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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.09.2008
Aktenzeichen: 15 Sa 490/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.11.2007 - 2 Ca 1962/07 - teilweise abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Streitwert beträgt 16.450,-- Euro.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, ersatzweise fristgerecht ausgesprochenen Kündigung, um Weiterbeschäftigung sowie um die Entfernung zweier Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.

Der am 06.11.1967 in Pakistan geborene Kläger war seit dem 10.05.1999 bei der Beklagten als Bandarbeiter beschäftigt. Er war zuletzt im Betrieb der Beklagten in B1 eingesetzt, in dem für die Fa. O2 Autositze produziert werden. Bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, ist ein Betriebsrat gewählt. Während der Kläger sein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt mit 2.350,-- Euro beziffert hat, hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe bei einer Arbeitszeit von vierzig Stunden pro Woche 2.067,47 Euro brutto pro Monat erhalten.

Mit Schreiben vom 07.01.2004 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, die folgenden Inhalt hat:

"Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens

Sehr geehrter Herr M1,

vom 05.12.03 bis einschließlich 19.12.03 waren Sie laut Bescheinigung Ihres behandelnden Arztes arbeitsunfähig krank. Seither fehlen Sie unentschuldigt. Es liegt uns keine weitere Bescheinigung und auch kein unterschriebener und somit gültiger Urlaubsantrag vor.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass geplanter Betriebsurlaub nicht automatisch nach Beendigung von Arbeitsunfähigkeit als gewährt gilt. Hierzu bedarf es auf jeden Fall eines gültigen Urlaubsantrages. Vielmehr sind Sie dazu verpflichtet, Ihren Arbeitgeber in dem Fall darüber zu informieren, dass Sie wieder arbeitsfähig und somit urlaubsfähig sind. Das gilt selbstverständlich auch für Betriebsferien. Sie sind verpflichtet, einen erneuten Urlaubsantrag zu stellen. Es obliegt der Entscheidung des Arbeitgebers, ob er Ihnen dann Urlaub gewährt oder ob Sie zunächst die Arbeit wieder aufnehmen müssen. Erst wenn der Arbeitgeber Ihnen zusagt, dass Sie den Urlaub nehmen können, gilt er als gewährt. Sie sollten in solch einem Fall zumindest telefonisch mit Ihrem Vorgesetzten oder, falls dieser nicht erreichbar ist, mit der Personalabteilung Kontakt aufnehmen.

Wir sind nicht gewillt, diesbezügliche Nachlässigkeiten zu akzeptieren und erteilen Ihnen hiermit eine Schriftliche Abmahnung Gleichzeitig fordern wir Sie auf, künftig in solchen oder ähnlichen Fällen mehr Sorgfalt walten zu lassen und Ihren vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß und uneingeschränkt nachzukommen.

Im Übrigen ist ein entsprechender Hinweis auf Seite 33 unserer Betriebsordnung zum Thema "Urlaub" nachzulesen. Sie haben die Betriebsordnung am 09. November 2000 erhalten und sich mit Ihrer Unterschrift verpflichtet, diese gewissenhaft durchzulesen. Wenn sich Fragen hierzu ergeben, sind wir selbstverständlich gern bereit, Ihnen diese zu beantworten. Sie erhalten beigefügt erneut eine Betriebsordnung und wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass Sie im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.

Mit freundlichen Grüßen"

Mit Schreiben vom 04.10.2004 erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung, die folgt lautet:

"Abmahnung

Sehr geehrter Herr M1,

am Dienstag, 28. September 2004 wurde uns die Kopie eines Flugtickets, ausgestellt auf Ihren Namen, zur Kenntnis gebracht. Daraus geht hervor, dass Sie am 01. Dezember 2003 dieses Ticket für einen Flug am 07.12.2003 von Düsseldorf nach Lahore über Dubai gebucht haben mit dem Rückflugtermin 18. Januar 2004.

Dieser Umstand alleine wäre für uns sicher kein Grund, uns damit zu beschäftigen. Tatsache ist jedoch, dass Sie zum Zeitpunkt der Buchung am 01. Dezember 2003 wussten, dass Ihnen nur noch 3 Resturlaubstage zur Verfügung stehen. Für diese Reise jedoch benötigten Sie 15 Tage. Sie hätten also Ihren Vorgesetzten um teilweise unbezahlten Urlaub ersuchen müssen. Uns liegt jedoch kein genehmigter Urlaubsantrag vor. Am 05. Dezember 2003 suchten Sie Dr. B3. A3 in C1-R1 auf, der Ihnen von diesem Tag an bis einschließlich 19.12.2003 Arbeitsunfähigkeit attestierte. Somit benötigten wir keinen Urlaubsantrag, da Ihre Abwesenheit bis zum 19.12.03 durch die Bescheinigung vom Arzt belegt war. Da uns für die Zeit nach Ihrer Erkrankung kein genehmigter Urlaubsantrag oder eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlag, erhielten Sie mit Schreiben vom 07. Januar 2004 eine entsprechende Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens per Kurier zugestellt. Sie waren zu Hause nicht anwesend. Der Brief wurde in den Hausbriefkasten, der mit Ihrem Namen gekennzeichnet ist, eingeworfen. Die Zeit ab 02.01. bis einschließlich 16.01.2004 wurde gemäß Betriebsvereinbarung durch ein zuvor erarbeitetes Freizeitkonto abgedeckt. Am 19.01.2004 haben Sie dann wieder die Arbeit aufgenommen. Befragt durch Ihren Vorgesetzten nach dem Grund, warum Sie sich nach dem 19.12.03 nicht gemeldet haben, sagten Sie, Sie hätten gedacht, sie bräuchten sich nicht zu melden, da sowieso Betriebsferien waren. Dass hierfür alle Mitarbeiter ebenso wie für jeden anderen Urlaubsantrag einen Antrag unterschreiben müssen, sei Ihnen nicht bekannt. Sie wurden diesbezüglich für künftige Werkferien "aufgeklärt" und Ihnen wurden nachträglich für den Dezember die drei restlichen Urlaubstage gewährt plus unbezahlten Urlaub für den verbleibenden Rest.

Soweit zum Sachverhalt.

Wir haben Ihnen im persönlichen Gespräch am 29.09.04 all diese Dinge erläutert und Sie abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass wir die seinerzeit geleistete Entgeltfortzahlung entsprechend dem Entgeltfortzahlungsgesetz zurück fordern. Dies wird per Rückrechnung über die Lohnabrechnung erfolgen. Im Übrigen verzichten wir aufgrund Ihrer bisher guten Arbeitsleistungen ausnahmsweise auf eine sofortige Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses, können jedoch nicht umhin Ihnen hiermit eine schriftliche Abmahnung zu erteilen und weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass, wenn sich ein solcher oder ähnlicher Fall noch einmal wiederholt, wir ohne weitere Abmahnung Ihr Arbeitsverhältnis kündigen werden.

Hochachtungsvoll"

Ausweislich der Sammelurlaubsliste vom 26.06.2007 (Bl. 65 d.A.) erteilte die Beklagte dem Kläger Urlaub für die Zeit vom 16.07.2007 bis zum 27.07.2007. Im Anschluss daran war der erste Arbeitseinsatz des Klägers für Montag, den 30.07.2007 um 14.30 Uhr vorgesehen.

Am Sonntag, den 15.07.2007 buchte der Kläger Flüge mit folgenden Flugdaten:

Hinflug am 15.07.2007 um 23.05 Uhr ab Frankfurt via Abu Dhabi nach Lahore (Pakistan)

Rückflug am Sonntag, den 29.07.2007 um 21.10 Uhr Ortszeit von Lahore nach Abu Dhabi zum Weiterflug am Montag, den 30.07.2007 um 12.50 Uhr Ortszeit (10.50 MEZ) nach Frankfurt mit planmäßiger Ankunft um 17.40 Uhr.

Am 30.07.2007 rief der Kläger gegen ca. 14.00 Uhr aus Pakistan beim Zeugen T2 im Betrieb der Beklagten an und bat um Verlängerung seines Urlaubs um eine Woche. Der Zeuge T2 erklärte hierauf, er müsse dies erst noch abklären. In der Folge führte der Kläger am 30.07.2007 noch mehrere Telefongespräche mit der Beklagten, in denen es um sein Verbleiben für eine Woche in Pakistan ging. Am 03.08.2007 rief der Kläger erneut aus Pakistan im Betrieb der Beklagten an und erklärte dem Zeugen G2-C3, er werde am 08.08.2007 wieder zur Arbeit erscheinen. Entsprechend seiner Mitteilung nahm er am 08.08.2007 seine Arbeit im Betrieb der Beklagten wieder auf.

Mit Schreiben vom 13.08.2007 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, ersatzweise fristgerechten Kündigung an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 62 - 64 d.A. Bezug genommen. Am 15.08.2007 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung und begründete seinen Widerspruch mit einem Schreiben, welches das Datum des 15.09.2007 trägt. Im Anschluss daran erklärte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 16.08.2007 die fristlose, ersatzweise fristgerechte Kündigung zum 30.09.2007. Hiergegen richtet sich die Feststellungsklage des Klägers, die am 17.08.2007 beim Arbeitsgericht Bochum einging. Gleichzeitig verlangte er die Entfernung der Abmahnungen vom 07.01.2004 und 04.10.2004 aus seiner Personalakte.

Der Kläger hält die Kündigungen für rechtsunwirksam. Hierzu hat er vorgetragen, die Betriebsratsanhörung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte habe seine Sozialdaten unrichtig angegeben. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass seine Ehefrau mit seiner Tochter in Pakistan lebe. Es sei unzureichend, sich in der Betriebsratsanhörung darauf zu berufen, dass auf der Lohnsteuerkarte kein Kind eingetragen sei. Zudem leiste er seinen Eltern in Pakistan Unterhalt.

Die Beklagte habe auch keinen wichtigen Grund zur Kündigung gehabt. Er, der Kläger, habe zu Beginn des Jahres 2007 für die Zeit der Betriebsferien vom 16.07. bis 29.07.2007 eine Urlaubsverlängerung beantragt, um nach Pakistan zu seiner Familie zu reisen. Dies sei von der Beklagten abgelehnt worden. Aufgrund eines Unfalles seiner ohnehin schwerkranken Mutter habe er sich kurzfristig entschlossen, nach Pakistan zu reisen. Seine Mutter habe am 14.07.2007 einen Beinbruch erlitten; dies sei der Anlass gewesen, dass sie ins Krankenhaus habe gebracht werden müssen. Er habe am 15.07.2007 versucht, über die ihm bekannten Reisebüros einen Flug nach Pakistan zu buchen. Dies sei ihm zunächst misslungen. Sodann habe er bei einem Reisebüro in Frankfurt/Main angerufen. Der Geschäftsführer dieses Reisebüros, der Zeuge A1 M7 habe ihm ein Flugticket angeboten, das als Rückflug den 29.07.2007 genannt habe. Ihm selbst und dem Zeugen M7 sei nicht aufgefallen, dass der Rückflug erst am Nachmittag des 30.07.2007 in Frankfurt/Main enden würde. Dies habe er, der Kläger, erst am Nachmittag des 15.07.2007 in Frankfurt/Main gesehen, als er das Ticket erhalten habe. Allerdings habe der Rückflug in Pakistan frei geändert werden können. Dies habe aber nicht veranlasst werden müssen, weil er aufgrund der notwendig gewordenen Betreuung seiner Mutter länger in Pakistan habe bleiben müssen. Er, der Kläger, habe seine Mutter selbst von der Wohnung in den Krankenwagen und ins Krankenhaus gebracht. Der behandelnde Krankenhausarzt habe zum Schutz des Lebens seiner Mutter angeraten, dass er noch eine Woche länger bei seiner Mutter bleibe, damit sie aus einer gewissen Orientierungslosigkeit in ihr Gedächtnis zurückfinde. Er, der Kläger, verweise auf das Schreiben des behandelnden Arztes Dr. R4 vom 30.07.2007 (Bl. 10, 99 d.A.).

Er, der Kläger, habe am 30.07.2007 den Zeugen T2 bei der Beklagten angerufen. Dieser habe ihm erklärt, er könne nicht sagen, ob er, der Kläger, eine Urlaubsverlängerung erhalten könne, er solle seine Gründe nachweisen. Er, der Kläger, habe dann um 11.30 Uhr das Schreiben des behandelnden Arztes Dr. R4 an die Beklagte gefaxt. In der Folge habe er noch zwei Mal im Betrieb der Beklagten angerufen, um die Frage des Fernbleibens von der Arbeit zu klären. Dabei habe er mit dem Zeugen G2-C3 gesprochen.

Unter diesen Umständen habe er davon ausgehen müssen, dass die Beklagte seine Notlage anerkennen und die Verlängerung des Urlaubs gewähren werde. Dies sei aus betrieblichen Gründen ohne Weiteres möglich gewesen. Unabhängig davon sei er aus persönlichen Gründen an der Arbeitsleistung in der Zeit bis zum 08.08.2007 verhindert gewesen. Schließlich habe die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Auch die Interessenabwägung müsse zu seinen, des Klägers, Gunsten ausfallen.

Aus den gleichen Gründen sei auch die hilfsweise erklärte Kündigung vom 16.08.2007 zum 30.09.2007 als sozial ungerechtfertigt anzusehen.

Die Beklagte sei weiter verpflichtet, die Abmahnungen vom 07.01.2004 und 04.10.2004 aus seiner Personalakte zu entfernen. Denn die Abmahnungen seien zu Unrecht erteilt worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 16.08.2007 beendet wurde

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.08.2007 zum 30.09.2007 endet, sondern fortbesteht

3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 07.01.2004 aus der Personalakte zu entfernen

4. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 04.10.2004 aus der Personalakte zu entfernen

5. den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger neben seiner Ehefrau auch einer Tochter sowie seinen angeblich einkommenslosen Eltern gegenüber unterhaltspflichtig sei. Ein Kinderfreibetrag sei auf seiner Lohnsteuerkarte nicht eingetragen gewesen. Ihr, der Beklagten, sei nicht bekannt gewesen, dass der Kläger ein Kind habe, das zurzeit der Kündigung in Pakistan gelebt habe.

Sie, die Beklagte, habe einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Klägers gehabt. Während der Sommerbetriebsferien in der Zeit vom 16.07. bis zum 27.07.2007 hätten alle Produktionsmitarbeiter Urlaub gehabt. Der Kläger habe im Vorfeld eine Urlaubsverlängerung beantragt, die nicht bewilligt worden sei. Am Sonntag, den 15.07.2007, habe der Kläger einen Flug von Frankfurt nach Pakistan und zurück gebucht, bei dem klar gewesen sei, dass er bei Urlaubsende nicht rechtzeitig seine Arbeit werde aufnehmen können. Am 30.07.2007 habe der Kläger gegen 14.00 Uhr aus Pakistan beim Zeugen T2 angerufen und erklärt, er müsse seinen Urlaub um eine Woche verlängern. Dies habe der Zeuge T2 nicht genehmigt. Am 03.08.2007 habe der Kläger wiederum aus Pakistan angerufen und angekündigt, dass er am 08.08.2007 wieder zur Arbeit erscheinen werde.

Der Kläger habe damit den ihm bewilligten Urlaub eigenmächtig verlängert. Dieses gravierende Fehlverhalten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Hieran könne die Bescheinigung des Dr. R4 vom 30.07.2007 nichts ändern. Soweit Herr Dr. R4 den Aufenthalt des Klägers in Pakistan für eine Woche "empfehle", seien für eine medizinische Notwendigkeit eines solchen Aufenthalts keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass am 30.07.2007 eine lebensbedrohliche Situation bei der Mutter des Klägers vorgelegen habe. Der gesamte Sachvortrag des Klägers zur Erkrankung der Mutter und zu dem angeblichen Unfall mit einer Beinverletzung werde mit Nichtwissen bestritten. Der Sachvortrag des Klägers widerspreche auch den Angaben, die er anlässlich eines Gesprächs am 08.08.2007 nach seiner Rückkehr gemacht habe. Weder aus dem ärztlichen Attest vom 30.07.2007 noch aus den Angaben des Klägers vom 08.08.2007 bzw. aus der Klageschrift vom 17.08.2007 ergebe sich ein Sachverhalt, der einen Aufenthalt des Klägers in Pakistan über den 29.07.2007 hinaus zwingend erforderlich gemacht habe. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine reine Schutzbehauptung des Klägers handele, die dazu dienen solle, die eigenmächtige Urlaubsnahme zu rechtfertigen.

Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Der Kläger sei am 08.08.2007 wieder zur Arbeit erschienen. Bei Dauertatbeständen, insbesondere bei eigenmächtigem Urlaubsantritt, beginne die Zweiwochenfrist frühestens dann, wenn der Arbeitnehmer wieder im Betrieb erscheine.

Auch die Interessenabwägung müsse zu Lasten des Klägers ausgehen. Zwar sei der Kläger bereits seit 1999 bei ihr, der Beklagten, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis sei aber nicht störungsfrei verlaufen. Der Kläger sei wegen eines vergleichbaren Sachverhalts mit Schreiben vom 07.01.2004 abgemahnt worden. Eine weitere Abmahnung habe der Kläger mit Schreiben vom 04.10.2004 erhalten. Die Abmahnungen seien zu Recht erteilt worden, so dass ein Anspruch des Klägers auf Entfernung aus der Personalakte nicht bestehe.

Jedenfalls sei die fristgemäße Kündigung zum 30.09.2007 als sozial gerechtfertigt anzusehen. Der Kläger habe an insgesamt 7 Tagen unentschuldigt gefehlt und damit seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt. Dieser Sachverhalt rechtfertige eine fristgemäße Kündigung.

Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden. Dem Betriebsrat sei mit Schreiben vom 13.08.2007 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Betriebsrat habe der beabsichtigten Kündigung am 15.08.2007 widersprochen. Mit dieser Stellungnahme sei das ordnungsgemäß eingeleitete und durchgeführte Anhörungsverfahren abgeschlossen gewesen, so dass die streitbefangenen Kündigungen unter dem 16.08.2007 hätten ausgesprochen werden dürfen.

Durch Urteil vom 20.11.2007 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.08.2007 mit dem 30.09.2007 beendet worden ist. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 06.03.2008 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 06.03.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.06.2008 - am 06.06.2008 begründet worden ist. Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 15.08.2008 der Berufung des Klägers angeschlossen und die Anschlussberufung gleichzeitig begründet.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei auch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.08.2007 nicht mit Ablauf des 30.09.2007 aufgelöst worden. Die Beklagte habe keinen Grund zur Kündigung gehabt. Er, der Kläger, sei am 14.07.2007 von seinem Bruder aus Pakistan angerufen worden. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass seine Mutter ins Krankenhaus müsse. Er, der Kläger, sei der Einzige, der sie ins Krankenhaus bringen könne. Seine Mutter habe nicht nur an einer bedrohlichen Herzschwäche, sondern auch unter chronischen Leberschäden gelitten. Zusätzlich habe sie eine Demenz gehabt. Der behandelnde Arzt habe ihn, den Kläger, am 30.07.2007 deshalb angewiesen, bei seiner Mutter im Krankenhaus zu bleiben. Er, der Kläger, habe dies der Beklagten telefonisch mitgeteilt. Neben der körperlichen Betreuung in der vom behandelnden Arzt angegebenen bedrohlichen Situation seiner Mutter sei sein Verbleiben auch deshalb notwendig gewesen, damit diese durch sein Wiedererkennen überhaupt aus einer gewissen Orientierungslosigkeit ihr Gedächtnis habe zurückfinden können. Da die Beklagte in den Werksferien nicht erreichbar gewesen sei, habe er seine Verhinderung zum nächstmöglichen Termin mitgeteilt. Er habe nicht zum Zwecke der Erholung eine Verlängerung seines Urlaubs beantragt, sondern darauf hingewiesen, dass er zur Pflege seiner Mutter in Pakistan bleiben müsse. Er, der Kläger, sei damit an seiner Arbeitsleistung gehindert gewesen. Ein Arbeitnehmer könne die Arbeitsleistung gemäß § 275 Abs. 3 BGB verweigern, wenn es ihm nach Abwägung seiner Interessen und der Interessen des Arbeitgebers unzumutbar sei, diese wegen der Erkrankung eines nahen Angehörigen zu erbringen. Er, der Kläger, habe dargelegt, dass seine Mutter unter Demenz leide und sie allein nach ihm, dem Kläger, gerufen habe, um wieder Orientierung zu finden. Sein ebenfalls erkrankter Vater habe die Pflege ebenso wenig übernehmen können wie seine Brüder oder seine Ehefrau. Unter seiner Betreuung habe sich der Zustand der Mutter so stabilisieren können, dass er eine Woche später die weitere Betreuung seiner Ehefrau habe anvertrauen können.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte ein Arbeitszeitkonto führe und daher die Möglichkeit geschaffen sei, von der betrieblichen Arbeitszeit abzuweichen. Es habe keine betriebliche Notwendigkeit gegeben, ihm, dem Kläger, keine Freistellung zu gewähren. Das Arbeitsverhältnis sei damit nicht konkret beeinträchtigt worden. Die Beklagte hätte ihn, den Kläger, problemlos in einer anderen Abteilung beschäftigen können und ihm dort einen entsprechend langen Erholungsurlaub im Sommer gewähren können. Zu berücksichtigen seien weiter seine Unterhaltspflichten und die achtjährige Beschäftigungszeit.

Zudem sei die Betriebsratsanhörung als unwirksam anzusehen. Der Verweis auf die Unterhaltspflichten nach der Lohnsteuerkarte sei unzureichend. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass er, der Kläger, verheiratet und einem Kind unterhaltspflichtig gewesen sei. Die Beklagte habe dem Betriebsrat auch nicht mitgeteilt, dass er seine Eltern in erheblichem Umfang unterhalte. Zudem behaupte die Beklagte dem Betriebsrat gegenüber wahrheitswidrig, dass er keinen Urlaubsantrag gestellt habe, der über die Zeit der Betriebsferien hinaus gereicht habe. Er, der Kläger, habe einen solchen Antrag bereits Anfang des Jahres 2007 gestellt. Soweit die Beklagte sich auf den Urlaubssammelantrag vom 26.06.2007 (Bl. 65 d.A.) beziehe, werde dieser vom sogenannten Teamleader geschrieben und unterschrieben, wobei der Arbeitnehmer diesen Antrag gegenzuzeichnen habe. Falsch sei auch, dass ihm am 30.07.2007 durch Telefonanruf in Pakistan mitgeteilt worden sei, dass sein Urlaubsverlängerungsantrag vom gleichen Tage abgelehnt worden sei. Sein Teamleader, der Zeuge T2 habe ihm vielmehr mitgeteilt, er werde sein Begehren weiterleiten, und habe ihn um Übersendung einer Bestätigung der Erkrankung der Mutter durch den Arzt gebeten.

Auch die Abmahnungen vom 07.01.2004 und 04.10.2004 seien aus seiner Personalakte zu entfernen; denn die Abmahnungen seien zu Unrecht erteilt worden.

Entgegen der von der Beklagten im Rahmen der Anschlussberufung vertretenen Auffassung habe das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich der fristlosen Kündigung vom 16.08.2007 zu Recht stattgegeben. Denn die fristlose Kündigung sei rechtsunwirksam. Ausweislich der Anlage 1 zum Anhörungsschreiben vom 13.08.2007 habe die Beklagte den Betriebsrat überhaupt nicht zu einer außerordentlichen Kündigung angehört. Zudem sei dem Betriebsrat aufgrund der Angaben im Anhörungsschreiben nicht möglich gewesen, die Einhaltung der Zweiwochenfrist zu prüfen.

Jedenfalls aber habe die Beklagte keinen wichtigen Grund zur Kündigung gehabt. Denn er, der Kläger, sei wegen der Betreuung seiner Mutter gehindert gewesen, die Arbeit am 30.07.2007 bei der Beklagten aufzunehmen. Bei seiner Mutter sei am 02.06.2007 ein Oberschenkelhalsbruch festgestellt worden, den diese am 30.05.2007 erlitten habe. Seine Mutter sei zunächst bis zum 08.06.2007 im Krankenhaus gewesen. Am 16.07.2007 sei sie erneut ins Krankenhaus gekommen. Sein sonst regelmäßig pflegender Bruder habe sich in Trennung von seiner Ehefrau befunden und habe die Mutter ebenso wenig pflegen können wie seine, des Klägers, Ehefrau. Seine Mutter habe ständig nach ihm gerufen, weil sie befürchtet habe, nicht mehr lange zu leben und keine andere Pflege von ihr akzeptiert worden sei. Nach alledem sei er an der Erbringung seiner Arbeitsleistung durch die Pflege seiner Mutter verhindert gewesen, die allein durch ihn habe erbracht werden können.

Der Kläger beantragt,

I. das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.11.2007 - 2 Ca 1962/07 - abzuändern und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.08.2007 zum 30.09.2007 endet,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 07.01.2004 aus der Personalakte zu entfernen,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 04.10.2004 aus der Personalakte zu entfernen,

4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 16.08.2007 bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen

II. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

I. die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.11.2007 - 2 Ca 1962/07 - zurückzuweisen,

II. das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abzuändern und die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, das Arbeitsverhältnis sei bereits durch die außerordentliche Kündigung vom 16.08.2007 mit sofortiger Wirkung beendet worden. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt worden. Sie, die Beklagte, habe auch einen wichtigen Grund zur Kündigung gehabt. Die eigenmächtige Urlaubsnahme bzw. die eigenmächtige Verlängerung eines gewährten Urlaubs sei als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung anzuerkennen. Schon aufgrund des vom Kläger am 15.07.2007 gebuchten Tickets hätte er die Arbeit nicht am 30.07.2007 um 14.30 Uhr wieder aufnehmen können. Der Rückflug habe erst am 30.07.2007 um 17.40 Uhr Ortszeit in Frankfurt am Main enden sollen. Allerdings sei das Ticket vom 20.07.2007 bis zum 15.01.2008 gültig gewesen. Nachdem der Kläger festgestellt habe, dass er aufgrund der Rückflugdaten nicht rechtzeitig seine Arbeit in B1 werde wieder aufnehmen können, habe er alles daran setzen müssen, bereits einen frühzeitigeren Flug zu buchen. Dies habe er nicht getan, da er nicht beabsichtigt habe, rechtzeitig zurückzukehren. Soweit der Kläger versuche, sein Verhalten damit zu rechtfertigen, er habe bei seiner angeblich erkrankten Mutter bleiben müssen, sei sein gesamtes Vorbringen unglaubwürdig. Dies zeige ein Vergleich der Angaben des Klägers in der Klageschrift vom 17.08.2007 mit der Berufungsbegründung vom 06.06.2008. Entgegen der Darstellung des Klägers habe sich seine Mutter am 30.07.2007 nicht in einer lebensbedrohlichen Situation befunden, die es erforderlich gemacht habe, dass der Kläger noch eine Woche länger habe bei ihr bleiben müssen, damit diese wieder ihre Orientierung finde. Der Kläger habe nicht glaubhaft dargelegt, dass er deswegen an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert gewesen sei. Zu berücksichtigen sei, dass die Mutter des Klägers ärztlich betreut worden sei. Fraglich sei deshalb, warum noch eine ständige "Betreuung" durch bloße Anwesenheit des Klägers erforderlich gewesen sei. Abgesehen davon habe der Kläger auch nicht ansatzweise glaubhaft vermittelt, warum nicht seine Geschwister die Mutter hätten betreuen können.

Auch die Interessenabwägung falle letztlich zu Lasten des Klägers aus. Unabhängig von der Frage etwaiger Unterhaltspflichten sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits im Jahre 2004 wegen einer gleichgelagerten Pflichtverletzung abgemahnt worden sei.

Jedenfalls aber sei das Arbeitsverhältnis durch die vorsorgliche fristgerechte Kündigung mit Ablauf des 30.09.2007 rechtswirksam beendet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers sowie die Anschlussberufung der Beklagten sind an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Anschlussberufung der Beklagten hat auch der Sache nach Erfolg. Denn das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die fristlose Kündigung vom 16.08.2007, die dem Kläger am selben Tage zugegangen ist, mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Dementsprechend bleibt die Berufung des Klägers erfolglos.

1. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16.08.2007 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Denn die Beklagte hatte einen wichtigen Grund zur Kündigung, die auch innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden ist. Die Kündigung ist auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam.

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung der erkennenden Kammer im Hinblick auf die Kündigung vom 16.08.2007 gegeben.

aa) Gemäß Sammelurlaubsliste vom 26.06.2007 war dem Kläger für die Zeit vom 16.07.2007 bis zum 27.07.2007 von der Beklagten Urlaub gewährt worden. Wie sich der Sammelurlaubsliste vom 26.06.2007 (Bl. 65 d.A.) entnehmen lässt, hat der Kläger diese Urlaubsgewährung mit seiner Unterschrift abgezeichnet und damit zur Kenntnis genommen. Dementsprechend war er verpflichtet, die Arbeit im Betrieb der Beklagten am Montag, dem 30.07.2007 um 14.30 Uhr wieder aufzunehmen. Dies hat der Kläger nicht getan, sondern ist erst am 08.08.2007 wieder zur Arbeit erschienen.

Das Fernbleiben von der Arbeit in der Zeit vom 20.07.2007 bis einschließlich zum 07.08.2007 war nicht gerechtfertigt.

(1) Dass der dem Kläger für die Zeit vom 16.07.2007 bis zum 27.07.2007 gewährte Erholungsurlaub von der Beklagten verlängert worden ist, macht der Kläger selbst nicht geltend. Bei dem Telefonat, das er am 30.07.2007 gegen 14.00 Uhr mit dem Zeugen T2 im Betrieb der Beklagten geführt hat, ist eine Urlaubsverlängerung nicht erfolgt. Nach dem Sachvortrag des Klägers hat der Zeuge T2 lediglich erklärt, er könne nicht sagen, ob der Kläger eine Urlaubsverlängerung erhalten könne, er werde das Begehren weiterleiten. Auf Grund welcher Umstände der Kläger nach Übersendung der ärztlichen Bescheinigung des Herrn Dr. R4 davon hätte ausgehen können, die Beklagte werde seine Notlage anerkennen und die Verlängerung des Urlaubs gewähren, war für die Kammer nicht ersichtlich. Grundsätzlich bedarf es einer Entscheidung des Arbeitgebers über eine beantragte Urlaubsverlängerung. Erst nach einer entsprechenden Zusage gilt die begehrte Urlaubsverlängerung als gewährt. Dies war dem Kläger bereits in der Abmahnung vom 07.01.2004 mitgeteilt worden. Aus welchen Umständen sich die Gewährung der begehrten Urlaubsverlängerung ergeben soll, war für die Kammer nicht erkennbar.

(2) Der Kläger war auch nicht aus persönlichen Gründen an der Arbeitsleistung in der Zeit vom 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 verhindert, sodass sein Nichterscheinen im Betrieb der Beklagten während dieser Zeit auch nicht aus diesem Grunde gerechtfertigt ist. Hieran kann die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. R4 vom 30.07.2007 nichts ändern. Während der Kläger zunächst vorgetragen hat, seine Mutter habe am 14.07.2007 einen Beinbruch erlitten und er deswegen am 14.07.2007 von seinem Bruder S4 J1 angerufen worden sei, der ihm mitgeteilt habe, er, der Kläger, sei der einzige, der sie ins Krankenhaus bringen könne, hat er zweitinstanzlich im Schriftsatz vom 10.09.2008 vorgetragen, der Beinbruch sei bereits am 30.05.2007 geschehen, während am 14.07.2007 andere Erkrankungen bei seiner Mutter aufgetreten seien; außerdem habe die Mutter Schmerzen gehabt, die mit dem Beinbruch in Verbindung gebracht worden seien. Wenn davon ausgegangen wird, dass die Mutter des Klägers am 14.07.2007 in ein Krankenhaus gebracht werden musste, so bleibt offen, weshalb der Kläger der einzige gewesen sein soll, der diesen Transport durchführen konnte. Auch wenn der Vater des Klägers, der nach seinem Sachvortrag ebenfalls krank gewesen sein soll, hierfür nicht in Betracht kam, so lebten doch nach dem weiteren Vorbringen des Klägers mehrere Brüder sowie seine Ehefrau in Pakistan, die die Organisation eines Krankentransportes hätten übernehmen können. Für die Kammer war nicht nachvollziehbar, weshalb hierfür nur der in Deutschland lebende Kläger in Betracht kam. Auch anlässlich des Beinbruchs, den die Mutter des Klägers nach seinem Sachvortrag im Schriftsatz vom 10.09.2008 am 30.05.2007 erlitten haben soll, muss die medizinische Versorgung ohne den Kläger organisiert und durchgeführt worden sein. Weshalb dies bei der erneuten Erkrankung der Mutter am 14./15.07.2007 nicht in gleicher Weise möglich gewesen sein soll, war für die Kammer nicht ersichtlich. Auch wenn die Mutter des Klägers einen der Brüder aus persönlichen Gründen wegen der Trennung von seiner Ehefrau nicht akzeptieren wollte, so hätte ein anderer seiner Brüder oder die Ehefrau des Klägers den Transport ins Krankenhaus organisieren können.

Auch die Pflege der Mutter in der Zeit vom 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 kann nicht als Rechtfertigungsgrund für die Nichtaufnahme der Arbeit bei der Beklagten anerkannt werden. Zum einen befand die Mutter des Klägers sich zur Behandlung in einem Krankenhaus, in dem die medizinische Versorgung der Patienten grundsätzlich gewährleistet ist. Dass dies in einem Krankenhaus in Lahore, einer pakistanischen Großstadt, anders sein soll, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit vor diesem Hintergrund ergänzende pflegerische Maßnahmen durch Angehörige erforderlich gewesen sein sollten, hätten diese durch die weiteren in Pakistan lebenden Familienmitglieder erledigt werden können, wie dies auch vor der Ankunft des Klägers in Pakistan und nach seiner Rückkehr nach Deutschland möglicherweise erforderlich war und gegebenenfalls auch geschehen ist. Allein der Wunsch seiner Mutter, der Kläger möge über die Zeit vom 16.07. bis zum 27.07.2007 eine weitere Woche bei ihr bleiben, kann das Verhalten des Klägers nicht rechtfertigen.

(3) Ist der Kläger damit in der Zeit vom 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 unberechtigt der Arbeit bei der Beklagten ferngeblieben, so ist darin eine beharrliche Arbeitsverweigerung zu sehen, die "an sich" geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (vgl. KR-Fischermeier 8. Auflage § 626 BGB Rn. 409 m.w.N.).

bb) Auch die Interessenabwägung muss zu Lasten des Klägers ausgehen.

(1) Zwar kommt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Ausspruch einer Kündigung nur dann in Betracht, wenn andere, nach den jeweiligen Umständen des konkreten Falles möglichen angemessenen milderen Mittel erschöpft sind. Als milderes und den Umständen nach als Reaktion ausreichendes Mittel ist zunächst eine Abmahnung in Erwägung zu ziehen. Dies gilt insbesondere bei Störungen im Verhaltens- und Leistungsbereich (ständige Rechtsprechung; vgl. BAG, Urt. v. 17.02.1994 - 2 AZR 616/93, NZA 1994, 656 m.w.N.). Abmahnung bedeutet, dass der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer erkennbaren Art und Weise seine Beanstandung vorbringt und damit deutlich - wenn auch nicht expressis verbis - den Hinweis verbindet, im Wiederholungsfall sei der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Die Abmahnung hat insoweit Doppelfunktion, als sie schon nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als ausreichende Ausübung von Gläubigerrechten und damit als Sanktion unter Vermeidung einer Kündigung geboten sein kann. Zum anderen kann sie aufgrund ihrer Warnfunktion zur Vorbereitung einer Kündigung erforderlich sein.

Eine Abmahnung ist allerdings dann entbehrlich, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht Erfolg versprechend angesehen werden kann (vgl. BAG, Urt. v. 17.02.1994 a.a.O.). So bedarf es vor Ausspruch einer Kündigung dann keiner Abmahnung, wenn eine an sich mögliche Verhaltensänderung des Arbeitnehmers aufgrund objektiver Anhaltspunkte künftig nicht mehr erwartet werden kann. Diese negative Prognose ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer bereits ausdrücklich erklärt bzw. unmissverständlich konkludent zum Ausdruck gebracht hat, sein Fehlverhalten nicht ändern zu wollen oder wenn eine Vertragsverletzung hartnäckig bzw. uneinsichtig begangen wird und mit einer vertrags- und gesetzesmäßigen Abwicklung des Arbeitsvertrages nicht mehr zu rechnen ist. Sie kann ferner entbehrlich sein, wenn der Arbeitnehmer die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens aus entsprechenden Hinweisen, aus einer "vorweggenommenen Abmahnung" vor einer konkret befürchteten Pflichtverletzung, aus einer bloßen Vertragsrüge oder aus "Abmahnungen" nicht abmahnungsberechtigter Vorgesetzter kannte oder kennen musste (vgl. KR-Fischermeier 8. Auflage § 626 Rn. 259, 266 m.w.N.). Gleiches gilt im Fall des Vorliegens einer formell unwirksamen Abmahnung. Die Warnfunktion einer Abmahnung kann auch dann erhalten bleiben, wenn der Arbeitgeber verurteilt wurde, sie aus der Personalakte zu entfernen. Es ist nicht unbedingt entscheidend, ob die Abmahnung sachlich berechtigt war. Vielmehr kommt es in diesen Fällen darauf an, ob der Arbeitnehmer die Pflichtwidrigkeit des störenden Verhaltens kennen und der Abmahnung entnehmen musste, der Arbeitgeber werde es keinesfalls hinnehmen, sondern voraussichtlich zum Anlass nehmen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen (vgl. KR-Fischermeier a.a.O. § 626 BGB Rn. 275 m.w.N.).

(2) Angesichts dessen war die Beklagte unter Beachtung des ultima-ratio-Prinzips nicht gehalten, zur Vermeidung einer fristlosen Kündigung zunächst das mildere Mittel der Abmahnung in Erwägung zu ziehen. Unabhängig davon, ob die Abmahnungen vom 07.01.2004 und 04.10.2004 als berechtigt anzusehen sind, hat die Beklagte hierdurch dem Kläger jedenfalls unmissverständlich mitgeteilt, dass Urlaub erst als gewährt gilt, wenn der Arbeitgeber zusagt, dass er genommen werden kann. Die Beklagte hat der Abmahnung vom 07.01.2004 weiterhin die Betriebsordnung beigefügt, in der es auf Seite 33 heißt: "Was wir nicht machen werden, ist unseren Urlaub anzutreten oder zu verlängern, ohne ihn vorher schriftlich bewilligt/genehmigt zu bekommen (also ohne Urlaubsschein)." Dem Kläger war damit unmissverständlich klargemacht worden, dass die Beklagte die Verlängerung des Urlaubs ohne vorherige schriftliche Genehmigung nicht hinzunehmen gewillt war. Da der Kläger, wie oben ausgeführt, nicht aus persönlichen Gründen gehindert war, die Arbeit im Anschluss an den bewilligten Urlaub am 30.07.2007 bei der Beklagten aufzunehmen, hätte es einer vorherigen Genehmigung des weiteren Fernbleibens von der Arbeit für die Zeit bis zum 07.08.2007 durch die Beklagte bedurft. Eine solche Genehmigung liegt unstreitig nicht vor. Unter diesen Umständen konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte sein Fernbleiben von der Arbeit in der Zeit vom 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 tolerieren bzw. nur mit einer erneuten Abmahnung sanktionieren würde.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Kläger im Vorfeld der Betriebsferien vom 16.07. bis zum 27.07.2007, in der alle Produktionsmitarbeiter Urlaub haben, eine Urlaubsverlängerung beantragt hatte, die von der Beklagten nicht bewilligt worden war. Angesichts dessen ist das Verhalten des Klägers als schwerwiegende Pflichtverletzung zu werten. Auch unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers, seines Familienstandes und seiner Beschäftigungszeiten ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Pflichtverletzung des Klägers zum Anlass einer fristlosen Kündigung genommen hat.

Die Kammer hat hierbei auch berücksichtigt, dass das unberechtigte Fehlen des Klägers in der Zeit vom 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 nach seinem Sachvortrag nicht zu konkreten Störungen des Betriebsablaufs geführt hat, dieser Gesichtspunkt damit im Rahmen der Interessenabwägung nicht zum Nachteil des Klägers bewertet werden kann. Allerdings führt bereits der mit dem Fehlen des Klägers verbundene Verzug in der Erfüllung der Arbeitspflicht zu einer ausreichenden konkreten Störung im Leistungsbereich (vgl. KR-Fischermeier a.a.O. § 626 BGB Rn. 409).

Auch wenn im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt wird, dass die Mutter des Klägers nach seinem Sachvortrag in Pakistan erkrankt war und dies der Anlass für sein Fernbleiben von der Arbeit in der Zeit vom 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 war, überwiegt unter Berücksichtigung sämtlicher Gesichtspunkte des vorliegenden Falles, insbesondere des Lebensalters des Klägers, seiner Beschäftigungszeit bei der Beklagten, seines Familienstandes und seiner Unterhaltspflichten das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Bestandsschutzinteresse des Klägers.

b) Die Beklagte hat die fristlose Kündigung vom 16.08.2007 auch innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen. Treten fortlaufend neue Tatsachen ein, die für die Kündigung maßgeblich sind (z. B. unentschuldigtes Fehlen), oder liegt ein noch nicht abgeschlossener, länger währender Zustand vor, beginnt bei einem derartigen Dauertatbestand die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht vor dessen Beendigung (vgl. Erfurter Kommentar - Müller-Glöge, 8. Auflage, § 626 BGB Rn 212 m.w.N.). Da der Kläger bis zum 07.08.2007 unberechtigt der Arbeit ferngeblieben ist und seine Arbeit erst am 08.08.2007 wieder aufgenommen hat, war die Frist des § 626 Abs. 2 BGB bei Ausspruch der fristlosen Kündigung am 16.08.2007 zweifellos noch nicht abgelaufen.

c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die fristlose Kündigung vom 16.08.2007 nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG als unwirksam anzusehen.

aa) Eine Kündigung ist nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat zuvor überhaupt beteiligt zu haben, sondern auch dann, wenn er seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachgekommen ist (vgl. BAG, Urt. v. 15.11.1995 - 2 AZR 974/94, NZA 1996, 419, 421 m.w.N.). Die Anhörung soll in geeigneten Fällen dazu beitragen, dass es gar nicht zum Ausspruch einer Kündigung kommt. Sie hat über die reine Unterrichtung hinaus den Sinn, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, seine Überlegungen zu der Kündigungsabsicht vorzubringen (so BAG, AP-Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972).

An die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren sind allerdings nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungslast im Prozess. Zudem gilt der Grundsatz der "subjektiven Determinierung". Danach ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Hinsichtlich dieser Umstände genügt es andererseits in der Regel nicht, dass der Arbeitgeber sie nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig vorträgt oder bloße Werturteile mitteilt. Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt ist immer so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden (so BAG, Urt. v. 15.11.1995 - 2 AZR 974/94, NZA 1996, 419, 421 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen, die an die Informationspflichten des Arbeitgebers im Rahmen der Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG zu stellen sind, ist die Beklagte in ausreichender Weise nachgekommen.

(1) Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte den Betriebsrat auch zu einer außerordentlichen Kündigung angehört. Dies ergibt sich bereits aus dem eigentlichen Anhörungsschreiben vom 13.08.2007, durch das die Beklagte den Betriebsrat ausdrücklich um Stellungnahme zu einer fristlosen, ersatzweise fristgerechten Kündigung bittet. Auch wenn in der Überschrift zu Anlage 1 des Anhörungsschreibens nur von einer fristgerechten Kündigung des Klägers die Rede ist, war für den Betriebsrat als sorgfältigen Erklärungsempfänger klar, dass das Anhörungsverfahren sich auch auf den beabsichtigten Ausspruch einer fristlosen Kündigung bezog. Dies ergibt sich unzweideutig aus dem letzten Absatz der Anlage 1 zum Anhörungsschreiben, in dem es heißt, dass die Beklagte sich veranlasst sieht, das Arbeitsverhältnis "fristlos und vorsorglich fristgerecht" zu kündigen. In diesem Sinne hat der Betriebsrat das Anhörungsschreiben ausweislich seines Widerspruchsschreibens mit Datum vom 15.09.2007, welches am 15.08.2007 bei der Beklagten eingegangen ist, verstanden. Mit diesem Schreiben widerspricht der Betriebsrat der fristgerechten Kündigung und meldet gegen die fristlose Kündigung Bedenken an.

(2) Die Beklagte hat dem Betriebsrat auch die aus seiner Sicht tragenden Umstände mitgeteilt, die die Kündigung begründen sollen. Ausweislich der Anlage 1 zum Anhörungsschreiben vom 13.08.2007 soll die Kündigung maßgeblich darauf gestützt werden, dass der Kläger seit dem 30.07.2007 bis zum 07.08.2007 unentschuldigt gefehlt bzw. eigenmächtig Urlaub genommen hat. In diesem Zusammenhang teilt die Beklagte dem Betriebsrat mit, dass der Kläger am Montag, den 30.07.2007 gegen 14.00 Uhr aus Pakistan beim Zeugen T2 angerufen hat, um mitzuteilen, dass er seinen Urlaub um eine Woche verlängern möchte. Die Beklagte teilt dem Betriebsrat weiterhin mit, dass der Kläger als Grund hierfür die Erkrankung seiner Mutter angegeben hat, deren behandelnder Arzt ihm angeraten habe, noch eine Woche länge in Pakistan zu verbleiben. Nach den weiteren Ausführungen der Beklagten in Anlage 1 hat der Zeuge T2 hierauf erklärt, dass er dies erst noch abklären müsse.

Diese Ausführungen der Beklagten im Anhörungsschreiben sind zutreffend und werden auch vom Kläger nicht in Frage gestellt. Unterschiedlich dargestellt wird von den Parteien lediglich der weitere Ablauf der Kommunikation zwischen den Parteien. Während die Beklagte im Anhörungsschreiben ausführt, die Zeugin N2 habe den Kläger angerufen und ihn darüber informiert, dass der Urlaub nicht gewährt wird, hat der Kläger vorgetragen, er habe am 30.07.2007 dreimal im Betrieb der Beklagten angerufen, um die Frage des Fernbleibens von der Arbeit zu klären, wobei er zweimal mit dem Zeugen G2-C3 und einmal mit dem Zeugen T2 gesprochen habe. Der Kläger behauptet aber selbst nicht, dass die Beklagte die von ihm gewünschte Verlängerung des Urlaubs im Rahmen der Telefonate am 30.07.2007 gewährt hat. Nach seinem Sachvortrag hat der Zeuge T2 ihm anlässlich des Telefonats am 30.07.2007 mitgeteilt, er werde die Erklärungen des Klägers zu seinem Freistellungsantrag weiterleiten.

Ist die vom Kläger begehrte Verlängerung des Urlaubs am 30.07.2007 tatsächlich nicht gewährt worden, so sind die Informationen, welche die Beklagte dem Betriebsrat im Anhörungsschreiben vom 13.08.2007 zum Kündigungsgrund erteilt hat, in den aus ihrer Sicht tragenden Umständen zutreffend. Hierbei spielt es keine Rolle, in welcher Weise die Telefonate zwischen dem Kläger und der Beklagten am 30.07.2007 geführt worden sind. Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt besteht darin, dass dem Kläger lediglich Urlaub für die Zeit der Werksferien vom 16.07. bis zum 27.07.2007 bewilligt war, dem Kläger nach seinem Anruf am 30.07.2007 ein weiterer Urlaub nicht gewährt worden ist, sodass er an sich die Arbeit am 30.07.2007 um 14.30 Uhr hätte aufnehmen müssen. Den weiteren Ausführungen im Anhörungsschreiben vom 13.08.2007 ist zu entnehmen, dass die Beklagte den vom Kläger angegebenen Grund für die Nichtaufnahme der Arbeit am 30.07.2007, nämlich die Erkrankung seiner Mutter, als nicht glaubwürdig bezeichnet hat. Damit war der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt - das nicht gerechtfertigte Fernbleiben des Klägers von der Arbeit seit dem 30.07.2007 - so konkret umschrieben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage war, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger Anfang des Jahres 2007 einen weitergehenden Urlaubsantrag über die Zeit vom 16.07. bis zum 27.07.2007 hinaus gestellt hat. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass dem Kläger entsprechend der Sammelurlaubsliste vom 26.06.2007 tatsächlich nur Urlaub für die Zeit vom 16.07. bis zum 27.07.2007 gewährt worden war.

(3) Der Betriebsrat war auch in der Lage, anhand der Informationen im Anhörungsschreiben vom 13.08.2007 zu beurteilen, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten war. Die Beklagte hat dem Betriebsrat mitgeteilt, dem Kläger sei Urlaub für die Zeit vom 16.07. bis zum 27.07.2007 gewährt worden, sodass er am Montag, den 30.07.2007, die Arbeit hätte wieder aufnehmen müssen. Sie hat ihm weiter mitgeteilt, dass der Kläger die Arbeit erst wieder am 08.08.2007 aufgenommen hat. Damit war für den Betriebsrat ersichtlich, dass der Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erst am 08.08.2007 begonnen hatte.

(4) Die Beklagte hat dem Betriebsrat auch die ihr bekannten Sozialdaten zutreffend mitgeteilt. Die Beklagte hat im Anhörungsschreiben vom 13.08.2007 angegeben, dass der Kläger verheiratet ist und auf seiner Steuerkarte für 2007 keine Kinderfreibeträge für Kinder unter 18 Jahre eingetragen sind. Diese Angaben sind zutreffend. Zwar hatte der Kläger ein Kind, das zur Zeit der Betriebsratsanhörung in Pakistan lebte. Die Beklagte hat hierzu erklärt, dies sei ihr nicht bekannt gewesen. Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich nicht entnehmen, wann und unter welchen Umständen er der Beklagten diese Tatsache mitgeteilt hat bzw. auf welche Weise die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt haben könnte. Angesichts dessen ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich darauf beschränkt hat, dem Betriebsrat die ihr bekannten Eintragungen auf der Steuerkarte für 2007 mitzuteilen. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kläger nach seinem Sachvortrag seinen Eltern in Pakistan Unterhalt gewährt.

2. Hat die Anschlussberufung der Beklagten Erfolg, so ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.11.2007 unbegründet.

a) Da das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits durch die fristlose Kündigung vom 16.08.2007 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist, kommt es auf die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung nicht mehr an.

b) Ist das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 16.08.2007 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden, so ist die Beklagte nicht verpflichtet, den Kläger weiterzubeschäftigen.

c) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, die Abmahnungen vom 07.01.2004 und 04.10.2004 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht grundsätzlich kein dahingehender Anspruch des Arbeitnehmers. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch schaden kann (vgl. Schaub-Linck 11. Aufl. § 61 Rn. 71 m.w.N.). Dahingehende Tatsachen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf die §§ 91, 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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