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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.03.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1876/05
Rechtsgebiete: Protokollerklärung


Vorschriften:

Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. c zu Teil II Abschnitt B AW-KrT zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale BMT-AW II für Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt
1. Ein Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage gem. Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. c zu Teil II Abschnitt B, AW-KrT zum Tarifvertrag über die Tätigkeitsmerkmale BMT-AW II für Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt besteht nur dann, wenn Tätigkeiten der Grund- und Behandlungspflege arbeitszeitlich überwiegen. Werden der Pflegekraft nur Tätigkeiten der Grundpflege übertragen, sind die Voraussetzungen der Geriatriezulage nicht gegeben.

2. Pflegehilfskräfte in Seniorenzentren der Arbeiterwohlfahrt dürfen seit Implementierung des Qualitätsmanagementhandbuchs ,,Stationäre Altenpflege'' im Jahre 2001 nur noch Tätigkeiten der Grundpflege und nicht mehr der Behandlungspflege ausüben. Sie haben seitdem grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf Zahlung der Geriatriezulage.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 31.08.2005 - 5 (3) Ca 7343/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung einer sogenannten Geriatriezulage.

Die Klägerin ist seit 1990 als Altenpflegehelferin im Seniorenzentrum H1xxx des Beklagten beschäftigt, der zahlreiche Altenheime unterhält. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 07.09./17.10.1990 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 2

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen und Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der A3xxxxxxxxxxxxxxx mit den dazu ergangenen und noch ergehenden Zusatzbestimmungen Anwendung.

§ 3

Es ist eine Vergütung nach den jeweiligen Sätzen der Vergütungsgruppe KrT I

Lohngruppe

Lebensaltersstufe 07

vereinbart.

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 9,23 Stunden.

Danach errechnet sich die Ihnen zustehende monatliche Bruttovergütung wie folgt:

 Grundvergütung421,55 DM
Ortszuschlag253,08 DM
Ehegattenbestandteil 
Gruppenzulage30,45 DM
Sozialzulage 
Heimzulage 
Schichtzulage16,78 DM
Kinderzulage9,59 DM
Geriatriezulage21,58 DM
Gesamt753,03 DM

i.W.: Deutsche Mark Siebenhundertdreiundfünfzig 03/100.

Am 01.12.91 erfolgt die nächste Steigerung der Grundvergütung in die Lebensaltersstufe 08.

§ 8

Die A3xxxxxxxxxxxxxxx behält sich vor, den Arbeitnehmer mit anderen zumutbaren, im Rahmen der Vergütungsgruppe liegenden Arbeiten zu beschäftigen. Das Recht der A3xxxxxxxxxxxxxxx, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zu übertragen, wird auch durch eine lange währende Verwendung auf dem selben Arbeitsplatz nicht beschränkt.

Die A3xxxxxxxxxxxxxxx ist ferner berechtigt, den Arbeitnehmer an einen anderen zumutbaren Tätigkeitsort zu versetzen. Dies gilt insbesondere für Krankheits- und Urlaubsvertretungen."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 113 f. d.A. Bezug genommen.

Einschlägig für das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist Teil II der Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst (AW-KrT Abschnitt B). Die Klägerin erhält derzeit Vergütung entsprechend Vergütungsgruppe AW-KrT III. Bis Oktober 2000 einschließlich erhielt sie darüber hinaus eine sogenannte Geriatriezulage in Höhe von 90,00 DM entsprechend 46,01 EUR brutto. Ab November 2000 stellte der Beklagte die Zahlung der Geriatriezulage ein.

Am 02.04.2001 unterzeichnete die Klägerin eine Stellenbeschreibung für Pflegehelfer/-in. Wegen der Einzelheiten dieser Stellenbeschreibung wird auf Bl. 73 ff. d.A. verwiesen.

Mit vorliegender Klage, die am 24.12.2004 beim Arbeitsgericht Dortmund einging, verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage weiter. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ausweislich der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19.11.2003 (10 AZR 128/03 und 10 AZR 127/03) hätten Pflegepersonen, die in der Grund- und Behandlungspflege tätig seien und diese Tätigkeit zeitlich überwiegend bei Kranken in geriatrischen Abteilungen ausübten, Anspruch auf eine Geriatriezulage entsprechend der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. c zu Teil II Abschnitt B AW-KrT. Diese Voraussetzungen erfülle sie. Sie, die Klägerin, sei überwiegend in der Grundpflege tätig. Darüber hinaus übe sie aber auch zu einem nicht unerheblichen Teil Behandlungspflege aus. Sie, die Klägerin, werde als Nachtwache überwiegend in den Wohnbereichen I und II eingesetzt. Alle 14 Tage werde sie im Spätdienst, in der Regel in den Wohnbereichen I und V eingesetzt. Gelegentlich sei sie auch als Nachtwache in anderen Wohnbereichen in H1xxx, insbesondere im Wohnbereich III tätig geworden. Der überwiegende Teil der Bewohner leide unter Demenz und/oder Inkontinenz. Daneben hätten nahezu alle Bewohner weitere Krankheiten gehabt, so z.B. Herzinsuffizienz, Diabetis mellitus, Zustand nach Krebserkrankungen, Tromboseneigung, Dekubitus, Coxarthrose, Gastritis, Frakturen, Parkinson, Osteoporose, Hypertonie und Niereninsuffizienz. Sie, die Klägerin, habe ihre Pflegetätigkeit damit zeitlich überwiegend an Kranken im Sinne der oben genannten Protokollerklärung erbracht.

Sie, die Klägerin, habe auch Behandlungspflege im Sinne der Protokollnotiz ausgeübt und übe sie weiter aus. Behandlungspflege sei nicht nur die Umlagerung von Patienten bei bereits bestehendem Dekubitus, sondern auch zur Verhinderung von Dekubitus. In der Vergangenheit als auch aktuell sei die Mehrheit der Bewohner bettlägerig. Die Dekubitus-Prophylaxe mit den damit in Zusammenhang stehenden Lagerungstätigkeiten gehörten zu den häufigsten von ihr zu erbringenden Behandlungspflegetätigkeiten. Gleiches gelte für die von ihr regelmäßig bei mehreren Bewohnern durchgeführte Intertrigo-Prophylaxe. Auch die Pneumonie- und Tromboseprohylaxe führe sie durch. Des weiteren habe es zu allen genannten Zeiträumen Bewohner mit unausgeglichenem Flüssigkeitshaushalt gegeben. Bei diesen Bewohnern habe sie während ihres Dienstes Flüssigkeitszufuhr und Ausscheidung zu überwachen und auf einem Bilanzierungsblatt zu dokumentieren. Auch die Verabreichung von Sondennahrung gehöre zur Behandlungspflege. In den genannten Zeiträumen und auch aktuell seien jeweils 3 - 4 Bewohner mit Sondenkost zu ernähren gewesen. Auch die Pulskontrolle und Blutdruckkontrolle seien Maßnahmen der Behandlungspflege. Ferner sei sie in der Vergangenheit und auch jetzt in der Inkontinenzversorgung tätig. Vielfach werde mit den Bewohnern ein sogenanntes Kontinenztraining durchgeführt.

Sie, die Klägerin, habe im streitbefangenen Zeitraum auch die Stromaversorgung übernommen. In den Wohnbereichen I und II seien jeweils mindestens zwei Stromaträger zu versorgen. Schließlich habe sie seit 2002 beim Beklagten eine Ausbildung zur Altenpflegerin durchlaufen. Hierbei habe sie unter Anleitung einer Pflegefachkraft auch die Medikamentenvergabe, den Verbandswechsel bei der PEG und bei Stromapatienten, Einläufe und die Tracheatoilette durchgeführt. Laut Stellenbeschreibung gehöre auch die Kooperation mit den Ärzten zu ihren Aufgaben. Die Begleitung der Hausärzte sei als Behandlungspflege anzusehen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an sie eine monatliche Geriatriezulage in Höhe von 46,01 EUR brutto zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 2300,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage. Denn sie erfülle die tariflichen Voraussetzungen hierfür nicht. Er, der Beklagte, sei verpflichtet, in seinen Einrichtungen entsprechend der gemäß § 80 SGB XI getroffenen Vereinbarungen vom 21.10.1996 über gemeinsame Grundsätze und Maßstäbe zur Qualität und Qualitätssicherung einschließlich des Verfahrens zur Durchführung von Qualitätsprüfungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen vorzugehen. In dieser Vereinbarung heiße es unter Ziffer 3.3: Hilfskräfte und angelernte Kräfte werden nur unter der fachlichen Anleitung einer Fachkraft tätig. In Erfüllung der Verpflichtung aus § 80 SGB XI habe er, der Beklagte, das Qualitätsmanagement-Handbuch "Stationäre Altenpflege" erstellt. Dieses Handbuch verweise in Ziffer III.3.1.7 auf den Ordner "Pflege- und Betreuungsstandards". In diesem Ordner sei unter Ziffer 4 geregelt, dass medizinische Behandlungspflege ausschließlich durch eine Pflegefachkraft ausgeführt werde. Seit Implementierung des Qualitätsmanagement-Handbuchs im Jahre 2001 dürfe die Klägerin keine Behandlungspflege mehr ausüben und habe dies auch nicht mehr getan. In der von der Klägerin unterzeichneten Stellenbeschreibung heiße es ausdrücklich, dass sie Behandlungspflege nicht ausüben dürfe. Hierauf habe er, der Beklagte, in einem Rundschreiben vom 26.01.2005 nochmals ausdrücklich hingewiesen.

Er, der Beklagte, bestreite ausdrücklich, dass die Klägerin in dem Zeitraum, für den sie Geriatriezulage geltend mache, Behandlungspflege ausgeübt habe. Sie sei nicht im Rahmen der von ihr im einzelnen genannten Tätigkeiten, soweit diese der medizinischen Behandlungspflege zuzuordnen seien, eingesetzt worden. Umlagerung zur Erleichterung und Vorbeugung sei Grundpflege und nicht Behandlungspflege. Soweit Umlagerung medizinisch angeordnet worden sei, werde dies verantwortlich von den Pflegefachkräften ausgeführt. Es werde bestritten, dass die Klägerin insoweit tätig sei. Intertrigoprophylaxe sei ebenfalls der Grundpflege zuzuordnen. Dasselbe gelte für die Thromboseprophylaxe. Wenn die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit den Bewohnern Getränke reiche und im Trinkprotokoll festhalte, wie viel die Bewohner getrunken hätten, so sei dies der Grundpflege zuzuordnen. Auch die Überwachung des Inhalts des Katheterbeutels sei Grundpflege. Bei der Katheterpflege gehe es um das Wechseln des Urinbeutels und um die Reinigung des Katheterschlauchs. Weitere Tätigkeiten erledige die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht.

Bestritten werde, dass die Klägerin Pulskontrollen und Blutdruckkontrollen durchführe. Jedenfalls werde sie im Rahmen ärztlicher Verordnungen nicht eingesetzt. Vitalzeichenkontrolle sei Aufgabe von Pflegefachkräften und nicht Aufgabe der Klägerin. Temperaturmessen sei, soweit medizinisch verordnet, Behandlungspflege. Bestritten werde, dass die Klägerin insoweit tätig gewesen sei.

Inkontinenzversorgung (Windelnwechseln) sei Grundpflege. Bei ärztlicher Verordnung im Zusammenhang mit Inkontinenz werde die Klägerin nicht eingesetzt. Kontinenztraining bedeute, dass die Bewohner nach einem vorgegebenen Zeitplan daran erinnert würden, zur Toilette zu gehen.

Natürlich könne es vorkommen, dass die Klägerin einen Hausarzt, der eine Patientin besuchen wolle und nicht wisse, wo diese sei, zum Zimmer der Patientin begleite. Die Besprechung mit dem Hausarzt, was im einzelnen im Rahmen der medizinischen Behandlung zu erledigen sei, sei ausschließlich Sache der Pflegefachkräfte.

Das Verabreichen von Sondennahrung sei ebenfalls Sache der Pflegedienstkräfte. Auch bei der Medikamentenvergabe werde die Klägerin nicht eingesetzt. Gleiches gelte für den Verbandswechsel PEG und Stoma. Auch bei Einläufen und der Tracheatoilette werde die Klägerin nicht eingesetzt.

Falls die Klägerin den Nachweis führen könne, dass sie im streitigen Zeitraum gleichwohl Behandlungspflege ausgeübt habe, so sei dies entgegen der Arbeitsanweisung gemäß Qualitätsmanagement-Handbuch erfolgt. Bestritten werde, dass Einrichtungsleitung und/oder andere Vorgesetzte der Klägerin Arbeitsanweisungen erteilt hätten, die vom Inhalt des Qualitätsmanagement-Handbuchs abwichen. Wenn bei einzelnen Bewohnern zusätzlich zur Grundpflege Behandlungspflege und medizinische Behandlungspflege notwendig sei, dann habe die Pflegehilfskraft die Anweisung, eine Pflegefachkraft hinzuzuziehen. Wenn sie in vertragswidriger Weise Behandlungspflege ausübe, stehe ihr gleichwohl der Anspruch auf die Geriatriezulage nicht zu.

Durch Urteil vom 31.08.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen, das der Klägerin am 08.09.2005 zugestellt wurde. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 29.09.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.12.2005 - am 09.12.2005 begründet worden ist.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, sie erfülle nach wie vor mit ihrer Tätigkeit die Tatbestandsmerkmale der genannten Protokollnotiz und habe deshalb Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage. Die Protokollerklärung verlange nicht zwingend die Leistung von Behandlungspflegetätigkeiten neben der Grundpflege. Unabhängig davon sei sie, die Klägerin, aber im streitbefangenen Zeitraum und auch aktuell im Bereich der Behandlungspflege tätig. So führe sie die Dekubitus-Prophylaxe, die Lagerung von Dekubitus-Patienten, die Intertrigo-Prophylaxe, die Pneumonie-Prophylaxe, die Trombose-Prophylaxe, die Vitalzeichenkontrolle, die Dauerkatheterpflege, die Verabreichung von Sondennahrung sowie die Inkontinenzversorgung durch. Die genannten Prophylaxen seien in aller Regel nicht ärztlich angeordnet. Gleiches gelte für die von ihr durchgeführte Dauerkatheterpflege. Dennoch seien diese Tätigkeiten der Behandlungspflege zuzurechnen.

Sie, die Klägerin, habe Dekubitus-Patienten während ihres Dienstes jedenfalls während der von ihr in der Berufungsbegründung vom 08.12.2005 genannten Tagen (Bl. 267 ff. d.A.) gelagert.

Im übrigen habe sich der Pflegehelfer Schmidt im Seniorenzentrum des Beklagten in H1xxx am 07.07.2005 geweigert, eine Dekubituspatientin ohne Anwesenheit einer Pflegefachkraft zu lagern. Er sei deswegen durch die Betriebsleitung Frau S3xxxxxx ermahnt und angewiesen worden, diese Patientin zu lagern, da alle Pflegekräfte diese Patientin zu lagern hätten, unabhängig davon, ob sie Fachkräfte oder Hilfskräfte seien. Die Anweisung, dass auch Pflegehilfskräfte Dekubituspatienten zu lagern hätten, habe Frau S3xxxxxx kurze Zeit später gegenüber den Mitarbeiterinnen B4xxxxx-H2xx und E2xxxx in einer Dienstbesprechung wiederholt.

Sie, die Klägerin habe bis Ende des Jahres 2004 die Versorgung mit Sondennahrung zu übernehmen gehabt. Jedenfalls bis etwa Mitte April 2004 hätten auch die Pflegehelferinnen in der Nachtwache die Sondenkost zu verabreichen gehabt. Danach sei die Verabreichung von Sondenkost durch Hilfskräfte im Nachtdienst untersagt worden. Im Tagdienst werde etwa seit Dezember 2004 keine Sondennahrung mehr durch Hilfskräfte verabreicht.

Ferner habe sie, die Klägerin, am 13.03.2004, 11.09.2004 und 14.11.2004 die Stomaversorgung bei einer Bewohnerin vorgenommen. Außerdem habe sie medizinische Behandlungspflege unter Anleitung ihrer Mentorin, Frau S4xxxxxxxx, im Rahmen ihrer Ausbildung zur Pflegefachkraft ausgeübt. Diese Tätigkeiten habe sie nicht dokumentiert, da sie diese nicht verantwortlich durchgeführt habe.

Entgegen der Darstellung des Beklagten seien sämtliche der von ihr zu betreuenden Bewohnerinnen und Bewohner krank. Danach sei sie zeitlich ausschließlich bei Kranken in der Pflege tätig. Diese Pflegetätigkeit übe sie auch in einer geriatrischen Abteilung bzw. Station im Sinne der Protokollnotiz aus.

Im übrigen verletze der Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er bestreite, dass sie ihre Pflegetätigkeit überwiegend bei Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen ausübe. Der Beklagte habe sich entschieden, bei examinierten Pflegekräften die Geriatriezulage weiterzuzahlen, ohne zu überprüfen, ob diese tatsächlich überwiegend Grund- und Behandlungspflege bei kranken Heimbewohnern ausführten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 31.08.2005 - 5 (3) Ca 7343/04 - abzuändern und nach den zuletzt in der 1. Instanz gestellten Anträgen zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt weiter die Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung der sogenannten Geriatriezulage. Er, der Beklagte, habe stets betont, dass Altenpflegehelfer/innen nur Grundpflege ausüben dürfen und dies tatsächlich auch nur tun, während examinierte Altenpfleger/innen bzw. Pflegefachkräfte Grund- und Behandlungspflege ausübten. Die Klägerin werde im Bereich der Behandlungspflege nicht eingesetzt und dürfe dies auch nicht. Pflegefachkräfte seien dagegen im Bereich der Grund- und Behandlungspflege eingesetzt und erfüllten deshalb die Voraussetzungen des Anspruchs auf die Geriatriezulage. Wenn er, der Beklagte, sich im August 2004 entschieden habe, bei den Pflegefachkräften nicht in jedem Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich alle Voraussetzungen der genannten Protokollerklärung erfüllt seien, so verstoße er damit nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Er gehe davon aus, dass fast alle Pflegefachkräfte im Streitfall beweisen könnten, dass sie sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung einer Geriatriezulage. Wenn er, der Beklagte, sich im August 2004 entschieden habe, bei den Pflegefachkräften nicht in jedem Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich alle Voraussetzungen der genannten Protokollerklärung erfüllt seien, so verstoße er damit nicht gegen den Gleichbehandlungs- Protokollerklärung erfüllt seien, so verstoße er damit nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Er gehe davon aus, dass fast alle Pflegefachkräfte im Streitfall beweisen könnten, dass sie sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung einer Geriatriezulage erfüllten. Wenn er bei dieser Sachlage von Einzelfallprüfungen bei Pflegefachkräften absehe, so sei er nicht verpflichtet, Altenpflegehelfern die Geriatriezulage ebenfalls zu zahlen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es nicht unerheblich, ob sie selbst nur Grundpflege oder nur Behandlungspflege oder beides ausübe. Die Auslegung der Protokollerklärung ergebe vielmehr, dass Grund- und Behandlungspflege ausgeübt werden müsse, um die Zulage beanspruchen zu können. Diese Voraussetzung erfülle die Klägerin nicht. Denn sie über keine Behandlungspflege aus. Zur Behandlungspflege gehörten Maßnahmen, die Bestandteil der ärztlichen Heilbehandlung und in diese eingebunden seien, also vom behandelnden Arzt verordnet worden seien. Behandlungspflege sei also gleichzusetzen mit medizinischer Behandlungspflege. Die sogenannte Dekubitus-Prophylaxe gehöre hierzu nicht. Die Lagerungstätigkeit bei Bewohnern, die entweder bettlägerig seien oder zur Vermeidung des Dekubitus nach einem bestimmten Lagerungsplan regelmäßig gelagert werden müssten, sei typische Grundpflege. Hierfür seien besondere Fachkenntnisse bzw. eine Ausbildung nicht erforderlich. Letztlich sei jede Art von Prophylaxe Grundpflege. Dies gelte auch für die Vitalzeichenkontrolle. Gleiches gelte für die sogenannte Intertrigo-Prophylaxe, die Pneumonie-Prophylaxe und die Trombose-Prophylaxe. Auch die von der Klägerin im Rahmen der Dauerkatheterpflege und der Inkontinenzversorgung ausgeübten Tätigkeiten seien der Grundpflege zuzuordnen.

Bestritten werde, dass die Klägerin bis Ende 2004 Bewohner mit Sondennahrung versorgt habe. Das Anhängen von Sondenkost werde ausschließlich durch Pflegefachkräfte erledigt. Die Leitung der Einrichtung in H1xxx habe Anfang 2004 einmal feststellen müssen, dass die Klägerin trotz der eindeutigen Hinweise im Qualitätsmanagement-Handbuch Sondenkost verabreicht habe. Die Einrichtungsleitung habe daraufhin am 03.08.2004 noch einmal die schriftliche Anweisung erteilt, dass Sondenkost ausschließlich durch Fachkräfte angehängt werden darf. Bestritten werde weiter, dass die Klägerin bei einer Bewohnerin die Stomaversorgung durchgeführt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage.

1. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, an die Klägerin für die Zeit ab November 2000 bis Dezember 2004 die streitige Geriatriezulage zu zahlen. Dieser Anspruch ergibt sich nicht aus § 2 des Arbeitsvertrages vom 07.09./17.10.1990 i.V.m. der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. c zu Teil II Abschnitt B, KrT. Denn die Klägerin hat in diesem Zeitraum nicht "zeitlich überwiegend Grund- und Behandlungspflege" im Sinne dieser Protokollerklärung ausgeübt.

a) Der Beklagte hat dargelegt, dass er in Erfüllung der Verpflichtungen aus § 80 SGB XI das Qualitätsmanagement-Handbuch "Stationäre Altenpflege" erstellt und im Kalenderjahr 2001 in allen seinen Seniorenzentren, also auch im Seniorenzentrum H1xxx, in dem die Klägerin eingesetzt ist, implementiert hat. Nach dem nicht bestrittenen Sachvortrag des Beklagten ist das Qualitätsmanagement-Handbuch in jedem Seniorenzentrum den dort Beschäftigten in hausinternen Schulungen im einzelnen erläutert worden. Aus den Regelungen des Qualitätsmanagement-Handbuchs ergibt sich eindeutig, dass medizinische Behandlungspflege ausschließlich durch eine Pflegefachkraft ausgeführt werden darf. Danach darf die Klägerin als Altenpflegehelferin gemäß § 80 SGB XI in Verbindung mit dem genannten Qualitätsmanagement-Handbuch in den Einrichtungen des Beklagten diesen Teil der Pflegeleistungen nicht erbringen. Die Umsetzung dieser Arbeitsanweisung hat der Beklagte nach seinem insoweit nicht bestrittenen Vorbringen durch den sogenannten Einsatzplan sichergestellt. Letztlich spiegelt sich die Umsetzung des Qualitätsmanagement-Konzepts auch in der an die Klägerin gerichteten Stellenbeschreibung vom 01.03./02.04.2001 wieder. Unter Ziffer 7 heißt es dort ausdrücklich, dass bei den Aufgaben der Klägerin als Pflegehelferin die ärztlich angeordnete medizinische Behandlungspflege ausdrücklich ausgenommen ist. Mit Implementierung des Qualitätsmanagement-Handbuchs "Stationäre Altenpflege" im Kalenderjahr 2001 hat der Beklagte damit angeordnet, dass Pflegehelfer/innen nur noch in der Grundpflege und nicht mehr in der Behandlungspflege eingesetzt werden dürfen.

Der Beklagte war auch befugt, der Klägerin nur noch Tätigkeiten im Bereich der Grundpflege zuzuweisen. In § 8 des schriftlichen Arbeitsvertrages hat der Beklagte sich ausdrücklich vorbehalten, die Klägerin mit anderen zumutbaren, im Rahmen der Vergütungsgruppe liegenden Arbeiten zu beschäftigen. Es heißt dort weiter, dass das Recht der A3xxxxxxxxxxxxxxx, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zu übertragen, auch durch eine lange währende Verwendung auf demselben Arbeitsplatz nicht beschränkt wird. Durch die mit Implementierung des Qualitätsmanagement-Handbuchs "Stationäre Altenpflege" im Jahre 2001 erfolgte Weisung an die Klägerin als Pflegehelferin, nur noch Tätigkeiten der Grundpflege auszuüben, hat der Beklagte berechtigterweise von seinen Befugnissen nach § 8 des genannten Arbeitsvertrages Gebrauch gemacht. Die Zuweisung von Tätigkeiten der Grundpflege lässt die Vergütungsgruppe, in der die Klägerin sich befindet, unberührt. Die Beschäftigung mit Tätigkeiten der Grundpflege, die zweifellos zumutbar ist, erfolgt damit im Rahmen ihrer Vergütungsgruppe.

b) Hat der Beklagte die Klägerin entsprechend den Vorgaben des Qualitätsmanagement-Handbuchs "Stationäre Altenpflege" seit dem Kalenderjahr 2001 nur noch in der Grundpflege eingesetzt, so kann die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der streitigen Zulage nicht erfüllen.

aa) Die genannte Protokollerklärung setzt unter anderem voraus, dass die Pflegekraft "zeitlich überwiegend Grund- und Behandlungspflege" ausübt. Unter Grundpflege ist die Befriedigung der allgemeinen Bedürfnisse der zu pflegenden Personen im Hinblick auf Nahrungsaufnahme und Hygiene zu verstehen. Dementsprechend haben die Spitzenverbände der Pflegekassen klargestellt, dass von den Leistungen der Pflegeversicherung nur diejenigen der Grundpflege erfasst werden, die Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung umfassen. Behandlungspflege ist die darüber hinausgehende Versorgung nach medizinischen Bedürfnissen, also zur Besserung oder Linderung von Krankheiten (vgl. BAG; Urteile vom 19.11.2003 - 10 AZR 127 und 128/03 -; 04.06.2003 - 10 AZR 579/02 -, jeweils m.w.N.). Ausweislich dieser Entscheidungen ist zwar nicht erforderlich, dass die Behandlungspflege arbeitszeitlich insgesamt oder auch nur im Verhältnis zur Grundpflege überwiegt. Vielmehr ist nur erforderlich, dass Grund- und Behandlungspflege zusammen genommen arbeitszeitlich überwiegen. Ein bestimmter Anteil der jeweiligen Pflegeart innerhalb dieses Blocks der überwiegend erbrachten Tätigkeit ist tariflich nicht vorgegeben.

Wenn das Bundesarbeitsgericht allerdings ausführt, es seien Einzelfälle denkbar, in denen der Anteil der Behandlungspflege an der Gesamttätigkeit nur wenige Minuten betrage und deshalb als unerheblich angesehen werden könnte, so folgt hieraus unzweifelhaft, dass in der arbeitszeitlich überwiegenden Tätigkeit jedenfalls Grund- und Behandlungspflege anfallen müssen, wobei der Anteil der Behandlungspflege nicht unerheblich sein darf. Die Voraussetzungen der genannten Protokollerklärung sind zweifellos dann nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer überhaupt keine Behandlungspflege ausübt. Die Tarifvorschrift setzt vielmehr voraus, dass der Arbeitnehmer sowohl Grund- als auch Behandlungspflege ausübt. Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Protokollerklärung. Danach wird die zeitlich überwiegende Ausübung von Grund- und Behandlungspflege verlangt. Falls ein Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch dann bestehen sollte, falls ausschließlich Tätigkeiten in der Grundpflege ausgeübt werden, so hätte die Tarifvorschrift lediglich verlangen müssen, dass die Pflegekraft überwiegend Grund- oder Behandlungspflege ausübt. Ein dahingehender Wille der Tarifvertragsparteien hat in der genannten Tarifvorschrift nicht einmal im Ansatz seinen Niederschlag gefunden.

bb) Hat der Beklagte danach in Umsetzung des im Kalenderjahr 2001 implementierten Qualitätsmanagement-Handbuchs "Stationäre Altenpflege" die bei ihm tätigen Pflegehilfskräfte in der Folgezeit berechtigterweise nur noch in der Grundpflege eingesetzt, so ist die Voraussetzung, dass Grund- und Behandlungspflege zusammen genommen arbeitszeitlich überwiegen müssen, im Falle der Klägerin nicht gegeben.

(1) Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei im streitbefangenen Zeitraum mit Tätigkeiten der Dekubitus-, Intertrigo-, Pneumonie- und Trombose-Prophylaxe befasst worden und werde dies auch heute noch, so können hiermit die Voraussetzungen der genannten Protokollerklärung nicht erfüllt werden. Tätigkeiten der Prophylaxe dienen nicht der Besserung und Linderung von Krankheiten und sind deshalb nicht als Behandlungspflege zu werten (vgl. BAG, Urteil vom 04.06.2003 - 10 AZR 579/02 -; Urteil vom 19.11.2003 - 10 AZR 127/03 - jeweils m.w.N.). Sie bezwecken vielmehr die Verhinderung von Krankheiten und sind damit der Grundpflege zuzuordnen.

(2) Der Sachvortrag der Klägerin, sie habe auch Tätigkeiten der Dekubitusbehandlung ausgeführt, kann einen Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage im streitbefangenen Zeitraum nicht begründen. Nach Darlegung des Beklagten gehören diese Tätigkeiten nicht zu den Aufgaben der Klägerin. Durch Implementierung des Qualitätsmanagement-Handbuchs im Jahre 2001 in Verbindung mit den oben genannten weiteren Maßnahmen hat der Beklagte allen Beschäftigten in seinen Seniorenzentren und damit auch der Klägerin gegenüber unmissverständlich klargestellt, dass Pflegehilfskräfte nur in der Grundpflege eingesetzt werden und keine Behandlungspflege ausüben dürfen. Dem entspricht auch die Stellenbeschreibung für Pflegehelfer/innen, die die Klägerin am 02.04.2001 unterzeichnet hat. Sollte die Klägerin im Widerspruch hierzu und ohne Wissen und Wollen ihrer Vorgesetzten im streitigen Zeitraum dennoch Tätigkeiten der Behandlungspflege ausgeübt haben, so kann dieses weisungswidrige Verhalten einen Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage nicht begründen. Wann und durch welche Personen, deren Handeln der Beklagte sich gegebenenfalls zurechnen lassen müsste, ihr eine hiervon abweichende Weisung dahingehend erteilt worden sein soll, Tätigkeiten der Behandlungspflege ohne Hinzuziehung einer Pflegefachkraft auszuführen, hat die Klägerin weder dargelegt, noch unter Beweis gestellt.

Der Vortrag der Klägerin, der Pflegehelfer Schmidt sei durch die Zeugin S3xxxxxx angewiesen worden, eine Dekubituspatientin zu lagern, ist unerheblich. Diese vom Beklagten bestrittene Weisung bezieht sich nicht auf die Klägerin. Sollten der Klägerin Tätigkeiten der Behandlungspflege ohne Hinzuziehung einer Pflegefachkraft angetragen werden, so darf und muss sie sich weigern, dieser Weisung Folge zu leisten. Angesichts der Vorgaben im Qualitätsmanagement-Handbuch "Stationäre Altenpflege" in Verbindung mit der Stellenbeschreibung der Klägerin ist sie gehalten, bei Tätigkeiten, die der Behandlungspflege zuzuordnen sind, eine Pflegefachkraft hinzuzuziehen. Außerdem muss sie gemäß Ziff. 11 der genannten Stellenbeschreibung umgehend ihre Vorgesetzten informieren, wenn sich in ihrer Tätigkeit wesentliche Abweichungen von der Beschreibung ergeben haben. Warum sie dies in den von ihr geschilderten Fällen der Behandlung von Dekubituspatienten nicht getan hat, hat die Klägerin nicht dargelegt. Gleiches gilt für die vom Beklagten bestrittenen Tätigkeiten der Klägerin im Bereich der Stomaversorgung, der Vitalzeichenkontrolle, der Medikamentenvergabe, des Verbandswechsels und der Versorgung mit Sondennahrung.

Soweit die Klägerin als Behandlungspflege zu wertende Tätigkeiten in diesem Bereich im Rahmen ihrer Ausbildung zur Pflegefachkraft ausgeübt hat, kam hierdurch ein Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage nicht begründet werden. Die Klägerin trägt selbst vor, dass sie diese Tätigkeiten nicht verantwortlich, sondern unter Anleitung ihrer Mentorin Frau S4xxxxxxxx durchgeführt hat. Auch nach Ablegen der Prüfung im Januar 2006 ist die Klägerin unverändert als Hilfskraft vom Beklagten weiterbeschäftigt worden.

(3) Auch die von der Klägerin im Bereich der Dauerkatheterpflege ausgeführten Tätigkeiten können einen Anspruch auf Zahlung der Geriatriezulage nicht begründen. Die Klägerin hat nicht näher dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten sie insoweit ausgeübt hat, sondern nur vorgetragen, sie habe "speziell die äußere Katheterpflege" vorgenommen. Mangels näherer Darlegung der in diesem Bereich im einzelnen angefallenen Arbeiten ist die erkennende Kammer davon ausgegangen, dass es sich hierbei um die Reinigung der äußeren Kathetergeräte gehandelt hat. Reinigungstätigkeiten können nicht der medizinischen Behandlungspflege zugeordnet werden. Im übrigen ist nicht ersichtlich, wann, bei welchen Personen und in welchem Umfang die Klägerin derartige Tätigkeiten ausgeführt hat.

(4) Auch die von der Klägerin gegebenenfalls im Bereich der Inkontinenzversorgung ausgeführten Tätigkeiten können nicht der Behandlungspflege zugeordnet werden. Nach Darlegung des Beklagten handelt es sich hierbei um das Anhalten der Bewohner zum Toilettengang und um das Wechseln der Vorlagen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche weitergehenden konkreten Tätigkeiten sie wann und bei welchen Personen ausgeübt haben will. Die vom Beklagten genannten Tätigkeiten sind der Grundpflege zuzuordnen.

(5) Soweit es um die Kooperation mit den Hausärzten der einzelnen Bewohner des Altenzentrums des Beklagten geht, hat die Klägerin nicht dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten sie in diesem Zusammenhang wann und im Hinblick auf welche Bewohner ausgeführt haben will. Nach dem Sachvortrag des Beklagten handelt es sich hierbei allenfalls um die Begleitung des Arztes zum Patienten, wenn der Arzt nicht weiß, wo der Bewohner sich aufhält. Die weitere Abstimmung der Behandlung erfolgt demgegenüber nur über eine examinierte Fachkraft. Das Begleiten der Ärzte zwecks Auffinden der Bewohner kann nicht als Behandlungspflege gewertet werden.

2. Die Klägerin kann Zahlung der Geriatriezulage im streitigen Zeitraum auch nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarung bzw. betrieblicher Übung verlangen.

a) Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Zulage ergibt sich nicht aus § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 07.09./17.10.1990. § 3 des Arbeitsvertrages ist nicht dahingehend auszulegen, dass unabhängig von der tatsächlich verrichteten Tätigkeit eine Geriatriezulage gezahlt werden soll. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Erwähnung der Geriatriezulage in § 3 des Arbeitsvertrages hat lediglich deklaratorische Bedeutung. § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt zunächst, dass auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen und Vorschriften des Bundesmanteltarifvertrages für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrten und den dazu ergangenen und noch ergehenden Zusatzbestimmungen Anwendung finden. Sodann wird in § 3 eine Vergütung nach den jeweiligen Sätzen der Vergütungsgruppe KrT I vereinbart. Danach wird dargestellt, wie sich die der Klägerin zustehende monatliche Bruttovergütung errechnet, wobei auch die Geriatriezulage in Höhe von damals 21,58 DM erwähnt wird. Dieser Berechnungsdarstellung kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Aus dem Gesamtzusammenhang ist ersichtlich, dass die Arbeitsvertragsparteien maßgeblich auf die tariflichen Vorschriften abstellen wollten. Aus dem Vertrag ergibt sich, dass der Beklagte der Klägerin diejenige Vergütung zahlen wollte, die ihr tarifvertraglich zusteht. Dem Vertrag kann dagegen nicht entnommen werden, dass der Klägerin unabhängig von den tariflichen Bestimmungen und unabhängig davon, ob sie Arbeiten entsprechend den tariflichen Voraussetzungen ausübt, eine Geriatriezulage zugesagt war. Dies ergibt sich insbesondere auch aus § 8 des Arbeitsvertrages, wonach die Klägerin auch mit anderen zumutbaren, im Rahmen der Vergütungsgruppe liegenden Arbeiten beschäftigt werden kann. Dem Beklagten stand es demnach offen, der Klägerin andere Tätigkeiten ihrer Vergütungsgruppe zuzuweisen, bei welchen sie nicht mehr bei alten Personen tätig war. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin nach dem Willen der Vertragsparteien in diesem Fall die Geriatriezulage, die eine Erschwerniszulage ist und nach der genannten Protokollerklärung nur für die Dauer der Tätigkeit gezahlt werden soll, weiterhin hätte zustehen sollen.

b) Die Klägerin kann Zahlung der Geriatriezulage auch nicht aufgrund betrieblicher Übung beanspruchen. Zwar hat sie die Zulage seit Beginn des Arbeitsverhältnisses bis Ende des Jahres 2000 erhalten, obwohl in diesem Zeitraum nach dem Vortrag des Beklagten die Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage nicht vorlagen. Die Entstehung einzelvertraglicher, übertariflicher Rechte aus betrieblicher Übung setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber zumindest ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das sein Einverständnis mit der Entstehung individueller, übertariflicher Rechte im arbeitsvertraglichen Bereich erkennen oder doch wenigstens vermuten bzw. darauf schließen lässt (vgl. BAG, Urteil vom 26.08.1987 - 4 AZR 155/87 -, AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge - Brotindustrie). Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Geriatriezulage hätte in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze nur dann entstehen können, wenn sie aufgrund des Verhaltens des Beklagten davon hätte ausgehen können, der Beklagte habe unabhängig vom Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen eine Geriatriezulage zahlen wollen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Vielmehr ergibt sich aus §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages der Parteien, dass der Beklagte die Vergütung nach tariflichen Maßstäben leisten wollte und die Berechnung der monatlichen Bruttovergütung nach tariflichen Vorschriften erfolgen sollte. Hieraus ist zu schließen, dass die Zahlung der Geriatriezulage bis zum Jahr 2000 tatsächlich entsprechend dem Sachvortrag des Beklagten irrtümlich erfolgt ist. Hat der Arbeitgeber tarifliche Leistungen nur aufgrund einer fehlerhaften Tarifauslegung gezahlt, so ist er zur einseitigen Einstellung der Leistung berechtigt (so Urteil des BAG vom 26.08.1987 a.a.0. m.w.N.).

3. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Geriatriezulage ergibt sich auch nicht in Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Auch wenn der Beklagte sich entschieden hat, bei examinierten Pflegekräften die Geriatriezulage ohne Einzelfallprüfung zu zahlen, ist hierin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu sehen. Unstreitig werden die Pflegefachkräfte in den Seniorenzentren des Beklagten aufgrund der Dienstpläne und Einsatzpläne sowohl im Rahmen der Grundpflege als auch der Behandlungspflege eingesetzt. Im Unterschied hierzu hat der Beklagte durch Implementierung des Qualitätsmanagement-Handbuchs "Stationäre Altenpflege" in Verbindung mit den oben genannten weiteren Maßnahmen entschieden, dass Pflegehilfskräfte nur im Rahmen der Grundpflege eingesetzt werden. Wenn der Beklagte den bei ihm beschäftigten Pflegefachkräften die Geriatriezulage zahlt, ohne den Einzelnachweis zu verlangen, dass Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend ausgeübt wird, so werden dadurch nicht gleiche Sachverhalte ungleich behandelt. Da die Klägerin als Pflegehilfskraft nur im Bereich der Grundpflege eingesetzt werden darf, befindet sie sich im Verhältnis zu den Pflegefachkräften, die im Bereich der Grund- und Behandlungspflege eingesetzt werden dürfen und tatsächlich eingesetzt werden, nicht in einer vergleichbaren Lage.

4. Die Klage auf Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine monatliche Geriatriezulage in Höhe von 46,01 EUR brutto zu zahlen, ist zulässig aber unbegründet. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass der Beklagte in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus § 80 SGB XI im Jahre 2001 das von ihm erstellte Qualitätsmanagement-Handbuch "Stationäre Altenpflege" in allen Seniorenzentren, also auch im Seniorenzentrum H1xxx, in dem die Klägerin beschäftigt ist, implementiert hat. Er hat damit klargestellt, dass die Klägerin in Zukunft nur noch Tätigkeiten der Grundpflege ausüben darf und zu Tätigkeiten der Behandlungspflege nicht mehr befugt ist. Wie weiter ausgeführt wurde, war der Beklagte hierzu angesichts der Regelungen in § 8 des Arbeitsvertrages der Parteien arbeitsrechtlich befugt. Hat der Beklagte der Klägerin nur noch Tätigkeiten der Grundpflege zugewiesen und die Ausübung der medizinischen Behandlungspflege durch die Klägerin ausdrücklich ausgenommen, wie dies in der Stellenbeschreibung vom 01.03.2001/02.04.2001 in Ziffer 7 geschehen ist, so kann sie mit dieser ihr vom Beklagten übertragenen Tätigkeit die Voraussetzungen der genannten Tarifvorschrift mangels Wahrnehmung von Behandlungspflege nicht erfüllen. Dass der Beklagte ihr abweichend hiervon Tätigkeiten der Behandlungspflege übertragen hat, lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass Vorgesetzte der Klägerin, deren Handeln der Beklagte sich gegebenenfalls zurechnen lassen müsste, ihr im Widerspruch zu den Anweisungen des Beklagten aufgetragen haben, Tätigkeiten der Behandlungspflege ohne Hinzuziehung einer Pflegefachkraft auszuführen. Führt die Klägerin entgegen der ausdrücklichen Weisung des Beklagten und im Widerspruch zu den Regelungen in ihrer Stellenbeschreibung eigenmächtig Behandlungspflege ohne Hinzuziehung einer Pflegefachkraft aus, so wird hierdurch eine Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der Geriatriezulage nicht begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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