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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.06.2004
Aktenzeichen: 15 Sa 2047/03
Rechtsgebiete: SGB IX


Vorschriften:

SGB IX § 81
SGB IX § 81 Abs. 2
SGB IX § 81 Abs. 1 S. 4
SGB IX § 81 Abs. 1 S. 9
SGB IX § 81 Abs. 2 S. 1
SGB IX § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1
SGB IX § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.11.2003 - 4 Ca 834/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung gemäß § 81 SGB IX zu zahlen.

Der am 03.02.1959 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 90. Wegen der Schulbildung des Klägers und seines beruflichen Werdeganges wird auf seinen Lebenslauf (Bl. 8 f. d.A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 18.11.2002 bewarb der Kläger sich auf die vom Beklagten in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 16.11.2002 ausgeschriebene Stelle eines "Organisationsreferenten". Wegen des Inhalts der Annonce vom 16.11.2002 wird auf Bl. 6 d.A. Bezug genommen. In seiner Bewerbung wies der Kläger darauf hin, dass die Anerkennung als Schwerbehinderter gemäß SchwbG/SGB IX vorliege. Wegen der weiteren Einzelheiten des Bewerbungsschreibens wird auf Bl. 7 d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 30.11.2002 teilte der Beklagte dem Kläger folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr S6xxxx,

nach sorgfältiger Durchsicht der eingegangenen Bewerbungen teilen wir Ihnen mit, dass wir nach Ihren Unterlagen einen durchaus positiven Eindruck von Ihnen gewonnen haben. Unter den Bewerber(innen) befinden sich einige, die die Voraussetzungen in besonderer Weise zu erfüllen scheinen. Bitte berücksichtigen Sie, dass es oft nur Kleinigkeiten sind, die bei einer solchen Auswahl den Ausschlag geben.

Wir bedauern, Ihnen eine andere, für Sie günstigere Nachricht nicht zukommen lassen zu können und nehmen die Gelegenheit gern zum Anlass, Ihnen für Ihre Bewerbung noch einmal zu danken.

Ihre Bewerbungsunterlagen sind als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen

..."

Die Bewerbungsunterlagen hatte der Beklagte der Schwerbehindertenvertretung nicht vorgelegt.

Das Schreiben vom 30.11.2002 ging beim Kläger am 03.12.2002 ein. Am 05.12.2002 nahm der Kläger telefonischen Kontakt mit dem Beklagten auf, um die Hintergründe der Ablehnung zu erfahren. Der Kläger wurde daraufhin mit der Schwerbehindertenvertretung des Beklagten, dem Zeugen G2xxxxx, verbunden, der einräumte, die Bewerbung des Klägers nicht zu kennen. Mit Schreiben vom 11.12.2002 bat der Beklagte den Kläger für Freitag, den 20.12.2002 zu einem Gespräch und forderte ihn auf, seine Bewerbungsunterlagen zu diesem Termin mitzubringen. Im Anschluss an das Gespräch vom 20.12.2002, an welchem auch die Schwerbehindertenvertretung teilnahm, teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13.01.2003 folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr S6xxxx,

wir knüpfen an das mit Ihnen geführte Vorstellungsgespräch an. Darin fanden wir den guten Eindruck, den wir aus Ihren Bewerbungsunterlagen gewonnen haben, bestätigt. Wenn wir uns dennoch nicht für Sie entschieden haben, dann deshalb, weil wir glauben, dass ein anderer Bewerber die besonderen Voraussetzungen für die Besetzung der Stelle in noch ausgeprägterer Weise zu erfüllen scheint als Sie. Haben Sie bitte für unsere Entscheidung Verständnis und berücksichtigen Sie, dass es oft nur Kleinigkeiten sind, die nach hier oder dort den Ausschlag geben.

Wir bedauern, Ihnen eine andere für Sie günstigere Nachricht nicht zukommen lassen zu können.

Für das an einer Mitarbeit beim W4xxxxxxxxx-L2xxxxxxxx S7xxxxxxxx- und G3xxxxxxxxx gezeigte Interesse danken wir Ihnen. Ihre Bewerbungsunterlagen erhalten Sie als Anlage zurück.

Mit freundlichen Grüßen."

Wie zweitinstanzlich unstreitig geworden ist, hat der Beklagte mit Schreiben vom 14.01.2003 einer Mitbewerberin um die ausgeschriebene Stelle eine Einstellungszusage zum 01.03.2003 gemacht. Diese Mitbewerberin hatte sich mit Schreiben vom 03.12.2002, das beim Beklagten am 09.12.2002 eingegangen war, beworben und war vom Beklagten mit Schreiben vom 19.12.2002 zu einem Gesprächstermin am Freitag, den 03.01.2003 gebeten worden.

Mit Schreiben vom 15.01.2003 machte der Kläger Entschädigungsansprüche gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX gegenüber dem Beklagten geltend. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 13 d.A. verwiesen. Mit vorliegender Klage, die am 19.03.2003 beim Arbeitsgericht Münster einging, verfolgt er die geltend gemachten Ansprüche weiter.

Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe ihn aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht einstellen wollen. Dies folge bereits aus dem Umstand, dass seine Bewerbungsunterlagen zunächst zurückgesandt worden seien, ohne dass er zu einem Vorstellungsgespräch geladen worden sei. Bereits zum Zeitpunkt der ersten Absage habe für den Beklagten festgestanden, den Kläger nicht einstellen zu wollen. Er, der Kläger, genüge nach seinem beruflichen Werdegang dem Anforderungsprofil der vom Beklagten ausgeschriebenen Stelle. Die im Vorstellungsgespräch angesprochenen SAP-Kenntnisse seien im Rahmen der Stellenanzeige nicht verlangt worden. Dies deute darauf hin, dass der Beklagte neue, ursprünglich nicht geforderte Qualifikationsmerkmale aufgestellt habe, um die ihm, dem Kläger, gegenüber ausgesprochene Absage zu rechtfertigen. Bestritten werde, dass dem Beklagten bei Sichtung der Bewerbungsunterlagen seine, des Klägers, Schwerbehinderung zunächst entgangen sei. Vielmehr habe der Beklagte keinen Schwerbehinderten einstellen wollen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei er, der Kläger, wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Der Beklagte habe § 81 Abs. 1 S. 4 und § 82 S. 2 SGB IX missachtet. Auch die Kausalität zwischen Behinderung und Benachteiligung sei gegeben. Er, der Kläger, habe dem Anforderungsprofil der streitigen Stelle genügt. Unerheblich sei, dass der Beklagte ihn im Anschluss an die erste Absage auf seine, des Klägers, Initiative hin zu einem Vorstellungsgespräch am 20.12.2002 geladen habe. Bereits durch die Absage vom 30.11.2002 sei die Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung eingetreten. Der Beklagte habe sich damit gegen ihn entschieden. Die eingetretene Benachteiligung könne nicht mehr rückwirkend entfallen.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.889,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, der Kläger sei nicht wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden. Auf die genannte Ausschreibung habe er, der Beklagte, ca. 350 Bewerbungen erhalten. Bei Sichtung der Unterlagen sei die Schwerbehinderung des Klägers übersehen worden. Unmittelbar nach Entdeckung des Irrtums und noch vor Entscheidung über die Stellenbesetzung sei der Kläger wieder in das Bewerbungsverfahren eingebunden worden. Im Rahmen des Bewerbungsgesprächs am 20.12.2002 habe der Kläger jedoch einen desolaten Eindruck hinterlassen. Große Teile der anfallenden künftigen Aufgaben habe der Kläger in der Vergangenheit selbst noch nicht wahrgenommen gehabt. Der Kläger selbst habe große Bedenken geäußert, ob er der Aufgabe gewachsen sei, die Einführung eines Gehaltsabrechnungssystems unter SAP, die unmittelbar nach der Einstellung angestanden habe, als Organisationsreferent zu begleiten. Was die Qualifikation des Klägers angehe, so sei offensichtlich, dass er nicht über die notwendigen Kenntnisse für die ausgeschriebene Stelle verfüge. Soweit der Kläger darauf verweise, dass er 15 Jahre vornehmlich als Sachbearbeiter im Bankenbereich mit Schwerpunkt Organisation tätig gewesen sei, sei dies unbeachtlich. Er, der Beklagte, habe keinen Sachbearbeiter gesucht, sondern einen allein- verantwortlichen Organisationsreferenten für den Gesamtverband. Profil und Bezeichnung dieser Position seien in der Stellenausschreibung deutlich angesprochen worden. Ein Sachbearbeiter könne dieses Profil nicht erfüllen. Offensichtlich sei, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Behinderung des Klägers und der Ablehnung nicht bestehe. Er, der Beklagte, habe in Unkenntnis der Behinderung dem Kläger schon aufgrund der "Papierform" abgesagt. Aus der Luft gegriffen sei die Behauptung, er, der Beklagte, habe keinen Schwerbehinderten einstellen wollen. Die Bewerbung des Klägers sei nur deswegen nicht berücksichtigt worden, weil er weder aufgrund seiner Fähigkeiten noch aufgrund seiner Erfahrungen für die Stelle in Betracht gekommen sei. Die Mitbewerberin des Klägers, der mit Schreiben vom 14.01.2003 eine Einstellungszusage zum 01.03.2003 erteilt worden sei, verfüge über ein abgeschlossenes Informatikstudium und sei vor dem Hintergrund ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit sowie ihrer Kenntnisse in SAP für die ausgeschriebene Stelle in besonderer Weise geeignet gewesen.

Durch Urteil vom 07.11.2003 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung, die dem Kläger am 19.11.2003 zugestellt worden ist, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, die am 08.12.2003 einschließlich Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, der Beklagte sei zur Zahlung einer Entschädigung gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX verpflichtet. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts ergebe sich aus dem Lebenslauf der letztlich eingestellten Bewerberin keine bessere Qualifizierung für die ausgeschriebene Position als diejenige, die durch ihn, den Kläger, vorgewiesen werde. Er, der Kläger, erfülle sämtliche in der Stellenanzeige vom 16.11.2002 aufgelisteten Kriterien. Im übrigen sei es dem Beklagten verwehrt, sich auf sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung schwerbehinderter Menschen zu berufen, die er dem betroffenen Bewerber bei seiner Unterrichtung nach § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nicht mitgeteilt habe. Der Beklagte sei an die mit Schreiben vom 13.01.2003 mitgeteilten Ablehnungsgründe gebunden.

Er, der Kläger, habe auch Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten ließen. Der Beklagte habe ihm mit Schreiben vom 30.11.2002 seine Bewerbungsunterlagen mit einer ablehnenden Entscheidung übersandt. Zu diesem Zeitpunkt sei weder eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt, noch habe der Beklagte davon Kenntnis genommen, dass er Schwerbehinderter im Sinne des Gesetzes sei. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass nachträglich sowohl ein Bewerbungsgespräch als auch eine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung stattgefunden habe. Hierdurch habe die eingetretene Benachteiligung nicht mehr geheilt werden können. Dementsprechend trage der Beklagte die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt hätten. Nach wie vor fehle es an Darlegungen und Beweisen des Beklagten, warum die letztlich eingestellte Bewerberin dem Qualifikationsprofil besser als er, der Kläger, entspreche.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Münster abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 8.889,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2003 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Kläger habe keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen. Allein der Umstand, dass der Kläger zunächst nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, könne diese Vermutung nicht begründen. Das Bewerbungsverfahren sei zum Zeitpunkt der Ablehnung noch nicht abgeschlossen gewesen. Bis zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens sei die Bewerbung des Klägers entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen behandelt worden. Er, der Beklagte, habe sich ernsthaft mit der Bewerbung des Klägers auseinandergesetzt und mit ihm ein Bewerbungsgespräch geführt. Dies sei nicht einmal mit allen Bewerbern geschehen. Auch die Schwerbehindertenvertretung sei beteiligt worden.

Das angefochtene Urteil sei auch insoweit unangreifbar, als es zum Ergebnis komme, dass die schließlich ausgewählte Bewerberin eindeutig geeigneter als der Kläger gewesen sei. Ein Vergleich zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Bewerberprofil des Klägers zeige offensichtlich, dass er für die zu besetzende Position objektiv nicht in Betracht komme. Der Kläger könne sich nicht ernsthaft mit der letztlich eingestellten Bewerberin vergleichen, die nicht nur über ein abgeschlossenes Informatikstudium verfüge, im Gegensatz zum Kläger also eine Hochschulausbildung besitze, sondern aufgrund ihrer Vorbeschäftigung bereits langjährige und einschlägige Erfahrungen in genau dem Arbeitsbereich habe sammeln können, den er, der Beklagte, besetzen wolle. Der Kläger habe lediglich über Erfahrungen als Sachbearbeiter verfügt und zu keinem Zeitpunkt in seiner beruflichen Laufbahn eine leitende Funktion wahrgenommen.

Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 19.02.2003 helfe nicht weiter. Er, der Beklagte, habe dem Kläger nicht nur mitgeteilt, dass er nicht eingestellt werde, sondern auch den Grund dafür, weil nämlich andere Bewerbungen vorgelegen hätten, die die Voraussetzungen in besonderer Weise erfüllten bzw. dass ein anderer Bewerber die besonderen Voraussetzungen für die Besetzung der Stelle in noch ausgeprägterer Weise zu erfüllen scheine. Dass eine höfliche Formulierung für die Absage gewählt worden sei, sei rechtlich ohne Bedeutung. In beiden Absageschreiben befinde sich ein Hinweis auf besser qualifizierte Bewerberinnen bzw. Bewerber. Genau hierauf habe er, der Beklagte, sich im vorliegenden Rechtsstreit bezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung. Denn die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 SGB IX sind nicht gegeben.

1. Gemäß § 81 Abs. 2 S. 1 SGB IX dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Gemäß § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1 SGB IX bedeutet dies, dass ein schwerbehinderter Beschäftigter bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder Kündigung, nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Macht der schwerbehinderte Beschäftigte im Streitfall Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für diese Tätigkeit ist. § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 2 regelt weiter, dass der benachteiligte schwerbehinderte Bewerber eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann, sobald gegen das in § 81 Abs. 2 Ziff. 1 SGB IX geregelte Benachteiligungsverbot bei der Begründung eines Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses verstoßen wird. Ein Anspruch auf Begründung eines Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses besteht dagegen nicht. Wäre ein schwerbehinderter Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden, so leistet der Arbeitgeber gem. § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 3 SGB IX eine angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten.

2. Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Bestimmungen ist der Beklagte nicht zur Zahlung einer Entschädigung gemäß § 81 Abs. 2 SGB IX verpflichtet. Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Beklagte den Kläger wegen seiner Behinderung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen des § 81 Abs. 2 SGB IX benachteiligt hat.

a) Der Einwand des Beklagten, die letztlich eingestellte Mitbewerberin sei besser geeignet gewesen, schließt allerdings eine Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 81 Abs. 2 SGB IX nicht grundsätzlich aus. Denn nicht allein der bestplatzierte Bewerber kann benachteiligt sein, wie insbesondere die Regelungen in § 81 Abs. 2 S. 2 Ziff. 3 SGB IX belegen. Danach erhalten Bewerber, die auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wären, eine angemessene Entschädigung in Höhe von höchstens drei Monatsverdiensten.

b) Eine Benachteiligung im Sinne des § 81 Abs. 2 SGB IX ist jedoch nur dann gegeben, wenn Personen, die an sich für die Tätigkeit geeignet wären, von vornherein wegen ihrer Schwerbehinderung nicht für die Einstellung in Betracht gezogen werden (vgl. BAG, Urteil vom 05.02.2004 - 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540, 544 m.w.N. zur vergleichbaren Problematik geschlechtsbezogener Diskriminierung bei der Einstellung). An dieser Voraussetzung fehlt es nach Auffassung der Kammer im Zusammenhang mit der abgelehnten Bewerbung des Klägers um die vom Beklagten ausgeschriebene Stelle eines Organisationsreferenten.

aa) Ausweislich der Ausschreibung in der FAZ vom 16.11.2002 erfordert die Stelle unter anderem "ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit den Schwerpunkten Organisation/Personal oder eine kaufmännische Ausbildung mit entsprechender Weiterentwicklung". Dieses Anforderungsprofil erfüllt der Kläger ganz offensichtlich nicht. Ausweislich seines Lebenslaufes hat er weder ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit den Schwerpunkten Organisation/Personal noch ein anderes Hochschulstudium vorzuweisen. Vielmehr hat er die Schule mit dem Hauptschulabschluss beendet und nach Besuch der Höheren Handelsschule eine Ausbildung als Bankkaufmann abgeschlossen. Die kaufmännische Ausbildung allein lässt jedoch keinen Rückschluss darauf zu, dass er für die ausgeschriebene Stelle an sich geeignet ist. Denn nach dem Anforderungsprofil wird vorausgesetzt, dass ein Bewerber ohne Studium eine kaufmännische Ausbildung "mit entsprechender Weiterentwicklung" vorweisen kann. Gefordert wird also eine berufliche Weiterentwicklung, die einem "wirtschaftswissenschaftlichen Studium mit den Schwerpunkten Organisation/Personal" entspricht. Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass der Kläger sich beruflich in dieser Weise weiterentwickelt hat, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der berufliche Werdegang des Klägers belegt, dass er nach Ausbildung zum Bankkaufmann ausschließlich als Sachbearbeiter bei verschiedenen Banken bzw. Sparkassen tätig war. Dass der Kläger berufliche Qualifizierungs- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen durchlaufen hat, die die Annahme rechtfertigen, seine Qualifikation entspreche einem Bewerber mit Hochschulstudium, lässt sich seinem Lebenslauf sowie seinem sonstigen Vorbringen im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht entnehmen.

bb) Erfüllt der Kläger damit ganz offensichtlich nicht das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle, ist er also für die ausgeschriebene Stelle von vornherein nicht geeignet, so kann in der Ablehnung der Bewerbung durch den Beklagten keine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung des Klägers gesehen werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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