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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 257/06
Rechtsgebiete: RTV für Arbeitnehmer der Verkehrsbetriebe, TV zur Überleitung vom Rahmentarifvertrag


Vorschriften:

RTV für Arbeitnehmer der Verkehrsbetriebe M1xxxx-R6xxxxxxxx GmbH vom 25.04.1991
TV zur Überleitung vom Rahmentarifvertrag in den Spartentarifvertrag TV-N NW bei der Verkehrsbetriebe M1xxxx-R6xxxxxxxx GmbH
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 10.01.2006 - 3 Ca 2093/04 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 691,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 1/10, der Kläger 9/10.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung eines tarifvertraglichen Weihnachtsgeldes und um Jubiläumsgeld.

Der am 13.07.1943 geborene Kläger war 38 Jahre lang als Omnibusfahrer bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis, das seit dem 31.07.2003 beendet ist, fand der Rahmentarifvertrag für Arbeitnehmer der V1xxxxxxxxxxxxxx M2xxxx-R2xxxxxxxx GmbH H4xxxxx vom 25.04.1991, gültig ab dem 01.01.1991 Anwendung (im Folgenden: RTV). Wegen der Regelungen hinsichtlich der Zahlung von Weihnachtsgeld und Jubiläumsgeld wird auf §§ 13, 14 des RTV Bezug genommen (Bl. 90 f. d.A). § 24 des RTV sah eine Verfallfrist vor, wonach Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwei Monate nach Vertragsende schriftlich geltend gemacht werden müssen.

Mit Datum vom 28.09.2000 schlossen die Parteien eine Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit im sogenannten Blockmodell. Wegen der Einzelheiten dieser Vereinbarung wird auf Bl. 7 - 10 d.A. Bezug genommen. Die Arbeitsphase des Klägers dauerte danach vom 01.10.2000 bis zum 28.02.2002, die Freizeitphase vom 01.03.2002 bis zum 31.07.2003. Anlässlich des Abschlusses der Altersteilzeitvereinbarung wurde dem Kläger eine "Übersicht über die zu erwartenden Altersteilzeitbezüge" ausgehändigt. Wegen der Einzelheiten dieser Übersicht wird auf Bl. 11 f. d.A. verwiesen. Grundlage der Altersteilzeitvereinbarung war die Betriebsvereinbarung zur Förderung der Altersteilzeit vom 12.02.2001.

Am 01.07.2002 trat für die Beschäftigten der Beklagten der "Tarifvertrag zur Überleitung vom Rahmentarifvertrag in den Spartentarifvertrag TV-N NW bei der V1xxxxxxxxxxxxxx M2xxxx-R2xxxxxxxx GmbH" (im Folgenden: Überleitungstarifvertrag) in Kraft. § 2 des Überleitungstarifvertrages lautet wie folgt:

§ 2

Mitgliedschaft im kommunalem Arbeitgeberverband

"Die V1xxxxxxxxxxxxxx M2xxxx-R2xxxxxxxx GmbH wird bis zum 30. Juni 2002 Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband NW. Dies ist Voraussetzung um den Tarifvertrag Nahverkehr TV-N NW mit den folgenden Regelungen: Abweichungen § 3, Überleitungsregelungen § 4, Übergangsregelungen § 5 und Überbrückungsgeld § 6 anzuwenden."

Wegen der Einzelheiten des Überleitungstarifvertrages wird auf Bl. 17 ff. d. Akte verwiesen.

Unter dem Datum des 15.07.2002 schloss der im Betrieb der Beklagten gewählte Betriebsrat mit der Beklagten eine "Betriebsvereinbarung zu § 5 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Überleitung des RTV VMR in den Spartentarifvertrag TV-N NW bei der VMR GmbH", die in § 3 folgende Regelung enthält:

§ 3

Jubiläumsgeld

"Die Arbeitnehmer erhalten für langjährige treue Dienste am Tage der Vollendung einer Dienstzeit:

von 10 Jahren 300,00 €

von 25 Jahren 600,00 €

von 40 Jahren 1.200,00 €".

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 92 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit vorliegender Klage, die am 24.12.2004 beim Arbeitsgericht Herford einging, verlangt der Kläger Zahlung von Weihnachtsgeld in Höhe von 768,00 € für 2003 und von Jubiläumsgeld in Höhe von 6.056,25 €. Zur Begründung hat er vorgetragen, die von ihm geltend gemachten Ansprüche hätten ihm nach dem RTV zugestanden. Dieser Tarifvertrag sei wirksam durch den Überleitungstarifvertrag in den sogenannten Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe vom 25.05.2001 übergeleitet worden. Nach § 3 des Überleitungstarifvertrages habe er, der Kläger, weiterhin den Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2003. Nach § 5 des Überleitungstarifvertrages i.V.m. §§ 18, 25 des Spartentarifvertrages habe ihm beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis das Jubiläumsgeld zugestanden. Er, der Kläger, habe diese Ansprüche rechtzeitig im Sinne der genannten Tarifverträge geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.824,25 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.08.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31.07.2003 keinen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes. Gemäß § 17 des Spartentarifvertrages in Verbindung mit den Regelungen des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 sei Voraussetzung hierfür der Bestand des Arbeitsverhältnisses am 01.12. des jeweiligen Jahres.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes. Nach § 5 des Überleitungstarifvertrages bzw. § 18 des Spartentarifvertrages könne die Zahlung eines Jubiläumsgeldes in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Dies sei durch die Betriebsvereinbarung vom 15.07.2002 mit Wirkung zum 01.07.2002 geschehen. Danach habe der Mitarbeiter nach dem 25jährigen Dienstjubiläum erst am Tage der Vollendung einer Dienstzeit von 40 Jahren wieder einen Anspruch auf Jubiläumsgeld. Da der Kläger nach 38 Dienstjahren ausgeschieden sei, erfülle er diese Voraussetzung nicht.

Schließlich habe der Kläger die tarifliche Verfallfrist nicht beachtet. Sein Aufforderungsschreiben vom 30.09.2003 sei am 02.10.2003 und damit außerhalb der Zweimonatsfrist bei ihr, der Beklagten, eingegangen.

Durch Urteil vom 10.01.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil, das dem Kläger am 13.01.2006 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 13.02.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.04.2006 - am 13.04.2006 begründet worden ist.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, er habe Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtszuwendung und des Jubiläumsgeldes. Er, der Kläger, sei der Auffassung, der Betriebsrat sei nicht befugt gewesen, die Bezugsbedingungen für das Jubiläumsgeld derartig tiefgreifend neu zu regeln, ohne eine Übergangsbestimmung zu vereinbaren. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass er, der Kläger, sich zur Zeit des Inkrafttretens der Betriebsvereinbarung vom 15.07.2002 bereits in der Freistellungsphase befunden habe. Die Betriebsvereinbarung vom 15.07.2002 sei als unverhältnismäßig anzusehen, zumindest insofern, als sie praktisch rückwirkend einen vom ihm, dem Kläger, nicht mehr beeinflussbaren Sachverhalt neu geregelt habe. Die Schwere des Eingriffs in die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung bereits bestehenden Ansprüche zeige sich auch darin, dass der Überleitungstarifvertrag ausdrücklich in der Präambel günstigere betriebliche Regelungen erhalten wissen wolle. Diesem Grundsatz sei die Betriebsvereinbarung nicht gerecht geworden. Er, der Kläger, habe einen Anspruch auf Zahlung von Jubiläumsgeld bereits vor Erreichen einer 40jährigen Dienstzeit wegen der Regelung in § 14 Abs. 2 des Rahmentarifvertrages für praktisch jeden Fall eines nicht selbst verschuldeten oder veranlassten Ausscheidens erworben, weil er vor dem Jahre 1984 eingestellt worden sei, und habe damit zumindest das abgestufte Jubiläumsgeld seit dem 35. Dienstjahr erwarten dürfen.

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien die von ihm, dem Kläger, geltend gemachten Ansprüche jedenfalls auf vertraglicher Grundlage gegeben. Auch wenn in der "Übersicht über die zu erwartenden Altersteilzeitbezüge" der Begriff "Garantieleistung" nicht benutzt worden sei, sei doch für die Beklagte erkennbar die Gesamtleistung über den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit für ihn, den Kläger, Geschäftsgrundlage gewesen. Gleiches habe für die Beklagte gegolten, die mit der Gesamtrechung erst die Möglichkeit für ihn geschaffen habe, trotz der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit das Für und Wider der Altersteilzeitregelung abzuwägen. Die Beklagte habe nicht darauf hingewiesen, dass die Zahlen unverbindlich oder unter weiteren Vorbehalten genannt seien, sondern sie als Entscheidungsgrundlage dargestellt.

Die von ihm geltend gemachten Zahlungsansprüche seien auch nicht verfallen. Das Geltendmachungsschreiben vom 30.09.2003 sei einerseits per Post, andererseits per Fax am 30.09.2003 an die Beklagte versandt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 10.01.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.824,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, die vom Kläger geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls verfallen. Der Kläger habe die Ansprüche nicht rechtzeitig schriftlich geltend gemacht. Das Postexemplar sei am 02.10.2003 und damit verfristet bei ihr eingegangen. Ein Faxschreiben habe sie, die Beklagte, nicht erhalten. Der Kläger habe eine nicht zutreffende Faxnummer verwendet.

Auch der Sache nach seien die vom Kläger geltend gemachten Forderungen nicht begründet. Die Ansprüche auf Zahlung von Weihnachts- und Jubiläumsgeld seien im sogenannten RTV geregelt gewesen. Im Jahre 2002 sei ein Überleitungstarifvertrag geschlossen worden, der in § 5 eine Übergangsregelung enthalte. Schließlich sei 2002 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden. Danach seien das Jubiläumsgeld sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld entfallen. Zu Recht habe das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass unabhängig von der Günstigkeit ein neuer Tarifvertrag einen älteren Tarifvertrag ablösen könne. Gleiches gelte für eine Betriebsvereinbarung, zumal § 18 des Spartentarifvertrages eine entsprechende Öffnungsklausel für derartige Betriebsvereinbarungen enthalte. Unerheblich sei, ob Mitarbeiter, wie der Kläger, die in den Anwendungsbereich der Tarifverträge bzw. Betriebsvereinbarung fielen, zu einem bestimmten Zeitpunkt in Altersteilzeit seien oder nicht. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht verletzt.

Der Kläger habe auch keine vertraglichen Ansprüche auf Zahlung von Weihnachts- und Jubiläumsgeld. Der Altersteilzeitvertrag enthalte zu den hier in Rede stehenden Forderungen keine Regelungen. Die dem Kläger seinerzeit ausgehändigte "Übersicht" habe nur mitteilen wollen, welche Ansprüche nach den seinerzeit geltenden tarifvertraglichen Regelungen zu erwarten gewesen seien. Diese Darstellung sei auch korrekt gewesen. Eine eigenständige Zahlungsverpflichtung für den Fall, dass bei der konkreten Betroffenheit des Klägers sich eine Verschlechterung ergebe, habe sie, die Beklagte nicht abgeben können und wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung teilweise Erfolg. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Zuwendung für das Jahr 2003 in Höhe von 691,20 € nebst Zinsen im zuerkannten Umfang. Wegen der weitergehenden Forderungen auf Zahlung einer Zuwendung und wegen des geltend gemachten Jubiläumsgeldes war die Berufung zurückzuweisen.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung in Höhe von 691,20 €. Dieser Anspruch folgt aus § 17 des kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Spartentarifvertrages Nahverkehrsbetriebe vom 25.05.2001 i.V.m. den Regelungen des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973.

a) Ursprünglich fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der sog. RTV kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Danach stand dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2003 gem. § 13 Ziff. 3 RTV ein anteiliger Anspruch auf Weihnachtsgeld in Höhe von 7/12 des Jahresanspruchs zu. Durch den Überleitungstarifvertrag wurde unter Ablösung des genannten RTV der sogenannte Spartentarifvertrag Nahverkehr auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gebracht, der mit gewissen Einschränkungen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar war.

b) Unter Berücksichtigung dieser tariflichen Regelungen hat der Kläger Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung in Höhe von 691,20 €.

aa) Zwar ist das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 31.07.2003 beendet worden. Der Kläger erfüllt damit nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973. Denn er stand am 01.12.2003 nicht im Arbeitsverhältnis zur Beklagten.

bb) Allerdings erfüllt der Kläger die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Ziff. 1 c) des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat am 31.07.2003 und damit spätestens mit Ablauf des 30.11.2003 geendet. Der Kläger hat auch von Beginn des Kalenderjahres 2003 an ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden und nach Ableistung der Altersteilzeit bestehend aus der Arbeitsphase vom 01.10.2000 bis zum 28.02.2002 sowie der Freizeitphase vom 01.03.2002 bis zum 31.07.2003 die Rente nach Altersteilzeit gem. § 38 SGB VI in Anspruch genommen. Unter diesen Voraussetzungen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung, deren Höhe sich nach § 2 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 errechnet. Danach steht dem Kläger eine Zuwendung von 7/12 der Zuwendung für das Jahr 2003 zu. Unter Berücksichtigung der Kürzungsregelung in § 3 Abs. 1 des Überleitungstarifvertrages errechnet sich danach eine Zuwendung zugunsten des Klägers von 90 % des ungekürzten anteiligen Anspruchs von 768,00 € entsprechend dem zugesprochenen Betrag von 691,20 €.

c) Der Kläger hat den Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung für das Jahr 2003 rechtzeitig im Sinne der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren tariflichen Regelungen geltend gemacht. Nach den Bestimmungen des Überleitungstarifvertrages fand auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung vom 01.07.2002 der sogenannte Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe vom 25.05.2001 mit gewissen Ausnahmen Anwendung. Hinsichtlich der Ausschlussfristen finden sich im Überleitungstarifvertrag keine Sonderregelungen, so dass § 21 des Spartentarifvertrages Nahverkehrsbetriebe seit dem 01.07.2002 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar war. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Arbeitsvertragspartner geltend gemacht werden. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass der Kläger den Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung mit Schreiben vom 30.09.2003, welches der Beklagten am 02.10.2003 zugegangen ist, geltend gemacht hat. Damit ist den Anforderungen des § 21 des Spartentarifvertrages Nahverkehrsbetriebe Genüge getan.

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes von 6.056,25 €. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Ursprünglich fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien § 14 des RTV Anwendung. Danach stand dem Kläger bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen ein Jubiläumsgeld zu. Gem. § 5 Ziffer 2 b des Überleitungstarifvertrages galten die im Betrieb der Beklagten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages geltenden Bestimmungen über die Zahlung eines Jubiläumsgeldes bis zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über ein Jubiläumsgeld nach fort. § 18 des im Übrigen seit dem 01.07.2002 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Spartentarifvertrages Nahverkehrsbetriebe bestimmt in diesem Zusammenhang, dass dem Arbeitnehmer bei langjähriger Betriebszugehörigkeit "ein Jubiläumsgeld" gewährt werden kann. Gem. § 18 Abs. 1 S. 2 des genannten Spartentarifvertrages werden Voraussetzungen und Höhe des Jubiläumsgeldes in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren tariflichen Regelungen enthalten damit eine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen, die hinsichtlich der Voraussetzungen und Höhe eines zu zahlenden Jubiläumsgeldes keine Beschränkungen enthält.

b) Gestützt auf die oben genannte Öffnungsklausel hat die Beklagte mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat am 15.07.2002 eine "Betriebsvereinbarung zu § 5 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Überleitung des RTV VMR in den Spartentarifvertrag TV-N NW bei der VMR GmbH" geschlossen. Damit waren die Voraussetzungen des § 5 Ziff. 2 b des Überleitungstarifvertrages über eine Fortgeltung der im Betrieb der Beklagten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Überleitungstarifvertrages geltenden Bestimmungen über die Zahlung eines Jubiläumsgeldes entfallen. Mit Wirkung vom 01.07.2002 galten insoweit nur noch die Regelungen der genannten Betriebsvereinbarung. Die dort unter § 3 aufgestellten Voraussetzungen zur Zahlung eines Jubiläumsgeldes erfüllt der Kläger unstreitig nicht. Denn er hat eine Dienstzeit von 40 Jahren nicht vollendet.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers galten die Regelungen über die Zahlung eines Jubiläumsgeldes in § 14 des RTV für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht weiter. Vielmehr ist dieser Tarifvertrag durch den genannten Überleitungstarifvertrag sowie den Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe mit den genannten Einschränkungen abgelöst worden. Rechtliche Bedenken hiergegen sind nicht begründet.

aa) Tarifvertragliche Regelungen, wie der RTV vom 25.04.1991, tragen auch während ihrer Laufzeit den immanenten Vorbehalt ihrer rückwirkenden Abänderbarkeit durch Tarifvertrag in sich. Dies gilt auch für bereits entstandene und fällig gewordene, aber noch nicht abgewickelte Ansprüche, die aus einer Tarifnorm folgen; diese genießen grundsätzlich keinen Sonderschutz gegen eine rückwirkende Veränderung. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien durch rückwirkende Änderungen ist aber durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt; es gelten insoweit die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BAG, Urteil vom 23.11.1994 - 4 ARZ 879/93 -, DB 1995, 778 m.w.N.).

bb) Angesichts dessen waren die Tarifvertragsparteien nicht gehindert, § 14 des RTV vom 25.04.1991 durch § 5 Abs. 2 b des Überleitungstarifvertrages dahingehend zu ändern, dass seine Bestimmungen nur solange fortgalten, bis hierüber eine Betriebsvereinbarung geschlossen wurde, für die in § 18 Abs. 1 des Spartentarifvertrages Nahverkehrsbetriebe eine Öffnungsklausel geschaffen worden war. Mit Inkrafttreten des Überleitungstarifvertrages am 01.07.2002 galten für das Arbeitsverhältnis des Klägers die Regelungen in § 14 des RTV nur noch nach Maßgabe der Übergangsregelungen in § 5 des Überleitungstarifvertrages weiter. Der Kläger musste seit diesem Zeitpunkt damit rechnen, dass der Betriebsrat mit der Beklagten eine Betriebsvereinbarung über die Zahlung eines Jubiläumsgeldes unter Ausnutzung der Öffnungsklausel in § 18 des Spartentarifvertrages Nahverkehr abschließen würde. Da § 18 Abs. 1 des Spartentarifvertrages Nahverkehr keine Beschränkungen bei den Voraussetzungen und der Höhe des in einer Betriebsvereinbarung zu regelnden Jubiläumsgeldes vorsieht, musste er auch damit rechnen, dass die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung Regelungen treffen würden, nach denen er keinen Anspruch auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes im Falle des Ausscheidens zum 31.07.2003 haben würde. Auch unter Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes bestehen hiergegen keine rechtlichen Bedenken.

(1) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Überleitungstarifvertrages sowie der Betriebsvereinbarung zu § 5 Abs. 2 des Überleitungstarifvertrages am 01.07.2002 war ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Jubiläumsgeldes noch nicht entstanden. Gemäß § 14 des RTV war ein solcher Anspruch frühestens am Tage der Vollendung der jeweiligen Dienstzeit bzw. unter bestimmten Voraussetzungen bei Ausscheiden gegeben. Danach war ein Anspruch des Klägers im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelungen zum Jubiläumsgeld weder nach § 14 Ziff. 1 noch nach § 14 Ziff. 2 des RTV gegeben. § 14 Ziff. 1 RTV verlangt die Vollendung einer Dienstzeit von 40 Jahren, die der Kläger nicht aufweisen kann. § 14 Ziff. 2 RTV setzt das Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten sowie die Vollendung bestimmter Dienstzeiten voraus. Auch danach war am 15.07.2002 ein Anspruch des Klägers nicht gegeben. Denn zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch nicht aus den Diensten der Beklagten ausgeschieden.

Der Kläger besaß am 15.07.2002 auch noch keine rechtlich geschützte Anwartschaft auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes. Zwar hatte der Kläger in diesem Zeitpunkt bereits einen Teil der Betriebstreue erbracht, zu welcher das Jubiläumsgeld einen Anreiz bieten sollte. Gleichwohl hatte der Kläger am 15.07.2002 noch keinen rechtlich geschützten Besitzstand auf Zahlung des Jubiläumsgeldes erworben. Anders als bei Versorgungsrechten im Bereich der betrieblichen Altersversorgung kann bei einem Jubiläumsgeld nicht von einem bereits erdienten Teil des Rechts gesprochen werden. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, die für Versorgungsansprüche entwickelten Regeln auch für Ansprüche auf andere Sozialleistungen in Betracht zu ziehen. Dennoch können die vom Bundesarbeitsgericht für die Änderung betrieblicher Versorgungsordnungen entwickelten Grundsätze nicht auf die in Frage stehende Zahlung eines Jubiläumsgeldes übertragen werden. Zwischen betrieblichen Versorgungsleistungen und einem Jubiläumsgeld bestehen entscheidende Unterschiede. Zum einen wächst bei einer betrieblichen Altersversorgung eine Anwartschaft während des Arbeitsverhältnisses über Jahre hinweg beständig an. Die "Vorleistung" an Betriebstreue, die ein Arbeitnehmer in Erwartung der betrieblichen Altersversorgung erbringt und deren Gegenleistung nicht nachträglich entwertet werden darf, erstreckt sich regelmäßig über Jahre. Zum anderen ist die Versorgungsanwartschaft eines Arbeitnehmers für dessen Lebensunterhalt regelmäßig von großer Bedeutung. Aufgrund der Erwartung einer betrieblichen Altersversorgung trifft der Arbeitnehmer häufig langfristige Dispositionen (vgl. BAG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 AZR 573/01 -, NZA 2003, 393 ff. m.w.N.). Bei einem Jubiläumsgeld kommen diese Gesichtspunkte nicht zum Tragen. Wegen dieser Besonderheiten sind Versorgungsanwartschaften nach Maßgabe des § 1 BetrAVG im Falle des vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers gegen den Verfall geschützt. Eine entsprechende Unverfallbarkeitsregelung gibt es für Jubiläumsgelder nicht.

(2) Hatte der Kläger im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Bestimmungen über die Zahlung eines Jubiläumsgelds am 15.07.2002 noch keinen Anspruch bzw. rechtlich geschützte Anwartschaft auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes gem. § 14 RTV erworben, war die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien bzw. der Betriebspartner durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht beschränkt. Der Kläger musste damit rechnen, dass die Regelungen des auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren RTV während seiner Laufzeit geändert und möglicherweise für die Zukunft verschlechtert würden. Hierbei ist es unerheblich, dass die tariflichen Regelungen in § 14 RTV letztlich erst durch § 3 der "Betriebsvereinbarung zu § 5 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Überleitung des RTV VMR in den Spartentarifvertrag TV-N NW bei der VMR GmbH" vom 15.07.2002 zu Lasten des Klägers verschlechtert wurden. Die Beklagte und die Dienstleistungsgewerkschaft verdi. als Rechtsnachfolgerin der Gewerkschaft ÖTV, welche den RTV abgeschlossen hatten, hätten die Voraussetzungen, unter denen Arbeitnehmer der Beklagten künftig Anspruch auf ein Jubiläumsgeld hatten, auch direkt im Überleitungstarifvertrag regeln können. Diesen Weg haben die Parteien des RTV nicht beschritten, sondern in § 5 Ziff. 2 b) in Einklang mit § 18 des Spartentarifvertrages Nahverkehr eine Öffnungsklausel für dahingehende Regelungen der Betriebsparteien geschaffen, die keine Beschränkungen hinsichtlich der Voraussetzungen und der Höhe eines evtl. Jubiläumsgeldes enthält. Sie haben damit die Neuregelung dieses Bereiches, die sie selbst hätten vornehmen können, den Betriebsparteien überlassen. Hiergegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Soweit die Dienstleistungsgewerkschaft verdi. und die Beklagte in der Lage waren, die Regelungen über die Zahlung eines Jubiläumsgeldes in § 14 des RTV auch zu Lasten des Klägers durch eine neue tarifliche Regelung zu ändern, waren sie auch berechtigt, durch Schaffung einer Öffnungsklausel diese Befugnisse den Betriebsparteien zu überlassen.

d) Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Jubiläumsgeldes ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung der Parteien über Altersteilzeit vom 25.09.2000 i.V.m. der "Übersicht über die zu erwartenden Altersteilzeitbezüge". Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Altersteilzeitarbeitsvertrag zum fraglichen Jubiläumsgeld keine Regelungen enthält. Auch durch die "Übersicht über die zu erwartenden Altersteilzeitbezüge" wird ein dahingehender Anspruch des Klägers nicht begründet. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte außerhalb der tarifvertraglichen Regelungen eine eigenständige Verpflichtung dahingehend eingehen wollte, ein Jubiläumsgeld unabhängig davon zu zahlen, ob die tarifvertragliche Voraussetzung in der Person des Klägers hierfür erfüllt waren, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Durch die genannte Übersicht ist dem Kläger nur mitgeteilt worden, welche Leistungen er nach dem bei Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrages geltenden tarifvertraglichen Regelungen zu erwarten hatte. Eine eigenständige Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger ein Jubiläumsgeld zu zahlen, falls die tarifvertraglichen Regelungen sich zu seinen Ungunsten ändern sollten, kann darin nicht gesehen werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Die Kammer hat die Revision für den Kläger gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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