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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 15 Sa 845/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB 305 c Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 07.03.2007 - 9 Ca 5279/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 6.745,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien haben erstinstanzlich um die Weiterbeschäftigung des Klägers als kaufmännischer Sachbearbeiter im Bereich Auftragsbearbeitung sowie um Zahlung von Urlaubsgeld und Sonderzuwendungen gestritten. Nachdem der Kläger seit dem 22.08.2007 wieder mit kaufmännischen Tätigkeiten aus dem Bereich der Auftragsbearbeitung beschäftigt wird, haben die Parteien im Termin vom 25.10.2007 den Beschäftigungsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt und insoweit widerstreitende Kostenanträge gestellt.

Der am 14.02.1970 geborene Kläger ist seiner Ehefrau und drei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet. Er ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt. Der Kläger, der seit dem 10.04.2000 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt ist, erhielt zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 2.000,00 EUR. Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 10.04.2000 heißt es in § 4 wie folgt:

"§ 4

Gratifikationen

1. Gratifikationen sind freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers. Ein Rechtsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach, besteht auch nach mehrmaliger Zahlung nicht.

2. Ist das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers bei Zahlung der Gratifikation gekündigt, entfällt der Anspruch auf Zahlung. Scheidet der Arbeitnehmer bis zum 31.03. des auf die Zahlung folgenden Kalenderjahres aus der Firma aus, muss er die Gratifikation zurückzahlen.

3. Das tarifliche Urlaubsgeld beträgt zur Zeit 55 % von DM 3.074,00 während eine jährliche Sonderzahlung/Sonderzuwendung zur Zeit 62,5 % DM 3.074,00 ausmacht.

4. Anspruch auf Sonderzuwendungen entstehen erstmalig nach 12-monatiger ununterbrochener Zugehörigkeit am 01.12. des Kalenderjahres."

Wegen der weiteren Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 12 ff. d.A. Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe gemäß § 4 des genannten Arbeitsvertrages Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 55 % eines Monatsgehalts sowie einer jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung von 62,5 % eines Monatsgehalts. Hieraus errechne sich ein Jahresanspruch von 117,5 % eines monatlichen Bruttogehalts entsprechend 2.350,00 EUR. Hierauf habe die Beklagte im Jahre 2004 lediglich 75,00 EUR brutto gezahlt, so dass insoweit noch ein Restanspruch von 2.275,00 EUR brutto offen stehe. Im Jahre 2005 habe die Beklagte insoweit 80,00 EUR gezahlt, so dass ein Restanspruch von 2.270,00 EUR offen stehe. Im Jahre 2006 habe er von der Beklagten insoweit 150,00 EUR erhalten, so dass er noch einen Betrag von 2.200,00 EUR verlangen könne. Insgesamt errechne sich daraus eine Gesamtforderung für die Jahre 2004 bis 2006 in Höhe von 6.745,00 EUR brutto.

Das tarifliche Urlaubsgeld sei im Zusammenhang mit den Tarifurlauben zu zahlen, die er, der Kläger, für die Jahre 2004 bis 2006 inzwischen genommen habe. Die Sonderzuwendung sei jeweils am 01.12. des Kalenderjahres fällig, wie sich aus § 4 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages ergebe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich insoweit nicht um "freiwillige Leistungen". Die Freiwilligkeit sei ausweislich des Arbeitsvertragstextes lediglich auf Gratifikationen bezogen. Dies ergebe sich bereits aus § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages, in dem ausdrücklich eine Sonderregelung für die Rückzahlung von Gratifikationen geschaffen und der Anspruch auf Urlaubsgeld und Sonderzahlung gemäß § 4 Ziff. 3 und 4 des Arbeitsvertrages nicht berührt worden sei. Zudem nehme der Arbeitsvertrag ausdrücklich Bezug auf ein "tarifliches Urlaubsgeld"; tarifliche Leistungen seien nicht der Disposition der Arbeitsvertragsparteien unterworfen. Auch ein Verzicht auf tarifliche Leistungen sei gemäß § 4 TVG nicht möglich. Schließlich werde in § 4 Ziff. 4 ausdrücklich angeführt, dass hinsichtlich der Sonderzahlung von 62,5 % ein Anspruch bestehe, der nicht unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt worden sei. Die Vertragsparteien hätten mit der Bezugnahme auf den Tarifvertrag damit einen klaren Anspruch definieren wollen.

Jedenfalls gingen Unklarheiten im Arbeitsvertragstext zu Lasten der Beklagten. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe das Vertragsformular, bei dem es sich um einen Mustertext gehandelt habe, vielfach genutzt. Etwaige Unklarheiten gingen daher zu Lasten der Beklagten.

Im Hinblick auf den Beschäftigungsantrag hat der Kläger vorgetragen, er sei zunächst seit dem 19.09.2006 ausschließlich in der Telefonzentrale eingesetzt worden. Erst seit dem 04.01.2007 sei er auch zur Bearbeitung der sogenannten "Folgepauschale" herangezogen worden. Der Einsatz in der Telefonzentrale sei aber weiterhin seine hauptsächliche Tätigkeit mit etwa 75 % der täglichen Arbeitszeit gewesen. Er habe am Empfang in der Ausstellung sitzen und am Tag zwischen 40 und 50 Telefonate entgegennehmen bzw. weiterleiten oder Notizen für die Kollegen aufnehmen müssen. Er habe auch Bitten auf Rückruf ausgerichtet.

Andere Kollegen müssten maximal 10 Anrufe pro Tag an ihrem Arbeitsplatz entgegennehmen. Es sei also nicht richtig, dass die Arbeit in der Zentrale von ihm, dem Kläger, "nebenbei" habe geleistet werden können. Im Übrigen solle die Bearbeitung der Folgepauschalen bis zum 05.02.2007 abgeschlossen sein. Diese ihm übertragenen Tätigkeiten entsprächen nicht § 2 des Arbeitsvertrages vom 10.04.2000. Er, der Kläger, bestreite, dass die Beklagte ihr Ermessen zur Übertragung dieser Aufgaben ordnungsgemäß im Sinne des § 315 BGB ausgeübt habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verpflichten, ihn entsprechend dem Arbeitsvertrag als kaufmännischen Sachbearbeiter im Bereich Auftragsbearbeitung zu beschäftigen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.745,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe ausweislich seines Arbeitsvertrages keinen Anspruch darauf, ausschließlich als kaufmännischer Sachbearbeiter beschäftigt zu werden. Er könne lediglich eine zumutbare Tätigkeit verlangen. Hintergrund der Zuweisung anderer Tätigkeiten sei gewesen, dass der Arbeitsplatz des Klägers in seiner bisherigen Form aufgrund verschiedener Umstrukturierungen entfallen sei. Um dem Kläger überhaupt eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu beschaffen, habe sie ihn zunächst nur zeitweilig in ihrer Telefonzentrale beschäftigen müssen. Bereits jetzt werde der Kläger im Wesentlichen zur Bearbeitung von sogenannten Folgepauschalen eingesetzt. Lediglich nebenher erfolge noch ein Einsatz in der Telefonzentrale. Die Bearbeitung der Folgepauschalen sei bis zum heutigen Tage noch nicht abgeschlossen. Nicht richtig sei, dass der Kläger mit etwa 75 % der täglichen Arbeitszeit in der Telefonzentrale tätig sei. Er habe täglich lediglich ca. 40 bis 50 Telefonanrufe entgegen zu nehmen. In der Hauptsache handele es sich hierbei um die bloße Weiterleitung von Anrufen bzw. um die Aufnahme entsprechender Rückrufbitten. Pro Anruf falle ein äußerst geringer Zeitaufwand von vermutlich nicht mehr als 20 Sekunden im Durchschnitt an. Insgesamt schätze sie, die Beklagte, den gesamten Arbeitsaufwand, der für den Kläger mit seiner Arbeit in der Telefonzentrale verbunden sei, auf maximal 1 Stunde netto pro Tag ein.

Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsantrag sei ebenfalls unbegründet. Bei den streitigen Sonderzahlungen handele es sich ausschließlich um freiwillige Leistungen. Sowohl Urlaubsgeld als auch die Sonderzahlung seien im Arbeitsvertrag unter § 4 "Gratifikation" aufgeführt und nicht unter § 3 "Vergütung". Derartige "Gratifikationen" seien in § 4 Ziff. 1 des Vertrages ausdrücklich als "Freiwillige Zuwendung" bezeichnet, auf welche auch nach mehrmaliger Zahlung kein Rechtsanspruch bestehe. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich insoweit auch nicht um tarifliche Leistungen. Ein Tarifvertrag sei nicht in Bezug genommen worden. Sie, die Beklagte, sei nicht tarifgebunden. Schon deshalb sei § 4 TVG nicht anwendbar.

Durch Urteil vom 07.03.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 12.04.2007 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 11.05.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.07.2007 - am 02.07.2007 begründet worden ist.

Der Kläger vertritt die Auffassung, der für erledigt erklärte Klageantrag zu 1) sei begründet gewesen. Denn er habe einen Anspruch auf Beschäftigung als kaufmännischer Sachbearbeiter gehabt. Dies ergebe sich eindeutig aus § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stelle § 2 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages keine Beschreibung der Tätigkeiten dar, die er auszuführen habe, sondern gebe dem Arbeitgeber in unzulässiger Weise die Befugnis, ihm eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit einseitig zuzuweisen. Bei verständiger Würdigung des Arbeitsvertrages könne man die genannten Klauseln nur derart verstehen, dass § 2 Ziff. 1 die Tätigkeit beschreibe, während § 2 Ziff. 2 das Direktionsrecht des Arbeitgebers insofern erweitere, als dem Arbeitnehmer "jegliche andere zumutbare Tätigkeit" zugewiesen werden könne. Diese Klausel sei gemäß § 307 BGB unwirksam. Es gelte damit allein die eindeutige Tätigkeitsbeschreibung in § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages.

Entgegen der Bestimmung in § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages habe die Beklagte ihm, dem Kläger, ab September 2006 nicht mehr im kaufmännischen Bereich, sondern zeitweise ausschließlich als Telefonist eingesetzt. Lediglich übergangsweise seien ihm andere Verwaltungsaufgaben zugeordnet worden. Damit habe eine Änderung des Tätigkeitsbereiches vorgelegen, die nur mit einer Änderungskündigung von § 2 KSchG habe durchgesetzt werden könne.

Er, der Kläger, habe auch Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld. In § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages werde ausdrücklich auf ein "tarifliches Urlaubsgeld" Bezug genommen. Gleichzeitig richte sich die Vergütung nach dem einbezogenen Tarifvertrag, so dass der Anspruch auf Urlaubsgeld insgesamt nach dem Tarifvertrag und nicht nach § 4 des Arbeitsvertrages bestehe. Damit liege insoweit keine freiwillige Zuwendung der Beklagten gemäß § 4 des Arbeitsvertrages vor. Etwaige Unklarheiten gingen insoweit gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten.

Die Reichweite des Freiwilligkeitsvorbehaltes könne allenfalls hinsichtlich der Sonderzuwendung in Betracht gezogen werden. Aber auch insoweit sei der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht eindeutig geregelt. In § 4 Ziff. 1 und 2 sei der Freiwilligkeitsvorbehalt lediglich allgemein für Gratifikationen angekündigt, ohne dass in Ziffer 3 geregelt sei, dass hierunter auch die Sonderzuwendung falle. Gleichzeitig sei in Ziffer 4 erwähnt, dass ein "Anspruch auf Sonderzuwendungen" bestehe. Insofern müsse der Arbeitnehmer als Vertragspartner bei verständiger Würdigung von einem feststehenden Anspruch ausgehen. Zumindest sei diese Regelung unklar, wobei dies zu Lasten der Beklagten gewertet werden müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.745,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Berufung sei unzulässig, da sie keine Berufungsanträge enthalte. Jedenfalls aber sei die Berufung unbegründet. Hinsichtlich des Beschäftigungsantrages gelte dies schon deshalb, weil der Kläger derzeit vertragsgemäß beschäftigt werde. Der Kläger sei als "kaufmännischer Mitarbeiter" eingestellt worden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass seit dem Vertragsabschluss mehrere Jahre vergangen seien, liege es auf der Hand, dass sich der genaue Arbeitsinhalt verändere. So sei inzwischen der Arbeitsort nicht mehr derselbe, wie er früher einmal gewesen sei. Die im Arbeitsvertrag zu § 2 beschriebenen Tätigkeitsmerkmale seien dem Wortlaut nach auf "alle aus dem Berufsbild bekannten Tätigkeiten" bezogen. Darüber hinaus enthalte die Aufgabenbeschreibung eine entsprechende Erweiterung in § 2 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages. Sie, die Beklagte, habe in ihrem Schriftsatzvortrag erster Instanz vom 26.02.2007 die innerbetrieblichen Veränderungen sowie die dem Kläger zwischenzeitlich übertragenen Aufgaben geschildert. Der Kläger sei gerade nicht vollständig mit den Aufgaben eines Telefonzentralisten beschäftigt gewesen. Der Kläger habe allenfalls 40 bis 50 Telefonanrufe täglich in Empfang genommen; dies habe statistisch etwa eine Viertelstunde der täglichen Arbeitszeit in Anspruch genommen. Im Übrigen seien auch Aufgaben der Telefonvermittlung "kaufmännische Aufgaben", die zum Berufsbild gehörten. So sei in der in Bezug genommenen Tarifgruppe II des Einzelhandelstarifvertrages die Tätigkeit eines Telefonisten ausdrücklich vorgesehen. Unabhängig davon sei der Kläger nicht als Telefonist eingesetzt worden. Die diesbezüglichen Tätigkeiten seien Nebentätigkeiten neben der für den Kläger derzeit vorgesehenen Bearbeitung der sogenannten Folgepauschalen. Hierbei handele es sich eindeutig um eine kaufmännische Tätigkeit. Seit dem 22.08.2007 werde der Kläger zudem wieder mit kaufmännischen Tätigkeiten aus dem Bereich Auftragsbearbeitung beschäftigt.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld und Sonderzuwendung. Dies habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Die Überschrift in § 4 laute einheitlich "Gratifikationen". In Absatz 1 werde dokumentiert, dass ein Rechtsanspruch auf die hier erwähnten Leistungen nicht bestehe. Insoweit führe auch die Bezugnahme auf den Tarifvertrag nicht weiter. Die Bezugnahme bleibe unter der einheitlichen Überschrift und unter dem Freiwilligkeitsvorbehalt in § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages. Eine weitergehende Tarifbindung bestehe zwischen den Parteien nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Zwar enthält die Berufungsbegründung keine Berufungsanträge. Dies macht die Berufung aber nicht unzulässig. Denn der Berufungsbegründung lässt sich eindeutig entnehmen, dass der Kläger die arbeitsgerichtliche Entscheidung in vollem Umfang mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten nach Maßgabe der erstinstanzlich gestellten Anträge anfechten will (vgl. BGH, NJW 2006, 2705 f. m.w.N.).

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Der nach überstimmender Erledigungserklärung im Hinblick auf den vom Kläger geltend gemachten Beschäftigungsanspruch allein noch anhängige Antrag auf Zahlung von 6.745,00 EUR brutto ist unbegründet. Denn ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Urlaubsgeld und einer jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung besteht nicht.

1. Ein tariflicher Anspruch des Klägers auf Zahlung von Urlaubsgeld und einer jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung ist nicht gegeben.

a) Die Parteien sind nicht tarifgebunden im Sinne des § 3 Abs. 1 TVG. Danach sind tarifgebunden die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrages ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Parteien Mitglieder eines tarifschließenden Verbandes sind.

b) Ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag im Sinne des § 5 TVG ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ebenfalls nicht anwendbar. Die Tarifverträge des Einzelhandels sind nicht für allgemein verbindlich erklärt worden.

2. Auch ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers auf Zahlung von Urlaubsgeld und einer jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung ist nicht gegeben. Aus § 4 des Arbeitsvertrages vom 10.04.2000, auf den der Kläger sich zur Begründung seiner Forderung bezieht, ergibt sich kein Rechtsanspruch auf die geltend gemachten Leistungen. Vielmehr steht die Zahlung von Urlaubsgeld und der jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung unter einem sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt.

a) Durch einen Freiwilligkeitsvorbehalt wird ein Rechtsanspruch auf eine Gratifikationszahlung für die Zukunft wirksam ausgeschlossen. Der Arbeitnehmer erwirbt einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der fraglichen Gratifikation nur für das bestimmte Jahr, in welchem der Arbeitgeber die Gratifikationsgewährung verbindlich angekündigt hat, oder mit tatsächlicher Zahlung der Gratifikation. Bis zu diesem Zeitpunkt entsteht auch kein im Laufe des Jahres anwachsender Anspruch auf eine gegebenenfalls anteilige Gratifikation. Der erklärte Freiwilligkeitsvorbehalt hindert das Entstehen eines dahingehenden Anspruchs und lässt dem Arbeitgeber die Freiheit, in jedem Jahr neu zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen er auch in diesem Jahr eine Gratifikation gewähren will. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Arbeitsvertrag nicht nur der freiwillige Charakter der Leistung betont, sondern gleichzeitig zum Ausdruck gebracht wird, dass auch aus einer wiederholten Zahlung ein Anspruch für die Zukunft nicht entsteht (BAG, Urteil vom 08.03.1995, AP Nr. 184 zu § 611 BGB Gratifikation; Urteil vom 06.12.1995, AP Nr. 197 zu § 611 BGB Gratifikation; Urteil vom 05.06.1996, AP Nr. 193 zu § 611 BGB Gratifikation).

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der die erkennende Kammer sich anschließt, ist davon auszugehen, dass die Zahlung von Urlaubsgeld sowie einer jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung gemäß § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages rechtswirksam unter den in § 4 Ziff. 1 vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt worden ist.

aa) § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages regelt eindeutig, dass Gratifikationen freiwillige Zuwendungen des Arbeitgebers sind, auf die auch nach mehrmaliger Zahlung kein Rechtsanspruch dem Grunde oder der Höhe nach besteht. Diese Vertragsklausel wird zweifellos den Anforderungen gerecht, die an einen rechtswirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen sind. Auch wenn in § 4 Ziff. 1 das Urlaubsgeld und die jährliche Sonderzahlung/Sonderzuwendung nicht ausdrücklich erwähnt werden, bezieht der Freiwilligkeitsvorbehalt, der sich in § 4 unter der Bezeichnung "Gratifikationen" befindet, sich auch auf diese in § 4 Ziff. 3 erwähnten Leistungen. Dies wird schon durch die Überschrift des § 4 verdeutlicht. Für den Kläger als sorgfältigen Erklärungsempfänger war damit eindeutig erkennbar, dass § 4 des Arbeitsvertrages in seiner Gesamtheit Regelungen enthält, unter denen die Beklagte an ihre Arbeitnehmer Gratifikationen gewährt. Quasi als Eingangsbestimmung ist in § 4 Ziff. 1 bestimmt, dass Gratifikationen, sollten sie durch die Beklagte gewährt werden, unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt sind. Ausgehend hiervon folgen in § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages Regelungen, unter denen eventuell gezahlte Gratifikationen bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses entfallen bzw. bei Ausscheiden des Arbeitnehmers zurückzuzahlen sind. Aus der Vereinbarung solcher Regelungen folgt nicht, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung irgendeiner Gratifikation zusteht. Vielmehr wird hierdurch lediglich klargestellt, dass Arbeitnehmer im Falle, dass die Beklagte sich zur Zahlung einer Gratifikation entschließt, zu der sie angesichts des Freiwilligkeitsvorbehaltes in § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages nicht verpflichtet ist, keinen Anspruch hierauf haben, falls die Voraussetzungen des § 4 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages gegeben sind. Solche Klauseln machen auch vor dem Hintergrund des in § 4 Ziff. 1 vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehalts Sinn. Die erkennende Kammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

bb) Ist danach in § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages ein rechtswirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart worden, so kann der Kläger nicht unter Berufung auf § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages Zahlung eines höheren Urlaubsgeldes bzw. einer höheren jährlichen Sonderzahlung/Sonderzuwendung verlangen, als die Beklagte sie tatsächlich geleistet hat. Der Hinweis in § 4 Ziff. 3, dass das "tarifliche Urlaubsgeld" zur Zeit 55 % von 3.074,00 DM beträgt, kann hieran nichts ändern. § 4 Ziff. 3 begründet schon seinem eindeutigen Wortlaut nach keinen Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes und stellt auch keine Klausel dar, durch die tarifliche Regelungen in den Arbeitsvertrag einbezogen worden sind. Vielmehr enthält § 4 Ziff. 3 lediglich einen Hinweis darauf, dass das Urlaubsgeld nach den tariflichen Bestimmungen des Einzelhandels zur Zeit des Arbeitsvertragsschlusses am 10.04.2000 55 % des vereinbarten Gehaltes von 3.074,00 DM betragen hat. Sollte die Beklagte beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin dem Kläger tatsächlich ein Urlaubsgeld in Höhe von 55 % eines monatlichen Gehaltes gezahlt haben, so ist dem Kläger damit eine Gratifikation gewährt worden, die angesichts der Regelung in § 4 Ziff. 1 unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt war. Gleiches gilt für die jährliche Sonderzahlung/Sonderzuwendung, die nach den Bestimmungen in § 4 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages zur Zeit des Vertragsschlusses am 10.04.2000 62,5 % eines Monatsgehaltes ausmachte.

Auch die Regelungen in § 4 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages ändern hieran nichts. Auch insoweit ist dem Arbeitsvertrag angesichts der Regelung in § 4 Ziff. 1 eindeutig zu entnehmen, dass dann, wenn die Beklagte sich zur Zahlung einer Sonderzuwendung als einer Gratifikation unter Freiwilligkeitsvorbehalt entschließt, nur Arbeitnehmer Anspruch auf diese Leistung haben, die die Voraussetzungen des § 4 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages erfüllen.

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Regelungen in § 4 des Arbeitsvertrages nicht unklar im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrundezulegen sind (vgl. BAG; Urteil vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 -, NZA 2006, 202 s.m.w.N.). Zweifel bei der Auslegung gehen dabei gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese Regelung gibt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, der schon vor Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes auch im Arbeitsrecht Geltung besaß. Die Unklarheitenregelung beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken (BAG, a.a.0.).

(2) Ausgehend hiervon kann § 4 des Arbeitsvertrages vom 10.04.2000 nicht als unklar im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB angesehen werden. § 4 des Arbeitsvertrages regelt in seiner Eingangsbestimmung in Ziff. 1 eindeutig und unmissverständlich, dass Gratifikationen freiwillige Zuwendungen sind, auf die ein Rechtsanspruch dem Grunde und der Höhe nach auch nach mehrmaliger Zahlung nicht besteht. Einschränkungen dahingehend, dass sich diese Regelung nicht auf alle, sondern nur auf bestimmte Gratifikationen beziehen sollten, finden sich nicht. Angesichts dieser eindeutigen Regelung in § 4 Ziff. 1 musste dem Kläger als verständigem und redlichem Vertragspartner unter Berücksichtigung seiner Verständnismöglichkeiten klar sein, dass auch die in § 4 Ziff. 3 genannten Gratifikationen dem Freiwilligkeitsvorbehalt des § 4 Ziff. 1 unterlagen. Ergeben sich damit bei der Auslegung von § 4 des Arbeitsvertrages keine Zweifel, so ist für die Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB kein Raum.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

1. Soweit die Berufung des Klägers hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Zahlungsanspruchs in Höhe von 6.745,00 EUR zurückgewiesen worden ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 97 ZPO.

2. Soweit die Parteien im Termin vom 25.10.2007 den Klageantrag zu 1) auf Verurteilung der Beklagten, den Kläger als kaufmännischen Sachbearbeiter im Bereich Auftragsbearbeitung zu beschäftigen, übereinstimmend für erledigt haben, beruht die Kostenentscheidung auf § 91 a ZPO. Insoweit waren dem Kläger die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen aufzuerlegen, da die Berufung erfolglos geblieben wäre. Denn ein Anspruch des Klägers, lediglich als kaufmännischer Sachbearbeiter im Bereich Auftragsbearbeitung beschäftigt zu werden, ist nicht gegeben. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Nach § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages ist der Kläger verpflichtet, alle aus dem Berufsbild bekannten Tätigkeiten eines kaufmännischen Mitarbeiters auszuüben. Ausdrücklich sind im Arbeitsvertrag Tätigkeiten in der Kundenberatung, Tourenplanung, Lagerverwaltung per Hand und per Computer, beim Erfassen von Hilfsmitteln am Computer und Erstellen von Kostenvoranschlägen sowie der dazugehörigen Abrechnungen mit den Kostenträgern und Abrechnungsstellen, Betreuung und Akquisition von Krankenkassen (telefonisch), Alten- und Pflegeheimen (telefonisch), sowie paritätischen und privaten Pflegedienstanbietern per Telefon, regelmäßige schriftliche Berichterstattung an die Geschäftsleitung bezüglich aller Vorgänge etc. erwähnt. Weiter genannt sind Schulungsmaßnahmen und Seminarmaßnahmen, die geplant und durchgeführt werden, sowie die Dokumentation über den Einsatz von Hilfsmitteln, Reparaturen, Leih- und Austauschgeräten. Schließlich obliegt es dem Kläger nach § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages auch, sich vor einer Versorgung eines Patienten über den Krankheitszustand zu informieren. Schon diese Aufzählung der dem Kläger obliegenden Tätigkeiten in § 2 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages belegt, dass er nicht nur eine Beschäftigung als kaufmännischer Sachbearbeiter im Bereich Auftragsbearbeitung beanspruchen kann. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob § 2 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages eine rechtswirksame Erweiterung des Direktionsrechts der Beklagten enthält.

IV.

Der Streitwert hat sich unter Berücksichtigung der übereinstimmenden Erledigungserklärung im Hinblick auf den Beschäftigungsanspruch auf 6.745,00 EUR ermäßigt.

V.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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