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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 15 Sa 1753/06
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 264
ZPO § 533
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 12.09.2006 - 5 Ca 502/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.116,76 Euro brutto festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob der Kläger Anspruch auf Zahlung restlicher Vergütung für die Zeit von April 2005 bis einschließlich Mai 2007 in einer Gesamthöhe von 6.116,76 Euro brutto hat.

Der Kläger, der nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist, wurde von der Firma K2 GmbH & Co. KG als Rechtsvorgängerin der Beklagten für das Werk in E1 zum 19.10.1992 eingestellt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte ohne eigene Verbandsmitgliedschaft an ihre Arbeitnehmer Vergütung sowie Zulagen, Weihnachts- und Urlaubsgeld in entsprechender Anwendung der Tarifverträge der chemischen Industrie, wobei Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind.

Nach Übernahme der Betriebe der Firma K2 GmbH & Co. KG schloss die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat am 18.12.2002 einen Sozialplan ab. Wegen der Einzelheiten des Sozialplanes wird auf Blatt 81 ff. der Akten verwiesen. Nach Ziffer 6 dieses Sozialplanes erhalten Arbeitnehmer, die einen ihnen angebotenen wirtschaftlich unzumutbaren Arbeitsplatz annehmen, für einen Zeitraum von längstens 18 Monaten ab Übernahme der neuen Tätigkeit eine Verdienstsicherungszulage.

Bis zum 30.09.2003 wurde der Kläger von der Beklagten in der Instandhaltung eingesetzt; mit Wirkung vom 01.10.2003 wurde er in den Bereich Unterspannbahnfertigung versetzt, in welchem er seitdem auf dem niedriger bewerteten Arbeitsplatz eines Anlagenbedieners tätig ist. Bis einschließlich Oktober 2003 zahlte die Beklagte an den Kläger einen Monatslohn in Höhe von 2.306,07 Euro brutto. Für die Monate November und Dezember 2003 rechnete die Beklagte, die ihren Hauptsitz in O1 hat und Mitglied im Arbeitgeberverband Steine und Erden Hessen und Thüringen e. V. ist, unter anderem jeweils einen Monatslohn in Höhe von 1.914,00 Euro brutto und die Verdienstsicherungszulage von 392,07 Euro brutto ab. Wegen der Einzelheiten der Abrechnungen für Oktober bis Dezember 2003 wird auf Blatt 6 bis 11 der Akte verwiesen.

Mit Schreiben vom 29.10.2003 (Blatt 50 f. der Akten) teilte die Beklagte dem Kläger mit, wie sich sein Jahreseinkommen in Höhe von bislang 30.461,20 Euro durch die Einführung eines Haustarifvertrages am Standort E1 in Anlehnung an den Tarifvertrag der Industrie Steine und Erden Hessen zusammensetzt. Im vorletzten Satz dieses Schreibens heißt es: "Mit dieser Zusage erlöschen sämtliche vorausgegangenen Einkommenszusagen".

Mit weiterem Schreiben vom 13.11.2003 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass ihm aufgrund des geschlossenen Sozialplans ein Anspruch auf eine Verdienstsicherungszulage ab dem 01.10.2003 für 18 Monate zustehe und dass diese rückwirkend in der Lohnabrechnung ausgewiesen werde. Gleichzeitig erklärte sie, dass ab dem 01.01.2004 ein Haustarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde und sich die Verdienstsicherungszulage dann neu berechnen werde. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 13.11.2003 wird auf Blatt 12 der Akten Bezug genommen.

Unter dem 28.11.2003 leitete die Beklagte dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit Bezugnahme auf den Haustarifvertrag vom 14.11.2003 zu, den der Kläger nicht unterzeichnete. Der genannte Haustarifvertrag (Blatt 13 der Akten) sieht für die Arbeitnehmer/-innen am Standort E1 die Geltung der "jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen der Industrie der Steine und Erden im Lande Hessen" vor. In einer Anlage zum Haustarifvertrag sind Überleitungsbestimmungen enthalten, welche unter Ziffer 4 für "versetzte Mitarbeiter/-innen, deren Verdienstsicherung gemäß Sozialplan nach 18 Monaten entfällt", Regelungen enthält. Wegen der Einzelheiten der Überleitungsbestimmungen wird auf Blatt 48 f. der Akten verwiesen.

Mit Schreiben vom 08.03.2005 teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr D1,

in mehreren in den vergangenen Wochen mit Ihnen geführten Gesprächen haben wir festgestellt, dass bei der Berechnung Ihrer Bezüge 2003 anteilige Schichtzuschläge in Höhe von 812,86 Euro nicht berücksichtigt wurden. Dies hatte zur Folge, dass die Höhe und Zusammensetzung Ihrer Bezüge 2004 um den gleichen Betrag zu niedrig berechnet wurden. Wir zahlen Ihnen daher die Summe von 812,86 Euro brutto mit Ihrem Gehalt für den Monat März nach und korrigieren rückwirkend ab Januar 2005 Ihre derzeitige Verdienstsicherung auf 380,20 Euro pro Monat.

Als Anlage erhalten Sie die berichtigte Gegenüberstellung 2003/2004."

Wegen der im Schreiben vom 08.03.2005 erwähnten berichtigten Gegenüberstellung 2003/2004 wird auf Blatt 24 f. der Akten Bezug genommen.

Unter dem Datum des 13.06.2005 richtete die Beklagte ein weiteres Schreiben an den Kläger, das folgenden Inhalt hat:

"Sehr geehrter Herr D1,

nach dem Abschluss der Tarifverhandlungen der Hessischen Steine und Erden Industrie erhalten Sie für den Zeitraum ab April 2005 bis März 2006 eine monatliche Einmalzahlung von je 40,00 Euro brutto.

Entsprechend der Überleitungsbestimmungen des Haustarifvertrages vom 14.11.2003 erfolgt jedoch eine volle Anrechnung der tariflichen Erhöhung auf Ihre Verdienstsicherungszulage.

Dies hat folgende Auswirkung auf Ihre Bezüge:

Ihre bisherige Verdienstsicherungszulage in Höhe von 4.562,44 Euro pro Jahr wird um 480,00 Euro reduziert.

Daraus ergibt sich ein Restbetrag pro Jahr von 4.082,44 Euro.

Dieser Restbetrag wird um 1.200,00 Euro reduziert.

Daraus ergibt sich ein Restbetrag pro Jahr von 2.882,44 Euro.

Die Hälfte dieses Betrages, also 1.441,22 Euro pro Jahr, bzw. 120,10 Euro pro Monat, wird Ihnen ab April 2005 als Überleitungszulage gezahlt."

Schließlich teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 20.10.2005 folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr D1,

die Tarifvertragsparteien der hessischen Steine und Erden Industrie haben den bisherigen Lohntarifvertrag mit dem bisherigen Gehaltstarifvertrag zu einem neuen einheitlichen Entgelttarifvertrag zusammengelegt, der zum 01. Oktober 2005 in Kraft tritt. Nach dem Abschluss des neuen Entgelttarifvertrages werden allen tariflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neue Entgeltgruppen zugeordnet. Bislang erzielten Betriebsrat und Geschäftsleitung noch keine abschließende Übereinstimmung über die endgültige Eingruppierung.

Ihre Eingruppierung erfolgte deshalb vorläufig in die Entgeltgruppe E4. Soweit Sie vorher eine höhere monatliche Tarifvergütung erhalten haben, wird die Differenz zwischen alter und neuer Tarifmonatsvergütung als tarifliche Besitzstandszulage gemäß den näheren Bestimmungen des Entgelttarifvertrages weitergezahlt.

Ihr monatliches Tarifentgelt bis einschließlich 30.09.2005 war:

LG2 2.029,76 Euro

Ihr monatliches Tarifentgelt ab 01.10.2005 setzt sich wie folgt zusammen:

E4 1.894,00 Euro

Besitzstandszulage StE Hessen 135,76 Euro

Tarifentgelt gesamt 2.029,76 Euro

Etwaige außertarifliche Zahlungen bleiben von dieser Tarifumstellung unberührt. Dies gilt auch für die in Einzelfällen bestehenden Überleitungszulagen und Verdienstsicherungen.

Wir informieren Sie baldmöglichst über die endgültige Entscheidung der Eingruppierung."

Mit seiner am 08.03.2006 beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Klage vom 07.03.2006, die er mit Schriftsätzen vom 04.05.2006 und vom 29.08.2006 modifiziert und betragsmäßig erweitert hat, hat der Kläger zuletzt Zahlung von Vergütungsdifferenzbeträgen für die Monate April 2005 bis einschließlich August 2006 in Höhe von insgesamt 4.260,30 Euro brutto nebst Zinsen geltend gemacht. Zur Begründung seiner Klage hat er vorgetragen, er habe Anspruch auf eine Monatsvergütung in Höhe von 2.409,96 Euro brutto. Dieser Betrag sei von der Beklagten über einen längeren Zeitraum in Kenntnis dessen gezahlt worden, dass er den schriftlichen Arbeitsvertrag unter Bezugnahme auf den Haustarifvertrag nicht unterschrieben habe. Die Beklagte könne die für ihn gültigen Arbeitsbedingungen nicht einseitig durch Abschluss eines Haustarifvertrages abändern. Da er nicht tarifgebunden sei, seien die tariflichen Bestimmungen auf sein Arbeitsverhältnis nicht anwendbar, soweit für ihn günstigere Arbeitsbedingungen Gültigkeit hätten. Auch ein Sozialplan könne zwar Ansprüche zu Gunsten eines Arbeitnehmers begründen, aber nicht dessen Arbeitsbedingungen verschlechtern. Im Übrigen erhielten andere Mitarbeiter, die die Anwendung des Haustarifvertrages auf ihr Arbeitsverhältnis ebenfalls abgelehnt hätten, die vereinbarte Vergütung weitergezahlt. So habe die Beklagte mit dem Kollegen v1 d4 L3, der dieselbe Tätigkeit wie er, der Kläger, ausübe, einen Arbeitsvertrag mit einem vom Haustarifvertrag abweichenden Stundenlohn von 13,50 Euro vereinbart.

Die Beklagte sei dementsprechend verpflichtet, die monatlichen Differenzbeträge für April 2005 bis einschließlich Mai 2006 in Höhe von jeweils 260,10 Euro brutto und ab Juni 2006 bis einschließlich August 2006 von jeweils 206,30 Euro brutto nachzuzahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.260,30 Euro brutto nebst jeweils 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz jeweils aus einem Betrag von 260,10 Euro brutto ab dem 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.10., 01.11., 01.12.2005, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., und 01.06.2006 und aus jeweils 206,30 Euro ab dem 01.07., 01.08., und 01.09.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, seit dem 01.01.2004 gelte bei ihr aufgrund betrieblicher Übung der Haustarifvertrag vom 14.11.2003, der als Anerkennungstarifvertrag auf die Tarifverträge der Industrie der Steine und Erden Hessen verweise. Nach diesen Bestimmungen sei die Vergütung des Klägers ordnungsgemäß abgerechnet und gezahlt worden. Demgegenüber versuche der Kläger unter Anwendung der Rosinentheorie neue Ansprüche aus dem Haustarifvertrag mit seinem früheren Stundenlohn zu kombinieren. Der Kläger übersehe dabei, dass er bei der von ihm gewünschten Nichtanwendung des Haustarifvertrages nur Anspruch auf die letzten Bezüge vor Einführung des Haustarifvertrages habe, nämlich auf einen Monatslohn in Höhe von 1.914,00 Euro brutto sowie die Verdienstsicherungszulage aus dem Sozialplan von 392,07 Euro brutto für die Dauer von 18 Monaten. Nur aufgrund des Haustarifvertrages sei ihm die nach dem Sozialplan mit Ablauf des Monats März 2005 vollständig entfallene Verdienstsicherungszulage zu einem Teil dauerhaft weitergewährt worden.

Durch Urteil vom 12.09.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 05.10.2006 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 03.11.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 05.12.2006 begründet worden ist. Mit Schriftsätzen vom 06.03.2007 und 11.06.2007 hat der Kläger seine Klage im Berufungsverfahren jeweils erweitert und verlangt nun Zahlung restlicher Vergütung für die Monate April 2005 bis Mai 2007 in Höhe von insgesamt 6.116,76 Euro.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, er habe Anspruch auf Zahlung der von ihm geltend gemachten Vergütungsdifferenzen. Zu Unrecht nehme das Arbeitsgericht an, dass er das Angebot der Beklagten konkludent angenommen habe, nach dem der Haustarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis angewendet werden sollte. Richtig sei zwar, dass er auf das Schreiben der Beklagten vom 29.10.2003 nicht reagiert habe. Hierzu habe er auch keinerlei Veranlassung gehabt. Auch das Schreiben der Beklagten vom 13.11.2003 enthalte, ebenso wie das Schreiben vom 29.10.2003, nur eine Mitteilung, aber keinen Antrag zum Abschluss eines Änderungsvertrages. Im Übrigen sei sein Schweigen auf die Mitteilung der Beklagten nicht als Annahme eines Änderungsangebotes der Beklagten zu werten. Da sein Einkommen gleich geblieben sei, habe er auch keine Veranlassung gehabt, die Angelegenheit überprüfen zu lassen. Auch darin, dass er den ihm von der Beklagten zugesandten schriftlichen Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet und nicht zurückgegeben habe, zeige sich, dass er das Änderungsangebot der Beklagten nicht angenommen habe.

Auch durch widerspruchslose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses seien die tariflichen Bestimmungen nicht in den Arbeitsvertrag einbezogen worden. Er, der Kläger, sei aufgrund seines Arbeitsvertrages zur Arbeit verpflichtet gewesen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei er auch nicht verpflichtet gewesen, eventuellen Vergütungsänderungen entgegen zu wirken. Wie bereits ausgeführt worden sei, sei seine Vergütung zunächst gleich geblieben. Die vom Arbeitsgericht vertretene Auffassung, die Entgegennahme einer Vergütungsreduzierung über 5 Monate reiche bereits aus, um eine Vertragsänderung herbeizuführen, sei unzutreffend. Er, der Kläger, habe den schriftlichen Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet und nicht zurückgegeben; er habe damit klar zu erkennen gegeben, dass er die individualrechtliche Vereinbarung des Haustarifvertrages ablehne. Da weder eine Vertragsänderung vorliege, noch der Haustarifvertrag automatisch auf ihn, den Kläger, anwendbar sei, habe er Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 12.09.2006 - 5 Ca 502/06 - abzuändern,

und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.116,76 Euro brutto nebst jeweils 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz jeweils aus einem Betrag von 260,10 Euro brutto ab dem 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11. und 01.12.2005, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05. und 01.06.2006, 01.10., 01.11., 01.12.2006, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05. und 01.06.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, der Kläger sei bis Ende September 2003 als Instandhalter beschäftigt gewesen. Da im Rahmen eines Interessenausgleichs eine beträchtliche Umstrukturierung aller Produktionsbetriebe erfolgt sei, sei in diesem Zusammenhang auch der damalige Arbeitsplatz des Klägers verloren gegangen. Im Rahmen der Betriebsänderung habe sie, die Beklagte, jedoch neue Arbeitsplätze geschaffen, und zwar unter anderem als "Anlagenbediener Unterspannbahnfertigung". Entsprechend einer im Werk E1 ausgehängten Stellenausschreibung (Blatt 172 der Akten) habe der Stundenlohn an diesem Arbeitsplatz lediglich 11,00 Euro betragen. Auf diesen Arbeitsplatz sei der Kläger ab 01.10.2003 versetzt worden. Diese Maßnahme sei schriftlich gegenüber dem Kläger unter dem Datum des 13.11.2003 nachvollzogen worden, indem er auf die aus dem Sozialplan folgende, auf 18 Monate begrenzte Verdienstsicherung hingewiesen worden sei. Gleichzeitig sei dem Kläger erklärt worden, dass sich die Verdienstsicherung auch nach dem Haustarifvertrag richten werde. Der Kläger habe seine Arbeit als Maschinenbediener mithin mit voller Kenntnis der Tatsache aufgenommen, dass der Stundenlohn am neuen Arbeitsplatz lediglich 11,00 Euro betragen und sich seine Verdienstsicherungszulage nach dem bestehenden Sozialplan und dem Haustarifvertrag richten werde. Weiterhin sei er mit Schreiben vom 20.10.2003 darüber informiert worden, dass sich seine Vergütung künftig nach dem Haustarifvertrag richten und sich nur noch aus den tariflichen Ansprüchen nebst einer Verdienstsicherungszulage gemäß Haustarifvertrag zusammensetzen werde. Das dabei zu Grunde gelegte Referenzeinkommen 2003 habe von ihr, der Beklagten, zweimal korrigiert werden müssen, da anrechenbare Beträge übersehen worden seien. Dem Kläger sei mit Schreiben vom 08.06.2004 sowie 08.03.2005 das korrigierte Referenzeinkommen 2003 und die sich daraus ergebende Erhöhung der Verdienstsicherungszulage gemäß Haustarifvertrag mitgeteilt worden. Schließlich sei der Kläger mit Schreiben vom 13.06.2005 über die Auswirkungen des geltenden Haustarifvertrages auf die Verdienstsicherungszulage informiert worden. Alle monatlichen Vergütungsabrechnungen des Klägers wiesen seit Anfang 2004 auf den Bezug von "Tarifmonatslohn" hin.

Mit den genannten Schreiben sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass auf sein Arbeitsverhältnis die neuen tarifvertraglichen Regelungen anzuwenden seien. Der Kläger habe diese Schreiben und auch die Abrechnungen unwidersprochen entgegen genommen und seine Arbeitsleistung an seinem neuen Arbeitsplatz erbracht. Hierdurch habe er zumindest konkludent der Anwendung des Haustarifvertrages zugestimmt. Jedenfalls aber gelte der Haustarifvertrag durch die unwidersprochen gebliebene Anwendung auf den Kläger sowie alle sonstigen Arbeitnehmer über fast 2 Jahre hinweg Kraft betrieblicher Übung.

Entgegen der Darstellung des Klägers habe er auch nicht "über einen längeren Zeitraum" den geforderten Betrag von 2.409,96 Euro pro Monat erhalten, sondern nur im Monat März 2005. Eine betriebliche Übung sei hierdurch nicht begründet worden. Ausweislich seiner Klageschrift habe der Kläger in den letzten beiden Monaten vor Einführung des Haustarifvertrages, also im November und Dezember 2003, einen Monatslohn in Höhe von 1.914,00 Euro sowie eine Verdienstsicherung von 380,07 Euro, insgesamt also 2.306,07 Euro bezogen. Nur hierauf könne der Kläger Anspruch haben, wenn auf ihn der Haustarifvertrag nicht anzuwenden sein sollte. Da die Verdienstsicherung aus dem Sozialplan vom 18.12.2002 resultiere und diese ohne Geltung des Haustarifvertrages nach 18 Monaten vollständig entfallen wäre, stehe dem Kläger in diesem Fall im eingeklagten Zeitraum nur eine Monatsvergütung von 1.914,00 Euro zu, also weit weniger, als er bei der von ihr, der Beklagten, vorgenommenen Anwendung des Haustarifvertrages erhalten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Zulässigerweise hat der Kläger im Rahmen der von ihm eingelegten Berufung die Klage um die angesichts des Zeitablaufs nunmehr fällig gewordenen Vergütungsdifferenzen für die Monate September 2006 bis Mai 2007 erweitert. Soweit der Kläger erstinstanzlich unterlegen und daher selbst Berufungsführer ist, ist ihm eine Anpassung seiner Klageanträge im Hinblick auf weitere fällig gewordene Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis als eines Dauerschuldverhältnisses ohne Weiteres möglich; denn die Beschränkung des § 533 ZPO gilt nicht für die Fälle des § 264 ZPO (vgl. Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 6. Aufl. Rdnr. 368).

II.

Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 6.116,76 Euro brutto. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht ersichtlich.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass sich aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien kein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer gleichbleibenden monatlichen Vergütung von 2.409,96 Euro brutto ergibt. Hierbei kann dahinstehen, ob der genannte Haustarifvertrag vom 14.11.2003 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar ist.

a) Sollte der Haustarifvertrag vom 14.11.2003 im Wege konkludenter Vereinbarung der Parteien zum Inhalt des Arbeitsvertrages geworden sein, so kann nicht zweifelhaft sein, dass die vom Kläger geltend gemachten Forderungen unbegründet sind. Unstreitig hat der Kläger im streitbefangenen Zeitraum von April 2005 bis Mai 2007 Vergütungszahlungen durch die Beklagte erhalten, die nicht geringer waren als die Bezüge, die ihm nach dem genannten Haustarifvertrag zustanden. Im Falle der Anwendbarkeit des Haustarifvertrages sind die sich danach errechnenden Vergütungsansprüche des Klägers durch Erfüllung erloschen.

b) Sollte auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Haustarifvertrag vom 14.11.2003 nicht anwendbar sein, so ist die Klage ebenfalls unbegründet.

aa) Der Kläger hat das Angebot der Beklagten, ab dem 01.10.2003 eine Tätigkeit als "Anlagenbediener Unterspannbahnfertigung" aufzunehmen, konkludent dadurch angenommen, dass er seit diesem Zeitpunkt dort seine Tätigkeit erbracht hat. Ausweislich der von der Beklagten im Werk E1 ausgehängten Stellenausschreibung wurde diese Tätigkeit mit 11,00 Euro vergütet. Die Übernahme dieser Tätigkeit durch den Kläger konnte die Beklagte vor diesem Hintergrund nicht anders verstehen, als dass der Kläger mit der Zuweisung des geringer vergüteten Arbeitsplatzes als Anlagenbediener in der Unterspannbahnfertigung einverstanden war. Der Kläger hat dem Schreiben der Beklagten vom 13.11.2003 über seine Versetzung und den schriftlichen Aufstellungen über die Zusammensetzung seiner Vergütung am neuen Arbeitsplatz offensichtlich nicht widersprochen, sondern seine Arbeit dort in Kenntnis dieser Mitteilungen fortgesetzt. Damit ist der Arbeitsvertrag der Parteien auf konkludentem Wege dahingehend geändert worden, dass der Kläger nunmehr die Tätigkeit eines Anlagenbedieners in der Unterspannbahnfertigung schuldete. Die hierfür zu zahlende Vergütung, die ausweislich der Stellenausschreibung 11,00 Euro pro Stunde betrug, hat der Kläger zuzüglich der nach dem Sozialplan vom 18.12.2002 für die Zeit vom 01.10.2003 bis zum 31.03.2005 zu zahlenden Verdienstsicherung unstreitig erhalten. Das Schweigen zu einer angetragenen Vertragsänderung stellt zwar in der Regel keine Willenserklärung dar. Wirkt sich die angetragene nachteilige Veränderung aber - wie hier - unmittelbar aus und arbeitet der Arbeitnehmer in Kenntnis dieser Auswirkungen weiter, obwohl nach der Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ein ausdrücklicher Widerspruch zu erwarten gewesen wäre, so kann das Schweigen als Zustimmung gewertet werden (vergleiche BAG, Urteil vom 24.11.2004 - 10 AZR 202/04, NZA 2005, 349). Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung der erkennenden Kammer angesichts der zahlreichen Mitteilungen und Hinweise der Beklagten über die Auswirkungen der Versetzung des Klägers an den neuen Arbeitsplatz, die der Kläger widerspruchslos zur Kenntnis genommen hat, im vorliegenden Fall gegeben.

bb) Auch für den streitbefangenen Zeitraum nach dem 31.03.2005 ist bei unterstellter Nichtanwendbarkeit des genannten Haustarifvertrages vom 14.11.2003 kein Anspruch des Klägers auf Nachzahlung von Vergütung ersichtlich.

(1) Ausweislich der Ziffer 6 des Sozialplans vom 18.12.2002 war die Verdienstsicherung begrenzt auf einen Zeitraum von längstens 18 Monaten ab Übernahme der neuen Tätigkeit. Mit Ablauf des 31.03.2005 entfiel damit grundsätzlich die Verdienstsicherung, so dass der Kläger an sich nur Anspruch auf Zahlung der Vergütung hatte, die für seine Tätigkeit als Anlagenbediener in der Unterspannbahnfertigung geschuldet war. Unstreitig hat der Kläger aber im streitbefangenen Zeitraum monatliche Vergütungszahlungen durch die Beklagte erhalten, die über den arbeitsvertraglich für diese Tätigkeit zu zahlenden Lohn hinausgingen. Nur in Anwendung des Haustarifvertrages hat der Kläger nach Wegfall der Verdienstsicherung mit Ablauf des 31.03.2005 eine sogenannte Überleitungszulage erhalten, die ihm einen gewissen Teil der vollständig weggefallenen Verdienstsicherung dauerhaft gesichert hat.

(2) Der zum 01.10.2005 in Kraft getretene Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der Hessischen Steine und E2 Industrie hat zu keiner Änderung der Vergütungsansprüche des Klägers geführt. Sollte dieser Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sein, so stand dem Kläger ab 01.10.2005 für seine Tätigkeit als Anlagenbediener in der Unterspannbahnfertigung ein monatliches Tarifentgelt nach Tarifgruppe E4 in Höhe von 1.894,00 Euro brutto zuzüglich einer Besitzstandszulage in Höhe von 135,76 Euro, insgesamt also 2.029,76 Euro pro Monat als Tarifentgelt zu. Darüber hinaus hatte der Kläger weiterhin die sogenannte Überleitungszulage gemäß Anlage Nr. 4 zum Haustarifvertrag vom 14.11.2003 zu beanspruchen. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum eine monatliche Vergütung erhalten hat, die nicht unter diesen Beträgen lag.

Sollte der seit dem 01.10.2005 geltende Entgelttarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar sein, dann hat sich an den bis zum 30.09.2005 bestehenden Vergütungsansprüchen des Klägers nichts geändert. Einzelvertraglich hatte der Kläger Anspruch auf Zahlung der Vergütung für seine Tätigkeit als Anlagenbediener in der Unterspannbahnfertigung zuzüglich der Verdienstsicherung nach den Bestimmungen des Sozialplans vom 18.12.2002 für die Zeit vom 01.10.03 bis zum 31.03.2005. Da die Beklagte dem Kläger auch nach Wegfall der Verdienstsicherung mit dem 01.04.2005 eine monatliche Vergütung gezahlt hat, die über die einzelvertraglich geschuldeten Beträge hinausging, errechnet sich bei unterstellter Nichtanwendbarkeit des genannten Entgelttarifvertrages keine Vergütungsdifferenz zu Gunsten des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum.

2. Auch aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer monatlichen Vergütung von 2.409,96 Euro brutto im streitbefangenen Zeitraum. Unabhängig davon, dass der Kläger letztlich nur für März 2005 einen Betrag in dieser Höhe erhalten hat, während die Abrechnung für Mai 2005 nachträglich geändert wurde, weisen die entsprechenden Abrechnungen ausdrücklich darauf hin, dass sich die an den Kläger gezahlte Monatsvergütung aus einem Tarifmonatslohn und einer Verdienstsicherungszulage zusammensetzt. Für den Kläger war damit erkennbar, dass die Zahlungen seitens der Beklagten auf Verbindlichkeiten erfolgte, die sich aus Sicht der Beklagten aus dem Haustarifvertrag und dem Sozialplan vom 18.12.2002 ergaben. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann aber nur dann entstehen, wenn es an einer anderen kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (vergleiche BAG, Urteil vom 24.11.2004 - 10 AZR 202/04, NZA 2005, 349). Da der Anspruch auf Zahlung einer Verdienstsicherungszulage sich aus dem Sozialplan vom 18.12.2002 ergab, konnte ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Zahlung dieser Zulage und damit eines monatlichen Lohnes in einer Gesamthöhe von 2.409,96 Euro aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung nicht entstehen.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Vergütung in Höhe von 2.409, 96 Euro aus dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die erkennende Kammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Der Kläger hat zweitinstanzlich zur angeblichen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Tatsachen vorgetragen, die im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt Anlass zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich infolge der zweitinstanzlich erfolgten Klageerweiterung auf 6.116,76 Euro erhöht.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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