Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: 16 Sa 1126/02
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 21
TzBfG § 14 Abs. 4
TzBfG § 16 S. 1
Ist eine Vereinbarung über die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses nicht schriftlich abgeschlossen worden, so ist diese gemäß §§ 14 Abs. 4 TzBfG, 125 BGB rechtsunwirksam und hat nach §§ 21, 16 S.1 TzBfG den unbedingten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Folge.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

16 Sa 1126/02

Verkündet am: 16.01.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 16.01.2003 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Hackmann sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Gödde und Göersmeier

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 05.06.2002 - 2 Ca 224/02 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbedingtes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Feststellungsverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Maurer weiterzubeschäftigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 1/3, die Beklagte zu 2/3.

Die Revision wird zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte sowie darum, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Weiterbeschäftigung des Klägers fortbesteht.

Der am 10.10.1962 geborene Kläger ist seit dem 10.04.2000 bei der Beklagten als Maurer beschäftigt. Er erzielte ein monatliches Arbeitsentgelt von zuletzt 2.362,62 € brutto. Bei der Beklagten, die etwa 35 Mitarbeiter beschäftigt, ist ein Betriebsrat gebildet. Der Kläger ist verheiratet und hat ein Kind.

Am 25.01.2002, einem Freitag, war der Kläger zusammen mit seinem Vorgesetzten, dem Zeugen M4xxxxx, auf der Baustelle der Firma R4xxxxx in Löningen eingesetzt. Hier kam es im Verlauf des Vormittags zu einer verbalen Auseinandersetzung, deren Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind, in der der Kläger nach den Angaben der Beklagten dem Zeugen M4xxxxx jedoch Schläge angedroht haben soll. Danach arbeiteten sowohl der Zeuge M4xxxxx als auch der Kläger bis ca. 12.00 Uhr weiter und fuhren anschließend gemeinsam zum Betriebssitz der Beklagten zurück. Hier unterrichtete der Zeuge M4xxxxx die Geschäftsleitung über diesen Vorfall. An einer, für Montag, den 28.01.2002 geplanten Aussprache zur Klärung des Sachverhaltes nahm der Kläger nicht teil, da er an diesem Tag arbeitsunfähig war. Nach Erörterung des Sachverhalts unter Beteiligung des Betriebsratsvorsitzenden J1xxxxx beschloss die Beklagte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgemäß zu kündigen, worüber sie den Betriebsrat mit Anhörungsschreiben vom 28.01.2002 (Bl. 47 d.A.) unterrichtete. Nachdem der Betriebsrat am 05.02.2002 mitgeteilt hatte, dass er die beabsichtigte Kündigung zur Kenntnis genommen habe, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 08.02.2002 zum 26.02.2002. Hiergegen wehrt sich der Kläger mit seiner am 15.02.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage.

Der Kläger war bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 26.02. und darüber hinaus arbeitsunfähig krank. Im Anschluss daran trat er seinen zuvor bereits für Anfang März 2001 geplanten Urlaub an. Nach Rückkehr aus dem Urlaub meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt, wo ihm erklärt wurde, dass er seine Arbeit anbieten müsse. Aufgrund dieses Arbeitsangebots des Klägers wurde er ab dem 18.03.2001 von der Beklagten zur Abwendung des Annahmeverzugsrisikos weiterbeschäftigt, allerdings nicht mehr in seiner alten Kolonne, sondern im Bereich Tief- und Hochbau und im Lager eingesetzt.

Durch Urteil vom 05.06.2002 hat das Arbeitsgericht nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Die Androhung von Gewalt eines Arbeitnehmers gegenüber seinen Vorgesetzten stelle eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, die geeignet sei, auch eine so einschneidende Maßnahme wie den Ausspruch einer verhaltensbedingten fristgemäßen Kündigung zu rechtfertigen. Es gehöre zu den unverzichtbaren Voraussetzungen der täglichen Zusammenarbeit im Betrieb, dass sie frei von jeglicher Androhung oder gar Anwendung körperlicher Gewalt bleibe. Wer sich darüber hinwegsetzt, verletze selbstverständliche arbeitsvertragliche Pflichten, die so schwerwiegend seien, dass eine Abmahnung entbehrlich sei. Bei Androhung von Gewalt durch einen Arbeitnehmer gegenüber einem Vorgesetzten könne dieser nicht mit einer Billigung seines Fehlverhaltens durch den Arbeitgeber rechnen. Der Zeuge M4xxxxx habe einen solchen eine fristgemäße Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen rechtfertigenden Sachverhalt glaubhaft bekundet. Auch wenn zugunsten des Klägers im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sei, dass seine Aussichten, bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen, nicht günstig seien, so habe er doch voraussehen müssen, dass die Beklagte eine Bedrohung eines Vorarbeiters mit Gewalt nicht hinnehmen würde und könnte. Dies gelte vor allem, da der Zeuge M4xxxxx durch sein Verhalten nicht den geringsten Anlass für eine Reaktion des Klägers mit Gewaltandrohung gegeben habe. Die Kündigung sei auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrates rechtsunwirksam. Ihm seien Kündigungsabsicht und Kündigungsgründe durch das Anhörungsschreiben vom 28.01.2002 und die vorangegangene mündliche Erörterung mit dem Betriebs-ratsvorsitzenden hinreichend mitgeteilt worden. Eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates habe vor Ausspruch der Kündigung vorgelegen. Damit habe die Kündigung unter Beachtung der tariflichen Kündigungsfrist von 12 Werkstagen erklärt werden können.

Gegen dieses, ihm am 25.06.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 22.07.2002 eingelegte und am 20.08.2002 begründete Berufung des Klägers.

Dieser bestreitet, dass die Schilderung des Sachverhalts durch den Zeugen M4xxxxx in vollem Umfang zutreffend sei. Er habe allenfalls gesagt: "Man müsste Dir eigentlich etwas" oder was auch sein könne "eine geben". Wie der Kläger in seiner mündlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht weiter erklärt hat, könne er sich allerdings an den genauen Wortlaut nicht mehr erinnern. Des weiteren beruft sich der Kläger darauf, dass zumindest ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit bestehe. Das Arbeitsverhältnis sei nach seinem Ablauf fortgesetzt worden, so dass es nach § 625 BGB als auf unbestimmte Zeit verlängert gelte. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre und lediglich ein Prozessarbeitsverhältnis bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens vorliege, so handele sich um einen zweckbefristeten Arbeitsvertrag nach § 15 Abs. 2 TzBfG. Da nach § 14 Abs. 4 TzBfG die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfe, eine schriftliche Vereinbarung mit ihm jedoch nicht getroffen worden sei, wäre eine möglicherweise beabsichtigte Zweckbefristung unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbestehe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Herford vom 05.06.2002 - 2 Ca 224/02 -

a) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 08.02.2002 mit dem 26.02.2002 nicht beendet worden ist,

b) festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu a) oder b) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Maurer weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.

Zum weiteren Sachvortrag der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Zwar ist das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 08.02.2002 am 26.02.2002 zunächst beendet (I) worden. Es gilt auch nicht gemäß § 625 BGB als auf unbestimmte Zeit verlängert (II). Indem die Beklagte den Kläger zur Abwendung des Annahmeverzugsrisikos weiterbeschäftigt hat, hat sie mit diesem jedoch eine privatrechtliche Vereinbarung geschlossen, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand hatte. Dieses stand unter der auflösenden Bedingung des Obsiegens im Kündigungsschutzprozess. Obwohl die Kündigungsschutzklage des Klägers durch das Berufungsgericht abgewiesen worden ist, führt dies nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, da die Vereinbarung der auflösenden Bedingung gegen das Schriftformerfordernis der §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG verstößt und damit nach § 125 BGB rechtsunwirksam ist (III). Im Hinblick auf dieses Fortsetzungsarbeitsverhältnis ist der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers begründet (IV).

I

Nach der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat der Kläger, den Vorarbeiter M4xxxxx auf einer entfernt liegenden Baustelle mit den Worten bedroht: "Was hast Du, ich bin doch am Arbeiten. Was willst Du, verpiss Dich. Ich haue Dir was vor den Kopf". Diese Bedrohung hat der Zeuge M4xxxxx ernst genommen und befürchtet, dass ihn der Kläger angreift sowie dass der Kläger jederzeit wieder gewalttätig werden könnte.

Diesen vom Zeugen bekundeten und vom Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt stellt die Berufung nicht in überzeugender Weise in Frage. Der Kläger selbst hat bei seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht den vom Zeugen M4xxxxx dargestellten äußeren Ablauf im Wesentlichen bestätigt. Er will zwar die Erklärung, die die Androhung von Schlägen enthielt, in dem vom Zeugen M4xxxxx angegebenen Wortlaut nicht abgegeben haben, seine eigene Wiedergabe dessen, was er gemeint gesagt zu haben, kann jedoch durchaus auch als Androhung von Schlägen verstanden werden. Darüber hinaus hat der Kläger jedoch selbst angegeben, dass er sich an den genauen Wortlaut seiner Erklärung nicht mehr erinnere. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, die Aussage des Zeugen M4xxxxx in Zweifel zu ziehen. Wenn der Zeuge M4xxxxx nach dieser Auseinandersetzung mit dem Kläger zunächst weiter gearbeitet hat, so spricht dies nicht dagegen, dass der Kläger zum Einen die ihm zur Last gelegte Äußerung abgegeben hat und der Zeuge diese, zum Anderen, ernst genommen hat. Der Zeuge hat auf dieser Baustelle mit dem Kläger allein gearbeitet. Es ist leicht nachvollziehbar, dass es der Zeuge nicht zu einer Eskalation der Auseinandersetzung kommen lassen wollte.

Auf dieser Grundlage ist die ausgesprochene fristgemäße Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Während Tätlichkeiten gegenüber einem Vorgesetzten in der Regel sogar einen Grund für eine fristlose Kündigung abgeben, stellen Bedrohungen von Vorgesetzten jedenfalls einen verhaltensbedingten ordentlichen Kündigungsgrund dar. Durch das drohende Verhalten ist das vertragsnotwendige Vertrauen des Arbeitgebers bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses beeinträchtigt (vgl. KR-Etzel, 6. Aufl., § 1 KSchG RdNr. 462; LAG Frankfurt vom 31.10.1986 - 13 Sa 63/85 - LAGE § 626 BGB Nr. 27). Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie im Streitfall, der Vorgesetzte seine ihm obliegende Funktion wahrgenommen und die Bedrohung durch den Arbeitnehmer völlig unmotiviert und nicht nachvollziehbar ist. Eine Abmahnung ist unter solchen Umständen nicht erforderlich.

Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung vorzunehmende Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis führt. Die vom Kläger angegebene Betriebszugehörigkeit von etwa 2 Jahren stellt keinen Gesichtspunkt von erheblichem Gewicht dar. Demgegenüber ist als erschwerender Umstand zu berücksichtigen, dass sich der Kläger mit seinem Vorarbeiter M4xxxxx allein auf einer entfernt vom Betrieb der Beklagten liegenden Baustelle befand. Es ist naheliegend, dass das angsteinflössende Verhalten des Klägers den Vorarbeiter M4xxxxx dazu veranlasst hat, eine künftige Zusammenarbeit mit dem Kläger abzulehnen. Damit sind Betriebsstörungen eingetreten, die über das einmalige Ereignis hinauswirken. Die Beklagte ist gehindert, den Kläger entsprechend betriebsorganisatorischen Notwendigkeiten einzusetzen. Sie hat Rücksicht darauf zu nehmen, dass zumindest der Zeuge M4xxxxx aus nachvollziehbaren Gründen eine Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnt. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Tatsache, dass die Beklagte den Kläger zur Abwendung des Risikos des Annahmeverzuges weiterbeschäftigt hat, nicht geeignet, die Interessenabwägung in einem dem Kläger günstigen Sinne zu beeinflussen. Der Kläger ist nicht mehr mit seiner alten Kolonne eingesetzt worden, sondern hat Arbeiten in anderen Bereichen verrichtet.

II

Aufgrund der von der Beklagten gewählten Kündigungsfrist, die wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat, was die Berufung nicht rügt, nicht zu beanstanden ist, ist das Arbeitsverhältnis am 26.02.2002 beendet worden. Es ist nicht infolge der weiteren Tätigkeit des Klägers nach diesem Zeitpunkt gemäß § 625 BGB als unbefristetes fortgesetzt worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.

§ 625 BGB regelt die stillschweigende Verlängerung von Arbeitsverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien in Form einer unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung. Das ist von einer ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung der Parteien über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unterscheiden. § 625 BGB findet keine Anwendung, wenn es vor und nach dem Ablauf des Zeitvertrages zu einer Vereinbarung über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses kommt. Deshalb setzt § 625 BGB auf Seiten des Arbeitnehmers eine tatsächliche Fortführung des Arbeitsverhältnisses im unmittelbaren Anschluss an das Ende voraus. Die in § 625 BGB geregelte Rechtsfolge kann der Arbeitnehmer nur durch das tatsächliche Erbringen einer Arbeitsleistung erlangen (BAG vom 02.12.1998 - 7 AZR 508/97 - EzA § 625 BGB Nr. 4; ErfKomm/Müller-Glöge, 3. Aufl., § 625 BGB RdNr. 10).

Der Kläger ist über das Ende seines Arbeitsverhältnisses hinaus arbeitsunfähig krank gewesen und hat dann zunächst seinen schon früher geplanten Urlaub angetreten. Erst nach seinem Urlaub hat er seine Tätigkeit wieder aufgenommen, dies jedoch erst, nachdem er sich beim Arbeitsamt gemeldet und daraufhin der Beklagten seine Arbeitskraft angeboten hatte. Unter diesen Umständen liegt keine tatsächliche Fortführung des Arbeitsverhältnisses über das Ende hinaus vor. Vielmehr beruht die Beschäftigung des Klägers ab dem 18.03.2002 auf einer Vereinbarung der Parteien.

III

Die Vereinbarung der Parteien hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen fortgesetzt worden ist.

1. Der Antrag, mit dem der Kläger festgestellt wissen will, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, ist nach §§ 256 Abs. 1 ZPO, 17 S. 1, 21 TzBfG zulässig. Es besteht Streit darüber, ob die Absprache über die Weiterbeschäftigung des Klägers den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses zur Folge hat. Der Kläger hat sich darauf berufen, dass es sich dabei um ein zweckbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 15 Abs. 2 TzBfG handele, das nicht beendet sei, weil das gesetzliche Schriftformerfordernis im § 14 Abs. 4 TzBfG nicht beachtet worden ist. Dies hält die Beklagte für falsch und hat Klageabweisung beantragt. Für den damit bestehenden Streit der Parteien besteht ein rechtliches Interesse des Klägers an einer alsbaldigen gerichtlichen Feststellung.

Mit der Bezugnahme auf § 15 Abs. 2 TzBfG und der Einordnung als Zweckbefristung hat der Kläger allerdings eine falsche rechtliche Bewertung vorgenommen. Die Absprache der Parteien hat vielmehr eine auflösende Bedingung zum Inhalt.

Zweckbefristung und auflösende Bedingung liegen eng beieinander, die Abgrenzung ist oftmals schwierig. Während bei einer Zweckbefristung der Eintritt des Ereignisses als solches feststeht, lediglich der Zeitpunkt, zu dem es sich realisiert, unsicher ist, betrifft bei einer auflösenden Bedingung die Unsicherheit das künftige Ereignis als solches. Bei einer Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses beschäftigt werden soll, ist zwar das Ende des Rechtsstreits gewiss, nicht aber der Ausgang. Erweist sich die Kündigung als rechtsunwirksam, so ist die Beschäftigung auf der Grundlage des ursprünglichen Arbeitsvertrages erfolgt, die Rechtsbeziehungen der Parteien bestehen fort. Ist die Kündigung allerdings rechtswirksam, so soll die Beschäftigung des Arbeitnehmers ein Ende finden und sollen die Rechtsbeziehungen der Parteien aufgelöst werden. Dies ist der Fall der auflösenden Bedingung. Auch bei einer Zweckbefristung kann sich die Zweckerzielung allerdings erheblich verzögern, so dass die Arbeitsvertragsparteien über einen langen Zeitraum in Unsicherheit leben. Zwischen beiden Fällen besteht in weitgehendem Umfang Vergleichbarkeit. Durch § 21 TzBfG sind beide Fallgestaltungen gleichgestellt, so dass sich die Einordnung praktisch nicht auswirkt (Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, § 21 RdNr. 2-4; ErfKomm/Müller-Glöge, § 21 TzBfG RdNr. 3). Da die auflösende Bedingung erst mit Rechtskraft des die Kündigungsschutzklage abweisenden Urteils eintreten wird, ist die Klagefrist des § 17 Abs. 1 TzBfG gewahrt.

2. Durch die Antragstellung hat der Kläger im Berufungsverfahren eine Klageerweiterung vorgenommen, die nach §§ 533, 529, 261 Abs. 2 ZPO zulässig ist. Die Klageerweiterung ist jedenfalls sachdienlich. Im Übrigen hat sich die Beklagte hierauf rügelos eingelassen.

Da sich der Kläger zur Begründung seines Antrags auf den mit Schriftsatz der Beklagten vom 23.05.2002 erstinstanzlich in den Rechtsstreit eingeführten Tatsachenvortrag bezogen hat, liegen auch die Voraussetzungen des § 533 Abs. 2 ZPO vor.

3. Nach § 21 TzBfG ist auf auflösend bedingte Arbeitsverträge u.a. § 14 Abs. 4 TzBfG anwendbar. Damit bedarf die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Es handelt sich um ein gesetzliches Formerfordernis. Wird es nicht beachtet, so hat dies nach § 125 Satz 1 BGB die Nichtigkeit der Vereinbarung zur Folge.

Das Einvernehmen über eine Beschäftigung während der Dauer eines Kündigungsrechtsstreits stellt eine arbeitsvertragliche Abrede dar. Zwar hat der Kläger auf Anraten des Arbeitsamtes der Beklagten seine Arbeitskraft angeboten und hat die Beklagte dieses Angebot zur Abwendung des Annahmeverzugsrisikos angenommen. Hierbei handelt es sich nicht um ein rein tatsächliches Verhalten. Auch wenn die Parteien sich dessen womöglich nicht bewusst waren, so haben sie der Sache nach einen Vertrag abgeschlossen, bei dem es sich dem Vertragstyp nach um einen Arbeitsvertrag im Sinne des § 611 BGB handelt, der die - vorläufige - Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand hat. Aus der Annahme des Arbeitsangebots des Klägers durch die Beklagte folgte zugleich die Verpflichtung des Klägers, die angebotene Arbeitsleistung auch zu erbringen. Die Beklagte ging damit die Verpflichtung ein, den Kläger zu beschäftigen und ihm seinen früheren Lohn zu zahlen. Zugleich war klar, dass die Beschäftigung enden sollte, wenn sich die Kündigung als rechtswirksam erweisen sollte. Der Kläger hatte wegen der Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben - ein Gütetermin hatte bereits stattgefunden -, so dass sich für die Beklagte das Risiko des Annahmeverzuges stellte. Zur Abwendung dieses Wirtschaftsrisikos ist die Vereinbarung über die Beschäftigung des Klägers getroffen worden, die aufgrund der Gesamtumstände nur so verstanden werden kann, dass sie enden soll, wenn sich die Kündigung als rechtswirksam herausstellen sollte.

Allerdings hat das Berufungsgericht die Kündigung wie das Arbeitsgericht für rechtswirksam erachtet, womit das ursprüngliche Arbeitsverhältnis - bei Rechtskraft dieser Entscheidung - grundsätzlich am 26.02.2002 beendet worden wäre. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 15.01.1986 (- 5 AZR 237/84 - DB 1986, 1393) angenommen, dass in einem solchen Fall bei der Abrede über die Weiterbeschäftigung die vertragliche Grundlage des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses für die Einigung der Beteiligten bereits weggefallen war und die Rechtsbeziehungen der Parteien nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses abzuwickeln seien. Einem faktischen Arbeitsverhältnis fehle jedoch der Bestandsschutz, es könne ohne Einhaltung einer Frist aufgelöst werden.

Diese Auffassung des 5. Senats ist jedoch schon in der Entscheidung des 8. Senats vom 10.03.1987 (- 8 AZR 146/84 - DB 1987, 1045) auf Kritik gestoßen: Das faktische Arbeitsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass ein gewollter Arbeitsvertrag unter Rechtsmängeln leidet, durch die ihm die Wirksamkeit entweder von vornherein, z.B. wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, oder rückwirkend, z.B. bei erfolgreicher Anfechtung, versagt bleibt. Ist dieser Arbeitsvertrag in Vollzug gesetzt worden, so entsteht das sogenannte faktische Arbeitsverhältnis, für das quasi vertragliche Ansprüche begründet werden (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl., aaO, § 35 RdNr. 34; ErfKomm/Preis, aaO.,§ 611 RdNr. 170 - 172). Solche Rechtsmängel liegen aber bei der einvernehmlichen Beschäftigung während eines Kündigungsrechtsstreits nicht schon deshalb vor, weil sich im Nachhinein, nämlich wenn der Arbeitnehmer den Rechtsstreit verliert, herausstellt, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht bestanden hätte.

Die einvernehmliche Weiterbeschäftigung während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits wird nach heute herrschender Meinung als Fall des zulässigen Vereinbarung einer auflösenden Bedingung angesehen. Der Vertragswille der Parteien geht regelmäßig dahin, das Arbeitsverhältnis, das der Arbeitgeber beenden möchte, fortzusetzen, bis endgültig geklärt ist, ob die Kündigung wirksam geworden ist. Damit steht das Arbeitsverhältnis unter der auflösenden Bedingung der rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage (BAG vom 04.09.1986 - 8 AZR 236/84 - DB 1987, 1154), einen Fall der Zweckbefristung liegt nicht vor (Müller-Glöge, aaO., § 21 TzBfG, RdNr. 10; Meinel/Heyn/Herms, aaO., § 21 RdNr. 18).

Ein faktisches Arbeitsverhältnis ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil nach der widerleglichen Vermutung des § 139 BGB die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts das gesamte Rechtsgeschäft erfasst. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Abrede über die auflösende Bedingung ist nach §§ 21, 16 S. 1 TzBfG dahingehend geregelt, dass der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Hierbei handelt es sich zwar um eine gesetzliche Fiktion, mit der ein Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzrechte sanktioniert wird. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für Fälle der vorliegenden Art ("teleologische Reduktion"), bei denen eine Weiterbeschäftigung den überwiegenden Interessen des Arbeitnehmers dient, ist bei einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nicht gerechtfertigt. Der Schutzgedanke, der für auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse in § 21 TzBfG seinen Niederschlag gefunden hat, würde in sein Gegenteil verkehrt, würde der zu schützende Arbeitnehmer im Endergebnis schlechter stehen, was durch die Rechtsfolge eines faktischen Arbeitsverhältnisses der Fall wäre. Im Ergebnis besteht damit im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis fort (vgl. Schaub, aaO., § 31 RdNr. 12; ErfKomm/Müller-Glöge, aaO., § 21 RdNr. 10; BAG vom 21.10.1954 - 2 AZR 40/83 AP Nr. 1 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

4. Es ist nicht treuwidrig, wenn sich der Kläger auf die Unwirksamkeit der Abrede über die auflösende Bedingung wegen Formverstoßes beruft. Ein gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß §§ 242, 134 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf die Formvorschrift dar, wenn die Nichtbeachtung der gesetzlichen Form durch ein Verhalten der Gegenseite veranlasst ist. Hierfür gibt es im Streitfall keine Anhaltspunkte. Die Beklagte hätte ohne weiteres eine schriftliche Vereinbarung abschließen können. Hiervon hat sie der Kläger nicht abgehalten. Es ist vielmehr aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass der Kläger einen entsprechenden Vertrag, der eine auflösende Bedingung enthalten hätte, ohne Probleme unterschrieben hätte.

IV

Aus dem Arbeitsverhältnis folgt der Anspruch des Klägers auf Beschäftigung. Zwar hat die Beklagte den Kläger in der Vergangenheit freiwillig weiter beschäftigt. Diese Weiterbeschäftigung war jedoch auf die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens beschränkt. Nachdem dieses, da die Kammer die Revision insoweit nicht zugelassen hat, mit dem vorliegenden Urteil rechtskräftig abgeschlossen sein dürfte und die Beklagte hinsichtlich des weiteren Feststellungsantrages des Klägers Klageabweisung beantragt hat, besteht ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an einer Verurteilung der Beklagten. Für diese Weiterbeschäftigung gelten sodann die Regeln, die das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 10.03.1987 (- 8 AZR 146/84 - aaO.) entwickelt hat.

V

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG)insoweit zugelassen, als es der Klage stattgegeben hat. Die sich aus dem Teilzeitbefristungsgesetz ergebenen Rechtsfragen bedürfen einer höchstrichterlichen Klärung. Gründe für die Zulassung der Revision hinsichtlich der abgewiesenen Klageanträge sind dagegen nicht ersichtlich.



Ende der Entscheidung

Zurück