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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.01.2004
Aktenzeichen: 15 Sa 1168/03
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 67 Abs. 2
ArbGG § 67 Abs. 3
ArbGG § 67 Abs. 4 S. 1
ArbGG § 67 Abs. 4 S. 2
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 11.06.2003 - 1 Ca 2618/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten um die Zahlung anteiligen Weihnachtsgeldes für das Jahr 2002. Die Klägerin war bei der Beklagten im Anschluss an ihre Berufsausbildung seit dem 17.01.1989 als Sachbearbeiterin tätig. Dem durch Vergleich vom 14.08.2002 im Verfahren 1 Ca 1500/02 - ArbG Detmold - zum 30.09.2002 beendeten Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 23.01.1989 zugrunde. Wegen seiner Einzelheiten wird auf Bl. 6 f. d.A. Bezug genommen. In Ziffer 4 Satz 2 des Arbeitsvertrages heißt es wie folgt: "Die Zahlung von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, vermögenswirksamen Leistungen, Prämien und ähnlichen Zuwendungen liegt, soweit sie nicht tarifvertraglich feststehen, im freien Ermessen von G1xxxxxx und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrückliche Vorbehalte der Freiwilligkeit erfolgte." Die Klägerin erhielt alljährlich, letztmalig im November 2001, eine Weihnachtsgratifikation, die sich der Höhe nach an den tariflich vorgesehenen Leistungen orientierte. Wegen der Einzelheiten der im November 2001 abgerechneten Weihnachtsgratifikation wird auf Bl. 10 d.A. Bezug genommen. Mit vorliegender Klage, die am 29.10.2002 beim Arbeitsgericht Detmold einging, verlangt die Klägerin die Zahlung anteiligen Weihnachtsgeldes für das Jahr 2002. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.09.2002 ein anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von 899,31 EUR brutto zu zahlen. Dieser Anspruch sei nicht durch die Regelungen des Vergleichs vom 14.08.2002 ausgeschlossen. Sie, die Klägerin, habe alljährlich, letztmalig im November 2001 eine Weihnachtsgratifikation erhalten, die jeweils ohne nochmaligen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt gezahlt worden sei. Durch die jahrelange betriebliche Übung sei zu ihren Gunsten ein vertraglicher Anspruch entstanden. Dieser Anspruch setze nicht voraus, dass zum Auszahlungszeitpunkt ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehe. Ein Tarifvertrag sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar gewesen. Hierin habe sich auch dadurch nichts geändert, dass die Beklagte die Höhe des von ihr gezahlten Weihnachtsgeldes den tariflichen Bestimmungen entnommen habe bzw. sich hieran angelehnt habe. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 899,31 EUR brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2002 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld für das Jahr 2002. Dem stehe der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt entgegen. Richtig sei, dass die Klägerin letztmalig im Jahre 2001 eine Weihnachtsgratifikation in tariflicher Höhe erhalten habe, ohne dass hierbei noch einmal ausdrücklich der Freiwilligkeitsvorbehalt wiederholt worden sei. Hierauf komme es jedoch nicht an. Aufgrund des arbeitsvertraglichen Freiwilligkeitsvorbehaltes habe sie, die Beklagte jederzeit frei bestimmen können, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gratifikation gewährt werden solle. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine betriebliche Übung berufen. Wenn eine solche Übung entstanden sei, so beziehe sich diese allenfalls auf die Tatsache, dass dem Mitarbeiter jeweils mit der Abrechnung des Monats November eine Weihnachtsgratifikation gezahlt werde. Hieraus ergebe sich jedoch nicht, dass ein Anspruch auf anteiliges Weihnachtsgeld bestehe, wenn ein Arbeitnehmer vor diesem Stichtag ausscheide. Gerade eine solche bung, dass vorzeitig ausscheidende Mitarbeiter eine anteilige Zahlung erhalten, habe es bei ihr, der Beklagten, nicht gegeben. Auch wenn eine betriebliche Übung unterstellt werde, dass sämtliche Arbeitsverhältnisse entsprechend der tarifvertraglichen Situation im Bereich der Metall- und Elektroindustrie NRW zu behandeln seien, folge daraus kein Anspruch zugunsten der Klägerin. Tarifvertraglich werde nämlich vorausgesetzt, dass der Mitarbeiter am Stichtag, nämlich am 01.12. eines jeden Jahres noch im Betrieb beschäftigt sei. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen. Durch Urteil vom 11.06.2003, das der Klägerin am 26.06.2003 zugestellt worden ist, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 25.07.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.09.2003 - am 25.09.2003 begründet worden ist. Die Klägerin vertritt weiter die Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2002. Soweit die Beklagte sich auf den in Ziffer 4 des formularmäßigen Arbeitsvertrages vom 23.01.1989 enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehalt berufe, sei diese Regelung unklar gefasst, was zu Lasten der Beklagten gehe. Im übrigen habe die Beklagte jahrelang eine betriebliche Übung gepflegt, nach der alle Mitarbeiter kontinuierlich und einschränkungslos je Kalenderjahr eine Weihnachtsgratifikation erhalten hätten. Die Beklagte habe sich ausschließlich im Hinblick auf deren Höhe an tarifliche Bestimmungen angelehnt, nicht jedoch auch auf die Voraussetzungen dieser Leistung. Auch im Jahre 2002 habe die Beklagte bei der Zahlung der Weihnachtsgratifikation auf Freiwilligkeitsvorbehalte nicht zurückgegriffen, sondern diese Leistung entsprechend ihrer bisherigen Handhabungsweise gewährt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei die Beklagte daher gehalten gewesen, der Klägerin zumindest eine anteilige Weihnachtsgratifikation zu zahlen. Im Termin vom 09.01.2004 hat die Klägerin ergänzend zu Protokoll erklärt, der Zeuge K3xx-H3xxx S4xxxxx sei im Jahre 2002 betriebsbedingt bei der Beklagten ausgeschieden; Herr S4xxxxx habe für 2002 die volle Weihnachtsgratifikation erhalten. Beweis: Zeugnis K3xx-H3xxx S4xxxxx. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 11.06.2003 - 1 Ca 2618/02 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 899,31 EUR brutto zuzüglich 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 26.10.2003 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hat im Termin vom 09.01.2004 bestritten, dass der Zeuge S4xxxxx für 2002 Weihnachtsgeld erhalten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Entscheidungsgründe: I. Die Berufung ist an sich statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. II. Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die erkennende Kammer folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht deshalb gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin kann die überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts nicht in Frage stellen. Es gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Bemerkungen: 1. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2002 ergibt sich nicht aus dem Arbeitsvertrag vom 23.01.1989. Nach Ziffer 4 S. 2 dieses Vertrages liegt die Zahlung von Weihnachtsgeld, soweit es nicht tarifvertraglich feststeht, im freien Ermessen der Beklagten und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrückliche Vorbehalte der Freiwilligkeit erfolgt. Hierbei handelt es sich um einen klassischen Freiwilligkeitsvorbehalt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der einschränkende Hinweis auf möglicherweise tarifvertraglich feststehende Leistungen kann hieran nichts ändern. Hierdurch wird lediglich die Selbstverständlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt rechtlich unbeachtlich ist, soweit die Klägerin einen tarifvertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation haben sollte. Unter Berücksichtigung des im Arbeitsvertrag enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehaltes entsteht ein Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation für ein bestimmtes Jahr entweder erst mit einer vorbehaltlosen Zusage des Arbeitgebers, auch in diesem Jahr eine Weihnachtsgratifikation zahlen zu wollen, oder mit der tatsächlichen Zahlung der Gratifikation. Bis zu diesem Zeitpunkt entsteht auch kein im Laufe des Jahres anwachsender Anspruch auf eine gegebenenfalls anteilige Gratifikation. Der erklärte Freiwilligkeitsvorbehalt hindert vielmehr das Entstehen eines solchen Anspruchs und lässt dem Arbeitgeber die Freiheit, in jedem Jahr neu zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen auch in diesem Jahr eine Weihnachtsgratifikation gezahlt werden soll. Erst mit der Verlautbarung dieser Entscheidung gegenüber den Arbeitnehmern kann ein Anspruch auf die Gratifikation entstehen (vgl. BAG, Urteil vom 06.12.1995 - 10 AZR 198/95 -, NZA 1996, 1027). Angesichts dessen kann von einem arbeitsvertraglichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer anteiligen Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2002 nicht ausgegangen werden. Dass die Beklagte vor Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2002 allgemein bekannt gemacht hat, sie werde, wie in den Vorjahren, allen Arbeitnehmern einschränkungslos eine Weihnachtsgratifikation zahlen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Klägerin ist wegen ihres Ausscheidens zum 30.09.2002 eine Gratifikation tatsächlich auch nicht gezahlt worden. 2. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte anderen Arbeitnehmern eine Weihnachtsgratifikation gezahlt hat. Insbesondere verstößt die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin als zum 30.09.2002 ausgeschiedene Arbeitnehmerin keine anteilige Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2002 zu zahlen, nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. a) Die Klägerin hat erst- und zweitinstanzlich bis zum Termin vom 09.01.2004 keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss darauf zulassen, die Beklagte habe anlässlich der Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2002 gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer allgemein begünstigenden Regelung willkürlich, d.h. ohne Vorliegen sachlicher Gründe, auszunehmen oder sie schlechter zu stellen. Liegt ein sachlicher Grund nicht vor, so kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 30.03.1994, AP Nr. 113 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urteil vom 25.04.1995, AP Nr. 130 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Allerdings stellt es keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn der Arbeitgeber solche Arbeitnehmer vom Bezug einer Gratifikation ausschließt, die zum Auszahlungszeitpunkt bereits ausgeschieden sind oder sich in gekündigter Stellung befinden. Dies gilt auch bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aufgrund betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung (vgl. BAG, Urteil vom 25.04.1991, AP Nr. 137 zu § 611 BGB Gratifikation; Urteil vom 19.11.1992, AP Nr. 147 zu § 611 BGB Gratifikation). Tatsachen, die den Schluss zulassen, die Beklagte habe anderen Arbeitnehmern, die vor November 2002 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, für das Jahr 2002 eine Gratifikation gezahlt, hat die Klägerin bis zum Termin vom 09.01.2004 nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt. b) Soweit die Klägerin im Termin vom 09.01.2004 vorgetragen hat, der Zeuge K3xx-H3xxx S4xxxxx sei im Jahre 2002 betriebsbedingt bei der Beklagten ausgeschieden und habe für das Jahr 2002 die volle Weihnachtsgratifikation erhalten, war dieser Sachvortrag gemäß § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Gemäß § 67 Abs. 2 und 3 ArbGG zulässige neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind vom Berufungskläger gemäß § 67 Abs. 4 S. 1 ArbGG in der Berufungsbegründung vorzubringen. Diesen Anforderungen wird das von der Klägerin zu Protokoll der Sitzung vom 09.01.2004 erklärte neue Vorbringen nicht gerecht. Wird der neue Sachvortrag später vorgebracht, ist er gemäß § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG nur zuzulassen, wenn er nach der Berufungsbegründung entstanden ist oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Tatsachen, die den Schluss zulassen, das neue Vorbringen der Klägerin sei erst nach der Berufungsbegründung entstanden bzw. das verspätete Vorbringen beruhe nicht auf Verschulden der Partei, hat die Klägerin nicht vorgebracht; solche Tatsachen sind auch nicht ersichtlich. Die Berücksichtigung des neuen Vorbringens würde die Erledigung des Rechtsstreits auch verzögern. Da die Beklagte den neuen Sachvortrag der Klägerin im Termin vom 09.01.2004 bestritten hat, hätte der Rechtsstreit vertagt und der Zeuge S4xxxxx geladen werden müssen. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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