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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.07.2005
Aktenzeichen: 16 Sa 2022/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 310
ZPO § 538
ArbGG § 68
1) Eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht ist trotz § 538 II Nr. 7 ZPO n.F. bei einem unzulässigen Teil-Urteil nach § 68 ArbGG nur dann möglich, wenn der Mangel zweitinstanzlich nicht anders behoben werden kann.

2) Bei einer fristlosen Kündigung und auf denselben Kündigungssachverhalt gestützten fristgemäßen Kündigung ist der Erlass eines Teil-Urteils zulässig, wenn die Entscheidung sich nur mit Fragen befasst, die allein die fristlose Kündigung betreffen und auch als Vorfrage für die Entscheidung über die fristgemäße Kündigung keine Bedeutung haben.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 14.10.2004 - 1 Ca 630/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand: Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vom 13.02.2004 und daraus folgender Annahmeverzugsansprüche für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30.09.2004. Das Arbeitsgericht hat insoweit ein der Klage stattgebendes Teilurteil erlassen. Der am 08.08.1957 geborene Kläger wurde am 01.03.1990 als Kosten- und Leistungsrechner bei der Beklagten eingestellt. Zuletzt bekleidete er die Position eines Leiters des Finanz- und Rechnungswesens. Der Kläger ist, was der Steuerklasse III seiner Gehaltsabrechnung (Bl. 148 d.A.) und der Angabe "ZKF" 2,0 zu entnehmen ist, verheiratet und hat 2 unterhaltsberechtigte Kinder. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Arbeitsvertrag vom 17.01.1990 zugrunde (Bl. 6 - 7 d.A.). Es richtete sich nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Der Kläger erzielte zuletzt ein monatliches Gehalt von 3.972,40 € brutto. Die Beklagte ist Trägerin des S1. M1xxxx-H5xxxxxxx in B1xxxx. Es ist eine Mitarbeitervertretung gebildet. Bei der Beklagten bestanden Ende des Jahres 2003 Liquiditätsprobleme. Der Aufsichtsrat, der aus Vertretern des Trägers des S1. M1xxxx-H5xxxxxxx besteht, sollte deshalb in seiner Sitzung am 05.01.2004 um ein Darlehen zur Abdeckung des zusätzlichen Liquiditätsbedarfs gebeten werden. In einem am 19.12.2003 erstellten Liquiditätsplan für das Jahr 2004, zu dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 207 - 228 d.A. verwiesen wird, wies der Kläger die Lohn- und Gehaltszahlungen für Dezember 2003 mit 1.008.242,53 € und für die einzelnen Monate des Jahres 2004 zunächst mit 832.062,58 €, später mit 835.000,-- € und für November 2004 mit 1.350.000,-- € aus. Tatsächlich waren als monatliche Lohn- und Gehaltszahlungen nach einem vom Kläger am 09.02.2004 korrigierten Liquiditätsplan 1.014.451,-- € monatlich und für November 2004 1.851.741,03 € anzusetzen (Differenz 181.388,50 €). Zu den Fehlern war es gekommen, weil der Kläger seinem Liquiditätsplan die Annahme zugrunde gelegt hatte, dass Weihnachts- und Urlaubsgeld im Jahre 2004 nicht gezahlt werden würden und die angenommene Einsparung auf die einzelnen Kalendermonate umgelegt hatte, wobei er eine Kopierfunktion seines Datenverarbeitungsprogrammes benutzt hatte. Im Liquiditätsplan war dies jedoch nicht ausgewiesen. Der Geschäftsführer der Beklagten legte die Angaben des Klägers dem Aufsichtsrat zur Begründung des Darlehensbedarfs vor. Dieser bewilligte ein Darlehen von 1,5 Millionen EURO. Ein höherer Darlehensbedarf erwies sich in der Folgezeit nicht als notwendig. Ende Januar 2004 erkannte der Geschäftsführer der Beklagten anhand der für Januar 2004 tatsächlich vorgenommenen Lohn- und Gehaltszahlungen, dass der Liquiditätsplan für den Monat Januar 2004 einen Fehler enthielt. In welcher genauen Höhe hieraus eine Differenz zwischen Liquiditätsplan und tatsächlichen Ausgaben für Löhne und Gehälter resultiert, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat diese zunächst mit 215.000,-- € monatlich angegeben. Nachdem der Kläger in einem mit ihm am 02.02.2004 geführten Gespräch keine Gründe für den aufgetretenen Fehler angeben konnte, hörte die Beklagte die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 05.02.2004 (Bl. 10 - 12 d.A.) zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Die Stellungnahmefrist kürzte sie unter Hinweis auf § 31 Abs. 2 Satz 3 MAVO auf 48 Stunden ab. Nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gab die MAV eine Stellungnahme hierzu nicht ab. Unter dem 13.02.2004 kündigte die Beklagte mit getrennten Schreiben das Arbeitsverhältnis sowohl außerordentlich fristlos als auch hilfsweise fristgemäß zum 30.09.2004, wobei sie jeweils darauf hinwies, dass die MAV Bedenken geäußert hätte. Gegen beide Kündigungen wehrt sich der Kläger mit seiner am 04.03.2004 erhobenen Kündigungsschutzklage. Diese hat er mit Schriftsatz vom 28.06.2004 u.a. um Ansprüche auf Zahlung seines Gehaltes für die Monate Februar 2004 bis Mai 2004 und mit Schriftsatz vom 27.09.2004 für die Monate Juni bis September 2004 erweitert. Ein vom Kläger vor der Schlichtungsstelle des Caritasverbandes für die Diözese Münster wegen der Kündigungen eingeleitetes Schlichtungsverfahrens blieb ohne Erfolg. Nachdem der Kläger aufgrund der außerordentlichen Kündigung sein Dienstzimmer geräumt hatte, wurde - so die Beklagte - ein außerordentliches Chaos sowohl bei der Aktenführung als auch bei der Anordnung der Dateien auf der Festplatte seines PC's festgestellt. Um diesen Sachverhalt zur Begründung ihrer außerordentlichen Kündigung vom 13.02.2004 heranziehen zu können, unterbreitete sie ihn der MAV mit Schreiben vom 07.06.2004 (Bl. 99 - 100 d.A.). Die MAV hielt ihn in ihrer Stellungnahme vom 11.06.2004 (Bl. 242 - 243 d.A.) in keinster Weise für geeignet, die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Durch Teil-Urteil vom 14.10.2004 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose außerordentliche Kündigung vom 13.02.2004 nicht aufgelöst worden ist und die Beklagte unter Anrechnung des vom Kläger bezogenen Arbeitslosengeldes zur Zahlung seines Gehaltes für die Monate Februar bis September 2004 nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es zum einen ausgeführt, dass der Kläger nicht allein für die Erstellung des Liquiditätsplanes zuständig gewesen sein könne. Zum anderen seien die Angaben der Beklagten zur Höhe des vom Kläger fälschlicherweise angenommenen verringerten Liquiditätsbedarfs äußerst schwankend, woraus sich ergebe, dass die Schätzung der Liquidität ein schwieriges Geschäft sei. Die alleinige Verantwortung für einen Liquiditätsplan auf Jahresbasis, der zudem Grundlage für die Gespräche mit dem Träger betreffend Darlehensgewährung sei, sei nicht allein vom Kläger zu verantworten. Die Fehler des Klägers könnten darum ohne Abmahnung die fristlose Kündigung nicht rechtfertigen. Auch der Vortrag der Beklagten betreffend die Ordnung des Büros sei ohne Abmahnung unbeachtlich. Gegen dieses, ihr am 25.10.2004 zugestellte Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 04.11.2004 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.01.2005 am 27.01.2005 begründet. Sie hält zunächst den Erlass eines Teil-Urteils für unzulässig und dies für einen Grund, das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht den eigentlichen Vorwurf nicht verstanden. Die Fehlleistung des Klägers liege darin, dass dieser dem Liquiditätsplan Personalkosteneinsparungen zugrunde gelegt habe, die offenkundig nicht hätten eintreten können. Die Personalkosten hätten vielmehr festgestanden und hätten mit der eigentlichen Prognose nichts zu tun gehabt. Es habe sich um eine krasse, unverständliche und nicht erklärbare Fehlleistung gehandelt, bei der angesichts der herausragenden Position des Klägers eine Abmahnung entbehrlich gewesen sei. Das notwendige Vertrauen für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses könne bei dieser evidenten Pflichtverletzung nicht wieder hergestellt werden. In seinem Büro habe der Kläger nicht nur keine Ordnung, sondern ein Chaos hinterlassen. Auch wenn der Kläger Überstunden abgeleistet hätte, so habe er jedoch zu keiner Zeit geltend gemacht, dass er überlastet sei. Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil und verweist darauf, dass die Beklagte konkrete negative Auswirkungen des ihm unterlaufenen Fehlers nicht habe darstellen können. Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. I Sie konnte nicht schon deshalb zur Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung an das Arbeitsgericht führen, weil dieses ein unzulässiges Teil-Urteil erlassen hätte. 1) Allerdings ist die beantragte Zurückverweisung nicht von vornherein nach § 68 ArbGG ausgeschlossen. Danach ist zwar die Zurückverweisung wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts unzulässig. Hieraus folgt, dass jedenfalls § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO im Regelfall nicht zur Anwendung kommt. Diese Bestimmung entspricht, auch wenn die Vorschrift im Einzelnen modifiziert worden ist, in ihrem Regelungsgehalt § 539 ZPO a.F., für den es unbestritten war, dass die Möglichkeit einer Zurückverweisung im arbeitsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich ausschied. Dagegen waren die in § 538 ZPO a.F. geregelten Fälle der damaligen notwendigen Zurückverweisung nicht von § 68 ArbGG umfasst. Mit Ausnahme der Nr. 4 des § 538 Abs. 1 ZPO a.F., der den im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Urkunden- und Wechselprozess betrifft, und der Nr. 3, der die Zurückverweisung bei Grundurteilen regelt, gegen die indes nach § 61 Abs. 3 ArbGG die Berufung nicht zulässig ist, war in den Fällen der Nr. 1 - Verwerfung eines Einspruchs als unzulässig -, der Nr. 2 - Entscheidung nur über die Zulässigkeit der Klage - und der Nr. 5 - mit der Berufung angefochtenes Versäumnisurteil - des § 538 Abs. 1 ZPO a.F. eine Sache auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren von Amts wegen zurückzuverweisen. Durch die Novellierung der ZPO ist das Zurückverweisungsrecht jedoch grundlegend geändert worden: Die Unterscheidung zwischen möglicher und notwendiger Zurückverweisung ist aufgegeben, das Zurückverweisungsrecht selber ausschließlich in § 538 Abs. 2 ZPO geregelt worden. Nunmehr "darf" das Gericht in allen aufgeführten Fällen eine Zurückverweisung vornehmen, allerdings grundsätzlich nur auf Antrag. Neu als Fall der möglichen Zurückverweisung aufgenommen ist unter § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO ein nach § 301 ZPO unzulässiges Teil-Urteil, bei dem als einziger Ausnahme das Gericht nicht an einen Antrag gebunden ist, sondern von Amts wegen entscheidet (§ 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Diese Sonderstellung des unzulässigen Teil-Urteils lässt erkennen, dass es sich um eine differenzierte Fragestellung handelt. Nicht der bloße Verfahrensmangel, mag er auch schwerwiegend sein, führt zur Zurückverweisung. Wegen § 68 ArbGG ist von der Zurückverweisung vielmehr nur dann Gebrauch zu machen, wenn der Mangel zweitinstanzlich nicht behoben werden kann (vgl. Germelmann, ArbGG, 5. Aufl., § 68 RdNr. 20 b; Breinlinger in Düwell/Lipke, ArbGG, 2. Aufl., § 68 RdNr. 21). 2) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf nach § 301 ZPO ein Teil-Urteil nur dann erlassen werden, wenn die Entscheidung durch das über den Rest ergehende Schluss-Urteil unter keinen Umständen mehr berührt werden kann, sodass die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, auch durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (vgl. BGH vom 28.11.2003 - V ZR 123/03 - NJW 2004, 1662; vom 25.11.2003 - VI ZR 8/08 - NJW 2004, 1452 m.w.N.). Widersprüchlichkeit meint dabei keinen Rechtskraftkonflikt, der bei Teilentscheidungen in aller Regel nicht auftritt, sondern umfasst bereits Fälle der Präjudizialität. Das Gericht darf im Teil-Urteil nicht über eine Frage entscheiden, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über die anderen Ansprüche noch einmal stellt (BGH vom 27.05.1992 - IV ZR 42/91 - MDR 1992, 1036). In einem solchen Fall fehlt es an der in § 301 ZPO für den Erlass eines Teil-Urteils vorausgesetzten Entscheidungsreife, weil die Beurteilung des Teilanspruchs nicht vom Ausgang des Streits über die anhängig gebliebenen Ansprüche unabhängig ist. Einem Teil-Urteil über einen Anspruch von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen steht es demgegenüber nicht entgegen, dass die Entscheidung über den weiteren Anspruch lediglich von derselben Rechtsfrage abhängig ist (s. BAG vom 23.03.2005 - 4 AZR 243/04 - AP Nr. 5 zu § 301 ZPO). 3) Nach diesen Grundsätzen war der Erlass des Teil-Urteils im Streitfall indes zulässig. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung einzig darauf gestützt, dass die außerordentliche Kündigung vom 13.02.2004 rechtsunwirksam ist, weil die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes nicht vorlägen. Diese Frage kann isoliert entschieden werden. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der ordentlichen Kündigung vom 13.02.2004 besteht nicht. Während Prüfungsmaßstab für die außerordentliche Kündigung das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB bzw. § 16 AVR ist, ist für die ordentliche Kündigung festzustellen, ob diese sozial gerechtfertigt nach § 1 KSchG ist. Zwar liegt beiden Kündigungen im Streitfall derselbe Kündigungssachverhalt zugrunde. Bei diesem geht es jedoch nur um das kündigungsrechtliche Gewicht des klägerischen Fehlverhaltens. Die Entscheidung über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist damit nicht präjudiziell für die Entscheidung des verbliebenen Rechtsstreits: Ist die außerordentliche Kündigung rechtswirksam, so verbleibt für die Entscheidung über die ordentliche Kündigung kein Raum. Ist die außerordentliche Kündigung dagegen rechtsunwirksam, so steht lediglich fest, dass ein wichtiger Grund nicht vorliegt und das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht beendet worden ist. Anders könnte sich die Sachlage darstellen, wenn die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung von Gesichtspunkten abhängig ist, die beide Kündigungen gleichermaßen betreffen, was beispielsweise bei der Frage, ob Rechtfertigungsgründe vorliegen oder für Fehler bei der Anhörung der Mitarbeitervertretung der Fall sein könnte. Würden solche Fragen die außerordentliche ebenso wie die ordentliche Kündigung betreffen, so wäre ein hierauf gestütztes Teil-Urteil unzulässig. Es würde im Nachhinein auch dann unzulässig, wenn einer auf § 626 BGB bzw. § 16 AVR gestützten klagestattgebenden Entscheidung nicht zu folgen wäre und nunmehr sich auf beide Kündigungsarten auswirkende Fragen der Beteiligung der Mitarbeitervertretung zu entscheiden wären. Auch in einem solchen Fall müsste jedoch von der Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO nicht Gebrauch gemacht werden. Für das Berufungsgericht bestände die Möglichkeit, den verbliebenen Teil an sich zu ziehen (vgl. BAG vom 12.08.1993 - 6 AZR 553/92 EzA § 301 ZPO Nr. 3). Ein solcher Fall ist jedoch nicht gegeben, weil sich die das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneinende Entscheidung des Arbeitsgerichts im Ergebnis als zutreffend erweist, ohne dass dies Auswirkungen auf die Entscheidung über die ordentliche Kündigung hat. II Wie nach § 626 Abs. 1 BGB ist auch nach § 16 Abs. 1 2. Unterabs. AVR eine Kündigung aus wichtigem Grund zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen des Dienstgebers und des Mitarbeiters die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Grundsätze, die in der Rechtsprechung zu den Anforderungen an einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB entwickelt worden sind, können damit übertragen werden. 1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung zunächst festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben. Sodann ist eine Interessenabwägung mit dem Ergebnis vorzunehmen, dass dieser Grund unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles das Interesse des Kündigenden an der in der Regel vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwiegen lässt (vgl. grundlegend BAG vom 17.03.1988 - 2 AZR 576/87 - DB 1989, 329; s. beispielsweise Urteil vom 29.01.1997 - 2 AZR 292/96 - NZA 1997, 813; vgl. auch KR-Fischermeyer, 7. Aufl., § 626 BGB RdNr. 83 ff.). 2) Dem Kläger wird eine nicht nachvollziehbare Schlechtleistung bei der Erstellung des Liquiditätsplans für das Jahr 2004 vorgeworfen. Der dem Kläger unterlaufene Fehler ist als solcher zwischen den Parteien unstreitig. Er ist darin zu sehen, dass der Kläger in einer zu geringen Höhe Lohn- und Gehaltszahlungen veranschlagt hat, was sich auch bei den Ausgaben für die Sozialabgaben und die Lohnsteuer ausgewirkt haben dürfte. Allerdings hat diese Schlechtleistung des Klägers keine materiellen Auswirkungen gehabt. Von der Beklagten nachvollziehbar vorgetragen ist jedoch, dass ein Imageschaden für die Geschäftsführung im Verhältnis zum Aufsichtsrat entstehen konnte. Dennoch vermag der Fehler des Klägers die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu begründen. 3) Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers rechtfertigen in der Regel nicht dessen außerordentliche Kündigung. Hier werden die Interessen des Arbeitgebers und des Betriebes im allgemeinen durch den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung nach vorausgegangener Abmahnung genügend gewahrt, und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig großen Schaden verursacht (vgl. BAG vom 04.07.1991 - 2 AZR 79/91 - RzK I 6 a Nr. 73; LAG Düsseldorf vom 25.07.2003 - 14 Sa 657/03 - LAGE § 626 BGB 2002 Nr. 2; KR-Fischermeyer, aaO., RdNr. 442; APS/Dörner, Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2. Aufl., § 626 RdNr. 258; Becker/Schaffner, DB 1981, 1775; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl. RdNr. 656 ff.). Eine schwerwiegende Maßnahme wie die außerordentliche Kündigung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn z.B. der Arbeitnehmer bewusst (vorsätzlich) seine Arbeitskraft zurückhält und nicht unter angemessener Anspannung seiner Kräfte und Fähigkeiten arbeitet. Ausnahmsweise kann sie bei bereits einmaligem fahrlässigen Versagen ohne vorausgegangene Abmahnung zulässig sein, wenn das Versehen eines gehobenen Angestellten, der eine besondere Verantwortung übernommen hat, geeignet war, einen besonders schweren Schaden herbeizuführen und der Arbeitgeber das Seinige getan hat, die Möglichkeit für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken (BAG vom 04.07.1991 - aaO.). Dem Kläger wird eine vorsätzliche Schlechtleistung bei der Erstellung des Liquiditätsplans für das Jahr 2004 nicht zum Vorwurf gemacht. Sein von ihm selbst auch im Nachhinein nicht erklärbarer Fehler ist auf Nachlässigkeit zurückzuführen. Allerdings bekleidet der Kläger als Leiter des Finanz- und Rechnungswesen im Hause der Beklagten eine durchaus gehobene Position. Ihm kommt eine besondere Verantwortung für seinen Arbeitsbereich zu. Jedoch liegen die weiteren, vom Bundesarbeitsgericht formulierten Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht vor. Ein materieller Schaden ist der Beklagten durch den Fehler des Klägers nicht entstanden. Ihr ist durch den Aufsichtsrat ein Darlehen in Höhe von 1,5 Millionen EURO bewilligt worden, das geeignet war, die Liquiditätsengpässe der Beklagten zu überwinden. Auch nach Feststellung des Fehlers war es für die Beklagte nicht erforderlich, an den Aufsichtsrat mit der Bitte um Bewilligung eines weiteren Darlehens in Höhe eines Betrages, der die zu gering veranschlagten Personalausgaben ausgeglichen hätte, heranzutreten. Zwar ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Fehler der vorliegenden Art geeignet ist, das Vertrauen in die Qualifikation der Geschäftsführung der Beklagten herabzusetzen. Der Aufsichtsrat der Beklagten hat auch tatsächlich von diesem Fehler erfahren, allerdings im Zusammenhang mit der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers, wie dem von der Beklagten zitierten Auszug aus dem Protokoll der Aufsichtsratsitzung vom 06.02.2004 zu entnehmen ist. Hierin wird der Fehler des Klägers im Einzelnen dargestellt, woraufhin der Aufsichtsrat dem Geschäftsführer der Beklagten anheim stellte, die entsprechenden personellen Konsequenzen zu ziehen. Dass ohne die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger die Notwendigkeit bestanden hätte, den Aufsichtsrat über den unterlaufenen Fehler zu informieren, ist nicht ersichtlich. Nur damit konnte jedoch der behauptete Vertrauensverlust eintreten. Nicht nur die Tatsache, dass ein materieller Schaden durch die Schlechtleistung des Klägers nicht begründet worden ist und ein immaterieller Schaden womöglich hätte vermieden werden können, steht der außerordentlichen Kündigung entgegen. Die Fehlleistung des Klägers bei der Erstellung des Liquiditätsplans war vielmehr erkennbar und hätte bei einer auch nur einfachen Überprüfung der einzelnen Positionen festgestellt werden können. Es fällt auf, dass im Liquiditätsplan vom 19.12.2003 für Dezember 2003 noch Lohn- und Gehaltszahlungen in Höhe von 1.008.242,53 € ausgewiesen sind, sodass die Angabe von 832.062,58 € für Januar 2004 auch aus diesem Grunde nicht nachvollziehbar erscheint. Bei einem so einfach festzustellenden Fehler hat der Arbeitgeber nicht das Seine getan, um sich vor möglichen Folgen des Versehens eines Angestellten in gehobener Position zu schützen. Alles in allem kommt der einmaligen Fehlleistung des Klägers unter diesen Umständen nicht das Gewicht eines außerordentlichen Kündigungsgrundes zu. 4) Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass das von der Beklagten behauptete vom Kläger hinterlassene Chaos die fristlose Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird verwiesen. Hieran ändern die Angriffe der Berufung nichts, zumal die durch die überreichten Fotos dokumentierte Unordnung nicht den Zustand darstellt, in dem sich das Büro des Klägers bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses befand. 5) Liegt nach alledem kein die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses begründender Sachverhalt vor, so ist die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs verpflichtet, das Arbeitsentgelt des Klägers für die Dauer der Kündigungsfrist zu zahlen (§ 615 BGB). Dieser Anspruch ist der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitig. Die Forderung gemäß § 288 BGB zu verzinsen. III Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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