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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.12.2005
Aktenzeichen: 15 Sa 1698/05
Rechtsgebiete: SGB IX


Vorschriften:

SGB IX § 81
SGB IX § 82
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 14.07.2005 - 3 Ca 672/05 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.000,00 EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.04.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Der Streitwert beträgt 3.000,00 EUR.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Entschädigungsleistungen gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX.

Die beklagte Stadt schrieb in den Westfälischen Nachrichten vom 09./10.10.2004 insgesamt vier Stellen in ihrem Verwaltungsbereich zur Neubesetzung aus. Wegen des Inhalts der Stellenausschreibungen wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 11.10.2004 bewarb der Kläger sich um die im Haupt- und Personalamt, im Fachbereich Öffentliche Ordnung sowie im Sozialamt ausgeschriebenen Stellen. In seinem Bewerbungsschreiben wies er ausdrücklich darauf hin, dass er schwerbehindert ist, und fügte eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises bei. Wegen der vom Kläger dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen über seinen beruflichen Werdegang wird auf Bl. 53 - 85 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18.11., 09.12. und 28.12.2004 erhielt der Kläger jeweils Absagen der Beklagten im Hinblick auf seine Bewerbung um die ausgeschriebenen Stellen. Wegen des Inhalts der Ablehnungsschreiben wird auf Bl. 9-11 d.A. verwiesen. Mit Schreiben vom 11.01.2005 teilte der Kläger der Beklagten folgendes mit:

"Meine Bewerbung vom 11.10.2004 auf diverse Stellenausschreibungen

Sehr geehrter Herr R1xxxxxxx,

sehr geehrte Damen und Herren,

ich nehme Bezug auf Ihre Schreiben vom 18.11.04, 09.12.04 sowie 28.12.04 und mache hiermit vorsorglich einen Anspruch gemäß § 81 Abs. 1 bis 4 SGB IX auf Entschädigung geltend.

Nach meiner Einschätzung sind Sie Ihren Verpflichtungen gemäß §§ 81, 82 SGB IX im Rahmen der o.g. Stellenausschreibungen nicht nachgekommen.

Ich beabsichtige, den Sachverhalt mit einem Anwalt zu besprechen.

Mit freundlichem Grüssen

D. O1xxxxxx"

Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 27.01.2005, das folgenden Inhalt hat:

"Ihr Schreiben vom 11.01.2005

Sehr geehrter Herr O1xxxxxx,

den von Ihnen vorsorglich geltend gemachten Anspruch auf Entschädigung nach § 81 Abs. 2 SGB IX erkenne ich nicht an.

Begründung:

Sie haben sich auf die zu besetzenden Stellen im Fachbereich öffentliche Ordnung, Fachbereich Soziales und im Haupt- und Personalamt beworben.

Mit Schreiben vom 18.11., 09.12. und 28.12.2004 habe ich Ihnen mitgeteilt, dass Ihre jeweilige Bewerbung keinen Erfolg hatte.

Sie machen mit Schreiben vom 11.01.2005 eine Verletzung von Vorschriften des SGB IX geltend und stellen vorsorglich einen Anspruch auf Entschädigung.

Ihre Einschätzung, dass ich den Pflichten nach §§ 81, 82 SGB IX nicht nachgekommen sei, ist unzutreffend:

1. Stelle Haupt- und Personalamt

Bei der Stelle im Haupt- und Personalamt sind Sie nicht berücksichtigt worden, weil in der entsprechenden Vergütungsgruppe Frauen unterrepräsentiert sind. Neben dem Benachteiligungsverbot für Schwerbehinderte gibt es ein Gleichstellungsgebot für Männer und Frauen. Nach dem Landesgleichstellungsgesetz sind Frauen bevorzugt zu berücksichtigen, wenn sich gleich qualifizierte Personen beiderlei Geschlechts beworben haben. Das Landesgleichstellungsgesetz als Landesrecht ist nicht geringer einzustufen als das SGB IX als Bundesrecht, da es inhaltsgleiches Bundesgleichstellungsrecht gibt.

Ihre Einstellung auf die Stelle wäre somit nur möglich gewesen, wenn sich keine oder nur geringer qualifizierte Frauen beworben hätten. Sie sind also nicht Ihrer Behinderung wegen nicht eingestellt worden. § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wurde nicht verletzt.

2. Stelle Fachbereich öffentliche Ordnung

In der Stellenanzeige war als zu leistende Tätigkeit auch der Bereitschaftsdienst als örtliche Ordnungsbehörde aufgeführt.

Für den Bereitschaftsdienst ist Ortsansässigkeit oder Ortsnähe (unmittelbar angrenzende Gemeinden) wesentliche Voraussetzung. Ihrer Bewerbung war eine Umzugsbereitschaft nicht zu entnehmen. Daher schied Ihre Berücksichtigung bei der Stellenbesetzung aus Gründen, die nicht auf Ihre Behinderung zurückzuführen sind, aus.

3. Stelle Sozialamt (Rentenangelegenheiten)

Ausweislich Ihrer Bewerbung liegen Ihre Qualifikationen in den Bereichen der EDV und des Einkaufes. Für die Stelle der Rentenangelegenheiten sind Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts maßgeblich. Da eine Stellenbesetzung nach der Eignung zu erfolgen hat, war Ihre Bewerbung angesichts der Mitbewerberinnen und Bewerber nicht erfolgversprechend.

Ihre Bewerbungen auf die fraglichen Stellen hätten keine Einstellung zur Folge gehabt. Die Ladung zu einem Vorstellungsgespräch unterblieb somit.

Da ich keine Benachteiligung erkennen kann, scheidet irgendein Anspruch gegen mich aus.

Mit freundlichen Grüßen

In Vertretung

gez. P2xxxxxxx."

Mit vorliegender Klage, die am 16.03.2005 beim Arbeitsgericht Bocholt einging, verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX weiter. Zur Begründung seines Begehrens hat er vorgetragen, er habe in seinem Bewerbungsschreiben ausdrücklich auf seine Behinderung hingewiesen und seinen Schwerbehindertenausweis in Kopie beigefügt. Der öffentliche Arbeitgeber unterliege bei einer Bewerbung eines Schwerbehinderten gemäß §§ 81, 82 SGB besonderen Pflichten. So habe er unter anderem gemäß § 81 Abs. 1 S. 4 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 SGB IX genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Die Beklagte sei weiter verpflichtet gewesen, ihm eine schriftliche Begründung der Entscheidung bzw. der Absage zu übermitteln. Dies sei erst nach Geltendmachung der Schadenersatzansprüche mit Schreiben vom 11.01.2005 geschehen. Zudem habe die Beklagte ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch geladen. Die Beklagte habe somit gegen das Diskriminierungs- bzw. Benachteilungsverbot nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 und 3, 82 SGB IX verstoßen und sei deshalb zur Entschädigungsleistung verpflichtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei er ausweislich seiner Bewerbungsunterlagen für die ausgeschriebenen Stellen geeignet gewesen. Soweit die Absage hinsichtlich seiner Bewerbung um die Stelle des Verwaltungsangestellten für das Haupt- und Personalamt damit begründet werde, dass nach dem Landesgleichstellungsgesetz Frauen bevorzugt zu berücksichtigen seien, übersehe die Beklagte, dass der öffentliche Arbeitgeber zur Einladung eines Schwerbehinderten zum Vorstellungsgespräch gem. § 82 S. 2 und 3 SGB IX immer dann verpflichtet sei, wenn der Bewerber nicht offensichtlich ungeeignet sei. Er, der Kläger, erfülle aber alle Voraussetzungen der ausgeschriebenen Stelle. Insbesondere habe er eine dem Angestelltenlehrgang I vergleichbare gleichwertige Ausbildung absolviert.

Gleiches gelte für die Einstellungsvoraussetzungen der im Sozialamt ausgeschriebenen Stelle, die er ebenfalls erfülle. Soweit die ausgeschriebene Stelle im Ordnungsamt in Frage stehe, gelte nichts anderes. Wenn die Beklagte insoweit einwende, er, der Kläger, habe keine Umzugsbereitschaft bezüglich des Bereitschaftsdienstes in seinem Bewerbungsschreiben signalisiert, sei dies nicht nötig gewesen, da er bereits mit seiner Bewerbung diese Bereitschaft impliziert habe. Im übrigen sei die Umzugsbereitschaft in der Stellenanzeige auch nicht konkret gefordert worden. Dort sei lediglich die Rede von einem gegebenenfalls zu leistenden Bereitschaftsdienst gewesen. Wenn die Beklagte auf die Ortsansässigkeit einen solchen Wert gelegt habe, wie sie jetzt vorgebe, so hätte sie in der Stellenausschreibung darauf ausdrücklich hinweisen müssen. Die sonstigen Einstellungsvoraussetzungen der im Ordnungsamt ausgeschriebenen Stelle erfülle er ausweislich seiner Bewerbungsmappe. Den Sachvortrag der Beklagten hinsichtlich der anderweitigen Stellenbesetzungen bestreite er mit Nichtwissen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Schadensersatz/Entschädigungsleistung nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX. Soweit er die fehlende Begründung der Absagen rüge, sei darauf hinzuweisen, dass das Begründungserfordernis in § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nur unter den Voraussetzungen des besonderen Erörterungsverfahrens nach § 81 Abs. 1 S. 7 - 8 SGB IX gelte. Das besondere Erörterungsverfahren setze voraus, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht erfülle und die Schwerbehindertenvertretung oder die Personalvertretung mit der beabsichtigten Entscheidung nicht einverstanden seien. An diesen Voraussetzungen fehle es. Insbesondere erfülle sie, die Beklagte, die Beschäftigungspflicht weit obligatorisch. Darüber hinaus hätte weder Personalrat noch Schwerbehindertenvertretung Einwendungen gegen die Ablehnung der Bewerbung des Klägers erhoben.

Unzutreffend sei, dass die Schwerbehindertenvertretung nicht über den Eingang der Bewerbung des Klägers unterrichtet worden sei. Die Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung werde von Frau A2xxxx E2xxx wahrgenommen, die zugleich Mitglied des Personalrats sei. Eine gesonderte Vorlage von Bewerbungen schwerbehinderter Stellenbewerber an die Schwerbehindertenvertretung erfolge deshalb nicht. Sämtliche Bewerbungen und so auch die Bewerbung des Klägers seien dem Personalrat vorgelegt worden.

Der Kläger könne sich auch nicht darauf stützen, dass sie, die Beklagte, die Vorschrift des § 82 S. 2 und 3 SGB IX verletzt habe. Denn der Kläger sei für die ausgeschriebenen Stellen offensichtlich ungeeignet gewesen. Die Ausschreibung der Stelle eines Verwaltungsangestellten für das Haupt- und Personalamt weise ausdrücklich darauf hin, dass Kenntnisse im Bereich Frontpage und Content Management System von Vorteil seien. Eine derartige Qualifikation habe der Kläger in seiner Bewerbung nicht aufgezeigt.

Hinsichtlich der Stelle im Sozialamt ließen sich der Bewerbung des Klägers Kenntnisse im Sozialrecht nicht entnehmen, obwohl diese ausdrücklich verlangt worden seien. Soweit der Kläger pauschal und völlig unsubstantiiert behaupte, Kenntnisse im Sozialversicherungsrecht erworben zu haben, sei dies allenfalls ein Ausschnitt des Sozialrechts, der den Anforderungen der Stellenausschreibung nicht genüge.

Hinsichtlich der Stelle im Ordnungsamt sei der Anzeige ausdrücklich der Bereitschaftsdienst als Tätigkeitsfeld zu entnehmen. Für den Bereitschaftsdienst spielten Ortsansässigkeit, Ortsnähe und auch Ortskenntnis eine erhebliche Rolle. Es sei kein G1xxxxxx für ein Vorstellungsgespräch eingeladen worden, da diese Bewerber durch das Raster gefallen seien. Die Anfahrtszeit eines in G1xxxx ansässigen Mitarbeiters betrage ca. 45 Minuten; für die Tätigkeit im Fachbereich Ordnung sei dies nicht akzeptabel. Vom interessierten Bewerber sei im übrigen zu erwarten, dass er dann, wenn in der Stellenausschreibung als Tätigkeitsbereich der Bereitschaftsdienst beschrieben sei, auch zu einer heutzutage ohne weiteres zu erwartenden Bereitschaft Stellung nehme, an den Dienstort umzuziehen. Mangels Ortskenntnis sei der Kläger ohnehin als Bewerber ausgeschieden.

Die Stellen, auf die der Kläger sich beworben habe, seien ausschließlich nach Eignung besetzt worden, ohne dass die Schwerbehinderung des Klägers irgendeine für ihn nachteilige Rolle gespielt habe. Die Stelle im Haupt- und Personalamt sei mit der Zeugin D4xxx besetzt worden. Frau D4xxx verfüge über folgende Qualifikationen:

- Fachhochschulreife

- abgeschlossene Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarsgehilfin

- staatlich geprüfte Betriebswirtin Fachrichtung Wirtschaftsinformatik (Abschlussnote: gut)

- Lehrgang in Buchhaltung und Abschluss

- verschiedene Fortbildungen im Bereich der EDV, so auch im Bereich des Webdesigns,

Bereich Frontpage und Content Management System.

Frau D4xxx sei höher qualifiziert als der Kläger; sie sei eingestellt worden, da sie gute Noten bei ihrer Ausbildung zur Betriebswirtin erhalten und sowohl die Fachhochschulreife als auch die Ausbildung zur Betriebswirtin erst vor kurzem abgeschlossen habe, ihre Kenntnisse somit sehr aktuell seien. Darüber hinaus besitze die Zeugin D4xxx zwei Jahre Berufserfahrung im öffentlichen Dienst. Hinzukomme, dass Frauen nach dem Landesgleichstellungsgesetz bei der ausgeschriebenen Stelle bevorzugt zu berücksichtigen gewesen seien.

Die ausgeschriebene Stelle eines Verwaltungsfachangestellten im Fachbereich Ordnung sei mit dem Zeugen V1xxx besetzt worden. Herr V1xxx sei Zivilangestellter bei der Bundeswehr im Kraftfahrzeugbereich mit der Ausbildung zum Kraftfahrzeug-Panzerschlosser gewesen. Bei der Einstellung des Zeugen V1xxx sei zu berücksichtigen, dass er zunächst auf Kosten der Bundeswehr für die Zeit vom 10.01.2005 bis zum 29.07.2005 zu ihr, der Beklagten, abgeordnet worden sei. Herr V1xxx sei bereit, die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten (sogenannter AI-Lehrgang) durchzuführen. Herr V1xxx werde den Außendienst des Ordnungsamtes wahrnehmen und am Bereitschaftsdienst (rund um die Uhr) teilnehmen. Bei der Auswahl von Herrn V1xxx seien die Wohnsitznähe und seine sehr guten Ortskenntnisse ins Gewicht gefallen.

Für die ausgeschriebene Stelle im Sozialamt sei der Zeuge H2xxxxxx eingestellt worden. Der Zeuge H2xxxxxx habe folgende Qualifikationen:

-Fachoberschulreife

- Laufbahnbefähigung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst (Abschlussnote: befriedigend)

- Bewährung als Kreishauptsekretär

- Bürokaufmann.

Der Zeuge H2xxxxxx verfüge aufgrund seiner Vorbildung über Kenntnisse im öffentlichen Recht und so auch im Sozialrecht.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E2xxx und G3xxxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 14.07.2005 (Bl. 104 ff. d.A.) verwiesen.

Durch Urteil vom 14.07.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 29.07. zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 26.08.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 13.09.2005 begründet worden ist.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, er habe einen Anspruch auf angemessene Entschädigung gem. § 81 Abs. 2 SGB IX. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts konkretisiere § 82 SGB IX das in § 81 Abs. 2 Ziff. 1 SGB IX genannte Benachteiligungsverbot bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, indem dort eine Einladungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers normiert werde. Hiergegen habe die Beklagte verstoßen. Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass er, der Kläger, für die ausgeschriebenen Stellen offensichtlich ungeeignet sei. Insbesondere habe das Arbeitsgericht sich nicht die Mühe gemacht, seine Bewerbungsunterlagen zur Argumentation heranzuziehen. Im übrigen habe das Arbeitsgericht bei weitem die Anforderungen an ein Bewerbungsschreiben überspannt.

Soweit das Arbeitsgericht ausführe, er, der Kläger, sei nicht gleichartig oder besser geeignet gewesen als die berücksichtigte Bewerberin Frau D4xxx, sei dies nicht nachzuvollziehen. Er, der Kläger, unterstelle, dass Frau D4xxx - wie er - Fachhochschulreife besitze. Er, der Kläger, sei Rechtsanwalts- und Notargehilfe, wie Frau D4xxx. Frau D4xxx sei staatlich geprüfte Betriebswirtin mit der Abschlussnote 2. Er, der Kläger, sei ebenfalls staatlich geprüfter Betriebswirt mit der Abschlussnote 1,5; zudem habe er Erfahrung im Bereich Einkauf und Versicherungswesen. Dies sei ausdrücklich für die Stelle im Hauptamt gefordert gewesen. Die Stelleninhaberin D4xxx habe einen Lehrgang in Buchhaltung absolviert; er, der Kläger, sei Bürokaufmann. Sowohl Frau D4xxx als auch er, der Kläger, hätten verschiedene Fortbildungen im Bereich EDV vorzuweisen. Wie hieraus der Schluss gezogen werden könne, er, der Kläger, sei nicht gleichartig geeignet wie Frau D4xxx, bleibe das Geheimnis des Arbeitsgerichts.

Bezüglich der Stelle im Amt für Öffentliche Ordnung überspanne die Begründung des Arbeitsgerichts im Hinblick auf die angeblich gegebene "offensichtliche Ungeeignetheit" bei weitem das Maß des Zulässigen. Rein willkürlich werde ein Argument des Beklagtenvertreters aufgenommen und als einzige Begründung für die offensichtliche Ungeeignetheit angeführt. Ansonsten habe sich das Arbeitsgericht mit der sich aus seiner, des Klägers, Bewerbungsmappe ergebenen Qualifikation für diese Stelle nicht auseinandergesetzt.

Das Arbeitsgericht habe zudem den Sinn des § 81 SGB IX verkannt. Entgegen der nicht nachzuvollziehenden Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, wonach eine zu kurz geratene Begründung keine Entschädigungsleistung gemäß § 81 SGB IX auslöse, sei das Gegenteil der Fall.

Schließlich habe das Arbeitsgericht bei der Beweiswürdigung die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.02.2005 außer Acht gelassen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Schwerbehindertenvertreterin E2xxx nach eigenem Bekunden nicht einmal die Liste sämtlicher Bewerber, geschweige denn seine, des Klägers Bewerbungsunterlagen gesehen. Die Zeugin habe weiterhin bekundet, dass die Beklagte eine Vorauswahl der Bewerbungen getroffen und erst dann eine Liste erstellt habe. Auch der Zeuge G3xxxxxx habe eindrucksvoll geschildert, wie die Beklagte mit Bewerbungen verfahre.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils nach den zuletzt gestellten Anträgen zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, der Kläger habe auch die Städte A3xxx, G1xxxx und S3xxxxxxxxx sowie O2xxx auf Entschädigung verklagt. Eine solche Handhabung spreche für eine systematische Vorgehensweise, mit der der Kläger nicht durchdringen könne.

Auch in der Sache sei das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt nicht zu beanstanden. Der Kläger sei im Sinne des § 82 SGB IX offensichtlich ungeeignet für die Stellen, auf die er sich beworben habe. Die Stelle im Haupt- und Personalamt sei mit der Zeugin D4xxx besetzt worden. Selbst wenn der Kläger staatlich geprüfter Betriebswirt mit der Abschlussnote 1,5 sei, sei zu berücksichtigen, dass die Zeugin D4xxx die Ausbildung zur Betriebswirtin erst kurz vor ihrer Bewerbung abgeschlossen und damit über aktuelle Kenntnisse verfügt habe. Hinzukomme, dass die Zeugin D4xxx zwei Jahre Berufserfahrung im öffentlichen Dienst gehabt habe. Zu berücksichtigen sei weiter, dass die Zeugin D4xxx in ihrer Bewerbung konkret die in der Stellenausschreibung ausdrücklich als Vorteil dargestellten Kenntnisse im Bereich von Frontpage und Content Management System nachgewiesen habe. Entsprechende Kenntnisse habe der Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen. Außerdem habe sie, die Beklagte, berücksichtigt, dass Frauen nach dem Landesgleichstellungsgesetz bei der ausgeschriebenen Stelle bevorzugt zu berücksichtigen gewesen seien. Frauen seien in der entsprechenden Vergütungsgruppe V c/V b bei ihr unterrepräsentiert.

Auch für die Stelle im Amt für öffentliche Ordnung sei der Kläger offensichtlich ungeeignet gewesen. Da nach der Stellenbeschreibung für den Fachbereich Öffentliche Ordnung auch der Bereitschaftsdienst im Ordnungsamt zum Stellenprofil gehört habe, sei von einem gewissenhaften Bewerber zu erwarten, auch seine Bereitschaft zum Umzug darzulegen. Zeige ein Bewerber, der sich für eine Stelle interessiere, die ausdrücklich Bereitschaftsdienst verlange, in seiner Bewerbung keine Bereitschaft zu einem Umzug an, sei er ohne weiteres als ungeeignet zu betrachten, so dass er nicht damit rechnen könne, dass seine Bewerbung Berücksichtigung finde. Eine Verletzung von § 82 SGB IX sei deshalb nicht gegeben.

Sie, die Beklagte, habe auch nicht gegen die Pflicht zur Begründung der Ablehnungsentscheidung nach § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX verstoßen. Diese Pflicht bestehe nur unter den Voraussetzungen des besonderen Erörterungsverfahrens nach § 91 Abs. 1 S. 7 - 8 SGB IX, die nicht gegeben seien.

Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 15.02.2005 darauf hingewiesen habe, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung von sich aus über Bewerbungen von Schwerbehinderten informieren müsse, verbiete dies nicht die einvernehmliche Handhabe zwischen Arbeitgeber und der Schwerbehindertenvertretung mit dem Inhalt, dass Listen mit sämtlichen Bewerbern und so auch schwerbehinderten Bewerbern zur Einsichtnahme ausgelegt werden. Falls die Schwerbehindertenvertretung diese Listen nicht einsehe, zeige sie möglicherweise überhaupt kein Interesse daran, derartige Bewerbungen einzusehen. Dies könne nicht zu Lasten des Arbeitgebers gehen.

Selbst wenn sie, die Beklagte, § 82 oder § 81 Abs. 1 SGB IX verletzt habe, begründe dies nicht automatisch Schadensersatzansprüche des Klägers. Denn die Ablehnung der Bewerbungen des Klägers und die Einstellung der anderen Bewerber beruhe ausschließlich auf sachlichen Erwägungen. Sie, die Beklagte, verweise in diesem Zusammenhang auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 3.000,00 EUR nebst Zinsen im zuerkannten Umfang zu zahlen. Der dahingehende Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 S. 1 i.V.m. Nr. 1 S. 1 SGB IX.

1. Die Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu einer in das Ermessen des Gerichts zu stellende Entschädigungsleistung zu verurteilen, ist zulässig. Insbesondere ist die Klage bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Höhe der von ihm begehrten Geldzahlung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein derartiger Klageantrag ist zulässig, wenn die Bestimmung des Betrages von einer gerichtlichen Schätzung oder billigem Ermessen des Gerichts abhängig ist (vgl. BAG, Urteil vom 22.04.2004 - 8 AZR 620/02 -, AP Nr. 3 zu § 211 BGB). Der Kläger muss dann jedoch die Tatsachen, die das Gericht für die Schätzung heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (BAG, Urteil vom 19.10.1988 - 8 AZR 110/86 -; Urteil vom 03.09.1998 - 8 AZR 14/97 -). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Für den Fall der Diskriminierung eines schwerbehinderten Stellenbewerbers bei der Einstellung sieht § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB IX eine Entschädigung in angemessener Höhe vor. § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 S. 1 SGB IX beschränkt den Entschädigungsanspruch auf drei Monatsverdienste, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Diese betragsmäßige Beschränkung hat der Kläger auf Nachfrage der erkennenden Kammer im Termin vom 16.12.2005 aufgegriffen sowie die Umstände seiner Bewerbung und ihrer Ablehnung dargelegt.

2. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3.000,00 EUR. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 S. 1 i.V.m. Nr. 1 S. 1 SGB IX. Danach hat der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Bewerber, den er bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses benachteiligt hat, selbst dann eine angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten zu leisten, wenn der Bewerber bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Diesen Anspruch macht der Kläger vorliegend geltend. Denn er beruft sich nicht darauf, dass bei benachteiligungsfreier Auswahl die Beklagte nur die Möglichkeit gehabt hätte, ihn als bestgeeigneten Bewerber auszuwählen.

a) Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch scheitert nicht bereits an der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB IX. Nach dieser Vorschrift ist ein Anspruch auf Entschädigung nach dem hier einschlägigen § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB IX innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung schriftlich geltend zu machen. Diese Frist hat der Kläger eingehalten. Er hat nach Erhalt der Ablehnungsschreiben vom 18.11., 09.12. und 28.12.2004 mit Schreiben vom 11.01.2005 den Anspruch auf Entschädigung geltend gemacht. Ausweislich des Antwortschreibens der Beklagten vom 27.01.2005 muss der Beklagten das Geltendmachungsschreiben des Klägers jedenfalls am 27.01.2005 vorgelegen haben. Danach ist zumindest im Hinblick auf die Bewerbungen des Klägers um die Stellen als Sachbearbeiter im Sozialamt und als Verwaltungsangestellter im Fachbereich Öffentliche Ordnung die Ausschlussfrist von zwei Monaten eingehalten.

b) Der vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzanspruch ist auch der Sache nach begründet. Denn der Kläger ist jedenfalls hinsichtlich seiner Bewerbung um eine Stelle als Verwaltungsangestellter im Fachbereich Öffentliche Ordnung in der Verwaltung der Beklagten wegen seiner Behinderung benachteiligt worden.

aa) Der Kläger hat gemäß § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX Tatsachen dargelegt, die vermuten lassen, dass er wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt wurde. So hat der Kläger bereits in der Klageschrift vom 14.03.2005 vorgetragen, die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 SGB IX genannten Vertretungen seien nicht gem. § 81 Abs. 1 S. 4 SGB IX unmittelbar nach Eingang unterrichtet worden. Diesen Sachvortrag des Klägers hat die Beklagte bestritten und ihrerseits vorgetragen, die Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung werde von Frau A2xxxx E2xxx wahrgenommen, die zugleich Mitglied des Personalrats sei; eine gesonderte Vorlage von Bewerbungen schwerbehinderter Stellenbewerber an die Schwerbehindertenvertretung erfolge deshalb nicht; sämtliche Bewerbungen und auch die Bewerbung des Klägers seien dem Personalrat vorgelegt worden.

Die vom Arbeitsgericht vernommene Zeugin A2xxxx E2xxx hat bekundet, sie sei nicht Mitglied im Personalrat, nehme aber als Schwerbehindertenvertreterin häufig an Personalratssitzungen teil. Im Rahmen der Einstellungen habe eine Liste mit Daten von Bewerbern vorgelegen. Diese Liste sei das Ergebnis einer Vorauswahl durch die Verwaltung gewesen, nämlich derer, die in Frage gekommen seien, aufgenommen zu werden. Die Liste habe der Personalrat einsehen können. Das sei aber zumindest während ihrer Anwesenheit nicht durchgeführt worden. Neben der Liste der Vorauswahl habe es eine Liste gegeben, in der alle Bewerber enthalten gewesen seien. Sie persönlich habe die Liste sämtlicher Bewerber nicht gesehen. Sie hätte allerdings die Möglichkeit gehabt, die Bewerberliste einzusehen, wenn sie den Wunsch geäußert hätte.

Angesichts dieser Bekundungen der Zeugin E2xxx kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Gem. § 81 Abs. 1 S. 4 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 93 SGB IX genannten Vertretungen unter anderem über vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten und bei der stets nach § 81 Abs. 1 S. 6 SGB IX vorzunehmenden Prüfung, ob ein Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann, zu beteiligen. Da die Schwerbehindertenvertretung nach §§ 94, 95 SGB IX ein eigenständiges Organ der Dienststelle ist, kann mit der Informationserteilung an den Personalrat die dem Arbeitgeber nach § 81 Abs. 1 S. 4 SGB IX obliegende Unterrichtung nicht erfüllt werden. Der Personalrat ist nicht zuständig für den Empfang von Mitteilungen, die an die Schwerbehindertenvertretung zu richten sind. Im übrigen war die Zeugin E2xxx entgegen der Behauptung der Beklagten nicht Mitglied des Personalrats und hat nach eigener Bekundung auch nicht ständig an Personalratssitzungen teilgenommen. Unter Berücksichtigung der weiteren Bekundungen der Zeugin E2xxx, sie habe die Liste mit sämtlichen Bewerbern nicht gesehen, kann von einer ordnungsgemäßen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung keine Rede sein. Es gehört zur Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung, die Eingliederung arbeitssuchender schwerbehinderter Menschen im Betrieb zu fördern (§ 95 Abs. 1 S. 1 SGB IX) und darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber schwerbehinderte Bewerber nicht entgegen § 81 Abs. 2 SGB IX benachteiligt (§ 95 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB IX). Dazu hat der Gesetzgeber ihr ausdrücklich das Recht eingeräumt, in die Bewerbungsunterlagen auch der nicht behinderten Bewerber Einblick zu nehmen und an den Vorstellungsgesprächen aller Bewerber teilzunehmen (§ 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX). Damit soll die Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit haben, durch einen Vergleich der Qualifikationen die benachteiligungsfreie Stellenbesetzung zu überprüfen (vgl. Düwell LPK-SGB IX, § 91 Rdnr. 20). Insbesondere wenn der Arbeitgeber gegen die Unterrichtungspflicht über den Eingang eines schwerbehinderten Menschen verstößt, kann die Schwerbehindertenvertretung diese ihr gesetzlich zugewiesene Funktion nicht erfüllen. In diesem Fall spricht eine Vermutung für die Benachteiligung des verschwiegenen schwerbehinderten Stellenbewerbers (vgl. BAG, Urteil vom 15.02.2005 - 9 AZR 635/03 -, NZA 2005, 870).

bb) Sind damit Tatsachen gegeben, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen, so trägt der Arbeitgeber gemäß § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 3 SGB IX die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für diese Tätigkeit ist. Solche Gründe, durch die die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung entkräftet werden können, hat die Beklagte jedenfalls im Hinblick auf die im Fachbereich Öffentliche Ordnung ausgeschriebene Stelle nicht dargelegt; sie sind auch nicht ersichtlich.

(1) Zur Begründung dafür, dass bei der Besetzung dieser Stelle nicht der Kläger, sondern der Zeuge V1xxx berücksichtigt worden ist, hat die Beklagte vorgetragen, der Zeuge V1xxx sei im Außendienst des Ordnungsamtes tätig und nehme am Bereitschaftsdienst (rund um die Uhr) teil; bei der Auswahl des Zeugen V1xxx seien die Wohnsitznähe und seine sehr guten Ortskenntnisse ins Gewicht gefallen. Die Anfahrtszeit eines in G1xxxx ansässigen Mitarbeiters betrage ca. 45 Minuten; für die Tätigkeit im Fachbereich Ordnung sei dies nicht akzeptabel. Der Kläger müsse sich vorhalten lassen, dass er ggfls. die Bereitschaft, seinen Wohnsitz zu verlegen, hätte darlegen müssen. Mangels Ortskenntnis sei der Kläger ohnehin als Bewerber ausgeschieden.

Mit diesem Sachvortrag kann die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung nicht entkräftet werden. Zum einen hat die Beklagte auf Nachfrage des Gerichts vorgetragen, dass neben drei Bewerbern aus S1xxxxxxx ein weiterer Bewerber aus C2xxxxxx und ein anderer aus H3xxxxxxxx geladen worden sind. Auch wenn der Anfahrtsweg aus C2xxxxxx nur 20 Minuten beträgt und der Bewerber aus H3xxxxxxxx seine Umzugsbereitschaft angezeigt haben sollte, kann die Ortskenntnis der jeweiligen Bewerber bei der Entscheidung über die Einladung zum Vorstellungsgespräch danach offensichtlich keine Rolle gespielt haben. Jedenfalls hat die Beklagte nicht dargelegt, dass auch die zum Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerber aus C2xxxxxx und H3xxxxxxxx Ortskenntnisse im Stadtgebiet der Beklagten hatten. Angesichts dessen ist nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte zwar Bewerber aus C2xxxxxx und H3xxxxxxxx, nicht aber den Kläger für die Stelle im Fachbereich Ordnung in Betracht gezogen hat.

(2) Darüber hinaus hat die Beklagte vorgetragen, der bei der Besetzung dieser Stelle letztlich berücksichtigte Bewerber V1xxx sei bereit gewesen, die Ausbildung zum Verwaltungsangestellten (sog. AI-Lehrgang) durchzuführen. Hieraus ist zu schließen, dass der Zeuge V1xxx die in der Ausschreibung geforderten Voraussetzungen für die Stelle im Fachbereich Öffentliche Ordnung im Zeitpunkt seiner Einstellung offensichtlich nicht erfüllte. Nach der Stellenausschreibung vom 09./10.10.2004 war für diese Stelle vorrangig der abgeschlossene Angestelltenlehrgang I gefordert, den der Zeuge V1xxx nicht vorweisen konnte. Auch über eine alternativ geforderte gleichwertige Ausbildung verfügte der Zeuge V1xxx ersichtlich nicht. Der Zeuge V1xxx war zuvor als Zivilangestellter bei der Bundeswehr im Kraftfahrzeugbereich mit der Ausbildung zum Kraftfahrzeug-Panzerschlosser tätig. Demgegenüber verfügte der Kläger unstreitig über eine gleichwertige Ausbildung im Sinne der genannten Stellenausschreibung.

(3) Der Hinweis der Beklagten auf die Wohnsitznähe und die sehr guten Ortskenntnisse des Zeugen V1xxx als Kriterien, die bei seiner Auswahl für die zu besetzende Stelle im Fachbereich Ordnung ins Gewicht gefallen seien, kann angesichts der Tatsache, dass er die in der Ausschreibung geforderten Voraussetzungen für die zu besetzende Stelle offensichtlich nicht erfüllte, die bestehende Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung nicht entkräften. In der Stellenausschreibung vom 09./10.10.2004 sind Bereitschaft zum Wohnsitzwechsel in das Stadtgebiet der Beklagten und Ortskenntnisse als Voraussetzungen der Stelle im Fachbereich Ordnung nicht genannt. Es heißt dort lediglich, dass "ggf. Bereitschaftsdienst" zu leisten ist. Wenn die Beklagte den Kriterien des Wohnsitzes in ihrem Stadtgebiet und der Ortskenntnisse ein derart großes Gewicht beimessen wollte, dann hätte sie dies in der Stellenanzeige zum Ausdruck bringen müssen.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte erschienen der erkennenden Kammer die von der Beklagten genannten Gründe für ihre Entscheidung zu Lasten des Klägers als vorgeschoben. Sie sind nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, die bestehende Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung zu entkräften.

c) Der Umstand, dass der Kläger neben der Beklagten auch die Städte A3xxx, G1xxxx, S3xxxxxxxxx und O2xxx auf Entschädigung verklagt hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Insbesondere lässt dieser Umstand nicht den Schluss zu, dass der Kläger kein ernsthaftes Interesse an Übernahme der ausgeschriebenen Stellen hat, sondern nur Entschädigungsleistungen durchsetzen will. Ausweislich der vom Kläger zur Akte gereichten Bewerbungsmappe war der Kläger zuletzt von Januar 1993 bis Dezember 2004 als Abteilungsleiter "EDV/Einkauf/Gebäudemanagement" im Verein zur Unterhaltung eines evangelischen Diakonissenhauses in M2xxxxx e.V. tätig. Wie sich dem Zeugnis seines letzten Arbeitgebers vom 31.12.2004 entnehmen lässt, ist das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.2004 beendet worden, da die Zentralverwaltung aus betrieblichen Gründen geschlossen wurde. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers ist es verständlich und nachvollziehbar, dass er sich nicht nur auf die von der Beklagten ausgeschriebenen Stellen, sondern auch auf freie Stellen anderer Arbeitgeber bewirbt. Angesichts der derzeitigen hohen Arbeitslosigkeit können die Bemühungen des Klägers, eine neue Stelle zu finden, um nicht arbeitslos zu werden, nicht zu seinen Lasten gehen. Werden die Bewerbungen des Klägers abschlägig beschieden und hat der Kläger die Vermutung, er sei hierbei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden, so kann es ihm nicht zum Nachteil gereichen, wenn er seine Rechte aus § 81 Abs. 2 SGB IX geltend macht.

d) Die erkennende Kammer hat einen Entschädigungsbetrag in Höhe von 3.000,00 EUR als angemessen angesehen. Angesichts des Umstandes, dass die Tatsachen, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, im formalen Bereich angesiedelt sind, hat die erkennende Kammer den nach § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 3 S. 1 SGB IX gegebenen Entschädigungsrahmen nicht ausgeschöpft, sondern unter Berücksichtigung der Vergütungen in den ausgeschriebenen Stellen einen Betrag im mittleren Bereich zugesprochen. Die Kammer hat hierbei unter anderem berücksichtigt, dass die Beklagte die Pflichtquote bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten unstreitig erfüllt. Hieraus ist zu schließen, dass die Interessen schwerbehinderter Menschen dem Rahmen des Einstellungsverfahrens bei der Beklagten grundsätzlich Berücksichtigung finden. Andererseits hat die Vernehmung der Zeugin E2xxx gezeigt, dass die Art und Weise der Zusammenarbeit der Beklagten mit der Schwerbehindertenvertretung im Rahmen des Einstellungsverfahrens nicht im vollen Umfang den Bestimmungen des § 81 SGB IX entsprechend erfolgt. Bei Abwägung aller Gesichtspunkte erschien der Kammer die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Entschädigungshöchstbetrages von 3 Monatsverdiensten unangemessen. Andererseits muss die Entschädigung nach § 81 Abs. 2 SGB IX eine durchaus fühlbare Sanktion darstellen. Ein Betrag von 3.000,00 EUR als Entschädigung erschien der Kammer angesichts der hier gegebenen Umstände geboten.

e) Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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