin keine unterhaltsberechtigten Kinder. Von Bedeutung erscheint im Rahmen der Interessenabwägung weiter, dass das Arbeitsverhältnis nicht erst in den letzten 3 Jahren vor Ausspruch der Kündigung, sondern bereits seit 1993 mit erheblichen krankheitsbedingten Ausfallzeiten belastet war. Die Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass die Klägerin 1993 an 44 Tagen, 1994 an 121 Tagen, 1995 an 120 Tagen, 1996 an 115 Tagen und 1997 an 59 Tagen krankheitsbedingt gefehlt hat. Auch die weiteren Fehlzeiten der Klägerin in den Jahren seit 1998, insbesondere die längeren krankheitsbedingten Ausfallzeiten im Zusammenhang mit den oralen Erkrankungen der Klägerin seit dem Jahre 2001, hat die Beklagte nicht sofort zum Anlass genommen, der Klägerin eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, sondern hat hiermit bis zum Dezember 2003 gewartet. Die Beklagte hat damit durchaus Rücksicht auf die Interessen der Klägerin genommen. Unter Einbeziehung sämtlicher Gesichtspunkte hat die erkennende Kammer dem Auflösungsinteresse der Beklagten den Vorrang vor dem Bestandsschutzinteresse der Klägerin gegeben.

3. Der bei der Beklagten gebildete Personalrat ist nach den Ausführungen des Arbeitsgerichts ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung beteiligt worden. Dem ist die Klägerin mit ihrer Berufung nicht weiter entgegengetreten.

4. Ist das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.12.2003 mit Ablauf des 30.06.2004 aufgelöst worden, so kann die Klägerin nicht ihre Weiterbeschäftigung als Kreditrevisorin verlangen.

III.

Angesichts der Dauer des vorliegenden Verfahrens hielt die erkennende Kammer eine Aussetzung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin gegen die Zustimmung des Integrationsamtes vom 18.12.2003 nicht für vertretbar. Sollte die Zustimmungsentscheidung keinen Bestand haben, so ist die Klägerin auf den Weg der Restitutionsklage zu verweisen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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