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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1228/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 12.06.2006 - 5 (4) Ca 2611/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, überzahlte Lohnsteuerbeträge an die Klägerin abzutreten bzw. der Klägerin zu erstatten.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gegenstand der Vertrieb von Maschinen aller Art und deren Herstellung ist. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin ist Herr W1xxxx B1xxxx, der auch sämtliche Geschäftsanteile hält. Die Beklagte war vom 15.08.1995 bis zum 31.8.2001 bei der Klägerin als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.08.1995 wird auf Bl. 31 ff. d.A. Bezug genommen. Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages Lebensgefährtin des damaligen weiteren Geschäftsführers U1xxxx B1xxxx, der neben seinem Bruder W1xxxx B1xxxx auch Mitgesellschafter der Klägerin war. Am 30.08.1996 schloss die Beklagte mit Herrn U1xxxx B1xxxx die Ehe. Am 29.09.2000 verstarb Herr U1xxxx B1xxxx. Am 01.12.2000 schloss die Beklagte mit dem Alleingeschäftsführer der Klägerin, Herrn W1xxxx B1xxxx, einen notariellen Vertrag. Wegen der Einzelheiten des notariellen Vertrages vom 01.12.2000 wird auf Bl. 118 ff. d.A. verwiesen.

Die Klägerin hat auf der Basis des im schriftlichen Vertrag vom 01.08.1995 vereinbarten Bruttomonatsentgelts von 5.870,00 DM bzw. des im notariellen Vertrag vom 01.10.2000 vereinbarten Bruttomonatsgehalts von 5.300,00 DM die zutreffenden Lohnsteuerbeträge ermittelt und diese für die Beklagte an das Finanzamt H1xx abgeführt.

Im Zusammenhang mit einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung des Finanzamtes H1xx traf die Klägerin mit dem Finanzamt am 27.06.2005 eine tatsächliche Verständigung mit dem Ergebnis, dass die an die Beklagte geleisteten Gehaltszahlungen nur zu 1/3 steuerlich anerkannt wurden. Wegen der Einzelheiten des Protokolls vom 27.06.2005 wird auf Bl. 5 f. d.A. Bezug genommen. Mit vorliegender Klage, die am 20.12.2005 beim Arbeitsgericht Hamm einging, verlangt die Klägerin die Abtretung bzw. Erstattung der Lohnsteuerbeträge, soweit sich diese auf die steuerlich nicht anerkannten Teile der Gehaltszahlungen an die Beklagte im Zeitraum vom 15.08.1995 bis zum 31.08.2001 beziehen.

Die Klägerin hat vorgetragen, das Ergebnis der steuerlichen Betriebsprüfung werde zwangsläufig dazu führen, dass die von ihr überzahlten Lohnsteuern rückabgewickelt würden, soweit sie auf den steuerlich nicht anerkannten Teil der Gehaltszahlungen an die Beklagte entfallen seien. Nach der Praxis der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung der Finanzgerichte werde die Rückabwicklung der überzahlten Lohnsteuern nicht im Verhältnis zum eigentlichen zivilrechtlichen Erstattungsberechtigten, nämlich dem Arbeitgeber, vollzogen, sondern im Verhältnis zum Arbeitnehmer als Steuerschuldner. Der Arbeitgeber sei in den Fällen der vorliegenden Art gehalten, seine Ansprüche gegen den Arbeitnehmer geltend zu machen. Dies geschehe mit vorliegender Klage. Sie, die Klägerin, habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abtretung bzw. Erstattung der Lohnsteuer im Umfang der überzahlten Beträge, soweit diese auf den steuerlich nicht anerkannten Teil der Gehaltszahlungen entfielen. Der überzahlte Lohnsteuerbetrag belaufe sich auf ca. 42.968,00 €.

Unerheblich sei, dass der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien von der Arbeitsgerichtsbarkeit voll umfänglich anerkannt worden sei. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung steuerlich nur zu 1/3 anerkannt worden. Soweit die Finanzverwaltung die überzahlte Lohnsteuer über die Beklagte als ehemalige Arbeitnehmerin erstatte oder bereits erstattet habe, sei die Beklagte ungerechtfertigt bereichert und gegenüber ihr, der Klägerin, erstattungspflichtig.

Der Erstattungsanspruch sei auch nicht gemäß § 19 des Manteltarifvertrages für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende in der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen verfallen. Das Ergebnis der Betriebsprüfung sei erst mit dem Protokoll vom 27.06.2005 zustande gekommen. Sie, die Klägerin, habe mit Schreiben vom 05.09.2005 über die Anwälte der Beklagten die streitgegenständlichen Ansprüche geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zur Abtretung der von der Klägerin überzahlten Lohnsteuerbeträge zu verurteilen, soweit sich diese auf die steuerlich nicht anerkannten Teile der Gehaltszahlungen an die Beklagte im Zeitraum vom 15.08.1995 bis 31.08.2001 beziehen,

hilfsweise,

die Beklagte zur Erstattung der o.a. Lohnsteuerbeträge an die Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Abtretung bzw. Erstattung der überzahlten Lohnsteuerbeträge nicht zu. Das Ergebnis der steuerlichen Betriebsprüfung bei der Klägerin sei für sie, die Beklagte, nicht verbindlich. Insbesondere gelte dies für die "tatsächliche Verständigung" der Klägerin mit dem Finanzamt vom 27.06.2005. Eine solche "tatsächliche Verständigung" könne nur im Innenverhältnis der hieran Beteiligten irgendeine Wirkung entfalten. Als Verständigung zu Lasten eines Dritten seien solche Vereinbarungen ebenso unzulässig wie Verträge zu Lasten Dritter.

Auch der Sache nach seien die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche unbegründet. Es könne keine Rede davon sein, dass an sie, die Beklagte, zu viel Lohn ausgezahlt worden sei. Ausweislich des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22.11.2002 - 10 Sa 1172/02 - sei festgestellt worden, dass der Klägerin aus keinerlei Rechtsgrund ein Anspruch auf Rückzahlung gezahlten Gehaltes zustehe. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.08.1995 sei damit als rechtsgültig anerkannt worden. Dieses Urteil habe dazu geführt, dass die Klägerin sodann eine beim Arbeitsgericht Hamm angestrengte Klage vom 25.03.2002 auf Lohnrückforderung in Höhe von 128.387,22 € und wegen eines Freistellungsanspruchs gegenüber dem Arbeitsamt H1xx in Höhe von 102.026,38 € hinsichtlich eines Lohnrückforderungsteilbetrages zurückgenommen habe. Somit sei rechtskräftig festgestellt, dass sie, die Beklagte, Anspruch auf Zahlung des im Arbeitsvertrag vom 01.08.1995 vereinbarten Gehaltes gehabt habe. Dies habe auch der Sach- und Rechtsauffassung der Klägerin selbst entsprochen. Nach dem Tode des Mitgeschäftsführers der Klägerin, ihres Ehemannes Herrn U1xxxx B1xxxx, habe der jetzige Alleingeschäftsführer W1xxxx B1xxxx mit ihr, der Beklagten, die notariell beurkundete Vereinbarung vom 01.12.2000 getroffen, wonach der bestehende Arbeitsvertrag dahingehend abgeändert worden sei, dass ab dem 01.10.2000 ein monatliches Bruttogehalt von 5.300,00 DM gezahlt werde und sie, die Beklagte, bis zum 31.08.2001 weiterbeschäftigt werde.

Nach alledem stehe fest, dass sie, die Beklagte, einen durch Arbeitsvertrag vom 01.08.1995 und Vereinbarung vom 01.12.2000 anerkannten und bestätigten Gehaltsanspruch in der in diesen Urkunden jeweils genannten Höhe gehabt habe. Schuldner der Lohnsteuer sei der Arbeitnehmer. Die Lohnsteuer werde vom Arbeitgeber für Rechnung des Arbeitnehmers vom Lohn einbehalten und abgeführt. Dementsprechend sei die Klägerin verfahren. Was die Klägerin in ihrem Steuerverhältnis mit der Finanzverwaltung vereinbare oder zugrunde lege, bleibe allein in dem Rechtsverhältnis der Klägerin zum Finanzamt maßgeblich und begründe keinerlei Ansprüche auf Rückzahlung oder Abtretung verdienten, fällig gewordenen und gezahlten Lohnes.

Zudem sei die Ausschlussfrist des Tarifvertrages der Eisen- Metall- und Elektroindustrie NRW nicht gewahrt. Dieser sei nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien anwendbar. Schließlich berufe sie, die Beklagte, sich auf ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund einer bereits hinterlegten Verwahrungssumme.

Durch Urteil vom 12.06.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 06.07.2006 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 24.07.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.10.2006 - am 28.09.2006 begründet worden ist.

Die Klägerin vertritt weiter die Auffassung, die Beklagte sei zur Abtretung bzw. Erstattung der überzahlten Lohnsteuerbeträge gemäß § 812 BGB verpflichtet. Aufgrund der tatsächlichen Verständigung anlässlich der Betriebsprüfung und der auf dieser Grundlage erfolgten Veranlagung habe die Beklagte einen Anspruch auf Lohnsteuererstattung und damit einen Vermögensvorteil in sonstiger Weise erlangt. Diesen Vermögensvorteil habe sie im Verhältnis zu ihr, der Klägerin, ohne Rechtsgrund erlangt. Der Arbeitsvertrag sei ersichtlich kein Rechtsgrund für den Erhalt des Lohnsteuererstattungsanspruchs. Denn dieser Anspruch sei im Verhältnis zum Fiskus entstanden. Die Beklagte habe den Erstattungsanspruch demnach durch Abtretung herauszugeben.

Die Beklagte sei zur Abtretung bzw. Erstattung auch aus nachvertraglicher Treuepflicht verpflichtet. Die arbeitsrechtliche Gültigkeit des damaligen Arbeitsvertrages werde von ihr, der Klägerin, im Hinblick auf die ergangenen Entscheidungen nicht bestritten. Eine Treuepflicht bestehe immer dann, wenn der betreffende Arbeitnehmer durch die Erfüllung dazu beitrage, dass dem Arbeitgeber kein Schaden entstehe, während für ihn, den Arbeitnehmer, kein Nachteil mit der Erfüllung der Pflicht verbunden sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Durch die Tatsache, dass das Finanzamt das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien im Umfang von 2/3 nicht anerkannt habe, entstünden ihr, der Klägerin, erhebliche steuerliche Nachteile. Die an die Beklagte geleisteten Gehaltszahlungen seien steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung an den verstorbenen Ehemann der Beklagten qualifiziert worden. Dies habe dazu geführt, dass sie, die Klägerin, für 2/3 der Gehaltszahlungen Gewerbesteuer und Körperschaftssteuer nachzahlen müsse, weil sie diese nicht als Betriebsausgaben geltend machen könne. Dieser Schaden könne teilweise dadurch kompensiert werden, wenn sie - was Gegenstand dieses Rechtsstreits sei - die Lohnsteuererstattung erhalte, die das Finanzamt deshalb leisten müsse, weil im Umfang von 2/3 kein Lohn vorgelegen und damit keine Lohnsteuer angefallen sei. Mit der begehrten Abtretung der Lohnsteuererstattungsansprüche trage die Beklagte also zur Schadensminderung bei ihr, der Klägerin, bei. Auf der anderen Seite habe die Beklagte durch die Abtretung keinen Nachteil. Denn sie habe keinerlei rechtlichen oder moralischen Anspruch auf die Lohnsteuererstattung. Der von ihr netto bezogene Lohn sei voll versteuert worden. Sie habe also weder eine Kürzung des vereinbarten Nettolohns noch eine Steuernachzahlung zu befürchten. Falls die Beklagte die Lohnsteuererstattung auf 2/3 des Lohns zusätzlich vereinnahmen könne, erziele sie einen ungerechtfertigten Vorteil. Ohne die Abtretung der Lohnsteuererstattungsansprüche werde die Beklagte so gestellt, als hätte sie 2/3 ihres Lohns brutto wie netto erhalten. Hierauf habe die Beklagte nach dem Arbeitsvertrag keinen Anspruch. Auch steuerlich könne sie dies nicht verlangen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Abtretung der von der Klägerin überzahlten Lohnsteuerbeträge zu verurteilen, soweit sich diese auf die steuerlich nicht anerkannten Teile der Gehaltszahlungen an die Beklagte im Zeitraum vom 15.08.1995 bis zum 31.08.2001 beziehen,

hilfsweise,

die Beklagte zur Erstattung der o.a. Lohnsteuerbeträge an die Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung vom 21.07.2006 zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, die Klägerin habe keinen Anspruch aus § 812 BGB auf Abtretung bzw. Erstattung überzahlter Lohnsteuerbeträge. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen und der rechtskräftig erstrittenen Urteile sei zwischen den Parteien inzwischen unstreitig, dass zivilrechtlich der Arbeitsvertrag der Parteien gültig gewesen sei. Dies bedeute, ihr, der Beklagten, beginnend mit dem 15.08.1995 ein Bruttomonatsentgelt von 5.870,00 und vom 01.10.2000 bis zum 31.08.2001 ein Bruttomonatsentgelt von 5.300,00 DM zugestanden habe. Ausgezahlt habe die Klägerin aber jeweils nur das entsprechende Nettogehalt. Die tatsächliche Verständigung der Klägerin mit dem Finanzamt vom 27.06.2005 habe zur Folge, dass der Lohnsteuerabzug des Arbeitgebers korrigiert werde und, da diese Lohnsteuern selbstverständlich dem Arbeitnehmer zustünden, vom zuständigen Finanzamt an sie, die Beklagte, ausgezahlt werden müssten. Ihr, der Beklagten, stehe nämlich gemäß Arbeitsvertrag das Bruttogehalt und nicht nur das Nettogehalt zu. Nachfolgend habe sich ergeben, dass zuviel Lohnsteuern abgeführt worden seien. Aufgrund welcher Umstände dies der Fall gewesen sei, sei rechtlich unerheblich.

Der Klägerin sei auch in keiner Weise ein Schaden entstanden. Hätte es keine tatsächliche Verständigung gegeben, wäre die Lohnsteuer abgeführt "geblieben". Da die Klägerin sich aber mit dem Finanzamt geeinigt habe, sei es zu einer Korrektur des Lohnsteuerabzugs gekommen. Der maßgebliche Erstattungsbetrag stehe selbstverständlich ihr, der Beklagten, zu.

Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht aus einer angeblichen nachvertraglichen Treuepflicht. Unzutreffend gehe die Klägerin davon aus, dass ihr ein Schaden entstanden sei. Dies sei im Hinblick auf die zu erstattenden bzw. erstatteten Lohnsteuerbeträge nicht der Fall. Zwischen den Parteien sei ein Bruttolohn vereinbart worden. Falls seinerzeit bekannt gewesen wäre, dass Lohnsteuern nicht auf das gesamte zu zahlende Gehalt anfielen, sondern nur auf einen Teilbetrag, hätte sich zwangsläufig der netto an sie, die Beklagte, auszuzahlende Betrag erhöht. Genau dieser Betrag, den die Klägerin fehlerhaft über viele Jahre als Lohnsteuern zu ihren, der Beklagten, Lasten an das Finanzamt abgeführt habe, werde nach der tatsächlichen Verständigung konkret festgestellt und rückerstattet. Die Rückerstattung müsse selbstverständlich an sie, die Beklagte, erfolgen, weil ihr zuvor unrechtmäßig dieser Betrag vorenthalten worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Abtretung bzw. Erstattung überzahlter Lohnsteuerbeträge im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1. Nach der vertraglichen Vereinbarung vom 01.08.1995, die von den Parteien als Arbeitsvertrag bezeichnet worden ist, stand der Beklagten beginnend mit dem 15.08.1995 ein Bruttomonatslohn von 5.870,00 DM zu. Diese Vereinbarung haben die Parteien durch notariellen Vertrag vom 01.12.2000 u.a. dahingehend abgeändert, dass der Beklagten beginnend mit dem 01.10.2000 bis zum 31.08.2001 ein monatliches Bruttogehalt von 5.300,00 DM zustand. Zwischen den Parteien ist angesichts der im Tatbestand genannten arbeitsgerichtlichen Entscheidungen nicht weiter streitig, dass diese Vereinbarungen gültig waren. Dementsprechend hatte die Beklagte Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung der vereinbarten Bruttobeträge. Dies bedeutet, dass vom vereinbarten Bruttobetrag die jeweiligen Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung einzubehalten und abzuführen waren. Für die Lohnsteuerberechnung war demnach aus der für die Steuerklasse der Beklagten maßgebenden Spalte der Lohnsteuertabelle der entsprechende Lohnsteuerabzug zu ermitteln, durch dessen Abzug sich der auszuzahlende Nettobetrag ergibt (vgl. Schaub-Linck, Arbeitsrechtshandbuch 11. Aufl. § 71 Rn. 3). Die Klägerin hatte danach die auf den vereinbarten Bruttobetrag entfallenden Lohnsteuern zu ermitteln und an das Finanzamt abzuführen, wobei gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Schuldnerin der Lohnsteuern die Beklagte als Arbeitnehmerin war (Schaub-Linck a.a.O. § 71 Rn. 100).

2. Angesichts dessen ist die Beklagte nicht verpflichtet, eventuell überzahlte Lohnsteuerbeträge in den streitgegenständlichen Zeiträumen an die Klägerin abzutreten oder zu erstatten.

a) Die Beklagte hat auf der Grundlage der genannten vertraglichen Vereinbarungen Anspruch auf Zahlung der genannten Bruttobeträge. Von diesen Bruttobeträgen musste die Klägerin die tatsächlich anfallenden Lohnsteuern einbehalten und an das Finanzamt abführen. Die tatsächliche Verständigung, welche die Klägerin am 27.06.2005 mit dem Finanzamt getroffen hat, ändert hieran nichts. Diese Verständigung hatte nur zur Folge, dass lediglich 1/3 der an die Beklagte auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zu zahlenden Beträge der Lohnsteuer unterlagen, während 2/3 dieser Beträge nicht lohnsteuerpflichtig waren. Dies bedeutet, dass die Klägerin im Hinblick auf 1/3 der vereinbarten Bruttobeträge Lohnsteuern einbehalten und an das Finanzamt abführen musste, während auf 2/3 der vereinbarten Beträge keine Lohnsteuern entfielen. Die Klägerin hat aber im Hinblick auf den gesamten vereinbarten Bruttobetrag Lohnsteuern ermittelt, vom vereinbarten Bruttolohn einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, sodass der Beklagten nur der um die Lohnsteuern verkürzte Nettobetrag zugeflossen ist.

b) Steht angesichts der tatsächlichen Verständigung der Klägerin mit dem Finanzamt vom 27.06.2005 fest, dass nur 1/3 der zwischen den Parteien vereinbarten Bruttobeträge der Lohnsteuerpflicht unterlagen, so hat die Klägerin von den vereinbarten Bruttobeträgen zuviel Lohnsteuern einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Die danach vom Finanzamt zu erstattenden überzahlten Lohnsteuerbeträge stehen der Beklagten und nicht der Klägerin zu. Denn die zuviel abgeführten Lohnsteuerbeträge sind von den vereinbarten Bruttobeträgen einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden. Da feststeht, dass die Klägerin von den vereinbarten Bruttobeträgen zuviel Lohnsteuern einbehalten und abgeführt hat, kann die Beklagte, die gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Schuldnerin der Lohnsteuern war, die Erstattung der zuviel gezahlten Lohnsteuern an sich verlangen. Denn die abgeführten Lohnsteuerbeträge sind aus dem Bruttobetrag einbehalten worden, den die Parteien vereinbart hatten. Insofern hat die Beklagte und nicht die Klägerin die Lohnsteuern im Verhältnis zum Finanzamt getragen. Anders mag dies bei einer sogenannten Nettolohnvereinbarung sein, die von den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits jedoch zweifellos nicht getroffen worden ist (zur Nettolohnvereinbarung vgl. Schaub-Linck a.a.O. § 71 Rn. 108 ff. m.w.N.).

c) Die Tatsache, dass der Klägerin möglicherweise steuerliche Nachteile dadurch entstehen, dass 2/3 der mit der Beklagten vereinbarten Bruttovergütung nicht als Gehaltszahlung, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert worden sind, sodass die Klägerin insoweit Gewerbesteuern und Körperschaftssteuern nachzahlen muss, kann nichts daran ändern, dass die Beklagte nach den mit ihr getroffenen Vereinbarungen Zahlung der jeweiligen Bruttobeträge verlangen kann, d.h. Zahlung von 5.870,00 DM brutto bzw. ab dem 01.10.2000 von 5.300,00 DM brutto pro Monat abzüglich der jeweils hierauf anfallenden Lohnsteuern, welche die Klägerin von diesen Beträgen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen hatte. Hätte die Klägerin entsprechend der tatsächlichen Verständigung mit dem Finanzamt von diesen Bruttobeträgen geringere Lohnsteuern einbehalten und abgeführt, so hätte der Beklagten jeweils ein höherer Nettoauszahlungsbetrag im Hinblick auf die vereinbarten Bruttobeträge zugestanden. Dementsprechend stehen die einbehaltenen und an das Finanzamt abgeführten Lohnsteuerbeträge, soweit sie die tatsächlich geschuldete Lohnsteuer übersteigen, im Falle der Erstattung an das Finanzamt nicht der Klägerin als Arbeitgeberin, sondern der Beklagten als Arbeitnehmerin und Steuerschuldnerin zu.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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