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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 04.06.2009
Aktenzeichen: 16 Sa 1095/07
Rechtsgebiete: BAT-KF, SGB XIII, TVG, BGB


Vorschriften:

BAT-KF § 22 Abs. 1 a.F.
BAT-KF § 22 Abs. 2 a.F.
BAT-KF § 22 Abs. 2 Satz 2
SGB XIII § 27 Abs. 2
TVG § 1
BGB § 291
BGB § 288
Die Eingruppierung einer Erzieherin im kirchlichen Arbeitsverhältnis, deren Tätigkeit von den Tätigkeitsmerkmalen des allgemeinen Vergütungsgruppenplans zum BAT-KF a.F. nicht unmittelbar erfasst ist, richtet sich nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zur entsprechenden Eingruppierung eines tarifgebundenen Arbeitnehmers entwickelt hat. Im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaft ist eine entsprechende Eingruppierung nur bei einer unbewussten Regelungslücke zulässig. Außerdem müssen die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung eindeutige Hinweise darauf enthalten, wie die nicht berücksichtigte Tätigkeit bewertet worden wäre, wenn die Regelungslücke von der arbeitsrechtlichen Kommission erkannt worden wäre.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 14.05.2007 - 5 Ca 1378/08 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Vergütungsgruppe V b BAT-KF alt die Grundlage für die Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den ab dem 01.07.2007 gültigen Allgemeinen Entgeltgruppenplan ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Vergütung der Klägerin.

Die am 24.08.1961 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.1989 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wurde als Helferin eingestellt und absolvierte mit Unterstützung der Beklagten eine berufsbegleitende Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin. Nach Ableistung eines verkürzten Anerkennungsjahres ist die Klägerin seit dem 28.02.1993 staatlich anerkannte und geprüfte Erzieherin.

Die Beklagte befasst sich als Kinderfachklinik mit der Rehabilitation, Vorsorge- und Heilbehandlung von seelisch und psychosomatisch auffälligen Kindern und Jugendlichen. Sie bietet Behandlungsplätze für 81 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 - 19 Jahren. Die Behandlung dauert maximal acht Wochen. Zu den für eine Einweisung in die Klinik der Beklagten maßgeblichen Indikationen wird auf die Aufstellung Bl. 191 d.A. Bezug genommen. Die Kosten werden von der jeweiligen Krankenkasse oder den Rentenversicherungsträgern getragen.

Neben einem ärztlichen und therapeutischen Dienst gibt es im Krankenhaus der Beklagten einen pädagogischen Dienst, dessen Leitung eine Diplom-Pädagogin innehat und zu dem Erzieherinnen und Erzieher, Kinderkrankenschwestern, Kinderpflegerinnen, Anerkennungspraktikanten und Zivildienstleistende gehören. Die Klägerin betreut als Erzieherin im Stationsdienst Patienten der Altersgruppe 10 bis 13 Jahre. Über die Tätigkeit der Klägerin verhält sich die Stellenbeschreibung vom 24.02.2005, zu deren Einzelheiten auf Bl. 180 bis 181 R d.A. Bezug genommen wird. Die Aufgabenstellung der Beklagten ist im Klinikkonzept Bl. 12 bis 21 d.A. beschrieben, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet der BAT-KF Anwendung. Sie ist aufgrund eines Schreibens der Beklagten vom 04.12.1995 (Bl. 7 d.A.) in die Vergütungsgruppe BAT-KF V c, Stufe 3 Fallgruppe 6 für Mitarbeiterinnen in der Erziehungshilfe eingestuft, von wo aus sie mit Wirkung vom 01.02.2000 im Wege des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe V b BAT-KF höhergruppiert worden ist. Auf welcher genauen Grundlage die Vergütung der Klägerin vor dem 01.10.1995 gezahlt worden ist, lässt sich nicht mehr feststellen.

Mit Schreiben vom 28.06.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie fehlerhaft in die Berufsgruppe 2.11 (Erziehungshilfe) des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans BAT-KF eingruppiert sei. Die tarifgerechte Eingruppierung richte sich nach der Vergütungsgruppe 2.33 (Erziehungsdienst), und zwar nach der Vergütungsgruppe V c, Altersstufe 9. Der Klägerin wurde aufgrund der Korrektur der Eingruppierung ab Juli 2006 ein um 136,53 € niedrigeres Gehalt bezahlt. Die Mitarbeitervertretung hatte dieser Regelung zugestimmt.

Mit ihrer am 14.07.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die vorgenommene Korrektur ihrer Eingruppierung. Sie hat sich darauf berufen, dass ihre Tätigkeit derjenigen entspreche, die im Rahmen einer Erziehungshilfe für Kinder und Jugendliche in der Heimerziehung erbracht werde. Mit Klageerweiterungen vom 12.02.2007 und 25.04.2007 hat sie die Vergütungsdifferenz für die Monate Juli 2006 bis einschließlich April 2007 geltend gemacht. Zur Berechnung im Einzelnen wird auf Bl. 51 bis 52 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.809,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.04.2007 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.05.2007 eine monatliche Vergütung aus der Vergütungsgruppe V BAT-KF Fallgruppe 8 gemäß Ziffer 2.11 des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans zu zahlen sowie den sich jeweils ergebenden Differenzbetrag zwischen der Vergütung aus der Vergütungsgruppe V c BAT-KF G, Fallgruppe 8 gemäß Ziffer 2.33 des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans und der Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT-KF Fallgruppe 8 gemäß Ziffer 2.11 des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans zuzüglich Ortszuschlag und allgemeiner Zulage jeweils ab dem 01. des jeweiligen Folgemonats nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin sei irrtümlich zu hoch eingruppiert worden. Die Beklagte sei nicht im Rahmen der Erziehungshilfe tätig. Im Vordergrund ihrer Tätigkeit stehe die zeitlich begrenzte medizinische Rehabilitation definierter Krankheitsbilder. Da sie kranke Kinder und Jugendliche behandele, sei selbstverständlich ein pädagogisches Handeln im Sinne von Beaufsichtigung und Betreuung angezeigt.

Durch Urteil vom 14.05.2007 hat das Arbeitsgericht nach den Klageanträgen entschieden. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung die Eingruppierung zu. Die Parteien hätten die Tätigkeit der Klägerin arbeitsvertraglich als Tätigkeit in der Erziehungshilfe beurteilt. Eine korrigierende Rückgruppierung sei in einem solchen Fall nur mittels einer Änderungskündigung möglich.

Gegen dieses, ihr am 29.05.2007 zugestellte Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 27.06.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist form- und fristgerecht begründet.

Sie ist der Ansicht, dass sich aus dem Schreiben vom 04.12.1995 kein Hinweis auf eine einzelvertragliche Vereinbarung der Eingruppierung der Klägerin in die Berufsgruppe 2.11 des BAT-KF ergebe. Die Klägerin selbst habe der damaligen für Gehaltsabrechnungen und Einstufungen zuständigen Mitarbeiterin L1 erklärt, dass eine Umstellung im BAT-KF erfolgt sei und deshalb die entsprechende Angleichung der Mitarbeitereinstufungen erfolgen müsse. Daraufhin habe die Zeugin das Schreiben von Dezember 1995 verfasst. Zutreffend sei es jedoch, die Klägerin nach der Berufsgruppe 2.33 einzustufen, und zwar in die Fallgruppe 6 mit der Vergütungsgruppe VI b. Zwar sei die Klägerin weder Familien- noch Altenpflegerin. Da bei ihr eine staatliche Anerkennung als Erzieherin vorliege, sei es gerechtfertigt, diese Vergütungsgruppe heranzuziehen. Tatsächlich handele es sich jedoch um eine Tätigkeit, für die Berufsgruppe 2.33 Fallgruppe 4 zuträfe, wie eine Überprüfung ihrer Tätigkeit ergeben habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Vergütungsgruppe V b BAT-KF alt die Grundlage für die Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf den ab dem 01.07.2007 gültigen Allgemeinen Entgeltgruppenplan ist.

Sie verweist darauf, dass sie als Erzieherin bei der Beklagten beschäftigt ist. Bei verständiger Würdigung der von ihr geschuldeten und tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung sei festzustellen, dass sie in der Erziehungshilfe tätig sei.

Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

I

Gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages zu 2) bestehen als Eingruppierungsfeststellungsklage keine grundsätzlichen Bedenken. Zwar wendet die Beklagte seit dem 01.07.2007 den BAT-KF in seiner neuen Fassung an. Dem hat die Klägerin mit der Umformulierung ihres Klageantrages in der mündlichen Verhandlung, der die Beklagte zugestimmt hat, Rechnung getragen.

II

Die Beklagte war verpflichtet, die Tätigkeit der Klägerin auch nach dem 01.07.2007 nach der Vergütungsgruppe V b des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans BAT-KF a.F. zu vergüten.

1. Allerdings steht der Klägerin die begehrte Vergütung nach dieser Vergütungsgruppe und die zugleich geforderte Vergütungsdifferenz nicht kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung zu.

Die Klägerin, die ursprünglich als Helferin eingestellt worden ist, ist, nachdem sie ihre Ausbildung als Erzieherin mit der staatlichen Anerkennung vom 28.02.1993 abgeschlossen hatte, als Erzieherin bei der Beklagten beschäftigt worden. Zwar ist zwischen den Parteien ein schriftlicher (Änderungs-)Vertrag hierüber nicht abgeschlossen worden, die Klägerin ist jedoch ab diesem Zeitpunkt als Erzieherin vergütet worden, wie den von der Beklagten überreichten Gehaltsabrechnungen zu entnehmen ist. Die Aufstellung der Beklagten über das der Klägerin in der Vergangenheit gezahlte Entgelt lässt zudem deutlich einen Gehaltssprung von Januar 1993 nach März 1993 erkennen. Während die Klägerin im Januar 1993 2.804,25 DM brutto verdiente, belief sich ihr Gehalt im März 1993 auf 3.351,68 DM.

a) Allerdings ist nicht mehr nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Gehaltszahlungen an die Klägerin erfolgten. Es spricht freilich vieles dafür, dass die Klägerin nach "2. Erziehungs- und Sozialdienst" in der Berufsgruppe 2.10 - Pädagogische Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten - dort nach der Fallgruppe 9) in die Vergütungsgruppe VI b eingruppiert worden ist. Den Gehaltsabrechnungen ist zu entnehmen, dass die Klägerin Vergütung als Erzieherin erhielt, zusätzlich einen Ortszuschlag und einen allgemeinen Zuschlag sowie eine Heimzulage. Für eine ursprüngliche Einstufung der Tätigkeit der Klägerin nach der Berufsgruppe 2.10 spricht zudem das Schreiben der Beklagten vom 04.12.1995, in dem es heißt, dass aufgrund der Umstellung im Allgemeinen Vergütungsgruppenplan zum BAT-KF von 2.10 nach 2.11 eine Änderung der Einstufung der Klägerin vorgenommen wurde.

b) Bereits dieses Vorgehen der Beklagten lässt erkennen, dass dem Schreiben vom 04.12.1995 nicht die Bedeutung einer einzelvertraglichen Zusage der dort angegebenen Vergütungsgruppe V c BAT-KF, Fallgruppe 6 für Mitarbeiterinnen in der Erziehungshilfe zukommt. Durch diese Mitteilung sollte die arbeitsvertragliche Bestimmung in § 4 des Arbeitsvertrages vom 02.01.1991 ersetzt werden, alle anderen Bestimmungen des Arbeitsvertrages waren nicht berührt und behielten weiterhin ihre Gültigkeit. In § 4 war die Eingruppierung der Klägerin, die als Helferin eingestellt worden war, in die Vergütungsgruppe IX b BAT-KF der Berufsgruppe Erziehungs- und Sozialdienst/Pflegepersonal geregelt. Die Bezeichnung der Vergütungsgruppe in einem Arbeitsvertrag oder einer Eingruppierungsmitteilung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nicht dahingehend auszulegen, dass dem Angestellten ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen soll (vgl. Urteil vom 16.02.2000, 4 AZR 62/99, AP Nr. 3 zu § 3 Nachweisgesetz m.w.N.; Urteil vom 09.11.2005, 4 AZR 437/04, ZTR 2006, 654). Vielmehr wird damit nur wiedergegeben, welche Vergütungsgruppe der Arbeitgeber bei Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsbestimmungen als zutreffend ansieht, ohne dass daraus eine eigenständige Vergütungsvereinbarung mit dem Inhalt zu entnehmen ist, die angegebene Vergütung solle unabhängig von den tariflichen Bestimmungen, gegebenenfalls als übertarifliche Vergütung gezahlt werden. Dies gilt auch für den kirchlichen Arbeitgeber, wenn er kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien anwendet. Nur so ist das Schreiben der Beklagten vom 04.12.1995 zu verstehen, das sich auf eine Umstellung des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans zum BAT-KF bezieht, woraus sich die dann angegebene Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 6 für Mitarbeiterinnen in der Erziehungshilfe ergebe. Auch der kirchliche Arbeitgeber will mit der Angabe einer Vergütungsgruppe nur widerspiegeln, was nach den Arbeitsvertragsrichtlinien rechtens ist. Ohne anderweitige Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien zum Ausdruck bringen wollen, welche Vergütungsgruppe nach ihrer Auffassung aufgrund der getroffenen Vereinbarung über die Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien zutreffend ist. Der Festsetzung der Vergütung im Arbeitsvertrag kommt demnach auch bei kirchlichen Arbeitsverhältnissen nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. BAG vom 06.08.1997, 4 AZR 195/96, NZA 1998, 263).

c) Im Entscheidungsfall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass abweichend von diesen Grundsätzen die Beklagte durch § 4 des Arbeitsvertrages bzw. durch das Schreiben vom 04.12.1995 die Zusage einer Vergütungsgruppe unter Inkaufnahme einer eventuellen übertariflichen Bezahlung erteilen wollte. Für § 4 des Arbeitsvertrages ist dies ohne weiteres er-sichtlich. Es handelt sich um einen formularmäßigen Arbeitsvertrag, bei dem keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Angabe der Vergütungsgruppe mehr als deklaratorische Bedeutung zukommen sollte.

Gleiches gilt jedoch auch für das Schreiben vom 04.12.1995. Zunächst spricht hierfür der Verweis auf § 4 Arbeitsvertrag. Durch die Angabe der Vergütungsgruppe im Schreiben vom 04.12.1995 sollte die Bestimmung in § 4 Arbeitsvertrag ersetzt werden. Nicht erkennbar ist, dass darüber hinaus eine eigenständige Regelung der Vergütung getroffen werden sollte. Auch der Hinweis, dass eine "Umstellung" im Allgemeinen Vergütungsgruppenplan zum BAT-KF von 2.10 nach 2.11 vorgenommen wurde, unterstützt diese Auslegung. Es handelte sich um eine allgemeine Regelung, nicht um eine individuelle Vergütungszusage für die Klägerin. Dies ist im Schreiben deutlich zum Ausdruck gekommen.

d) Freilich hat sich im Verlauf des Rechtsstreits herausgestellt, dass weder die Berufsgruppe 2.10 - Pädagogische Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten - die vor der sogenannten Umstellung angewandt worden sein dürfte, noch die Berufsgruppe 2.11 - Mitarbeiterinnen in der Erziehungshilfe - auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin zutrifft. Auch keine andere der im Allgemeinen Vergütungsgruppenplan zum BAT-KF a.F. geregelten Berufsgruppe ist, wie nunmehr zwischen den Parteien unstreitig ist, für die Tätigkeit der Klägerin einschlägig. Insoweit hätte dem Schreiben der Beklagten vom 04.12.1995 die Funktion zukommen können, die Vergütungsgruppe nach der sich die Tätigkeit der Klägerin in Zukunft richten sollte, verbindlich für beide Parteien festzulegen. Zwischen den Parteien ist es im Einzelnen streitig, wie es zu der sogenannten Umstellung von 2.10 auf 2.11 gekommen ist, ob dies auf Initiative der Klägerin oder der MAV, deren Mitglied die Klägerin zur damaligen Zeit war, geschehen ist. Dem braucht jedoch nicht im Einzelnen nachgegangen zu werden. Auch die Klägerin trägt nicht vor, dass das Schreiben vom 04.12.1995 in Kenntnis dieser Problematik verfasst worden wäre. Die Beklagte beruft sich insoweit auf einen Irrtum der zuständigen Mitarbeiterin L1

III

1) Wenn die Mitteilung der Vergütungsgruppe - wie im Streitfall - keine bewusste Zubilligung einer bestimmten Vergütung ist, so hat der Arbeitgeber zur Begründung der korrigierenden Eingruppierung die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe, d.h. die fehlerhafte Bewertung der Tätigkeit im Vergütungsgefüge, und die dieser korrigierenden Bewertung zugrunde liegenden Tatsachen darzulegen und, so sie hinreichend bestritten werden, zu beweisen. Die objektive Fehlerhaftigkeit beinhaltet, dass sich der Arbeitgeber insoweit bei der Rechtsanwendung "geirrt" hat, als er unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt und/oder eine objektiv unzutreffende rechtliche Bewertung vorgenommen hat. Bei der Eingruppierung geht es nicht um einen rechtsgestaltenden Akt, insbesondere nicht um eine Willenserklärung, sondern um eine bewertende Subsumtion, nämlich die Zuordnung der überwiegend auszuübenden Tätigkeit zu einer der in Betracht kommenden Vergütungs- und/oder Fallgruppen des in diesem Fall des BAT-KF (vgl. BAG vom 16.02.2000, aaO.; bestätigt durch BAG vom 05.12.2003, 4 AZR 689/02, DB 2004, 1105 jeweils m.w.N.). Jedoch erfüllt der Arbeitgeber seine Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er überhaupt einen Fehler bei der Bewertung der Tätigkeit des Angestellten aufzeigt; vielmehr muss die Vermeidung des Fehlers zur Folge haben, dass dem Angestellten Vergütung nach der mitgeteilten Vergütungsgruppe nicht zusteht.

2) Die objektive Fehlerhaftigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe V c mit der Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe V b kann jedoch nicht festgestellt werden.

a) Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich gemäß § 22 Abs. 1 BAT-KF a.F. nach den Tätigkeitsmerkmalen des Allgemeinen Gruppenplans zum BAT-KF. Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist. Hierzu bestimmt § 22 Abs. 2 BAT-KF a.F., dass der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert ist, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

b) Die Klägerin ist als Erzieherin bei der Beklagten beschäftigt. Dies hat die Beklagte zuletzt zwar mit Hinweis darauf in Frage gestellt, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine solche handelt, die weitgehend keine besonderen Qualifikationen einer Erzieherin voraussetzten, sondern regelmäßig von "normalen" Personen wie Eltern, Freunden, Bekannten usw. wahrgenommen werden könnten. Sie sei vergleichbar mit dem "Aufpassen", wie die Tätigkeit von Betreuern oder Lehrern z.B. in Zeltlagern oder sonstigen Freizeiten. Insoweit handele es sich um eine Tätigkeit, die der Berufsgruppe 2.33 - Mitarbeiterinnen in der Alten- und Familienpflege sowie im Erziehungs- und Sozialdienst (soweit nicht anderweitig eingruppiert) - zuzuordnen sei, und zwar konkret der Fallgruppe 4. Die Fallgruppe 4 regelt die Eingruppierung von Mitarbeiterinnen im Erziehungs- oder Sozialdienst oder in der Familienpflege mit einer für diese Tätigkeit förderlichen Ausbildung und sieht die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VIII vor.

Dieser Auffassung der Beklagten ist jedoch nicht zu folgen.

aa) Wie oben bereits dargestellt, ist die Klägerin nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen als Erzieherin bei der Beklagten tätig. Auch wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag über diese Tätigkeit nicht vorliegt, so hat die Beklagte die Klägerin ab dem Zeitpunkt, zu dem sie die Qualifikation einer staatlich anerkannten Erzieherin erworben hat, als solche beschäftigt. Dies lässt sich den zur Gerichtsakte gereichten Gehaltsabrechnungen entnehmen, die den Zeitraum ab 11/1993 erfassen. Dort ist für die Grundvergütung der Klägerin angegeben "L/G. Erzieherinnen". Darüber hinaus spricht auch die Tatsache, dass die Klägerin mit Unterstützung der Beklagten eine berufsbegleitende Ausbildung zur Erzieherin absolviert hat, dafür, dass sie ab dem Zeitpunkt, ab dem sie die erforderlichen Qualifikationen erzielt hat, als Erzieherin beschäftigt werden sollte. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Beschäftigung als Erzieherin besitzt. Die Beklagte ist nicht berechtigt, der Klägerin Tätigkeiten zuzuweisen, die die Qualifikationsmerkmale einer Erzieherin nicht beinhalten.

bb) Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von der Klägerin tatsächlich verrichteten Tätigkeiten die einer Erzieherin sind.

Der Begriff des Erziehers/Erzieherin ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Zusammenhang mit den Regelungen des BAT berufskundlich zu verstehen (vgl. BAG vom 09.11.2005, 4 AZR 437/04, ZTR 2006, 654). Im berufskundlichen Sinne versteht man unter Erzieher jemanden, der in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit Kinder sozialpädagogisch und fürsorgerisch-bewahrend zu betreuen hat. Neben Kinderkrippen, Kindergärten, Horten, Kindererholungsheimen, Schulinternaten gehören auch gerade die Kinderstationen von Kliniken zu den Einrichtungen, in denen Erzieher tätig sind (vgl. die Grundentscheidung des BAG vom 18.05.1983, 4 AZR 539/80, AP Nr. 74 zu §§ 22, 23 BAT 1975 - s. auch Juris, insbesondere RdNr. 26 dieser Entscheidung). Dem entspricht auch die umfassende Ausbildung der Erzieher in verschiedenen Bereichen wie Pädagogik, Psychologie, aber auch Rhythmik und Leibesübungen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der in dieser fach- und berufsbezogenen Weise von den Tarifvertragsparteien des BAT verwandte Begriff des Erziehers in der vorliegenden Vergütungsordnung, die sich an den BAT anlehnt, anders zu bewerten ist.

Nach dem Klinikkonzept der Beklagten hält sie neben dem ärztlichen und therapeutischen Dienst einen pädagogischen Dienst vor, dessen Leitung einer Diplom-Pädagogin obliegt, der die Stationsteams unterstellt sind. In den Stationsteams arbeiten u.a. Erzieher und Erzieherinnen. Die Tätigkeit des pädagogischen Dienstes ist, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht klargestellt worden ist, eigenständig. Der pädagogische Dienst ist dem ärztlichen Dienst nicht als solches unterstellt. Nach dem im Klinikkonzept enthaltenen pädagogischen Konzept stellen die einzelnen Stationsgruppen für die Patienten das psychotherapeutische und sozialtherapeutische Lernfeld dar. Veränderte Eigenwahrnehmung und neue Verhaltensweisen können erprobt und eingeübt werden. Die Rückmeldung des erzieherischen Personals und auch der Gruppe wirken bestärkend und motivierend. Den Erzieherinnen kommt in diesem gruppendynamischen Prozess die Aufgabe zu, nach dem vorher er-stellten Therapieplan die Patienten zu beobachten, zu begleiten und zu fördern. Konsequentes pädagogisches Vorgehen und ein strukturierter Tagesablauf bietet danach den Patienten die notwendige Orientierung und fördern Selbststeuerung und Eigenverantwortlichkeit. Dieses Konzept entspricht dem, was auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Aufgabe der Erzieher und Erzieherinnen anerkannt ist. Sie sollen ihre Probanden zu Eigenerfahrung und Selbstvertrauen, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung führen, zu gemeinschaftlichem, d.h. vor allem sozial verantwortlichem Verhalten und Handeln anhalten, ihre Entscheidungsfreiheit, ihre Lernbereitschaft und ihr kritisches Urteilvermögen stärken, sie schließlich zu geistiger Beweglichkeit und schöpferischem Tun anregen (vgl. BAG vom 24.09.2008, 4 AZR 642/07, AP Nr. 57 zu § 1 TVG; unter Juris RdNr. 29).

Die Stellenbeschreibung für den auf der Kinderstation tätigen Erziehungsdienst spiegelt diese Aufgabenstellung wider. Neben dem Beziehungsaufbau zum Patienten liegen die Aufgaben des Erziehungsdienstes in der Leitung, Begleitung und Förderung der Patienten bei tagesstrukturierenden Maßnahmen, der Leitung, Begleitung und Förderung der Patienten bei der Hygiene- und Gesundheitserziehung, der Leitung und Förderung der Patienten bei der Eingliederung in die Gruppe, dem Erklären und Verdeutlichen der Stations- und Klinikregeln, der Entwicklung von Problemlösungsstrategien, der Begleitung, Förderung und Dokumentation des gruppendynamischen Prozesses, der Mitarbeit bei der Patientendokumentation und der Fallbesprechung, der Vorbereitung, Durchführung und Reflexion sozialpädagogischer Gruppen- und Einzelförderangebote, der regelmäßigen Teilnahme an Teamsitzungen, der Mitarbeit bei der Planung und Durchführung von Gruppenausflügen, Festen und Aktionen, zudem sind Verwaltungsaufgaben zu erfüllen und Taschen- und Aktionsgelder zu verwalten. Zu den organisatorischen Aufgaben gehört außerdem die Führung der Listen und des Kassenbuchs, hauswirtschaftliche Tätigkeiten sind zu erfüllen, Kooperation und Kommunikation mit den Abteilungen der Klinik ist durchzuführen, die Sicherheitsregeln der Klinik sowie die gesetzlichen Vorschriften, Richtlinien und Arbeits- bzw. Organisationsanweisungen sind zu beachten und einzuhalten.

Der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin als die einer Erzieherin steht nicht entgegen, dass damit einer Vielzahl reiner verwaltender oder hauswirtschaftlicher Einzeltätigkeiten verbunden ist, die auch von Personen verrichtet werden könnten, die die Qualifikation einer Erzieherin nicht besitzen, wie Aufräumarbeiten, Bestellung des Essens, Kontrolle der sanitären Einrichtungen. Denn hierbei handelt es sich um Zusammenhangstätigkeiten, die nicht den Kern der Aufgabenstellung der Klägerin ausmachen. Für die Eingruppierung der Klägerin ist vielmehr nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BAT-KF auf die anfallenden Arbeitsvorgänge abzustellen. Die Protokollnotiz zu Abs. 2 definiert Arbeitsvorgänge als Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Dabei ist jeder einzelne Arbeitsvorgang als solcher zu bewerten und darf hinsichtlich der Anforderungen nicht zeitlich aufgespalten werden. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach unter Arbeitsvorgang eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis zu führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAG vom 29.04.1992, 4 AZR 458/91, AP Nr. 162 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Im Mittelpunkt der Tätigkeit der Klägerin steht die Betreuung der auf ihrer Station untergebrachten Patienten. Bei einer Tätigkeit in der Frühschicht hat die Klägerin nach Übergabe durch die Nachtwache, bei der sie über Besonderheiten der Nacht informiert wird, die Kinder beim Waschen, Zähne putzen, Anziehen zu betreuen und sie anzuleiten, ihre Betten zu machen sowie das Zimmer aufzuräumen. Neben der Vor- und Nachbereitung des Frühstücks hat die Klägerin das Frühstück durchzuführen. Hierin kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur eine hauswirtschaftliche Tätigkeit gesehen werden. Die Durchführung des Frühstücks kann in mehrfacher Hinsicht betreuerische Elemente enthalten. Ohne weiteres erkennbar wird dies für adipöse Kinder, bei denen eine psychogene Essstörung vorliegt, sowie bei den Patienten, die unter leichten Formen der Anorexia nervosa und Bulimie leiden. Gleiches gilt für die Betreuung der Kinder beim Mittagessen. Die in diesen Zusammenhängen anfallende Vorbereitung sowie Nachbereitung des Essens und Säuberungsarbeiten können als Zusammenhangstätigkeiten angesehen werden. Auch die Teiltätigkeit "Kinder planmäßig zur Schule oder Therapie schicken, gegebenenfalls begleiten" kann bei den in Frage stehenden Patienten durchaus eine erzieherische Aufgabe darstellen. Die Beklagte nimmt Kinder und Jugendliche auf, die Schulprobleme haben und die Schule verweigern. In Bezug auf die Betreuung dieser Patienten ist es ohne weiteres ersichtlich, dass die Qualifikationen einer Erzieherin bei der Betreuung erforderlich sind. Für einen Zeitrahmen von 8.30 Uhr bis 10.00 Uhr werden in der Frühschicht sowohl betreuende als auch hauswirtschaftliche und organisatorische Tätigkeiten verrichtet. Kinder, die keinen Unterricht oder keine Therapiestunde haben, müssen durch die Erzieherin betreut werden. Daneben fallen Aufräumarbeiten, Essensbestellungen, Kontrolle der sanitären Einrichtungen, Temperaturmessungen sowohl des Kühlschranks als auch der Räumlichkeiten sowie das Sortieren von Stationswäsche an. Für diesen Zeitraum ist jedoch zu erkennen, dass die Betreuung von Kindern, soweit sie sich auf der Station aufhalten, Priorität genießt. Die weiteren Arbeiten müssen und können in diesem Zusammenhang erbracht werden. Das ist ohne weiteres deutlich für die Bestellung von Mahlzeiten, die Kontrolle der Sanitäreinrichtungen und der durchzunehmenden Messungen, auch soweit Eintragungen vorzunehmen sind. Diese Teiltätigkeiten nehmen nur kurze Zeit in Anspruch. Aufräumarbeiten und auch die Sortierung von Wäsche lässt sich neben der Betreuung der Kinder und Jugendliche flexibel gestalten. Für die Zeit nach 10.30 Uhr ist die erzieherische Tätigkeit ohne weiteres ersichtlich. In der Aufstellung der Einzeltätigkeiten der Beklagten ist hierfür angegeben: "Zur 4. Schulstunde Anwesenheit bei therapeutischer Gruppe, Zwischenmahlzeit". In der Stellenbeschreibung für den Erziehungsdienst ist der Tagesablauf dahingehend beschrieben, dass alle Kinder von Schule und Therapie zurück zur Station gekommen sind, diese mit einer Zwischenmahlzeit versorgt werden müssten und sie nach Vorgaben der Therapeuten in zwei Gruppen für Therapiemaßnahmen und pädagogische Übungen eingeteilt werden, wobei letztere von der diensthabenden Erzieherin, dem diensthabenden Erzieher durchgeführt werden. Soweit dem Erziehungsdienst zum Ende der Frühschicht die Protokollführung im Übergabebuch mit Tagesablauf der ersten Schicht und Besonderheiten, die Auswirkungen auf die Folgeschicht haben, obliegt, gehört diese Dokumentation zu den originären Tätigkeiten einer Erzieherin/eines Erziehers. Solche Anforderungen, bei denen Vorkommnisse, medizinische, pädagogische und sonstige Punkte benannt werden müssen, erfordern eine Bewertung der Geschehnisse des Tagesablaufs, die ohne eine dahingehende Qualifizierung nicht erbracht werden kann.

Damit ist die gesamte Betreuungstätigkeit in der Frühschicht ein Arbeitsvorgang im Sinne der Protokollnotiz 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-KF. Entsprechend dem pädagogischen Konzept ist die gesamte Tätigkeit auf das Arbeitsergebnis ausgerichtet, durch konsequentes pädagogisches Vorgehen und durch einen strukturierten Tagesablauf den seelisch und psychosomatisch auffälligen Kindern und Jugendlichen die notwendige Orientierung zu bieten und Selbststeuerung und Eigenverantwortlichkeit zu fördern. Gleiches gilt auch für die Nachmittagsschicht. Für diese ist zunächst eine Planung der Nachmittagsaktivitäten erforderlich und bekannt zu geben. Zu den Aufgaben des Erziehungsdienstes gehört dafür Sorge zu tragen, dass die Patienten planmäßig ihre Therapie- und Förderstunden wahrnehmen. Außerdem sind sie für die Durchführung des Kreativ- und Freizeitangebots zuständig, das in der Zeit von 15.00 Uhr bis 18.30 Uhr stattfindet. Für die Essensversorgung der Patienten gilt das oben Ausgeführte. Die Anleitung und Beaufsichtigung der Kinder für die Nachtruhe, die die Kontrolle der Körperpflege umfasst, gehört ohne weiteres zu den betreuenden Aufgaben. Besonders deutlich wird dies daran, dass auch Patienten mit Enuresis (Einnässen) und Enkopresis (Einkoten) aufgenommen werden. Auch die von der Nachmittagsschicht vorzunehmende Dokumentation ist wie oben ausgeführt eine erzieherische Tätigkeit. Soweit organisatorische und hauswirtschaftliche Aufgaben anfallen, sind diese als Zusammenhangstätigkeiten zu charakterisieren.

IV

Nach alledem ist davon auszugehen, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um die einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung handelt. Die spezifische Erziehertätigkeit der Klägerin wird indes, worüber zwischen den Parteien im Verlauf des Berufungsverfahrens Einigkeit erzielt worden ist, von keinem der im Allgemeinen Vergütungsgruppenplan zum BAT-KF genannten Tätigkeitsmerkmale unmittelbar erfasst.

1) Allerdings ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Klägerin dem Erziehungs- und Sozialdienst zuzuordnen ist. Die Klägerin gehört jedoch nicht zu den einzelnen dort aufgeführten Berufsgruppen. Sie unterfällt weder der Berufsgruppe 2.10 - Pädagogische Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten -, da es sich bei der Kinderfachklinik nicht um eine solche handelt. Entgegen der durch das Schreiben der Beklagten vom 04.12.1995 vorgenommenen Einstufung in die Berufsgruppe 2.11 - Mitarbeiterinnen in der Erziehungshilfe - ist auch diese nicht einschlägig. Nach der Anmerkung 1 zu dieser Berufsgruppe handelt es sich bei der Erziehungshilfe um Hilfe im Sinne des § 27 Abs. 2 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes vom 26.06.1990, jetzt § 27 Abs. 2 SGB XIII. Die Beklagte nimmt in ihrer Kinderfachklinik jedoch keine Kinder und Jugendliche auf, die nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz eingewiesen werden. Auch handelt es sich bei der Beklagten trotz der angeschlossenen Schule nicht um ein Internat im Sinne der Berufsgruppe 2.12 - Pädagogische Mitarbeiter in Internaten. Nach der Anmerkung Nr. 1 sind Internate Heime, die mit einer weiterführenden Schule verbunden sind. Dies ist bei der Beklagten trotz des Schulangebots nicht der Fall, da die von ihr behandelten Kinder und Jugendlichen nur einen vorübergehenden Schulunterricht erhalten, entsprechend dem Ausfall des Unterrichts an der Schule, die sie eigentlich besuchen. Auch die Berufsgruppe 2.34 - Mitarbeiter in Werkstätten für Behinderte -, die Tätigkeitsmerkmale für Erzieher vorsieht, ist für die Tätigkeit der Klägerin erkennbar nicht einschlägig. Gleiches gilt für die Berufsgruppe 2.41 - Mitarbeiterinnen in Heimen der Behindertenhilfe -, die in der Fallgruppe 9 ebenfalls eine Eingruppierung für Erzieherinnen vorsieht. Nach der Anmerkung 2 sind Heime der Behindertenhilfe solche Heime, die der Förderung oder Betreuung von körperlich, seelisch oder geistig behinderten Jugendlichen oder Erwachsenen dienen. Die Beklagte nimmt demgegenüber Kinder und Jugendliche mit seelischen, psychosomatischen oder verhaltensauffälligen Störungs- und Krankheitsbildern auf, die sie mit dem Ziel einer Linderung oder Heilung des jeweiligen Störungs- bzw. Krankheitsbildes behandelt.

2) Erfüllt damit die Tätigkeit der Klägerin keines der im Allgemeinen Vergütungsgruppenplan geregelten Tätigkeitsmerkmale, so handelt es sich um eine Lücke. Diese kann jedoch durch die Arbeitsgerichte geschlossen werden.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können bei Tarifverträgen im Sinne des § 1 TVG Lücken unter bestimmten Voraussetzungen geschlossen werden. Dabei darf es sich zum einen nicht um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handeln, da in einem solchen Fall die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie zu beachten ist. Auch nicht jede unbewusste Tariflücke ist der Ausfüllung durch die Arbeitsgerichte zugänglich. Es muss vielmehr hinreichende Anhaltspunkte dafür geben, dass die Tarifvertragsparteien beabsichtigt hatten, eine vollständige Regelung für alle im Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgeübten Tätigkeiten zu schaffen. Zum anderen müssen die Tätigkeitsmerkmale der vereinbarten Vergütungsordnung in ihrer Bewertung eindeutige Hinweise darauf ergeben, wie die Tarifvertragsparteien die nicht berücksichtigte Tätigkeit bewertet hätten (vgl. zuletzt BAG vom 24.09.2008, 4 AZR 642/07, AP Nr. 57 zu § 1 TVG m.w.N.).

b) Allerdings handelt es sich bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht um Tarifverträge im Sinne des Tarifvertragsgesetzes, weil sie nicht nach dessen Maßgabe, insbesondere nicht unter Beteiligung von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 1 TVG), zustande gekommen sind (st. Rspr. des BAG, vgl. Urteil vom 19.02.2003, 4 AZR 11/02, BAGE 105, 148; vom 08.06.2005, 4 AZR 412/04, NZA 2006, 611). Die Arbeitsrechtsregelungen werden vielmehr im Rahmen des sogenannten dritten Weges durch Beschluss der ARK-RWL festgelegt, an dem die Mitarbeiterseite beteiligt ist. Der sogenannte dritte Weg ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften (Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 WRV). Auch wenn aus dieser verfassungsrechtlich gestützten Position der kirchlichen Arbeitgeber ähnliche Grenzen wie aus dem verfassungsrechtlichen Schutz der Tarifautonomie folgen sollten, so ist im vorliegenden Fall eine Lückenfüllung gerechtfertigt.

c) Es ist davon auszugehen, dass es sich um eine unbewusste Regelungslücke handelt. Die Kinderfachklinik der Beklagten stellt als Rehabilitations-, Vorsorge- und Heilbehandlungsklinik für seelisch und psychosomatisch auffällige Kinder und Jugendliche eine Einrichtung mit Ausnahmecharakter im Geltungsbereich des BAT-KF dar. Deutlich wird dies sowohl im Hin-blick auf die aufgenommenen Patienten - Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 19 Jahren - als auch im Hinblick darauf, dass eine Schule angeschlossen ist und der Schulbesuch für die Kinder und Jugendlichen vorgesehen ist. Die Eingruppierung des Pflegepersonals in Kinderkrankenhäusern und Kinderfachabteilungen von Krankenhäusern richtet sich im Übrigen nach dem Vergütungsgruppenplan für Angestellte im Pflegedienst, der jedoch ebenfalls keine Tätigkeitsmerkmale für Erzieher vorsieht. Im Übrigen halten beide Parteien den Allgemeinen Vergütungsgruppenplan für Angestellte im Erziehungs- und Sozialdienst für die geeignete Grundlage einer Eingruppierung der Tätigkeit der Klägerin.

d) Der Allgemeine Vergütungsgruppenplan enthält eindeutige Hinweise darauf, dass eine vollständige Regelung für alle in seinem Geltungsbereich ausgeübten erzieherischen Tätigkeiten geschaffen werden sollte. Schon aus der Überschrift "Erziehungs- und Sozialdienst" ergibt sich, dass eine umfassende Regelung für alle mit diesen Aufgabenstellungen befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beabsichtigt war. Letztlich ist dies auch der Berufsgruppe 2.33 - Mitarbeiterinnen in der Alten- und Familienpflege sowie im Erziehungs- und Sozialdienst - zu entnehmen, die nämlich herangezogen werden soll, soweit die Tätigkeiten nicht anderweitig eingruppiert werden. Insoweit handelt es sich, worauf die Beklagte zu Recht verweist, um einen Auffangtatbestand. Jedoch gilt dies nur, soweit Mitarbeiterinnen im Erziehungs- oder Sozialdienst ohne entsprechende qualifizierte Ausbildung tätig werden. Die Mitarbeiterinnen im Erziehungs- oder Sozialdienst mit einer für diese Tätigkeit nur förderlichen Ausbildung sind in der Fallgruppe 4 erfasst und werden in die Vergütungsgruppe VIII eingruppiert. Demgegenüber ist auch dieser Berufsgruppe zu entnehmen, dass Mitarbeiterinnen mit staatlicher Anerkennung höher einzugruppieren sind. Für Altenpflegerinnen und Familienpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung ist nach Fallgruppe 6 die Vergütungsgruppe VI b vorgesehen. Erzieherinnen und Erzieher mit staatlicher Anerkennung werden in dieser Berufsgruppe jedoch nicht genannt.

3) In analoger Heranziehung der Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Erziehungsdienst ist die Klägerin zu Recht ursprünglich in die Vergütungsgruppe V c eingruppiert und nach Ablauf der Bewährungszeit in die Vergütungsgruppe V b höhergruppiert worden.

Mit Ausnahme der Berufsgruppe 2.10 für pädagogische Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten sind die Erzieherinnen in allen im Allgemeinen Vergütungsgruppenplan geregelten Tätigkeiten für Erzieherinnen in die Vergütungsgruppe V c eingeordnet. Bei der niedriger bewerteten Tätigkeit von Erzieherinnen in Kindertagesstätten handelt es sich um Erzieherinnen als Gruppenleiterinnen. Die niedrigere Bewertung dieser Tätigkeit gegenüber allen anderen Erziehertätigkeiten in den verschiedenen Berufsgruppen des Allgemeinen Vergütungsgruppenplans ist im Vergleich zu diesen nachvollziehbar. Gruppenleiterinnen in Kindertagesstätten betreuen Kleinkinder im Alter bis zu 6 Jahren, die keine Besonderheiten aufweisen. Sobald Erzieherinnen in Kindertagesstätten Kinder mit Auffälligkeiten zu betreuen haben, werden auch diese in die Vergütungsgruppe V c originär eingruppiert. Dies gilt für Erzieherinnen in Integrationsgruppen mit einem Anteil von mindestens einem Drittel Behinderter sowie in Gruppen von Kindern mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten. Die weiteren Berufsgruppen, bei denen Erzieherinnen von vornherein in die Vergütungsgruppe V c eingruppiert werden, zeichnen sich durch besondere Situationen aus. Erzieherinnen in der Erziehungshilfe haben schwer erziehbare Kinder und Jugendliche zu betreuen. Die Tätigkeit von Erziehern, die Behinderte zu betreuen haben, wird nach der Berufsgruppe 2.34 - Mitarbeiter in Werkstätten für Behinderte - sowie nach der Berufsgruppe 2.41 - Mitarbeiterinnen in Heimen der Behindertenhilfe - ebenfalls in der Berufsgruppe V c eingruppiert. Gleiches gilt für Erzieher, die in Heimen der Gefährdetenhilfe arbeiten, nach der Berufsgruppe 2.42. Weiteres Merkmal einer höheren Bewertung der Tätigkeit von Erzieherinnen ist die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die in den Einrichtungen über Tag und Nacht untergebracht sind. Dieser Gesichtspunkt gilt für Internatserzieher in der Berufsgruppe 2.12 Fallgruppe 5. Dass in diesen Fällen an die betreuenden Erzieher und Erzieherinnen höhere Anforderungen gestellt werden, wird auch daran deutlich, dass den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, soweit sie in der Heimerziehung tätig sind, eine Zulage von monatlich 61,36 € gezahlt wird. Dies gilt für die Mitarbeiterinnen in der Erziehungshilfe, die nach Fallgruppe 6 in der Vergütungsgruppe V c eingruppiert sind sowie für die Mitarbeiterinnen, die als Erzieherinnen in Heimen der Behindertenhilfe bzw. in Heimen der Gefährdetenhilfe bei Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c eine solche Zulage ebenfalls erhalten.

Die Klägerin hat es mit seelisch und psychosomatisch auffälligen Kindern und Jugendlichen zu tun. Wie allein die für die Aufnahme in die Kinderfachklinik vorliegenden Indikationen zeigen, haben diese Störungen, die erhöhte Anforderungen an die Betreuung stellen. Darüber hinaus ist ihre Tätigkeit auch deshalb besonders verantwortlich, weil diese Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung über Tag und Nacht untergebracht sind. Die Eltern stehen als weitere betreuende Personen in dieser Zeit nicht zur Verfügung.

Soweit die Beklagte dem entgegenhält, dass der Aufenthalt der Kinder und Jugendlichen sich auf einen Zeitraum bis höchstens acht Wochen beschränkt, spricht dies nicht dagegen, dass erhöhte Anforderungen an die Tätigkeit der Klägerin vorliegen, die einen Vergleich mit den anderen in die Vergütungsgruppe V c in den verschiedenen Berufsgruppen eingruppierten Erziehern und Erzieherinnen rechtfertigt. Nach der Stellenbeschreibung gehört zu den Zielsetzungen der Stelle der Beziehungsaufbau zum Patienten. Gerade bei einem kurzzeitigen Aufenthalt ist dieser schneller und intensiver zu leisten, als wenn ein längerer Zeitraum zur Verfügung steht. Bei wechselnden zu betreuenden Kindern und Jugendlichen stellen sich insoweit höhere Anforderungen als wenn eine langfristige Betreuung möglich ist.

Nach alledem ist eine analoge Heranziehung der Tätigkeitsmerkmale, die eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c begründen, gerechtfertigt. Für alle Fallgruppen ist ein Bewährungsaufstieg nach der Vergütungsgruppe V b vorgesehen. Die Höchstdauer dieses Bewährungsaufstiegs beträgt vier Jahre. Bei der Klägerin ist eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe V b mit Wirkung vom 01.02.2000 vorgenommen worden. Diese ist demnach gerechtfertigt.

V

Ist danach die von der Beklagten vorgenommene korrigierende Eingruppierung nicht zutreffend, so steht der Klägerin die für die Monate Juli 2006 bis einschließlich April 2007 geltend gemachte Vergütungsdifferenz zu. Sie ist rechnerisch der Höhe nach unstreitig. Die Forderung der Klägerin ist gem. §§ 291, 288 BGB zu verzinsen.

VI

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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