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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 17 Sa 1187/06
Rechtsgebiete: TVÜ-BA, GG


Vorschriften:

TVÜ-BA § 1 Abs. 1
TVÜ-BA § 4 Abs. 8 Satz 6
GG Art. 3 Abs. 1
Eine befristet Beschäftigte, mit dem 31.12.2005 ausgeschiedene Angestellte der Bundesagentur für Arbeit kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den Nachzahlungsanspruch aus § 4 Abs. 8 Satz 6 TVÜ-BA beanspruchen. Die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs des TVÜ-BA in § 1 Abs. 1 verletzt das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 I GG.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 28.06.2006 - 3 Ca 1138/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Entgeltansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Die am 27.11.1957 geborene, geschiedene, zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin war aufgrund eines Arbeitsvertrages aus Januar 2003 in der Zeit vom 13.01.2003 bis zum 31.12.2005 als Zeitangestellte bei der Arbeitsagentur B1xxxxxxx beschäftigt.

Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der Beklagten vom 21.04.1961 (MTA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für die Beklagte jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft v1x.d4.

Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages war sie in die Vergütungsgruppe V b der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag eingruppiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 7, 8 d.A.) Bezug genommen.

Am 28.03.2006 unterzeichneten die Beklagte und die Gewerkschaft v1x.d4 den Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) wegen dessen Einzelheiten auf die von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 25 bis 87 d.A.) Bezug genommen wird.

Ebenfalls am 28.03.2006 vereinbarten die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag zur Überleitung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit in dem TV-BA und zur Regelung des Übergangsrechtes (TVÜ-BA). Wegen dessen Einzelheiten wird ebenfalls auf die von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 89 bis 114 d.A.) verwiesen.

Gemäß § 1 TVÜ-BA gilt der Tarifvertrag für alle Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis mit der Beklagten über den 31.12.2005 hinaus fortbesteht und die am 01.01.2006 unter den Geltungsbereich des TV-BA fallen, für die Dauer ihres ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Nach § 1 gilt der TV-BA für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen mit Ausnahme von Beschäftigten, für die nach den Anlagen 1.1 bis 1.9 eine außertarifliche Beschäftigung vorgesehen ist, von Nachwuchskräften i.S. des Tarifvertrages zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Nachwuchskräfte der BA, Volontärinnen und Volontäre sowie Praktikantinnen und Praktikanten und mit Ausnahme von geringfügig Beschäftigten.

Gemäß § 2 TVÜ-BA ersetzt der TV-BA mit Wirkung zum 01.01.2006 die in seiner Anlage 1 aufgeführten Tarifverträge. In § 4 TVÜ-BA ist die Überleitung der Beschäftigten in den Agenturen für Arbeit in den TV-BA geregelt. Gemäß § 4 Abs. 2 wurden Beschäftigte in den Agenturen für Arbeit, denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-BA eine Tätigkeit nach Anlage 1.1 des TV-BA übertragen war, mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Umstellung, frühestens jedoch am 01.01.2005 übergeleitet. Der Zeitpunkt der Umstellung (Überleitungszeitpunkt) wurde für die Agentur für Arbeit B1xxxxxxx auf den 15.06.2005 festgelegt.

§ 4 Abs. 8 TVÜ-BA lautet wie folgt:

(8)

Im Rahmen der rückwirkenden Überleitung nach den Absätzen 2 bis 7 finden die Regelungen des TV-BA zur Zahlung von Festgehalt (§ 17 TV-BA), Funktionsstufen (§ 20 TV-BA) und persönlichen Zulagen (§ 15 TV-BA) Anwendung. Daneben wird für die Zeit bis zum 31.12.2005 der Ortszuschlag bis zur Stufe 2 nach den bisherigen tarifvertraglichen Regelungen gezahlt. Sofern im Zeitraum zwischen dem Überleitungszeitpunkt und dem Inkrafttreten des TV-BA Zeitzuschläge, Vergütung/Lohn für zusätzliche Arbeitsstunden gezahlt wurden, werden diese auf Basis der bisherigen tariflichen Bemessungsgrundlagen nach den Stundenentgelten gem. § 8 TV-BA umgerechnet. Für die Gewährung von Zeitzuschlägen für Überstunden findet § 8 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a TV-BA Anwendung. Weitere in der Vergangenheit gewährte Gehaltsbestandteile bleiben unverändert bestehen. Soweit sich für die jeweilige Beschäftigte / den jeweiligen Beschäftigten für den Zeitraum zwischen dem Überleitungszeitpunkt und dem Inkrafttreten des TV-BA unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ein höherer monatlicher Gehaltsanspruch ergibt, besteht Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen der bisherigen Vergütung und dem sich nach den Sätzen 1 bis 4 ergebenden Gehalt.

Protokollerklärung zu Absatz 8:

Nachzahlungen und Überzahlungen, die sich durch die rückwirkende Betrachtung in den einzelnen zurückliegenden Abrechnungsmonaten ergeben, werden miteinander verrechnet. Die BA verzichtet in diesem Zusammenhang auf die Rückforderung von im Einzelfall in der Summe festgestellten Überzahlungen, die sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und des TV-BA ergeben.

Auch in den Fällen des § 5 Abs. 6 können sich durch die rückwirkende Berücksichtigung von Funktionsstufen Nachzahlungen ergeben.

Gemäß § 5 TVÜ-BA waren die Beschäftigten mit der Überleitung in das neue Tarifrecht einer Tätigkeitsebene nach den Anlagen 1.1 bis 1.9 des TV-BA und innerhalb der Tätigkeitsebene einer Entwicklungsstufe im Sinne des § 5 Abs. 2 TVÜ-BA zuzuordnen. Aufgrund ihrer Tätigkeit als Arbeitsvermittlerin war die Klägerin nach dem Regelbeispiel Nr. 35 der Tätigkeitsebene IV und der Entwicklungsstufe 5 zuzuordnen.

Mit der Vergütung für Dezember 2005 zahlte die Beklagte an die über den 31.12.2005 hinaus Beschäftigten die Differenzvergütung nach § 4 Abs. 8 Satz 6 TVÜ-BA. Die Klägerin erhielt keine Nachzahlung. Wäre sie über den 31.12.2005 hinaus weiterbeschäftigt worden, hätte sich zu ihren Gunsten ein Differenzvergütungsanspruch von 3.121,33 € brutto ergeben. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 28.06.2006 (Bl. 143 bis 145 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24.02.2006 (Bl. 17 d.A.) machte die Klägerin ihre Ansprüche auf erhöhte Vergütung für das Jahr 2005 geltend und verlangte die rückwirkende Anpassung ihres Gehaltes an die neuen tariflichen Gegebenheiten. Sie verwies darauf, dass in der Agentur für Arbeit in B1xxxxxxx mit der Abrechnung Dezember 2005 die Gehälter an die Arbeitvermittler in Anpassung an den neuen Tarifvertrag ausgezahlt worden seien. Ihre Nichtberücksichtigung stelle eine offensichtliche Ungleichbehandlung dar, für die es keinen sachlichen Grund gebe.

In der Agentur für Arbeit B1xxxxxxx sind in der Zeit vom 15.06.2005 bis zum 31.12.2005 38 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wegen des Erreichens der Altersgrenze, aufgrund von Aufhebungsverträgen und Eigenkündigungen sowie aufgrund von fristgerechten, arbeitgeberseitigen Kündigungen und Befristungen aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.

Mit ihrer am 27.04.2006 bei dem Arbeitsgericht Bielefeld eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Vergütungsdifferenzanspruch weiter.

Sie hat sich auf § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG berufen und die Auffassung vertreten, sie sei als befristet Beschäftigte ohne sachlichen Grund aus dem persönlichen Geltungsbereich des TVÜ-BA ausgeschlossen worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.121,33 € brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 220,21 € brutto seit dem 01.07.2005 und Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus jeweils 440,43 € brutto seit dem 01.08.2005, dem 01.09.2005, dem 01.10.2005, dem 01.11.2005 sowie dem 01.01.2006 sowie Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus weiteren 698,97 € brutto seit dem 01.12.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf verwiesen, sowohl der TV-BA als auch der TVÜ-BA seien lange nach Beendigung des klägerischen Arbeitsverhältnisses unterzeichnet worden. Ihr Arbeitsverhältnis werde zu Recht nicht mehr von dem Geltungsbereich erfasst.

Da nicht nur befristet beschäftigte Arbeitnehmer aus dem persönlichen Geltungsbereich ausgeschlossen seien, sei eine Diskriminierung der Klägerin aufgrund der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses nicht festzustellen.

Mit Urteil vom 28.06.2006 hat das erstinstanzliche Gericht der Klage stattgegeben.

Es hat ausgeführt:

Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 4 Abs. 8 Satz 6 TVÜ-BA. Ihre Herausnahme aus dem persönlichen Geltungsbereich des TVÜ-BA verstoße gegen § 4 Satz 2 Satz 1 TzBfG. Nach dieser Vorschrift seien einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt und andere teilbare geldwerte Leistungen, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt würden, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil der Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspreche. § 1 Abs. 1 TVÜ-BA benachteilige im Sinne dieser Vorschrift die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis spätestens am 31.12.2005 durch Befristungsablauf oder aus anderen Gründen geendet habe. Ihnen werde für die Zeit ab der Überleitung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Differenzvergütung nach § 4 Abs. 8 TVÜ-BA vorenthalten.

Die Ausgrenzung sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereiches sei nicht deshalb gerechtfertigt, weil so eine Entgeltneuberechnung für die Zeit von Juni 2005 bis Dezember 2005 vermieden werde. Der Aufwand für die Neuberechnung der Vergütung entstehe unabhängig von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses für alle Mitarbeiter.

Gegen die Höhe des klägerischen Anspruchs habe die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Nach Auffassung der Kammer habe die Klägerin ihren Anspruch eher zu gering berechnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil vom 28.06.2006 (Bl. 142 bis 150 d.A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 04.07.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.07.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.10.2006 am 02.10.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend begründet.

Sie verweist darauf, dass die Klägerin gerade nicht im Hinblick auf die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses ungleich behandelt worden sei. Auch andere ausgeschiedene Beschäftigte hätten unstreitig keine Vergütung nach § 4 Abs. 8 TVÜ-BA erhalten.

Die Stichtagsregelung in § 1 Abs. 1 TVÜ-BA sei aus Gründen der Rechtsklarheit gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 28.06.2006 - 3 Ca 1138/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend aus:

Die Stichtagsregelung des § 1 Abs. 1 TVÜ-BA führe bei zum 01.01.2005 rückwirkend übergeleiteten Arbeitsverhältnissen dazu, dass bis zum 31.12.2005 ausgeschiedene Arbeitnehmer im Extremfall einen Vergütungsverlust für ein Jahr hinnehmen müssten, obwohl die Veränderungen der Arbeit, der Aufgaben und der gesamten Struktur der jeweiligen Arbeitsagentur von den Tarifvertragsparteien als vergütungsrechtlich relevant angesehen worden seien.

Sie - die Klägerin - habe nach der Umstellung der Arbeitsagentur B1xxxxxxx eine Tätigkeit mit erhöhter Wertigkeit und erhöhter Verantwortung verrichtet, ohne dass ihr nach dem TVÜ-BA das entsprechend erhöhte Entgelt zustehen solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO form und fristgerecht eingelegte und an sich statthafte Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht Bielefeld sie zur Zahlung von 3.121,33 € brutto nebst Zinsen verurteilt.

1. Der Anspruch auf Zahlung der begehrten Vergütungsdifferenz für die Zeit vom 15.06.2005 bis zum 31.12.2005 folgt aus § 4 Abs. 8 Satz 6 des TVÜ-BA vom 28.03.2006. Die Vorschrift findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, obwohl es nicht vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst wird.

a. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Tarifvertragsgesetz geltend die Rechtsnormen eines Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Gemäß § 3 Abs. 1 TVG sind tarifgebunden die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei eines Tarifvertrages ist.

Beide Parteien sind tarifgebunden. Die Klägerin ist Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft v1x.d4, die Beklagte ist selbst Tarifvertragspartei.

Gemäß § 1 Abs. 1 TVÜ-BA gilt dieser Tarifvertrag jedoch nur für alle Beschäftigten der Beklagten, deren Arbeitsverhältnis über den 31.12.2005 hinaus fortbesteht und die am 01.01.2006 unter den Geltungsbereich des TV-BA fallen, für die Dauer ihres ununterbrochen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Gemäß § 1 TV-BA erfasst dieser Tarifvertrag alle Beschäftigten, die nicht außertariflich beschäftigt sind, nicht zu den Nachwuchskräften gehören oder nicht geringfügig tätig sind.

Die Klägerin fällt als Angestellte grundsätzlich in den Geltungsbereich der §§ 1 TV-BA, 1 Abs. 1 TVÜ-BA. Die Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 1 TV-BA liegen nicht vor. Ihr Arbeitsverhältnis hat jedoch am 31.12.2005 geendet mit der Folge, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien das Übergangsrecht und damit insbesondere auch § 4 Abs. 8 TVÜ-BA nicht anwendbar sind, obwohl die Arbeitsagentur B1xxxxxxx, in der die Klägerin tätig war, abweichend von §§ 4 Abs. 1 TVÜ-BA, 41 Abs. 1 TV-BA nicht zum 01.01.2006 sondern nach § 4 Abs. 2 TVÜ-BA zum 15.06.2005 in das neue Tarifrecht übergeleitet wurde und die Klägerin unstreitig im Sinne des § 5 Abs. 1 TVÜ-BA der Tätigkeitsebene IV entsprechende Aufgaben übertragen wurden. Wäre sie über den 31.12.2005 hinaus bei der Beklagten beschäftigt gewesen, hätte sie infolge der Überleitungen zum 15.06.2005 einen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen den bisherigen Vergütungen und dem sich nach § 4 Abs. 8 Satz 1 bis 4 ergebenden höheren Betrag gehabt.

Die Herausnahme des am 31.12.2005 beendeten Arbeitsverhältnisses aus dem Geltungsbereich des TVÜ-BA verstößt zwar nicht gegen § 4 Abs. 2 TzBfG. Nach dieser Vorschrift darf

ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Mitarbeiter, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet Beschäftigen ist gemäß § 4 Abs. 2 TzBfG insbesondere für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährtes Arbeitsentgelt in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil der Beschäftigung am Bemessungszeitraum entspricht. Voraussetzung der Vorschrift ist jedoch eine Schlechterstellung gerade wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses. Diese muss das Kriterium darstellen, an welches die unterschiedliche Behandlung bei den tariflichen Arbeitsbedingungen anknüpft (vgl. Gräfl/Rambach, TzBfG, § 4 TzBfG Rdnr. 14; ErfK/Preis, 6. Auflage, 605 § 4 TzBfG Rdnr. 25, 64; zur Kausalität bei der Schlechterstellung wegen einer Teilzeittätigkeit BAG, Urteil vom 30.08.1998 - 5 AZR 18/98, NZA 1999. 774).

Die Herausnahme von am 01.01.2006 nicht mehr bestehenden Arbeitsverhältnissen aus dem persönlichen Geltungsbereich des TVÜ-BA knüpft nicht an einen Beendigungsgrund, sondern nur an die Tatsache der Beendigung an. Zu Recht weist die Beklagte daraufhin, dass der Tarifvertrag auch nicht anwendbar ist, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag aufgrund des Erreichens der Altersgrenze, aufgrund arbeitnehmer- oder arbeitgeberseitiger Kündigung oder aufgrund eines Aufhebungsvertrages beendet worden ist.

Die Tarifvertragsparteien haben jedoch das Gebot der Gleichbehandlung verletzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Gerichte für Arbeitssachen Tarifverträge auch daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen höherrangiges Recht verstoßen. Streitig ist, ob die Tarifvertragsparteien unmittelbar an die Grundrechte, insbesondere an das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot nach Artikel 3 Abs. 1 GG gebunden sind.

Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst eine unmittelbare Bindung an die Grundrechte bejaht (vgl. BAG, Urteil vom 15.01.1955 - 1 AZR 305/54, BAGE 1, 258). Mit der Tarifautonomie sei den Tarifvertragsparteien die Macht verliehen worden, wie ein Gesetzgeber Rechtsnormen zu schaffen; entsprechend müssten sie sich auch wie der Gesetzgeber an die zentrale Gerechtigkeitsnorm des Artikel 3 Abs. 1 GG halten (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1996 - 3 AZR 752/95, NZA 1997, 101). Der dritte Senat hat seine Auffassung noch einmal mit Urteil vom 04.04.2000 (3 AZR 729/98, AP Nr. 2 zu § 1 Tarifvertragsgesetz Gleichbehandlung) bestätigt, während andere Senate des Bundesarbeitsgerichts eine unmittelbare Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien in Zweifel gezogen haben (vgl. BAG, Urteil vom 31.07.2002 - 7 AZR 140/01, BAGE 102, 65; Urteil vom 30.08.2000 - 4 AZR 563/99, BAGE 95, 277; Urteil vom 29.08.2001 - 4 AZR 352/00, BAGE 99, 31; Urteil vom 29.11.2001 - 4 AZR 762/00, AP Nr. 296 zu Artikel 3 GG, Urteil vom 27.05.2004 - 6 AZR 129, 03, BAGE 111, 8; vgl. auch Löwisch/Rieble, TVG, 2. Auflage, § 1 TVG Rdnr. 218 ff.; Kempen/Zachert/Stein, Tarifvertragsgesetz, 4. Auflage, Grundlagen Rdnr. 232).

Der 6. Senat (Urteil vom 27.05.2004 a.a.O.) anerkennt jedoch, dass bei der Prüfung der Vereinbarkeit tariflicher Regelungen mit Artikel 3 Abs. 1 GG keine anderen Prüfungsmaßstäbe gelten als im Falle der Anerkennung einer unmittelbaren Grundrechtsbindung. Das gelte gerade auch bei der Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrags. Denn die Grundsrechtsgewährung verpflichte den Staat dazu, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, dass die einzelnen grundrechtlichen Gewährleistungen wirksam werden können. Er habe die Pflicht, einer Grundrechtsverletzung durch andere Rechtsträger entgegenzuwirken. Die durch Artikel 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigungsfreiheit der Tarifvertragsparteien gebe ein Normsetzungsrecht, aber kein Normsetzungsmonopol, dass die Tarifunterworfenen der Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien schrankenlos ausliefere. Die Tarifautonomie finde ihre Grenzen im dem allgemeinen Gleichheitssatz als Ausdruck des Gerechtigkeitsgedankens des Grundgesetzes (vgl. auch ErfK/Dieterich a.a.O. 10, Artikel 9 GG Rdnr. 76; Artikel 3 GG Rdnr. 26).

Der Prüfungsmaßstab sei unter Berücksichtigung der Tarifautonomie einerseits und dem fundamentalen Prinzip der Gleichbehandlung andererseits zu bestimmen.

Die Kammer folgt dem 6. Senat dahin, dass die Tarifvertragsparteien bei der Festlegung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrags nicht bis zur Grenze der Willkür berechtigt sind, in eigener Selbstbestimmung den Geltungsbereich ihrer Tarifregelung festzulegen (so aber BAG, Urteil vom 30.08.2000 - 4 AZR 563/99, BAGE 95, 277; Urteil vom 29.08.2001 - 4 AZR 352/00, BAGE 99, 31), sondern dass die Ungleichbehandlung von Personengruppen infolge der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG vom 30.05.1990 - 1 BvL 2/83, BVerfGE 82, 126) strengeren Maßstäben unterliegt.

Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Tarifunterworfenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe mit Tarifbindung anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Bei der Beurteilung ist den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und die betroffenen Interessen zuzubilligen. Sie sind nicht dazu verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (vgl. BAG, Urteil vom 27.05.2004 a.a.O.). Insbesondere müssen sie in eigener Verantwortung darüber befinden, für welchen Beschäftigtenkreis das von ihnen gefundene Verhandlungsergebnis sachgerecht ist. Den Anforderungen des Gleichbehandlungsgebotes wird dann ausreichend Rechnung getragen, wenn bei typischer Betrachtung der jeweiligen Gruppen der in den persönlichen Geltungsbereich einbezogenen und der ausgeschlossenen Tarifunterworfenen sachbezogene Gruppenunterschiede erkennbar sind, die eine Nichteinbeziehung der betreffenden Arbeitnehmergruppe rechtfertigen. Dabei können - soweit erkennbar - auch typische Sachzwänge der kollektiven Vertragsform sowie koalitionsspezifische Interessen von Bedeutung sein (vgl. BAG, Urteil vom 30.08.2000 - 4 AZR 563/99, BAGE 95, 277; ErfK/Dieterich a.a.O. 10 Artikel 3 GG Rdnr. 46 a; Löwisch/Rieble a.a.O. § 1 TVG Rdnr. 259).

Einen weiten Ermessensspielraum hat das Bundesarbeitsgericht den Tarifvertragsparteien eingeräumt, wenn sie ausgeschiedene Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich eines Vergütungstarifvertrages ausschließen, der für die im Vertrieb verbliebenen Arbeitnehmer eine rückwirkende Lohnerhöhung festlegt (vgl. BAG, Urteil vom 10.03.1982 - 4 AZR 540/79, BAGE 38, 118). Es hat erkannt, dass aufgrund der Vermutung, dass tarifliche Regelungen den Interessen beider Seiten gerecht würden und keiner Seite ein unzumutbares Übergewicht zukomme, davon ausgegangen werden könne, dass die Interessen der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt seien und erhebliche Benachteiligungen bestimmter Arbeitnehmergruppen nicht vorlägen. Das folge schon aus der starken Verhandlungsposition der Gewerkschaften. Aufs Ganze gesehen verstießen tarifliche Regelungen, die bestimmten Arbeitnehmergruppen Vorteile gegenüber anderen Arbeitnehmern einräumten, solange nicht gegen den Gleichheitssatz, als die Benachteiligung einzelner Arbeitnehmergruppen nicht eine grundlegende Schlechterstellung bedeute und mit erheblichen, dauernden Nachteilen verbunden sei. Der Ausschluss ausgeschiedener und gekündigter Arbeitnehmer von einer rückwirkenden Tariflohnerhöhung bringe für die betroffenen Arbeitnehmer nur für eine kurze Zeit eine relativ geringfügige Schlechterstellung gegenüber ihren Arbeitskollegen mit sich, da die Rückwirkung einer Tariflohnerhöhung nach der tariflichen Praxis regelmäßig auf einen Zeitraum von wenigen Wochen oder Monaten beschränkt sei.

Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen verstößt die tarifliche Regelung gegen das Gleichbehandlungsgebot. Sie ist nicht mit den Prinzipien des Artikel 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Zu beurteilen ist nicht die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses nicht mehr beschäftigter Arbeitnehmer von dem Bezug einer rückwirkend vereinbarten Vergütungserhöhung. Diese Erhöhung des Entgeltes ist hier nur eine Rechtsfolge der rückwirkenden Überleitung der Beschäftigten der Arbeitsagentur B1xxxxxxx zum 15.06.2005.

Für die tarifliche Beschränkung dieser Rückwirkung auf noch am 01.01.2006 Beschäftigte finden sich keine überzeugenden sachlichen Gründe.

Gemeinsames Merkmal der weiterbeschäftigten und der spätestens am 31.12.2005 ausgeschiedenen Arbeitnehmergruppe ist, dass sie im Jahre 2005 an den in den Agenturen für Arbeit durchgeführten Umstellungsprozessen teilgenommen haben. Wie sich aus § 4 Abs. 3 TVÜ-BA ergibt, ist mit Umstellung die Bildung von Service-Centern und/oder die Übernahme von Aufgaben nach dem SGB II gemeint. Beide Arbeitnehmergruppen haben sich den besonderen Herausforderungen der Veränderungsprozesse stellen müssen. So war die Klägerin als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben in den Prozess eingebunden.

Dieser Einbindung aller Arbeitnehmer einer Arbeitsagentur in die Umstellung haben die Tarifvertragsparteien dadurch Rechnung getragen, dass sie den Überleitungszeitpunkt in das der veränderten Arbeitsstruktur Rechnung tragende Tarifwerk TV-BA nicht an den Zeitpunkt der individuellen Übertragung einer Tätigkeit nach den Anlagen 1.1 bis 1.9 des TV-BA geknüpft haben, sondern in § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-BA den Überleitungszeitpunkt für einzelne Dienststellen festgelegt haben. Entsprechend bestimmt § 4 Abs. 6 TVÜ-BA, dass sich der Überleitungszeitpunkt für die einzelnen Arbeitnehmer grundsätzlich nach dem Überleitungszeitpunkt der Dienststelle richtet, der sie am 01.01.2006 angehören.

Korrespondierend mit der veränderten Arbeitsstruktur soll nach dem in § 4 Abs. 8 Satz 1 TÜV-BA zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien unter Berücksichtigung einer gewissen Besitzstandswahrung im Grundsatz auch die Entgeltstruktur des TV-BA Anwendung finden mit der Folge, dass bei höheren Vergütungsansprüchen Nachzahlungen zu erfolgen haben, bei geringeren Entgeltansprüchen die Beklagte nach der Protokollerklärung zu Abs. 8 auf Rückforderungen verzichtet. Die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs in § 1 Abs. 1 TVÜ-BA führt dazu, dass die ausgeschiedenen Arbeitnehmer ab der Umstellung zwar eine den Anforderungen des TV-BA entsprechende Leistung erbracht haben, von der Gegenleistung der Beklagten aber ausgeschlossen sind. So ist die Klägerin wie andere ausgeschiedene Arbeitnehmer nicht in die neue Entgeltstruktur, hier Tätigkeitsebene IV Entwicklungsstufe 5 übergeleitet.

Die Benachteiligung der Gruppe der ausgeschiedenen Beschäftigten ist auch nicht so geringfügig, dass sie noch von der Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragparteien gedeckt wäre. Die Vermutung, dass die tarifliche Regelungen richtig sind, den Interessen beider Tarifvertragsparteien gerecht werden und insbesondere die Gewerkschaft ihre Verhandlungsposition ausreichend eingebracht hat, um die Interessen aller Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen, trägt hier nicht. Allein in der Agentur für Arbeit B1xxxxxxx sind vom 15.06. bis zum 31.12.2005 achtunddreißig Arbeitsverhältnisse aus unterschiedlichen Gründen beendet worden. Angesichts der großen Zahl von Arbeitsagenturen ist eine erhebliche Zahl von ausgeschiedenen Mitarbeitern bundesweit betroffen. Die Ungleichbehandlung ist auch nicht deshalb von zu vernachlässigender Bedeutung, weil es um relativ kurzer Nachzahlungszeiträume geht. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass die Beschäftigten von einunddreißig Arbeitsagenturen und der Regionaldirektionen sowie des BA-Bildungsinstituts bereits zum 01.01.2005 übergeleitet worden sind. Bei Ausscheiden zum 31.12.2005 verlören sie für zwölf Monate die gegebenenfalls höhere Vergütung nach dem TV-BA. Zahlreiche andere Agenturen sind wie die Arbeitsagentur B1xxxxxxx immerhin im ersten Halbjahr 2005 umgestellt und übergeleitet worden.

Die Tarifvertragsparteien haben den am 01.01.2006 noch Beschäftigten erhebliche Vorteile eingeräumt, ohne die Teilhabe der ausgeschiedenen Mitarbeiter an dem Umstellungsprozess angemessen zu berücksichtigen.

Das Verhandlungsergebnis ist auch nicht bei pauschalierter Betrachtung aus Praktikabilitätsinteressen gerechtfertigt. Zwar sind Stichtagsregelungen als "Typisierungen in der Zeit" ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung von begünstigten Personenkreisen anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 6 AZR 64/03, NZA 2004, 723; ErfK/Dieterich a.a.O. 10 Artikel 3 GG Rdnr. 48). Die Wahl des Stichtages muss sich allerdings am gegebenen Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen angemessen erfassen (vgl. BAG, Urteil vom 14.06.1983 - 3 AZR 365/81, AP Nr. 58 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).

Die Tarifvertragsparteien haben hier zwei Stichtage gewählt. Der Stichtag zur Überleitung der Arbeitnehmer der TV-BA - hier der 15.06.2005 - knüpft sachbezogen, wenn auch aus Praktikabilitätsgründen pauschal an den Zeitpunkt der Umstellung an.

Der Stichtag 01.01.2006 betrifft den persönlichen Geltungsbereich des TVÜ-BA und rechtfertigt sich nicht schon deshalb, weil bei Nichtberücksichtigung ausgeschiedener Arbeitnehmer die Neuberechnung der Vergütung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt entfällt, in dem sich die Arbeitsvertragsparteien bereits voneinander gelöst, die Abwicklung des Arbeitsvertrages regelmäßig abgeschlossen haben. Derartige Praktikabilitätsgesichtspunkte greifen hier deshalb nicht durch, weil die Beklagte die Neuberechnung der Vergütungen nach dem TV-BA nicht im Jahre 2006 nach Abschluss des TVÜ-BA vorgenommen hat, sondern diese für alle weiterbeschäftigten Mitarbeiter nach Vortrag der Klägerin bereits mit der Gehaltabrechnung für Dezember 2005, also vor dem Stichtag erfolgt ist. Diesem Sachvortrag ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Auch finanzielle und finanzpolitische Erwägungen können Stichtagsregelungen rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 23.02.1994 - 4 AZR 165/93, ZTR 1994, 462; Urteil vom 06.03.1996 - 4 AZR 770/94 n.v.). Anders als in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen geht es hier nicht um die Frage eines Stichtages für Leistungen innerhalb eines Arbeitsverhältnisses (z.B. Anrechnung von Vordienstzeiten). Den entschiedenen Sachverhalten ist vergleichbar der Stichtag zur Überleitung des Arbeitsverhältnisses in den TV-BA. Es geht hier vielmehr um die Differenzierung von Arbeitnehmergruppen über einen zweiten Stichtag. Die Kammer verkennt nicht, dass die Tarifvertragsparteien beim Aushandeln tarifvertraglicher Regelungen abschätzen wollen, welche Belastungen durch die Neuregelungen auf sie zukommen und versuchen, diese in vertretbaren und vor allem überschaubaren Grenzen zu halten. Hier geht es aber nicht um eine bei Abschluss des Tarifvertrags unbekannte Anzahl von betroffenen Arbeitnehmern. Die Risiken waren konkret zu berechnen. Die mit dem Stichtag 01.01.2006 für die ausgegrenzten Mitarbeiter verbundenen Härten finden anders als bei der Frage nach der Anrechnung von Vordienstzeiten in der Folge des weiter bestehenden Arbeitsverhältnisses keinen Ausgleich. Es geht auch nicht um unvermeidbare Härten im Einzelfall, sondern - wie dargestellt - um unangemessene Härten in einer von ihrer Zahl her bedeutsamen Minderheitengruppe.

Die Kammer ist auch nicht der Auffassung, dass in dieser besonderen Fallgestaltung koalitionsspezifische Interessen die Besserstellung von Arbeitsplatzinhabern gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern rechtfertigen können.

Letzte Zweifel an der Rechtfertigung der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Differenzierung gehen im Übrigen zu Lasten der Beklagten (vgl. ErfK/Dieterich a.a.O. 10 Artikel 3 GG Rdnr. 51).

b. Aus dem Verstoß des § 1 Abs. 1 TVÜ-BA gegen das Gleichbehandlungsgebot ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf den geltend gemachten, in rechnerischer Höhe unstreitigen Differenzbetrag zwischen der im streitgegenständlichen Zeitraum von der Beklagten geleisteten und der sich nach dem Übergangsrecht errechnenden Vergütung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist in den Fällen, in denen die tarifliche Regelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, über eine ergänzende Auslegung der tariflichen Norm deren Teilnichtigkeit anzunehmen und ein Anspruch der benachteiligten Gruppe zu bejahen. Eine gleichheitswidrige Tarifregelung ist dann nicht insgesamt nichtig, wenn aufgrund des Regelungsgegenstandes unter Berücksichtigung der Belastung aus einer "Anpassung nach oben" davon auszugehen ist, dass die Tarifvertragsparteien die Regelung selbst dann - wenn auch mit erweitertem Anwendungsbereich - getroffen hätten, wenn sie die Gleichheitswidrigkeit der von ihnen vorgenommenen Gruppenbildung gekannt hätten (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1996 - 3 AZR 752/95, AP Nr. 143 zu § 1 TVG Tarifverträge Metallindustrie).

Hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien für alle Arbeitnehmer einen Anspruch entsprechend § 4 Abs. 8 TVÜ-BA begründet hätten, wenn sie die Gleichheitswidrigkeit der vorgenommenen Differenzierung im persönlichen Geltungsbereich des TVÜ-BA bedacht hätten.

Auch ist es den Gerichten für Arbeitssachen nur dann erlaubt, eine im Tarifvertrag entstandene Regelungslücke zu schließen, wenn ausschließlich eine einzige Regelung möglich ist, die dem Gleichheitssatz entspricht. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall.

Zu bedenken ist aber, dass es hier um einen abgeschlossenen Zeitraum geht und das Gericht die Aufgabe hat, eine dem Gleichheitssatz entsprechende Ordnung sicherzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1996 a.a.O.). Das führt zu einem Anspruch der gleichheitswidrig aus dem Kreis der Begünstigten ausgeschlossenen Personen, wenn nur auf diesem Wege eine Gleichbehandlung erfolgen kann (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1996 a.a.O. m.w.N.). Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die an die begünstigten Arbeitnehmer gezahlten Leistungen nicht mehr zurückfordern kann.

Die Beklagte mag rechtsgrundlos Nachzahlungen erbracht haben, sie kann ihre Bereicherungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB jedoch nicht mehr durchsetzen, da sie gemäß § 39 Abs. 1 TV-BA verfallen sind. Die Ausschlussfrist beginnt im Falle vom zuviel gezahltem Arbeitsentgelt grundsätzlich im Zeitpunkt der Überzahlung. Konnte der Arbeitgeber die Überzahlung nicht erkennen, so tritt die Fälligkeit des Bereicherungsanspruchs ausnahmsweise dann später ein, wenn ein Verhalten des Arbeitnehmers für die fehlende Kenntnis des Arbeitgebers ursächlich geworden ist (vgl. BAG, Urteil vom 28.05.1996 a.a.O. m.w.N.).

Hier sind die Rückzahlungsansprüche gegen die zu Unrecht begünstigten Arbeitnehmer mit der Auszahlung des Gehaltes für Dezember 2005 fällig geworden. Eine Geltendmachung der Bereicherungsansprüche ist nicht erfolgt, obwohl die Beklagte mit der schriftlichen Geltendmachung der Klägerin vom 24.02.2006 damit rechnen musste, diese werde sich erfolgreich auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes mit der Folge einer Gesamtnichtigkeit des § 4 Abs. 8 TVÜ-BA berufen. Im Übrigen laufen tarifliche Ausschlussfristen, die nur an die Fälligkeit eines Anspruchs anknüpfen, unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsberechtigten. Das gilt auch dann, wenn aufgrund einer ungeklärten Rechtslage offen ist, ob ein Anspruch besteht (vgl. BAG, Urteil vom 01.08.1966 - 3 AZR 60/66, DB 1966, 163).

c. Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch fristgerecht innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist des § 39 TV-BA durch Schreiben vom 24.02.2006 geltend gemacht. Er war aufgrund der Auszahlung der Differenzvergütung an den begünstigten Personenkreis im Dezember 2005 frühestens mit dem 31.12.2005 fällig.

Die Klägerin hat ihren Anspruch ausreichend dem Grunde nach individualisiert, indem sie die rückwirkende Anpassung ihres Gehaltes an die neuen tariflichen Gegebenheit verlangt hat. Angaben zur Höhe des Anspruchs waren ausnahmsweise entbehrlich, da diese nach den Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 2 bis 7 TVÜ-BA von der Beklagten unschwer zu erkennen war (vgl. BAG, Urteil vom 17.10.1974 - 3 AZR 4/74, DB 1975, 455).

2. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Ziff. 1, 247 BGB i.V.m. § 26 Abs. 1 TV-BA.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Zulassung der Revision aus § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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