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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.03.2006
Aktenzeichen: 16 Sa 76/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280 I
BGB § 253 II
1. Ein Anspruch des sich gemobbt fühlenden Arbeitnehmers auf Kündigung seines Vorgesetzten besteht nicht, da es grundsätzlich dem Arbeitgeber überlassen bleibt, durch welche geeignete Maßnahmen er auf eine betriebliche Konfliktsituation reagieren will.

2. Nach der Einfügung des § 253 II in das BGB haftet der Arbeitgeber für vertragswidriges Verhalten seiner Mitarbeiter unabhängig davon, welche Anstrengungen er selbst zur Beilegung von Auseinandersetzungen unternommen hat, nach §§ 280 I, 278 BGB auf Schmerzensgeld.

3. Auch ein leitender Krankenhausarzt (Chefarzt) hat bei der Ausübung von fachlichen Weisungen die Position des ihm unterstellten ersten Oberarztes zu berücksichtigen.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.12.2004 - 8 (4) Ca 5534/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand:

Der Kläger macht Ansprüche wegen Mobbings geltend.

Der am 11.04.1950 geborene Kläger ist seit dem 15.08.1987 als Arzt in dem Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Er ist verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28.07.1987 (Bl. 34 - 35 d.A.) zugrunde. Danach finden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anwendung. Eine Mitarbeitervertretung ist gebildet. Der Kläger, der als Assistenzarzt für die Neurochirurgische Abteilung eingestellt worden war, wurde am 01.12.1990 zum Oberarzt befördert und ist seit dem 01.07.1992 erster Oberarzt. Als solcher nahm er die kommissarische Leitung der Neurochirurgischen Klinik wahr, nachdem Anfang 2001 der damalige Chefarzt Dr. T3xx ausgeschieden war. Die Bewerbung des Klägers um dessen Nachfolge blieb erfolglos. Am 01.10.2001 übernahm der externe Bewerber Dr. H6xxx die Position des Chefarztes der Neurochirurgischen Klinik. Von diesem fühlt sich der Kläger seit Mai 2002 gemobbt. Ab dem 13.11.2003 war der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig und befand sich bis zum 11.02.2004 in stationärer, danach in ambulanter Behandlung. In der Zeit vom 07.05. bis 19.05.2004 unternahm er einen Wiedereingliederungsversuch, der erfolglos abgebrochen wurde. Nach weiterer Arbeitsunfähigkeit und Urlaub nahm der Kläger am 19.07.2004 seine Arbeit wieder auf. Seit Oktober 2004 ist er durchgehend arbeitsunfähig.

Nachdem der Kläger im März 2003 erste Vorwürfe gegen Dr. H6xxx erhoben hatte, führte der Verwaltungsdirektor W2xxxxx der Beklagten eine Reihe von Gesprächen mit den beiden betroffenen Ärzten sowie mit Ärzten und Mitarbeitern der Neurochirurgischen Abteilung. Im Sommer 2003 schaltete der Kläger einen Rechtsanwalt ein. Der Versuch, im Juni 2003 im Rahmen eines Konfliktlösungsverfahrens unter Leitung eines externen Vermittlers, des Zeugen S4xxxxxxxx, die Auseinandersetzung zu schlichten, schlug fehl, da Dr. H6xxx ein solches Verfahren nicht für zielführend hielt. Am 01.04. und 23.04.2004 fanden sogenannte Konfliktvermittlungskonferenzen unter Leitung des Zeugen S4xxxxxxxx statt, an denen neben dem Kläger und Dr. H6xxx der ärztliche Direktor Dr. D2xxxxxxx teilnahmen. Die Beklagte hatte Dr. H6xxx angewiesen, an diesem Konfliktvermittlungsverfahren mitzuwirken. Auch dieses Verfahren wurde abgebrochen, da Dr. H6xxx zu einer Kooperation nicht bereit war.

Der Kläger stützt seine Mobbingvorwürfe im Wesentlichen auf folgende, im Einzelnen streitige Vorfälle:

Der Kläger hat behauptet, er habe kurzfristig seinen für die Zeit vom 09.08. bis 30.08.2002 angemeldeten Urlaub ändern, dementsprechend die gebuchte Pauschalreise umbuchen müssen, da Dr. H6xxx dies verlangt hätte, weil er selbst bis zum 10.08.2002 in Urlaub sei. Das gleiche sei in den Herbstferien geschehen, in denen er für die Zeit vom 11. bis 27.10.2002 seinen im Einverständnis mit Dr. H6xxx angemeldeten Urlaub zum 18.10.2002 habe abbrechen müssen, weil Dr .H6xxx dies mit der Erklärung verlangt habe, dass ihm als Chefarzt der Vorrang gebühre und er ab dem 19.10.2002 in Urlaub sei. Tatsächlich habe sich Dr. H6xxx seit dem 20.10.2002 wieder im Dienst befunden.

Zum Jahresende 2001/2002 habe es eine umfangreiche Diskussion über die Verwendung verschiedener Implantate bei Wirbelsäulenoperationen gegeben. Dabei sei sein gut vorbereiteter und sorgfältig dargelegter Vorschlag durch den Chefarzt in Gegenwart Dritter ohne das geringste Interesse zur Kenntnis genommen und "abgebügelt" worden.

Mit Schreiben vom 27.02.2003 (Bl. 41 d.A.) habe ihm der Chefarzt eine inhaltlich unzutreffende Abmahnung erteilt. Zutreffen sei allerdings, dass er von der in Frage stehenden Patientin gesagt habe, dass diese "zu panne" sei.

Am 04.06.2003 sei er, der Kläger, von dem Chefarzt auf dem Flur vor den Aufzügen in Gegenwart von vier Kollegen herablassend und aggressiv angesprochen worden, dass bei einer von ihm überwachten Hirntumoroperation vier Bohrlöcher anstelle von maximal zwei gesetzt worden seien. Dabei habe Dr. H6xxx geäußert, dass, falls der Kläger dies nicht könne, er es ihm demnächst bei einer Operation zeigen werde.

Ebenfalls am 04.06.2003 sei, als der Chefarzt Dr. H6xxx nicht mehr anwesend gewesen sei, ein angekündigter Patient von der Oberärztin Dr. S5xxxxx auf ausdrückliche Anweisung des Dr. H6xxx empfangen worden. Hiervon sei er nicht unterrichtet worden, obwohl beim Mittagessen von diesem Vorgang die Rede gewesen sei.

In Vieraugengesprächen habe Dr. H6xxx wiederholt und ernsthaft ihm gegenüber den Vorwurf erhoben, dass er den vormaligen Chefarzt Dr. T3xx hintergangen und dessen Rauswurf veranlasst habe.

Im Rahmen einer Diskussion um fachübergreifende Bereitschaftsdienste seien ihm vor versammelter Mannschaft von Dr. H6xxx unlautere Motive unterstellt worden. Dr. H6xxx habe geäußert, er, der Kläger, würde nur so argumentieren, "um seinen Arsch im Bett lassen zu können", des weiteren, "um seine Pfründe zu sichern".

In einem Konfliktgespräch am 24.06.2003 habe Dr. H6xxx erklärt, er habe sich nach seiner Berufung zum Chefarzt bei den niedergelassenen Fachkollegen vorgestellt. Diese hätten sich negativ über ihn, den Kläger, geäußert und seine ärztlichen Fähigkeiten in Zweifel gezogen.

Mit Schreiben vom 26.09.2003 habe Dr. H6xxx ihm vorgeworfen, sich selbst Urlaub gewährt und hierdurch einen personellen Engpass verursacht zu haben, was jedoch nicht zutreffe.

Am 29.09.2003 habe Dr. H6xxx ihn außerdem zu Unrecht beschuldigt, die Behandlung einer Patientin während seiner Urlaubsabwesenheit eigenmächtig und entgegen seinen Weisungen vorgenommen zu haben. Sein, des Klägers Verhalten, sei eine Unverschämtheit. Tatsächlich habe die Rücksprache mit der Sekretärin jedoch ergeben, dass die Patientenbehandlung in jeder Weise den abgesprochenen Therapiemaßnahmen entsprochen habe.

Im Oktober 2003 sei er, der Kläger, sowie der weitere Oberarzt Dr. K4xxxx von Dr. H6xxx gefragt worden, ob sie bereit seien, in einem Zimmer zusammenzuarbeiten. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, ambulante Patienten in ihren Zimmern zu untersuchen, hätten sie beide jedoch erklärt, dass dies nicht möglich sei. Trotzdem sei einige Tage später ein Schreibtisch für Dr. K4xxxx in seinem Zimmer aufgestellt worden.

Am 04./05.11.2003 habe er, der Kläger, eine von dem Assistenzarzt E4xxx durchgeführte Operation fortführen müssen. Entgegen der bisher praktizierten sitzenden Lagerung sei in Bauchlagerung operiert worden. Als er, der Kläger, in der Frühbesprechung am Folgetag auf die medizinisch-rechtliche Problematik einer Operation in einer Lagerung, über die zuvor nicht aufgeklärt worden sei, hingewiesen habe, sei er von Dr. H6xxx angeschrieen worden mit den Worten: "Ich bin hier der Operateur und Sie sind mein Handlanger. Sie haben zu tun, was ich Ihnen sage".

Während seiner Arbeitsunfähigkeit bis zum 07.05.2004 sei das Schreiben eines Rechtsanwalts eingegangen, der nach dem Tod eines durch ihn, den Kläger, operierten Patienten Schadensersatzansprüche erhoben habe. Hierüber sei er, der Kläger, weder durch das Krankenhaus noch durch Herrn Dr. H6xxx informiert worden, der vielmehr in einem Schreiben an den Rechtsanwalt mitgeteilt habe, dass die angeforderten Operationsberichte nicht existierten und der Oberarzt Dr. B1xxxx diese Berichte nicht umgehend nach dem Eingriff, wie meistens üblich, verfasst habe, sie wohl zu einem späteren Termin habe abfassen wollen, er jedoch seit dem 07.11.2003 arbeitsunfähig erkrankt sei. Er selbst, der Kläger, habe erst am 27.04.2004 über ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft erfahren, dass der Patient verstorben sei und ihm die Schuld daran angelastet werde.

Während seines Wiedereingliederungsversuchs habe er am 07.05.2004 gefragt, ob sein Dienst vom 20.05.2004 auf einen anderen Termin verlegt werden könne, da er an diesem Tag an einer geplanten Familienfeier teilnehme. Obwohl er den Tausch für zwei andere Dienste angeboten habe, habe Herr Dr. H6xxx geäußert, dass das nicht gehe, da es ein Feiertag sei.

Am Vormittag des 10.05.2004 habe die Sekretärin des Chefarztes versucht, ihn, den Kläger, im Auftrag des Chefarztes aus seinem Arbeitszimmer zu verweisen, da eine Teilzeitkraft für drei Stunden ein Arbeitszimmer mit eigenem Computer gebraucht habe, um ihre Arbeit zu erledigen.

Als er am 10.05.2004 die Kollegen E4xxx und E5xxx auf einer Visite habe begleiten wollen, sei er in der Mitte der Station von Dr. H6xxx angefahren worden, was er auf der Visite zu tun habe. Er habe klare Anweisung gegeben, dass OP-Berichte zu diktieren seien.

Am 10.05.2004 habe um 15.00 Uhr eine Dienstbesprechung stattgefunden, die ursprünglich für 15.45 Uhr angesetzt worden sei. Wohl auf Weisung des Chefarztes sei er, der Kläger, zuvor von der Terminsänderung nicht informiert worden.

Nachdem er am 19.07.2004 nach Urlaub im Anschluss an seine weitere Arbeitsunfähigkeit den Dienst aufgenommen habe und ihm der Dienstplan ausgehändigt worden sei, habe er Dr. H6xxx gefragt, ob er am Folgetag zwischen 17.00 Uhr und 19.00 Uhr einen seit längerem geplanten privaten Termin wahrnehmen könne. Die Assistenzärztin Frau L2xxxx sei bereit gewesen, seinen Dienst bis 19.00 Uhr zu übernehmen. Dr. H6xxx habe erklärt, er, der Kläger, hätte diesen Dienst zu machen.

In einem Gespräch am 06.08.2004 habe ihn Dr. H6xxx unter vier Augen aufgefordert darzulegen, wie er sich die weitere Zukunft in der Abteilung vorstelle, da er nicht mehr das Vertrauen der übrigen Kollegen und Kolleginnen besäße. Dr. H6xxx habe erklärt, er würde seiner Fürsorgepflicht nachkommen und ihm jederzeit behilflich sein, einen anderen adäquaten Arbeitsplatz zu finden.

Bei einer Operation am 09.09.2004, bei der er zusammen mit einem Kollegen nach einem bei einer Operation im Schädel verbliebenen Glassplitter gesucht habe, habe er versehentlich mit dem Mikrosauger den Glassplitter abgesaugt. Dr. H6xxx, der nach Auffinden des Glassplitters hinzugerufen worden sei, habe ihn vor versammelter Mannschaft angefahren, weshalb er den Splitter nicht entsprechend einer zuvor erteilten Anweisung belassen habe.

Am 20.09.2004 habe Dr. H6xxx ihn, den Kläger angewiesen, einer Kollegin bei einer Operation zu assistieren und dabei gesagt: "Sie wissen ja schon, gerader Hautschnitt, Bohrloch über der Choronalnaht".

Am 22.09.2004 habe Dr. H6xxx in Widerspruch zu einer zuvor getroffenen Vereinbarung zur Behandlung von Privatpatienten ihm, dem Kläger, mitgeteilt, dass er nur auf persönliche, direkte Anweisung des Dr. H6xxx etwas an Privatpatienten zu tun habe, sonst nichts.

Bei einem Eingriff an einer Patientin am 27.09.2004 sei von dem Anästhesisten mitgeteilt worden, dass die Anzahl der Thrombozyten so niedrig sei, dass bei Fortsetzung des Eingriffs die Eingriff die Gefahr einer schwerwiegenden Gerinnungsstörung bestanden hätte. Er, der Kläger, habe dies Dr. H6xxx telefonisch mitgeteilt, der ohne weitere Erklärung mit dem Anästhesisten habe sprechen wollen, sich von diesem den Wert habe bestätigen lassen und sodann über den Anästhesisten empfohlen habe, die Operation abzubrechen.

Wegen des fortgesetzten Mobbingverhaltens des Chefarztes Dr. H6xxx sei er erneut seit Oktober 2004 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte sei nicht bereit, geeignete Maßnahmen gegen Dr. H6xxx zu ergreifen. Im Rahmen der Konfliktvermittlungskonferenzen am 01. und 23.04.2004 habe Dr. H6xxx jede Mitwirkung verweigert, den Coach bedroht und schließlich geäußert, dass er nicht an einer Lösung interessiert sei. In einem weiteren Gespräch mit Dr. D2xxxxxxx habe Dr. H6xxx erklärt, dass für ihn die Konfliktvermittlung überhaupt keinen Sinn mache. Er habe von vornherein nicht mit ihm, dem Kläger, zusammenarbeiten wollen.

Mit seiner am 01.10.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 25.10.2004 zugestellten Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Maßnahmen zum Schutz gegen Mobbinghandlungen des Dr. H6xx. Außerdem macht er Schmerzensgeldansprüche geltend.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, Dr. H6xxx habe ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er sei durch die Mobbinghandlungen des Dr. H6xxx an einer schweren Depression erkrankt. Es sei der Beklagten jedenfalls möglich, ihn in Tätigkeitsbereichen einzusetzen, bei denen er nicht den permanenten Schikanen des Dr. H6xxx ausgesetzt sei. Hierfür käme in der Neurologischen Klinik die Position des Leiters der Elektrophysiologie in Betracht, außerdem eine Position im medizinischen Controling sowie eine neurochirurgische Tätigkeit in der Unfallchirurgie. Hierbei handele es sich um Tätigkeitsbereiche, die nicht anderweitig besetzt seien. Wegen seiner Gesundheitsschädigung sei die Beklagte im Übrigen zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet. Sie hafte für die Handlungen ihrer Mitarbeiter.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, das Anstellungsverhältnis mit dem Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik, Herrn Dr. m3x. R2xxxx H6xxx, zu beenden,

hilfsweise zu 1.,

die Beklagte zu verurteilen, ihm einen seiner Leistungsfähigkeit und Stellung entsprechenden Arbeitsplatz, der im Hinblick auf Tätigkeit und Vergütung mit seinem innegehaltenen Arbeitsplatz zumindest gleichwertig ist, anzubieten, an dem eine berufliche Weisungsgebundenheit gegenüber Herrn Dr. med. R2xxxx H6xxx nicht besteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger wäre nicht gemobbt worden. Des weiteren habe sie alles in ihrer Macht Stehende getan, um das Verhältnis zwischen Herrn Dr. H6xxx und dem Kläger zu entspannen, hierzu sei sie auch weiterhin bereit. Wesentliche Ursache für die Differenzen zwischen dem Kläger und Herrn Dr. H6xxx lägen offensichtlich darin, dass die Bewerbung des Klägers für die Chefarztposition nicht berücksichtigt worden sei. Mobbinghandlungen des Chefarztes Dr. H6xxx habe es nicht gegeben. Erkennbar werde, dass der Kläger ein grundsätzliches Problem damit zu haben scheine, Anweisungen des vorgesetzten Chefarztes zu akzeptieren. Dies machten die verschiedenen vom Kläger geschilderten Fälle, bei denen es um unterschiedliche Auffassungen in der Sache gehe, deutlich. Von einer Herabwürdigung der Person des Klägers oder dessen fachlicher Leistung könne dabei überhaupt nicht die Rede sein. Hinsichtlich des Urlaubs im Herbst 2002 behauptet sie, Dr. H6xxx habe wegen eines familären Trauerfalls seinen Urlaub nicht wie geplant durchführen können und sei deshalb vorzeitig zur Arbeit im Krankenhaus erschienen. Zutreffend sei allerdings, dass der Chefarzt Dr. H6xxx in der Diskussion um Bereitschaftsdienste sich zu der unsachlichen Formulierung "Nur weil Sie zu bräsig sind, nachts aufzustehen, wollen Sie mit den Neurologen keine Dienste machen" habe hinreißen lassen, er habe sich jedoch für diese Äußerung zugleich wieder, im Beisein sämtlicher anderer Ärzte, entschuldigt. Tatsächich hätten sich einige niedergelassene Ärzte gegenüber dem Chefarzt Dr. H6xxx über den teilweise "rüden Umgangston" des Klägers gegenüber Patienten beschwert. Richtig sei es, dass Dr. H6xxx wegen eines vorübergehenden räumlichen Engpasses die Anweisung gegeben hätte, dass der Kläger und Dr. K4xxxx zusammen in einem Zimmer arbeiten sollten, nachdem sich der Kläger und Dr. K4xxxx hiermit einverstanden erklärt hatten. Zum Vorwurf, Dr. H6xxx sei nicht bereit gewesen, auf seine Wünsche zur Dienstplanänderung einzugehen, vergäße der Kläger zu erwähnen, dass es zwar zunächst problematisch gewesen sei, den kurzfristigen Wunsch des Klägers auf Verlegung seines Dienstes am 20.05.2004 zu befriedigen. Tatsächlich habe Dr. H6xxx dem Kläger schließlich den Dienst am 20.05.2004 abgenommen. Die Dienstplaneinteilung des Klägers nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub am 19.07.2004 hätte ohne Rücksprache mit ihm vorgenommen werden müssen, da sich der Kläger zur Abstimmung der Dienste nicht vor Arbeitsantritt gemeldet hätte und auch nicht erreichbar gewesen sei. Anlass für das Gespräch am 06.08.2004, in dem es um die Zukunft des Klägers gegangen sei, seien die durch Anwaltschreiben schriftlich formulierten Anschuldigungen, die lange Arbeitsunfähigkeit und die vom Kläger offen dargestellte Bewerbung bei anderen Kliniken gewesen. Vor diesem Hintergrund habe Dr. H6xxx in Erfahrung bringen wollen, wie sich der Kläger seine Zukunft vorstelle und ihm sachlich und höflich mitgeteilt, dass er ihm gegebenenfalls bei der Suche nach einem anderen Arbeitsplatz behilflich sein könne. Im Übrigen habe sich Dr. H6xxx gegenüber dem Kläger ruhig, zuvorkommend und höflich verhalten. Die vom Kläger genannten Tätigkeitsbereiche für eine anderweitige Beschäftigung kämen nicht in Betracht. Er sei Facharzt für Neurochirurgie und in anderen ärztlichen Disziplinen nicht ausgebildet. Zu dem vom Kläger genannten Bereichen sei zu sagen, dass die Elektrophysiologie kein eigenständiger Abteilungsbereich im Haus der Beklagten sei, eine Leitungsfunktion für diesen Bereich deshalb nicht erforderlich. Der Arbeitsumfang, der in der Elektrophysiologie anfiele, sei zudem zu gering, um eine komplette Arztstelle zu rechtfertigen und abrechnen zu können. Außerdem hätte der Kläger im Rahmen einer solchen Tätigkeit ebenfalls mit Dr. H6xxx zusammenzuarbeiten. Der Bereich Medizin-Controling sei vollständig besetzt. Es seien für diese Tätigkeit erhebliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse erforderlich, von denen der Kläger nicht einmal behaupte, dass er sich besäße. Eine neurochirurgische Tätigkeit in der Unfallchirurgie käme nicht in Betracht, da es sich um zwei getrennte Disziplinen handele, die nicht vermischt werden könnten. Dies sei im Sinne einer geordneten Patientenversorgung nicht möglich. Außerdem wäre auch hier ein enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Chefarzt der Neurochirurgie erforderlich.

Durch Urteil vom 22.12.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entlassung des Chefarztes Dr. H6xxx könne der Kläger nicht verlangen. Eine Kündigung wäre schon wegen des Fehlens von Abmahnungen gegenüber Dr. H6xxx unwirksam. Ein Anspruch auf Anbieten eines seiner Leistungsfähigkeit und Stellung entsprechenden Arbeitsplatzes besitze der Kläger ebenfalls nicht. Aufgrund seiner fachlichen Spezialisierung gebe es einen solchen Arbeitsplatz bei der Beklagten nicht. Ein Schmerzensgeldanspruch bestehe deshalb nicht, weil der Vortrag des Klägers zu den Mobbinghandlungen des Dr. H6xxx teilweise kein Mobbing darstellten, teilweise nicht unter Beweis gestellt worden seien und es teilweise an einer den Vorwurf des Mobbing begründenden Intensität fehle.

Gegen dieses, ihm am 11.01.2005 zugestellte Urteil, auf das zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat der Kläger am 13.01.2005 Berufung eingelegt und diese am 07.02.2005 begründet.

Der Kläger rügt, das arbeitsgerichtliche Urteil werde der Komplexität des Phänomens Mobbing nicht gerecht. Immerhin ordne das Gericht bei 30 im Urteil aufgeführten Vorfällen drei als mittelschwere, acht als minderschwere und zwei als geringfügige Verstöße des Dr. H6xxx ein. Dem Phänomen des Mobbing könne nicht durch eine isolierte Betrachtung, sondern nur eine Gesamtschau Rechnung getragen werden. Im Übrigen wiederholt und vertieft er seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.12.2004 - 8 (4) Ca 5534/04 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, das Anstellungsverhältnis mit dem Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik, Herrn Dr. med. R2xxxx H6xxx, zu beenden,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, ihm einen seiner Leistung, Fähigkeit und Stellung entsprechenden Arbeitsplatz, der im Hinblick auf Tätigkeit und Vergütung mit dem innegehaltenen Arbeitsplatz zumindest gleichwertig ist, anzubieten, an dem eine berufliche Weisungsgebundenheit gegenüber Herrn Dr. med. R2xxxx H6xxx nicht besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte bittet um die Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet, dass der Kläger überhaupt psychisch erkrankt sei, sowie für den Fall, dass eine solche Erkrankung vorliege, hierfür ein Verhalten des Herrn Dr. H6xxx kausal sei. Sie habe umfangreiche Gespräche geführt, aus denen sich ein anderes Bild als das vom Kläger gezeichnete ergebe. Auch Dr. H6xxx fordere von ihr, dass er vor Attacken und illoyalen Verhaltensweisen des Klägers geschützt werde. Sie stehe also inmitten eines Konflikts und müsse den Interessen beider Angestellter Rechnung tragen. Unabhängig von der Berechtigung der Vorwürfe seien die Ansprüche des Klägers auch deshalb unbegründet, weil er die Ausschlussfrist nach § 23 AVR nicht eingehalten habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen Dr. K4xxxx, Dr. E4xxx, E5xxx, Dr. H6xxx, Dr. S5xxxxx, Dr. D2xxxxxxx, L3xxxxxxxxx, W1xxx-G2xxxxxxxxx, K6xxxx, S4xxxxxxxx, B3xxxxxx, N1xxxxxx, Dr. M4xxxxxx, S6xxxxxx, F1xxx, K5xxxxxx, U1xxx und F2xxxx. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Terminsprotokolle vom 28.11.2005, 16.01., 13.02. und 06.03.2006 verwiesen. Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger kann auf der Grundlage der gegen seinen Vorgesetzten, den Chefarzt Dr. H6xxx, erhobenen Mobbing-Vorwürfe nicht verlangen, dass dessen Arbeitsverhältnis durch die Beklagte beendet wird (I). Seinem Hilfsantrag, ihm selbst eine andere Tätigkeit anzubieten, bei der keine Weisungsgebundenheit gegenüber Dr. H6xxx besteht, ist ebenfalls nicht zu entsprechen (II). In beiden Fällen fehlt es an einem schlüssigen Sachvortrag des Klägers. Dieser liegt hinsichtlich des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs zwar vor, den Beweis für alle anspruchsbegründenden Tatsachen hat der beweispflichtige Kläger jedoch im Ergebnis nicht geführt (III).

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Dr. H6xxx könnte der Kläger selbst dann nicht von der Beklagten verlangen, wenn seine Vorwürfe, er sei von Dr. H6xxx gemobbt worden und aus diesem Grunde erkrankt, in vollem Umfang zuträfen. Über den geltend gemachten Anspruch kann entschieden werden, ohne dass es in diesem Zusammenhang einer Klärung des Begriffs "Mobbing" bedarf. Der Kläger hat zwar nicht dargelegt, welche Handlung er von der Beklagten verlangt, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirken soll. Insoweit ist der von ihm im Klageantrag verwandte Begriff der Beendigung unbestimmt. Bei verständiger Würdigung ist in sein Antrag jedoch dahingehend auszulegen, dass er von der Beklagten die einseitige, nicht von der Mitwirkung des Betroffenen abhängige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung verlangt.

Als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag obliegt dem Arbeitgeber allerdings der Schutz der Rechtsgüter des Arbeitnehmers. Von sogenannten Mobbinghandlungen betroffene Rechtsgüter können, wie hier, die Gesundheit und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers sein. Insoweit stellt die Entfernung eines mobbenden Arbeitnehmers aus dem Betrieb eine geeignete Maßnahme zum Schutz des Mobbingopfers dar. Der Arbeitnehmer verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er Handlungen fortsetzt, die als Mobbing eingeordnet werden können. Es kann eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht kommen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Hieraus folgt jedoch nicht, dass ein Anspruch des gemobbten Arbeitnehmers auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht. In welcher Weise der Arbeitgeber auf Pflichtverletzungen eines Arbeitnehmers reagiert, bleibt grundsätzlich ihm überlassen. Es ist Sache des Arbeitgebers, wie er mit geeigneten Maßnahmen auf betriebliche Konfliktlagen eingehen will (vgl. BAG vom 24.04.1996 - 5 AZR 1031/94 - EzA BGB § 611 Nr. 18 Direktionsrecht). Hiervon ist auch für Mobbingsachverhalte keine Ausnahme zu machen. Ob die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine arbeitgeberseitige Kündigung gerechtfertigt ist, ist zudem von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Einer verhaltensbedingten Kündigung hat in der Regel eine Abmahnung vorauszugehen. Hierauf kann auch bei mobbingtypischen Pflichtverletzungen nicht verzichtet werden. Etwas anderes ist auch nicht der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Thüringen, auf die sich der Kläger bezieht, zu entnehmen (Urteil vom 05.02.2001 - 5 Sa 102/00 - NZA RR 2001, 577). Dort war über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung zu befinden und ist eine Abmahnung wegen der Schwere der Mobbinghandlungen für entbehrlich gehalten worden. Jedoch kann der Arbeitgeber nicht durch arbeitsgerichtliches Urteil dazu verpflichtet werden, eine Kündigung auszusprechen, deren Rechtswirksamkeit wegen Fehlens einer Abmahnung zweifelhaft ist. So stellt sich aber der vorliegende Fall dar.

II

Auch der Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet, ohne dass es der Feststellung eines mobbingtypischen Sachverhalts bedürfte.

Zwar mag die Umsetzung oder Versetzung eines von Mobbing betroffenen Arbeitnehmers eine geeignete Maßnahme zu seinem Schutz sein. Es mag dem Arbeitgeber auch zumutbar sein, einen geeigneten freien Arbeitsplatz unter Ausübung seines Direktionsrechts gegenüber anderen Arbeitnehmern zu schaffen (vgl. zu den Anforderungen an den Arbeitgeber bei krankheitsbedingten Fehlzeiten BAG vom 29.01.1997- 2 AZR 9/96 - NZA 1997, 709). Der Antrag des Klägers geht jedoch dahin, ihm einen seinen bisherigen Tätigkeiten zumindest gleichwertigen Arbeitsplatz anzubieten, auf dem seine bisherige Vergütung beizubehalten wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten dies möglich ist. Der Kläger hat als erster Oberarzt eine herausragende Stellung im Krankenhaus der Beklagten inne. Als solcher ist er Vertreter des Chefarztes. Als Facharzt für Neurochirurgie ist er grundsätzlich auf dieses Gebiet beschränkt. Mit einem Gehalt von 5.324,30 € brutto monatlich ohne "unstete" Zulagen und einem Jahreseinkommen von 114.972,41 € brutto unter Berücksichtigung weiterer Leistungen der Beklagten erzielt er ein weit überdurchschnittliches Einkommen. Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass die fachliche Spezialisierung des Klägers einen Einsatz als Oberarzt in einer anderen Abteilung, selbst wenn eine freie Stelle zur Verfügung stünde, entgegensteht. Auch bei vorhandenen Erfahrungen und Kenntnissen in der Neurochirurgie nahestehenden Bereichen, auf die sich der Kläger unter Hinweis auf das ihm erteilte Zeugnis beruft, scheitert eine solche Tätigkeit an der mangelnden Facharztausbildung. Auf den von ihm im Einzelnen aufgezeigten Positionen ist der Beklagten eine Beschäftigung des Klägers zu den von ihm verlangten Arbeitsbedingungen dagegen nicht zumutbar. Der Kläger hat sich im Berufungsverfahren im Wesentlichen darauf beschränkt, unter Bezugnahme auf ihm im Zwischenzeugnis vom 12.07.2000 bescheinigten Kenntnissen und Erfahrungen seinen erstinstanzlichen Vortrag zu wiederholen, dass er auf den vorgeschlagenen Positionen einsetzbar sei. Dagegen hat das Arbeitsgericht im Einzelnen die Gründe dafür angegeben, die einer Verpflichtung der Beklagten, ihm diese Stellen anzubieten, entgegenstehen. Dem schließt sich das Berufungsgericht an. Die Beklagte ist weder verpflichtet, in der Elektropsychologie, in der bisher nur Arzthelferinnen beschäftigt sind, eine Stelle zu schaffen, noch die Stelle eines Neurochirurgen in der Unfallchirurgie einzurichten. Bei den im medizinischen Controlling vorhandenen Arztstellen handelt es sich nicht um der bisherigen Position des Klägers gleichwertige Stellen.

III

Der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch steht dem Kläger im Ergebnis nicht zu.

1. Allerdings hat er die Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatzanspruch schlüssig vorgetragen. Nach § 253 Abs. 2 BGB - neu in das BGB eingefügt und seit dem 01.08.2002 in Kraft - besteht bei Gesundheitsverletzungen ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, der nicht mehr voraussetzt, dass deliktisches Handeln vorliegt. Vielmehr reicht nunmehr eine schlichte Vertragsverletzung aus (§ 280 Abs. 1 BGB). Die Haftung erstreckt sich auf das Fehlverhalten eines Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB), das dieser nicht nur bei Gelegenheit, sondern in Ausübung der übertragenen Aufgabe begangen hat. Bei Vorgesetzten kann dies regelmäßig angenommen werden. Durch diese Neuregelung des Schadensersatzrechts sind die rechtlichen Voraussetzungen für Schmerzensgeldansprüche somit erheblich ausgeweitet worden (vgl. Diller/Grote, MDR 2004, 984). Im Entscheidungsfall hat dies zur Folge, dass die Beklagte für Übergriffe des Dr. H6xxx in den Rechtskreis des Klägers unabhängig davon, welche Anstrengungen sie selbst unternommen hat, um den Konflikt zwischen den beiden Ärzten beizulegen, zu haften hätte.

2. Mit dem Begriff "Mobbing" allein lässt sich allerdings ein Schadensersatzanspruch nicht begründen. Es handelt sich nicht um einen juristischen Fachbegriff, sondern um ein soziales Phänomen, das durch Konflikte am Arbeitsplatz geprägt ist. Im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.01.1997 (- 7 ABR 14/96 - NZA 1997, 781), die Mobbing definiert als systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte, hat sich in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Definition des Mobbing als"fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen am Arbeitsplatz gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Mobbingopfers verletzen" durchgesetzt (vgl. beispielsweise LAG Thüringen vom 15.02.2001, aaO.; LAG Bremen vom 17.10.2002 - 3 Sa 232/02 - NZA RR 2003, 234; LAG Rheinland-Pfalz vom 16.08.2001 - 6 Sa 415/01 - NZA-RR 2002, 121; LAG Sachsen vom 17.02.2005 - 2 Sa 751/03 - JURIS, LS: BB 2005, 1576; zur Entwicklung des Begriffs s. Wolmerath, Mobbing im Betrieb, 2. Aufl., S. 24 f.). Es geht deshalb nicht um einzelne isolierte Vorgänge, denen für sich allein genommen kein besonderer Unrechtsgehalt zukommt, sondern um Vorfälle über einen längeren Zeitraum hinweg, die erst in ihrer Gesamtheit das Maß überschreiten, das am Arbeitsplatz hingenommen werden kann. Dem sozialen Phänomen des Mobbings wird nicht gerecht, wer es rechtlich auf zahlreiche Einzelhandlungen reduzieren will. Mobbing ist die Politik der kleinen Nadelstiche. Einzelhandlungen lassen den Unrechtsgehalt vielfach nicht erkennen, dies ist oft erst bei einer Gesamtschau möglich. Erforderlich ist also ein Fortsetzungszusammenhang, nicht im strafrechtlichen Sinne, sondern im Sinne von "roter Faden" (vgl. LAG Berlin vom 06.03.2000 - 3 (18) Sa 2299/02 - MDR 2003, 881; Diller/Grote, MDR 2004, 984). Das systematische Handeln setzt nicht den Nachweis bestimmter Motive voraus, es genügt die Darstellung eines typischen Geschehensablaufs, der bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zu dem Ergebnis führt, dass das Verhalten von der Rechtsordnung nicht gebilligt wird (s. Wolmerath, PersR 2004, 327). Dies gilt jedenfalls, soweit Ansprüche auf Vertragsverletzungen gestützt werden. Insoweit ist der Berufung zu folgen, die die Notwendigkeit einer Gesamtschau herausstellt und die Reduzierung des Mobbingsvorwurfs auf einzelne Vorkommnisse rügt.

3. Zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs, der auf "Mobbing" gestützt wird, müssen deshalb einerseits Handlungen konkret dargelegt werden, durch die andererseits in einer Gesamtschau Verletzungen von Rechtsgütern des Arbeitnehmers kausal verursacht worden sind. Es muss ein zurechenbarer Schaden und ein Verschulden des Arbeitgebers bzw. ein ihm über § 278 BGB zurechenbares Verschulden seines Mitarbeiters vorliegen, wobei insbesondere die psychischen Schäden voraussehbar gewesen sein müssen (vgl. LAG Berlin vom 15.07.2004 - 16 Sa 2280/03 - NZA RR 2005, 13; Wolmerath, PersR 2004, 334 m.w.N.).

Das Vorbringen des Klägers erfüllt diese Voraussetzungen. Er hat für die Zeit ab dem 01.08.2002 bis zu seiner erneuten Erkrankung eine Vielzahl von Vorfällen vorgetragen, bei denen weder seine Stellung als Erster Oberarzt der Neurochirurgischen Abteilung, noch seine arbeitsvertragliche Position, noch sein Anspruch auf einen angemessenen Umgang durch den Chefarzt Dr. H6xxx hinreichend respektiert worden wären. Hieraus folgt zugleich eine Missachtung der Persönlichkeit des Klägers. Spätestens nachdem der Kläger ab dem 13.11.2003 wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig war -es war sowohl der Beklagten als auch dem Chefarzt Dr. H6xxx bekannt, dass der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung behandelt wurde - läge bei der vom Kläger vorgetragenen Fortsetzung des ihn herabwürdigenden Verhaltens des Dr. H6xxx auch eine schuldhafte, auf die Erkrankung des Klägers bezogene Pflichtverletzung vor.

4. Ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht nach § 23 AVR verfallen. Die Ausschlussfrist für eine schriftliche Geltendmachung beträgt sechs Monate ab Fälligkeit, eine einmalige Geltendmachung ist für denselben Sachverhalt für später fällig werdende Leistungen ausreichend. Spätestens mit seiner der Beklagten am 24.10.2004 zugestellten Klage ist der Schmerzensgeldanspruch vom Kläger schriftlich geltend gemacht worden. Da dieser von einer Gesamtbetrachtung einer Vielzahl von Vorfällen abhängig ist, der Kläger geeignete Vorgänge zur Begründung seines Mobbingvorwurfs vorgetragen hat, die sich in der Zeitspanne von sechs Monaten vor Zustellung der Klage zugetragen haben, ist ein etwaiger Schadensersatzanspruch nicht von vornherein verfallen. Die für den Lauf der Verfallfrist maßgebliche Fälligkeit des Anspruchs tritt erst bei Abschluss der Verletzungshandlung ein. Solange die schädigende Handlung andauert, sind die Folgen der Verletzungshandlung in der Regel nicht zu überblicken.

5. Es liegen Vorfälle vor, die Teil mobbingtypischer Verhaltensweisen sein können. Sie betreffen sowohl den zwischenmenschlichen Umgang als auch die arbeitsvertragliche Stellung des Klägers sowie die Respektierung seiner Position als erster Oberarzt.

a) Nicht zu beanstanden ist freilich das Schreiben des Dr. H6xxx vom 27.02.2003, in dem dieser die Bezeichnung einer Patientin "als zu panne" rügt und das der Kläger als Abmahnung auffasst, zu der Dr. H6xxx nicht berechtigt sei. Nicht erkennbar ist jedoch, dass es sich um eine Abmahnung gehandelt hätte, deren Erteilung sich Dr. H6xxx angemaßt hätte und die zur Personalakte des Klägers genommen worden wäre. Vielmehr hat Dr. H6xxx als Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik dem Kläger schriftlich mitgeteilt, dass er dessen unangemessenes Verhalten im Umgang mit einer Patientin nicht hinnehmen möchte. Es stand Dr. H6xxx grundsätzlich zu, seine Haltung zu der vom Kläger benutzten Ausdrucksweise, die als solche unstreitig und auch aus Sicht des Gerichts unangemessen ist, schriftlich zu äußern.

b) Die folgenden Vorfälle sprechen jedoch für die Berechtigung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe.

aa) Ein Übergriff in die arbeitsvertragliche Stellung des Klägers liegt im Zusammenhang mit dessen Urlaub im Jahre 2002 vor. Hinsichtlich der Sommerferien ist allerdings streitig, dass Dr. H6xxx vom Kläger die Änderung des bereits bewilligten Urlaubs verlangt hätte, Beweis hat der Kläger zu seiner Behauptung nicht angetreten. Anders verhält es sich jedoch mit dem Urlaub in den Herbstferien. Nach Aussage der Zeugin W1xxx-G2xxxxxxxxx hatte der Kläger seinen Urlaub angemeldet und hat diesen verschoben, weil Dr. H6xxx ebenfalls Urlaub machen wollte. Zwar war der Urlaub des Klägers nur angemeldet, gleichwohl hat die Zeugin die Situation so beurteilt, dass der Kläger für den angemeldeten Zeitraum Urlaub "hatte". Dies entspricht der Erläuterung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, wonach der zu Beginn des Jahres angemeldete Urlaub als erteilt gilt. Die Beklagte hat im Nachgang zur Vernehmung der Zeugin einen am 16.09.2002 vom Kläger und Dr. H6xxx unterzeichneten Urlaubsschein überreicht, dessen Funktion aber nicht deutlich geworden ist. Er ist ihr von Dr. H6xxx überlassen worden, befand sich also nicht in der Personalabteilung, obwohl im Formular ein Prüfvermerk der Personalabteilung vorgesehen ist, diese zudem für die Ausfüllung hinsichtlich der Urlaubstage zuständig sein dürfte, beides ist aber nicht geschehen. Die von der Zeugin wiedergegebene Äußerung des Dr. H6xxx, er sei der Chef, er könne sich mit seinem Urlaub nicht nach seinen Ärzten richten, lässt mangelnden Respekt für die Rechtspositionen Anderer erkennen. Seine mangelnde Bereitschaft, die Gründe für den Nichtantritt des Urlaubs, um den es einen Konflikt mit dem Kläger gegeben hatte, diesem zumindest kurz zu erläutern bzw. durch die Sekretärin, wie diese vorgeschlagen hatte, erläutern zu lassen, verstärkt den Eindruck mangelnder Rücksichtnahme auf die Gefühle des ihm unterstellten Klägers.

bb) Erhebliche Mängel im zwischenmenschlichen Umgang des Vorgesetzten Dr. H6xxx mit dem Kläger weist die unstreitige Beleidigung des Klägers in der Diskussion um die Bereitschaftsdienste am 04.05.2003 auf. Allerdings ist die Behauptung des Klägers, Dr. H6xxx habe die besonders herabwürdigende Äußerung, er, der Kläger würde nur so argumentieren, um seinen Arsch im Bett lassen zu können, des weiteren, um seine Pfründe zu sichern, nicht bewiesen worden. Dazu sind die Angaben der vernommenen Zeugen zum einen zu widersprüchlich. Zum anderen hat keiner der Zeugen mit hinreichender Sicherheit bestätigt, dass ein solcher Satz gefallen ist. Soweit Zeugen angegeben haben, das Wort "Arsch" sei gefallen, ist dies außerdem in keinem Fall spontan, sondern erst auf Vorhalt geschehen. Dies gilt für den Zeugen E4xxx, der zunächst nur ausgesagt hat, dass Dr. H6xxx sich dahingehend geäußert hätte, dass Dr. B1xxxx den diskutierten Vorschlag nicht befürworte, weil er dann öfters "raus müsste". Nachdem er auf Vorhalt bestätigt hatte, dass das Wort "Arsch" gefallen sei, hat er hieran festgehalten, ohne jedoch die genaue Formulierung wiedergeben zu können. Die Zeugin E5xxx hielt es auf Vorhalt für möglich, dass sowohl das Wort "Arsch" als auch das Wort "bräsig" gefallen sein könnte. Gleiches gilt für die Zeugin Dr. S5xxxxx, die weder die eine noch die andere Formulierung gänzlich ausschließen wollte. Jedoch hatten alle Zeugen nur eine vage Erinnerung an die verwandten Formulierungen. Der gegenbeweislich vernommene Zeuge Dr. H6xxx schloss aus, das Wort "Arsch" benutzt zu haben. Unter diesen Umständen kann die dahingehende Behauptung des Klägers nicht als bewiesen angesehen werden.

Auch wenn der Bedeutungsgehalt des Wortes "bräsig" unklar ist - in gängigen Wörterbüchern der Deutsche Sprache findet sich das Wort nicht, nach einem Lexikon der Ruhrgebietssprache kommt ihm die Bedeutung "leicht betrunken", aber auch "ungehalten, verärgert" zu - so ist den Aussagen aller Zeugen allerdings zu entnehmen, dass sie das Verhalten des Dr. H6xxx gegenüber dem Kläger als sehr verletzend empfunden haben. Daran, dass Dr. H6xxx sich entschuldigt hätte, konnte sich - neben dem Zeugen Dr. H6xxx selbst - nur die Zeugin Dr. S5xxxxx erinnern, die jedoch ausgesagt hat, dass dies die Situation auch nicht mehr habe retten können. Hieran wird eine erhebliche Schwere des Fehlverhaltens des Dr. H6xxx deutlich, das allerdings nicht das herabwürdigende Maß erreicht, das bei Verwendung des Wortes "Arsch" anzunehmen wäre. Durch die von Dr. S5xxxxx bestätigte Entschuldigung des Dr. H6xxx, die von den anderen Zeugen womöglich nicht wahrgenommen worden ist, wird das Gewicht des Fehlverhaltens außerdem relativiert.

cc) Mangelnder Respekt vor der Person des Klägers und die Missachtung seiner Position als Erster Oberarzt der Neurochirurgischen Klinik ist auch in der Auseinandersetzung um die Anzahl der Bohrlöcher bei einer unter der Leitung des Klägers durchgeführten Operation zum Ausdruck gekommen. Das Verhalten des Dr. H6xxx gegenüber dem Kläger ist von den als Zeugen vernommenen, bei dieser Diskussion anwesenden Ärzten jedenfalls als unangemessen empfunden worden. Der Zeuge Dr. K4xxxx, weiterer Oberarzt der Neurochirurgischen Abteilung, hat erklärt, dass es hart gegen den Kläger gewesen sei, der Zeuge E4xxx, ausgebildeter Facharzt, gesagt, dass er geschluckt hätte, wenn ihm das gesagt worden wäre, die Zeugin E5xxx, dass sie die Äußerung des Dr. H6xxx als unkollegial, als herabwürdigend, demütigend empfunden hätte. Objektiv festzustellen ist, dass sowohl der Ort der Diskussion - auf dem Flur, vor dem Fahrstuhl - als auch die Führung der Auseinandersetzung in Gegenwart der weiteren Ärzte, als auch der Inhalt der Äußerung, dass dann, wenn der Kläger eine Operation mit weniger Bohrlöchern nicht könne, Dr. H6xxx ihm dies zeigen werde, nicht hinnehmbar sind.

dd) Nicht verständlich ist, aus welchem Grund der Chefarzt Dr. H6xxx gerade an den Kläger herangetragen hat, sein Zimmer mit dem Oberarzt Dr. K4xxxx zu teilen. Wie der Zeuge B3xxxxxx ausgesagt hat, ist es zwar nicht ganz unüblich, dass Oberärzte in einem Zimmer zusammensitzen, jedoch haben erste Oberärzte in der Regel ein eigenes Zimmer. Dass dies bei dem vorhandenen räumlichen Engpass nicht respektiert werden konnte, ist seitens der Beklagten nicht vorgetragen worden. Da in der Neurochirurgischen Abteilung drei Oberärzte tätig waren, hätte es zudem nahegelegen, dieses Anliegen zunächst an Dr. K4xxxx und Dr. S5xxxxx heranzutragen. Unter diesen Gesichtspunkten musste dem streitigen Vortrag, der Kläger und Dr. K4xxxx hätten sich einverstanden erklärt, nicht weiter nachgegangen werden.

ee) Auch in fachlicher Hinsicht hat Dr. H6xxx dem Kläger gegenüber den nötigen Respekt vermissen lassen.

Nach § 1 Abs. 2 der Bundesärzteordnung übt der Arzt einen seiner Natur nach freien Beruf aus. Auf die wirtschaftliche Selbstständigkeit kommt es dabei nicht an. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 30.11.1977 - IV ZR 69/76 - NJW 1978, 589) soll durch die Formulierung "freier Beruf" zum Ausdruck gebracht werden, dass der Arzt bei seiner eigentlichen Heilbehandlungstätigkeit unabhängig und weisungsfrei ist. Dabei kommt es nicht darauf an, in welchem Rechtsverhältnis und in welcher wirtschaftlicher Form er seinen Beruf ausübt. In § 1 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte ist dies ebenfalls niedergelegt, sie gilt, wie § 23 ausdrücklich bestimmt, auch für Ärztinnen und Ärzte, die ihre ärztliche Tätigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses ausüben (vgl. hierzu auch Laufs/Uhlenbrock, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl., § 90 RdNr. 2).

Allerdings kommt leitenden Krankenhausärzten innerhalb der Organistation des Ärztlichen Dienstes im Krankenhaus eine herausragende Stellung zu. Sie vertreten in ihren Abteilungen oder ihren Funktionsbereichen ihr Fachgebiet selbstständig, eigen- und letztverantwortlich. Sie sind fachlich weisungsberechtigte Vorgesetzte des ärztlichen Personals, haben innerhalb der Krankenhausorganisation Leitungs- und Führungsfunktion und sind in ärztlicher Hinsicht letztverantwortlich (Lauf/Uhlenbrock, aaO., § 90 RdNr. 26). Andererseits besitzen auch Oberärzte eine hervorgehobene Position im ärztlichen Dienst. Sie haben beschränkt ärztliche Führungsverantwortung und weitgehend selbstständige Handlungsverantwortung (Lauf/Uhlenbrock, aaO., § 90 RdNr. 32).

Die Ausübung des fachlichen Weisungsrechts durch den Chefarzt gegenüber dem Oberarzt besteht nicht schrankenlos. Es ist ein ihm aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung übertragenes abgeleitetes Recht (vgl. Andreas, ArztR 2000, 4 ff.). Wie das Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt die Ausübung des fachlichen Weisungsrechts den Grenzen billigen Ermessens nach § 315 BGB (s. auch Hessisches LAG - 9 Sa 1555/93 - ZTR 1995, 29). In der Sache sind Einschränkungen schon deshalb erforderlich, weil der eine Behandlung durchführende Arzt im Interesse der Patienten gegebenenfalls selbst entscheiden muss, mit welcher anerkannten Behandlungsmethode er am besten zu Recht kommt, sodass diese die sicherste für den Patienten ist. Eine andere Frage ist es, ob einem Arzt deshalb die Behandlung eines Patienten nicht übertragen werden kann, weil er die für diesen Patienten beste Methode nach Einschätzung des Chefarztes nicht hinreichend sicher beherrscht. Für den vorliegenden Fall haben diese Grundsätze zur Folge, dass Dr. H6xxx sich bei seinen fachlichen Weisungen nicht ohne weiteres über die Qualifikationen und Kompetenzen des Klägers hinwegsetzen darf.

Die fachliche Stellung des Klägers ist in der Auseinandersetzung im Zusammenhang mit dem Einsatz von sogenannten Cages allerdings nicht berührt worden. Hierbei ging es um wirtschaftliche Fragen, die der Chefarzt Dr. H6xxx als Leiter der Abteilung in Abstimmung mit dem Krankenhausträger zu entscheiden hatte. Nicht nachgewiesen ist, dass Dr. H6xxx sich gegenüber dem Kläger in der Form unangemessen verhalten und dessen Vorschläge "abgebügelt" hätte. Lediglich der Zeuge Dr. K4xxxx hat hierzu überhaupt Angaben machen können, jedoch nicht erklärt, dass er die Reaktion des Chefarztes als "abbügeln" empfunden habe, sondern als Abbruch der Diskussion um seine Vorstellungen durchzusetzen. Dies war nach den dargestellten Grundsätzen gerechtfertigt.

Anders sind jedoch die Auseinandersetzungen um die Anzahl der Bohrlöcher und um die Lagerung bei bestimmten Operationen zu beurteilen. Hier geht es um eminent medizinische Fragen, die unterschiedlich beurteilt werden können. Für diesen Bereich ist die dargestellte selbstständige Handlungsverantwortung des ersten Oberarztes auch durch den Chefarzt zu respektieren. Dies schließt keineswegs aus, dass der Chefarzt im Einzelfall die Letztentscheidung trifft. Die generelle Anweisung jedoch, nach einer bestimmten Methode zu verfahren, ohne die Erfahrung und Praxis des Klägers als ersten Oberarztes zu berücksichtigen, ist nicht sachgerecht. Hinsichtlich der Operationen in Bauchlagerung ist eine andere Beurteilung nicht deshalb gerechtfertigt, weil diese Methode von dem Chefarzt der Anästhesie an den Chefarzt Dr. H6xxx herangetragen worden ist. Insoweit hätte es einer Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte bedurft.

Nicht bewiesen hat der Kläger dagegen, dass er entgegen einer Absprache mit der Verwaltung von der Behandlung von Privatpatienten ausgeschlossen worden ist. Der Zeuge B3xxxxxx hat die vom Kläger behauptete Vereinbarung nicht bestätigt. Im Übrigen ist es jedoch Sache des Chefarztes, welchem der ihm unterstellten Ärzte er die Behandlung von Privatpatienten überträgt.

ff) Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass für die Zeit vor Beginn der erstmaligen Arbeitsunfähigkeit des Klägers am 13.11.2003 eine Reihe von Vorfällen festzustellen sind, die geeignet waren, die Person des Klägers und seine fachliche Qualifikation herabzuwürdigen. Seiner herausragenden Stellung als Erster Oberarzt der Neurochirurgischen Abteilung hat Dr. H6xxx bei diesen Vorfällen nicht den notwendigen Respekt entgegengebracht. Zur Schärfe der Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und Dr. H6xxx mag allerdings beigetragen haben, dass der Kläger selbst dazu neigt, sich in Tonfall und Wortwahl zu vergreifen. Dies wird deutlich an der unstreitigen von Dr. H6xxx gerügten Bezeichnung einer Patientin als "zu panne", ist aber auch in den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zu entsprechenden Rügen des früheren Chefarztes Dr. T3xx dokumentiert. In den konkreten Auseinandersetzungen ist das Verhalten des Klägers von den anwesenden Ärzten jedoch weitgehend nicht als unangemessen empfunden worden. Zum Teil wurde angegeben, der Kläger habe mit normaler, allerdings ihm eigener lauter Stimme gesprochen (Zeuge Dr. K4xxxx, Zeugin Dr. S5xxxxx) bzw. man hätte sich selbst wie der Kläger verhalten (Zeuge E4xxx) bzw. im Wesentlichen sei Dr. H6xxx laut gewesen (Zeugin E5xxx). Im Ergebnis nicht bewiesen ist dagegen, dass der Kläger sich bereits bei der ersten Visite des Dr. H6xxx als Chefarzt derart ungebührlich benommen hätte, dass das Verhalten des Dr. H6xxx als Reaktion hierauf verständlich gewesen wäre. Zwar hat die Zeugin N1xxxxxx, die Stationsleiterin der Neurochirurgischen Station, ein solch ungebührliches Verhalten des Klägers geschildert. Dem Facharzt Dr. F2xxxx waren unangemessene Verhaltensweisen jedoch nicht aufgefallen, obwohl das von der Zeugin geschilderte Verhalten auch aus seiner Sicht so ungewöhnlich war, dass es dem Zeugen hätte auffallen müssen. Der Zeuge hatte zwar keine gesicherte Erinnerung an die erste Visite. Bei dem von der Zeugin dargestellten Verhalten hätte er sich jedoch nach seiner Meinung daran erinnern müssen, weil sie so ungewöhnlich waren. Unter diesen Umständen vermochte die Kammer sich jedenfalls nicht die nach § 286 ZPO erforderliche Gewissheit zu verschaffen.

c) Nachdem der Kläger ab dem 13.11. arbeitsunfähig erkrankt war und er, unterbrochen von einem Arbeitsversuch in der Zeit vom 07. bis 19.05.2004 seine Arbeit erst am 19.07.2004 wieder aufgenommen hat, hat Dr. H6xxx sein Verhalten gegenüber dem Kläger jedoch nicht in der früheren Art und Weise fortgesetzt. Der Kläger hat sich zwar darauf berufen, dass Dr. H6xxx in der Folgezeit sein die Interessen und die Person des Klägers missachtendes Verhalten fortgesetzt hätte, den Beweis hierfür hat er jedoch nicht geführt.

aa) Allerdings ist in der Zeit der Erkrankung gegen den Kläger der Vorwurf eines Behandlungsfehlers erhoben worden, über den ihn weder die Beklagte noch Dr. H6xxx informiert haben. Dr. H6xxx hat hiervon, wie die Zeugin W1xxx-G2xxxxxxxxx ausgesagt hat, bewusst Abstand genommen, auch nicht gewollt, dass der Kläger von der Zeugin erfahre, dass ein von ihm operierter Patient in der Folgezeit verstorben und deshalb Vorwürfe gegen ihn erhoben würden. Tatsächlich hat der Kläger dann am 27.04.2004 durch ein Schreiben der Staatsanwaltschaft hiervon Kenntnis erhalten. Aus Sicht des Klägers konnte sich dies als erneute Rücksichtslosigkeit ihm gegenüber darstellen. Nach der Aussage der Zeugin W1xxx-G2xxxxxxxxx ist jedoch nicht davon auszugehen, dass das Verhalten des Dr. H6xxx auf Rücksichtslosigkeit beruhte. Vielmehr hat Dr. H6xxx eine Information des Klägers deshalb abgelehnt, weil dieser krank war, was für Rücksichtnahme auf das Befinden des Klägers spricht. Dr. H6xxx hat nach der Aussage W1xxx-G2xxxxxxxxx auch nicht gegenüber dem Rechtsanwalt Stellung genommen, sondern gegenüber der Beklagten. Insoweit konnte er annehmen, dass es sich um einen internen Bericht handele. Sollte dieser dem Rechtsanwalt des Patienten zur Kenntnis gegeben worden sein, so trägt nicht Dr. H6xxx, sondern die Beklagte hierfür die Verantwortung. Die Angabe, dass ein Operationsbericht nicht vorläge, weil sich der Operateur im Krankenstand befände, ist zudem zutreffend und nicht zu beanstanden. Wenn die von Dr. H6xxx wegen der Erkrankung des Klägers womöglich beabsichtigte Rücksichtnahme tatsächlich deshalb ins Leere gegangen ist, weil der Kläger von der Staatsanwaltschaft über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe eines Behandlungsfehlers unterrichtet worden ist, musste dies für Dr. H6xxx nicht vorhersehbar sein.

bb) Nicht bestätigt worden ist außerdem der Vorwurf des Klägers, Dr. H6xxx habe seine Missachtung ihm gegenüber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er angewiesen habe, dass der Kläger sein Zimmer für eine Schreibkraft räumen solle. Die Zeugin W1xxx-G2xxxxxxxxx hat hierzu ausgesagt, dass dies nicht auf Anweisung von Dr. H6xxx geschehen sei, sondern sie selbst diese Idee gehabt hätte und lediglich mit Zustimmung von Dr. H6xxx den Kläger hierum gebeten hat, weil ihm der PC zur Verfügung stand, den die Schreibkraft als einzigen benutzen konnte.

cc) Auch der Vortrag des Klägers, Dr. H6xxx hätte ihn bei der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 10.05.2004 angefahren, dass er klare Anweisung gegeben hätte, dass der Kläger OP-Berichte diktieren sollte, ist durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Keiner der hierzu vernommenen Zeugen konnte sich an einen solchen Vorfall erinnern.

dd) Als typischer Mobbingsachverhalt ist es anzusehen, wenn Besprechungen so angesetzt werden, dass der Betroffene von ihnen ferngehalten wird. Der Kläger hat einen solchen Sachverhalt zwar behauptet, indem er vorgetragen hat, eine am 10.05.2004 ursprünglich auf 15.45 Uhr angesetzte Besprechung sei auf 15.00 Uhr vorgezogen worden, ohne dass er hiervon verständigt worden wäre. Die hierzu als Zeugin vernommene Oberärztin Dr. S5xxxxx konnte zwar nicht grundsätzlich ausschließen, dass der Kläger nicht darüber informiert worden war, dass ein nachmittaglicher Besprechungstermin früher als dies zuvor der Fall gewesen war, angesetzt worden ist. Eine konkrete Erinnerung hieran hatte sie jedoch nicht. Die Darstellung der Zeugin ließ im Übrigen erkennen, dass es sich um eine allgemeine Regelung handelte, von der der Kläger gegebenenfalls aus Nachlässigkeit, jedoch nicht gezielt in Unkenntnis geblieben war.

ee) Nicht bewiesen ist des weiteren, dass Dr. H6xxx den Kläger bei einer Operation am 09.09.2004, bei der es um einen Glassplitter ging, vor versammelter Mannschaft angefahren habe, weshalb der Kläger den Splitter nicht entsprechend einer zuvor erteilten Anweisung im Verletzungsbereich belassen habe. Hieran konnte sich keiner der vernommenen Zeugen erinnern.

Es kann des weiteren nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer Operation am 27.09.2004 von dem Chefarzt Dr. H6xxx in einer Weise übergangen worden ist, die seiner Position als Erster Oberarzt und Operateur nicht gerecht geworden wäre. Der zu diesem Vorgang vernommene Zeuge F1xxx konnte sich an diese Operation nicht erinnern, den vom Kläger gegenüber Dr. H6xxx erhobenen Vorwurf somit nicht bestätigen.

ff) Der Kläger beruft sich als Hinweis für ein seine Interessen und seine Persönlichkeit missachtendes Verhalten des Dr. H6xxx auch darauf, dass dieser sowohl im Sommer 2003 als auch, trotz einer entsprechenden Anweisung der Beklagten, im April 2004 die Mitwirkung an Konfliktlösungsverfahren verweigert habe. Nach den Aussagen des Zeugen S4xxxxxxxx kann das Verhalten des Dr. H6xxx jedoch nicht so gewertet werden. Zwar hat der Zeuge ausgesagt, dass Dr. H6xxx erklärt habe, dass er an einer Lösung in diesem Rahmen nicht weiter interessiert sei, was jedoch nicht so aufgefasst werden kann, dass er an einer Lösung überhaupt nicht interessiert gewesen sei. Der Zeuge S4xxxxxxxx hat vielmehr erklärt, dass auf beiden Seiten auf der persönlichen Ebene so viel vorhanden gewesen sei, dass jeder zutiefst betroffen gewesen sei. Eine einseitige Schuldzuweisung mochte der Zeuge nicht vornehmen, er hat vielmehr jeden der Beiden in seiner Betroffenheit gesehen und in seiner unterschiedlichen Wahrnehmung. Da eine erfolgreiche Konfliktvermittlung nur möglich ist, wenn bei allen Beteiligten die Bereitschaft dazu da ist, eine solche Kooperation jedem persönlich aber auch möglich sein muss, kann die Absage des Dr. H6xxx nicht als erneuter Affront gegenüber dem Kläger gewertet werden.

gg) Zu den weiteren vom Kläger zur Begründung seines Mobbingsvorwurfs geschilderten Vorfällen brauchten keine abschließenden Feststellungen getroffen zu werden. Ihnen kommt kein eigenständiges Gewicht zu. Sie vermöchten ein sich abzeichnendes Bild lediglich abzurunden, die Mobbingvorwürfe aber nicht selbstständig zu begründen.

6. Die den Rechtskreis des Klägers verletzenden Handlungen des Dr. H6xxx haben seine Erkrankung ausgelöst. Dies steht nach Vernehmung des Zeugen K6xxxx zur Überzeugung des Gerichts fest (§ 286 ZPO). Sie, und nicht das Scheitern seiner Bewerbung um die Chefarztposition der Neurochirurgischen Abteilung stellen die maßgebliche Ursache für das Auftreten der agitierten Depression, derentwegen der Kläger seit dem 13.11.2003 arbeitsunfähig war, dar.

Nach der Aussage des Zeugen K6xxxx war das berufliche Umfeld des Klägers notwenige Bedingung für den Ausbruch der Erkrankung. Es handelte sich insoweit um ein "Life-Event", das der Auslöser für die Erkrankung war. Die Feststellungen zum Vorliegen dieses "Life-Events" wurden durch Fremdanamnesen, wie auch durch Befragung des Herrn S4xxxxxxxx getroffen. Aufgrund der stationären Behandlung des Klägers konnte die Diagnose auch mit größerer Sicherheit getroffen werden, weil auch andere Ärzte an ihr beteiligt waren, die das Krankheitsbild des Klägers genauso gesehen haben. Nach Angaben des Zeugen K6xxxx war für die Krankheit die Dauer der Konfliktsituation sowie die Schwere des zu vermutenden Traumas wichtig. Zwar reagieren die Menschen unterschiedlich auf diese Art Konflikte, die Erkrankung an einer Depression ist jedoch nicht ungewöhnlich. Der Zeuge hat allerdings auch erklärt, dass er nicht ausschließen könne, dass die nicht erfolgreiche Chefarztbewerbung Ursache für die Erkrankung gewesen sei, dies allerdings dadurch relativiert, dass er ausgeführt hat, dass diese im Vorfeld gelegen hätte, die Depression in diesem Fall schneller gekommen wäre. Zum Zeitpunkt seiner Behandlung sei die erfolglose Bewerbung nicht das gewesen, was den Kläger bewegt habe, sondern die Dauerauseinandersetzung. Die inneren Reibungsverluste hätten wegen der Gewissensbisse bestanden, die der Kläger deshalb gehabt habe, weil er Dinge hätte machen müssen, die er so nicht habe verantworten können. Dagegen hat der Zeuge den mangelnden Erfolg bei der Bewerbung um die Chefarztposition dem normalen psychologischen Bereich zugeordnet und die Folgen in der Weise beschrieben, dass es berufliche Wechselwirkungen z.B. in dem Sinne gegeben haben könnte, dass sich beide Betroffene mehr hätten profilieren wollen.

Selbst wenn die erfolglose Chefarztbewerbung bereits eine psychische Schädigung ausgelöst haben sollte, so schlösse dies die Kausalität der Verletzungshandlung des Dr. H6xxx für den eingetretenen Gesundheitsschaden nicht aus. Nach der Aussage des Zeugen K6xxxx kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass das Scheitern der Bewerbung alleinige Ursache für die Erkrankung war, sie wurde auch durch die Konfliktsituation am Arbeitsplatz ausgelöst.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die besondere Schadensanfälligkeit des Verletzten dem Schädiger haftungsrechtlich zuzurechnen. Dieser Grundsatz gilt regelmäßig auch für psychische Schäden, die aus der besonderen seelischen Labilität des Betroffenen erwachsen. Für seelisch bedingte Folgeschäden hat der Schädiger haftungsrechtlich auch dann grundsätzlich einzustehen, wenn sie auf einer psychischen Prädisposition oder sonst wie auf einer neurotischen Fehlverarbeitung beruhen, wobei einer solchen Haftung auch Grenzen gesetzt sind (vgl. BGH vom 30.04.1996 - VI ZR 55/95 - NJW 1996, 2425; vom 11.11.1997 - VI ZR 146/96 - VersR 1998, 200; s. auch BGH vom 05.02.1985 - VI ZR 198/83 - NJW 1985, 1390; zur Kausalität bei sogenannten Mobbingfällen Sächsischen LAG vom 17.02.2005, aaO.; LAG Köln vom 13.01.2005 - 6 Sa 1154/04 - NZA RR 2005, 575; zu den beiden letztgenannten Entscheidungen kritisch Federhoff-Rink, FA 2005, 330).

7. Weitere Voraussetzungen für eine Haftung des Schädigers ist jedoch, dass ihn an der Gesundheitsschädigung ein Verschulden trifft. Im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität muss der Eintritt der Gesundheitsschädigung für den Schäder vorhersehbar gewesen sein. Es ist erforderlich, dass der Schädiger hätte erkennen können, dass durch sein rechtswidriges Verhalten eine Krankheit beim Arbeitnehmer ausgelöst wird. Das Verschulden muss sich also nicht auf die einzelne "Tathandlung", sondern auf die Erkrankung beziehen (BGH vom 30.04.1996, aaO.; BAG vom 18.04.2002 - 8 AZR 348/01 - NZA 2003, 37; LAG Berlin vom 15.07.2004 - 16 Sa 2250/03 - NZA-RR 2005, 13).

a) Ein Verschulden des Dr. H6xxx selbst im Sinne einer fahrlässigen Herbeiführung der Gesundheitsschäden des Klägers kann für die Ersterkrankung ab dem 13.11.2004 jedoch nicht angenommen werden. Der Kläger hat die Auseinandersetzung mit Dr. H6xxx nicht gescheut. Er wirkt als Persönlichkeit eher robust. Nach Aussage des Zeugen K6xxxx sind die Reaktionen auf sogenannte Life-Events durchaus unterschiedlich. Eine psychische Erkrankung kann, muss aber nicht die Folge eines solchen Ereignisses sein. Dafür, dass Dr. H6xxx damit rechnen musste, dass der Kläger aufgrund der mit ihm geführten Auseinandersetzungen "in die Kniee gehen würde", ergeben sich keine Hinweise.

b) Das Bild ändert sich allerdings ab dem Zeitpunkt, ab dem Dr. H6xxx und der Beklagten bekannt waren, dass der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig war. Ab diesem Zeitpunkt war eine besondere Rücksichtnahme ihm gegenüber geboten. Ab diesem Zeitpunkt lassen sich jedoch Handlungen des Dr. H6xxx, durch die der Rechtskreis des Klägers verletzt worden wäre, nicht mehr feststellen. Auf die obige Darstellung wird verwiesen. Auch wenn die erneute Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab Oktober 2004 auf sein berufliches Umfeld zurückzuführen sein sollte, wofür nach Aussage des Zeugen K6xxxx Anhaltspunkte bestehen, so liegt die Ursache jedoch nicht in einem bewiesenen Fehlverhalten des Dr. H6xxx, sondern kann ihren Grund in der Situation als solche haben, mit der der Kläger nicht mehr zurecht kommt. Auch hierauf deutet die Aussage des Zeugen K6xxxx hin. Die erneute Erkrankung hat der Zeuge K6xxxx als Anpassungsstörung diagnostiziert, eine Erkrankung leichterer Natur. Für arbeitsunfähig hat er den Kläger deshalb gehalten, weil er davon ausgegangen ist, dass der Kläger in seinem beruflichen Umfeld nicht mehr auf die Beine kommt. Ist dies aber der Fall, so ist die Situation als solche, ohne dass sie von konkreten Handlungen des Vorgesetzten des Klägers Dr. H6xxx abhängig ist, für die erneute Erkrankung ursächlich.

IV

Auch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht dem Kläger der geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch nicht zu (§§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB).

Nach ständiger Rechtsprechung besteht bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, wenn eine objektiv erheblich ins Gewicht fallende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, subjektiv eine besonders schwere Schuld des Schädigers gegeben ist und die Persönlichkeitssphäre bei Versagen einer Entschädigung ohne Schutz bliebe (vgl. aus jüngerer Zeit BVerfG - 1 BVR 2098/01 - NJW 2004, 2371 m.w.N.). Zum Schutz der Individualsphäre, bei der ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegen kann, gehört auch das berufliche Wirken des Betroffenen. Ob das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall verletzt ist, lässt sich nur aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung der Umstände beurteilen (vgl. BAG vom 18.12.1984 - 3 AZR 389/83 - EzA § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 2 m.w.N.).

Im Entscheidungsfall liegen zwar Verletzungshandlungen des Dr. H6xxx, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers berühren könnten, für die Zeit vor dessen Ersterkrankung ab November 2003 vor. Ob ein hierauf gestützter Schmerzensgeldanspruch aufgrund der Ausschlussfrist des § 23 AVR verfallen sein könnte oder ob bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts andere Maßstäbe gelten, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch aufgrund einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind nach dem festgestellten Sachverhalt nicht erfüllt.

Die unstreitige Beleidigung des Klägers durch Dr. H6xxx wiegt nicht so schwer, dass ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers begründet wäre. Der Gebrauch des besonders herabwürdigenden Wortes "Arsch" ist nicht nachgewiesen. Zudem hat sich Dr. H6xxx hierfür entschuldigt. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit verwiesen.

Auch eine besonders schwere Schuld des Schädigers kann nicht festgestellt werden. Auch wenn bei den anzunehmenden Übergriffen des Dr. H6xxx hierbei der Bereich des Akzeptablen verlassen worden ist, so liegt weder ein erheblich ins Gewicht fallender Eingriff vor, noch kann von einer besonders schweren Schuld ausgegangen werden.

V

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Da Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu Ansprüchen aufgrund eines sogenannten Mobbings bislang nicht vorliegen, außerdem sich die rechtlichen Grundlage durch die Einfügung des § 253 Abs. 2 in das Bürgerliche Gesetzbuch auch für sogenannte Mobbing-Sachverhalte verändert haben, hat die Kammer die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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