Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: 17 Sa 172/06
Rechtsgebiete: LPVG/NW, BGB, GG, ArbGG, ZPO, KSchG, NachwG


Vorschriften:

LPVG/NW § 72 a Abs. 1
LPVG/NW § 72 Abs. 1 Ziff. 1
BGB § 119
BGB § 119 Abs. 2
BGB § 120
BGB § 121
BGB § 121 Abs. 1
BGB § 123
BGB § 123 Abs. 1
BGB § 124
BGB § 124 Abs. 1
BGB § 124 Abs. 2 Satz 1
BGB § 142 Abs. 1
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 188 Abs. 2
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 247
BGB § 286 Abs. 2 Ziff. 1 i.V.m. § 614
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 293
BGB § 294
BGB § 295
BGB § 296
BGB § 311 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 611
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 613
BGB § 615
BGB § 626 Abs. 2
GG Art. 1
GG Art. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 c
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 256 Abs. 1
KSchG § 11 Ziff. 3
KSchG § 13
KSchG § 13 Abs. 1
KSchG § 13 Abs. 4 Satz 1
NachwG § 2 Abs. 1 Ziff. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 14.12.2005 - 4 Ca 1795/05 - wird unter Klarstellung des Tenors in der Hauptsache zu 2) - 4) wie folgt zurückgewiesen:

2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als technischen Angestellten gemäß dem Arbeitsvertrag vom 20.07.2004 und der Niederschrift vom 20.07.2004 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag weiterzubeschäftigen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.368,09 € brutto abzüglich des von der Bundesagentur für Arbeit geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.209,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 140,60 € seit dem 01.08.2005 sowie Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.018,15 € seit dem 01.09.2005 zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.774,15 € brutto abzüglich des Arbeitslosengeldes in Höhe von 756,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.018,15 € seit dem 01.10.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Anfechtungserklärung der Beklagten beendet ist.

Der am 01.03.1985 geborene, ledige Kläger absolvierte in der Zeit vom 01.08.2001 bis zum 20.07.2004 eine Berufsausbildung als Vermessungstechniker bei der Beklagten. Er schloss die Ausbildung mit der Prüfungsnote gut ab.

Aufgrund einer Untersuchung des erkrankten Klägers am 18.03.2004 diagnostizierte die Ärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. S6xxxxx ein vegetativ ausgelöstes primäres Raynaud-Syndrom. Sie empfahl vor allem den Schutz vor Kälteexpositionen, den der Kläger bei seiner weiteren beruflichen Planung besonders berücksichtigen sollte. Wegen der Einzelheiten der ärztlichen Feststellungen wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 02.06.2006 vorgelegte Kopie des ärztlichen Berichtes (Bl. 241, 242 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.04.2004 (Bl. 258 f. der Akte) schlug der Zeuge Dr. L1xxxx der Beklagten vor, den Kläger nach der Prüfung wie folgt einzusetzen.

"Ich schlage vor, Herrn B1xxxxx danach zunächst auf der Stelle 0.61100.0038.1 (z. Zt. P2xxxxxxx) einzusetzen.

Zum 01.01.2004 ist die Stelle des Messgehilfen A2xxxxx auf Vorschlag des Amtes 62 gestrichen worden.

Leider ist seitdem auch der Messgehilfe P2xxxxxxx erkrankt. Aufgrund seines Krankheitsbildes ist nicht zu erwarten, dass Herr P2xxxxxxx in absehbarer Zeit wieder dienstfähig sein wird.

...

Durch den unplanmäßigen, langfristigen Ausfall des Messgehilfen P2xxxxxxx bei gleichzeitigem Wegfall der weiteren Messgehilfenstelle ist dieser Ansatz ohne den Einsatz des VT B1xxxxx im Jahr 2004 nicht zu erreichen.

Ich bitte daher, Herrn B1xxxxx bis zu einer eventuellen Rückkehr des Messgehilfen P2xxxxxxx die Aufgaben der Messgehilfenstelle zu übertragen."

Die Beklagte beschäftigt ca. 20 Vermessungstechniker, von denen 19 Mitarbeiter im Innen- und ein Mitarbeiter regelmäßig im Außendienst eingesetzt ist. Weiterhin besteht der Bedarf an einer Beschäftigung von fünf Messgehilfen im Außendienst. Der Messgehilfe P2xxxxxxx war in der Zeit vom 05.11.2003 bis zum 06.08.2004 arbeitsunfähig krank. Aufgrund der Schwere seiner Erkrankung war ein weiterer Einsatz im Außendienst des Vermessungs- und Katasteramtes ausgeschlossen. In der Zeit vom 07.08.2004 bis zum 31.05.2005 wurde Herr P2xxxxxxx mit Hilfstätigkeiten im Innendienst des Vermessungs- und Katasteramtes beschäftigt. Mit Wirkung zum 01.06.2005 setzte ihn die Beklagte in der Bußgeldstelle des Ordnungsamtes ein.

Mit Schreiben vom 11.06.2004 (Bl. 321 d.A.) bot die Beklagte dem Kläger bei bestehender Prüfung mit der Note sehr gut oder gut den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages ab dem Tag der bestandenen Prüfung an.

Mit Schreiben vom 22.06.2004 (Bl. 281 d.A.) beteiligte die Beklagte den Personalrat gemäß § 72 Abs. 1 Ziffer 1 LPVG/NW und teilte ihm ihre Absicht mit, den Kläger ab dem 21.07.2004 bis auf Weiteres im Amt 62 zur Unterstützung der Krankheitsvertretung des Herrn P2xxxxxxx einzusetzen. Der Personalrat erteilte seine Zustimmung mit Vermerk vom 28.06.2004.

Am 20.07.2004 beschlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, wegen dessen Einzelheiten auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Kopie (Bl. 17, 18 d.A.) Bezug genommen wird. Gemäß § 1 wurde er mit Wirkung zum 21.07.2004 als Angestellter auf unbestimmte Zeit eingestellt. Gleichzeitig erteilte die Beklagte ihm eine Niederschrift nach dem Nachweisgesetz (Bl. 19 d.A.). Gemäß Ziffer 2 des Nachweises sollte er als Angestellter nach dem Tarifvertrag für Angestellte in technischen Berufen beschäftigt werden. Mit Schreiben ebenfalls vom 20.07.2004 (Bl. 22 d.A.) teilte die Beklagte ihm die Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis und seinen Einsatz bis auf Weiteres im Vermessungs- und Katasteramt zur Unterstützung der Krankheitsvertretung von Herrn P2xxxxxxx mit.

Der Kläger war zunächst - betraut mit den Aufgaben des erkrankten Messgehilfen - im Außendienst tätig. Nach Beklagtenvorbringen erstmals am 06.10.2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, er könne krankheitsbedingt nicht mehr im Außendienst eingesetzt werden, da in Folge des Raynaud-Syndroms seine Hände nicht hinreichend durchblutet seien, sehr kalt würden und schmerzten. Am 15.10.2004 überreichte er ein Attest seiner Hausärzte vom 15.10.2004 (Bl. 347 d.A.).

Ab November 2004 setzte die Beklagte ihn ausschließlich im Innendienst ein. Im Dezember 2004 wurde der Kläger amtsärztlich untersucht. Der Amtsarzt berichtete der Beklagten mit Schreiben vom 09.12.2004 (Bl. 203 d. A.).

Mit Schreiben vom 10.02.2005 drohte diese dem Kläger die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung an, sollte er nicht freiwillig eine andere Ausbildung beginnen. Der Kläger lehnte das Angebot mit Schreiben vom 11.02.2005 ab.

Nach seinem Urlaub vom 28.04.2005 bis zum 24.05.2005 setzte die Beklagte ihn erneut im Außendienst ein. Er verrichtete überwiegend Messgehilfentätigkeiten, arbeitete aber auch als Truppführer.

Mit Schreiben vom 12.07.2005, dem Kläger am 13. 07.2005 zugegangen, erklärte die Beklagte die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung, der Kläger sei nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auch ohne besondere Befragung verpflichtet gewesen, die Erkrankung an den Raynaud-Syndrom zu offenbaren. Wegen der Einzelheiten des Anfechtungsschreibens wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 7 d.A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 17.11.2005 (Bl. 282 d.A.) beantragte die Beklagte die Zustimmung des Personalrats gemäß § 72 a Abs. 1 LPVG/NW zur hilfsweisen krankheitsbedingten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 25.11.2005 (Bl. 111, 112 d.A.) verweigerte der Personalrat die Zustimmung mit der Begründung, der Kläger könne problemlos Arbeiten im Innendienst verrichten.

Mit seiner am 27.07.2005 bei dem Arbeitsgericht Münster eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Anfechtungserklärung, seine Weiterbeschäftigung sowie die Zahlung seiner Vergütung für die Monate Juli bis September 2005.

Er hat behauptet:

Die Krankheitssymptome seien bereits während seiner Berufsausbildung aufgetreten, sie seien jedoch erst in 2004 diagnostiziert worden. Bei der Beklagten sei die Diagnose bekannt gewesen. Er habe u.a. mit seinem ehemaligen Ausbilder Bernhard Fechtelkötter darüber gesprochen. Noch vor Beendigung seiner Ausbildung sei die Erkrankung im Amt 62 bekannt gewesen.

Den Zeugen Dr. L1xxxx habe er in einem Gespräch Ende Juni 2004/Anfang Juli 2004 von seiner Erkrankung informiert. Anlässlich dieses Gespräches sei erklärt worden, im Hinblick auf die krankheitsbedingten Probleme werde er ab November keinen Außendienst mehr verrichten müssen. Ihm sei ausdrücklich von Dr. L1xxxx zugesagt worden, nur unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Probleme im Außendienst eingesetzt zu werden. Die Beklagte hätte ihn angesichts der großen Zahl der im Innendienst beschäftigten Vermessungstechniker dort einsetzen können.

Der Kläger hat beantragt,

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Anfechtung des Arbeitsvertrages vom 12.07.2005, zugegangen am 13.07.2005, aufgelöst worden ist,

2.

den Beklagten zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Angestellten zu beschäftigen,

3.

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.368,09 € brutto abzüglich des von der Bundesagentur für Arbeit geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 1.209,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 140,60 € seit dem 01.08.2005 sowie Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 1.018,14 € seit dem 01.09.2005 zu zahlen,

4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.774,15 € brutto abzüglich des von der Bundesagentur für Arbeit geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 756,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet:

Der Kläger hätte ihm seine spätestens seit Herbst 2002 bekannte Erkrankung mitteilen müssen, denn sie beeinträchtige seine Arbeitsausführung erheblich. Eine Außendiensttätigkeit sei in den Wintermonaten unstreitig nicht möglich. Vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages sei ihm mitgeteilt worden, dass er bis auf Weiteres als Vermessungsgehilfe mit Außendiensttätigkeit eingesetzt werde. Auch aufgrund der Ausbildung sei dem Kläger bekannt gewesen, dass der Beruf des Vermessungstechnikers den Außendienst umfasse.

Das Gericht hat durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Dr. B4xxx U1xxxx L1xxxx, von dem Beklagten benannt, Beweis erhoben über dessen Behauptung, der Zeuge habe den Kläger von einem Einsatz auf dem Arbeitsplatz des Messgehilfen vor Vertragsschluss informiert, dieser habe ihn aber nicht auf seine Erkrankung hingewiesen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.12.2005 (Bl. 114 bis 116 d.A.) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 14.12.2005 hat das Arbeitsgericht Münster der Klage insgesamt stattgegeben.

Es hat ausgeführt:

Die Anfechtungserklärung des Beklagten vom 12.07.2005 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet. Die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB setze voraus, dass der Täuschende unter Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen bei dem Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn dadurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst habe. Die Täuschung könne auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern den Erklärenden eine Offenbarungspflicht treffe. Diese bestehe dann, wenn die verschwiegenen Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Leistung unmöglich machten.

Der Erklärende müsse arglistig handeln, d.h. die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass der Erklärungsempfänger durch die Täuschung beeinflusst werde.

Dem Kläger könne kein arglistiges Verhalten vorgeworfen werden.

Der Zeuge Dr. L1xxxx habe zwar nicht seine Behauptung bestätigt, er sei von ihm vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages von dem Ausschluss eines Außendienstes in kalten Jahreszeiten unterrichtet worden. Nach der Aussage sei dem Kläger auch sein Einsatz als Messgehilfe im Außendienst bekannt gewesen. Die Beweisaufnahme habe jedoch nicht ergeben, dass er im Sommer 2004 davon habe ausgehen müssen, der Messgehilfe P2xxxxxxx werde dauerhaft nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Im Übrigen habe der Kläger nach Aussagen des Zeugen aufgrund der jahrelangen Übung der Beklagten davon ausgehen dürfen, er werde bei einem Prüfungsabschluss mit der Note "gut" auf jeden Fall in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Die Eignung für den Außendienst sei ihm als zwingende Voraussetzung nicht erkennbar gewesen.

Der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung ergebe sich aus §§ 611, 613, 242 BGB i.V.m. Artikel 1, 2 GG.

Die Beklagte habe sich auch in der Zeit von Juli bis September 2005 in Annahmeverzug befunden und habe an den Kläger Annahmeverzugslohn abzüglich der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zu erbringen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 120 bis 128 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 30.12.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 30.01.2006 eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.03.2006 am 28.03.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend begründet.

Er ist der Auffassung:

Das erstinstanzliche Gericht habe die Aussage des Zeugen Dr. L1xxxx in wesentlichen Punkten unzutreffend und unvollständig gewürdigt. Aus der Aussage ergebe sich, dass dem Kläger unmissverständlich mitgeteilt worden sei, er werde im Außendienst als Messgehilfe eingesetzt, da keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestehe. Die Vermutung des Zeugen, der Kläger hätte auch dann einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten, wenn der Messgehilfe P2xxxxxxx nicht erkrankt gewesen wäre, sei unerheblich, da der Zeuge als Amtsleiter über personelle Fragen nicht zu entscheiden habe.

Der Kläger habe auch arglistig gehandelt. Der Beklagte behauptet dazu:

Er habe gegenüber Dr. L1xxxx geäußert, er wolle nicht gern als Messgehilfe arbeiten. Er habe also schon konkrete Bedenken hinsichtlich eines Einsatzes im Außendienst gehabt.

Am 20.07.2005 habe der Kläger in einem Gespräch mit dem Zeugen K1xxx extrem bedrückt gewirkt. Auch bei Aushändigung des Arbeitsvertrages am 21.07.2004 durch die Zeugin H2xxxxx habe er so bedrückt gewirkt, dass diese ihn gefragt habe, ob er sich für den richtigen Beruf entschieden habe. Er habe erklärt, es handele sich nicht um seinen Traumberuf. Schon damals sei er auf die Möglichkeit hingewiesen worden, eine Ausbildung zum Verwaltungsangestellten zu absolvieren.

Dem Kläger sei sein Einsatzgebiet auch aus der Ausbildung bekannt gewesen.

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die einzig verfügbare Planstelle mit der Auszubildenden T1xxx G1xxx, die am 18.12.2003 ihre Prüfung ebenfalls mit der Note "gut" absolviert habe, besetzt worden sei. Eine Planstelle für den Kläger habe nicht bestanden.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Beklagte verurteilt werde, ihn als technischen Angestellten gemäß dem Arbeitsvertrag vom 20.07.2004 und der Niederschrift vom 20.07.2004 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag zu beschäftigen und dass Verzugszinsen jeweils in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz, im Rahmen des Klageantrags zu 4) aus einem Differenzbetrag von 1.018,15 € verlangt würden.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und behauptet:

Im Jahre 2005 habe Herr S7xxxxx den Amtsleiter Dr. L1xxxx gebeten, ihn - wie es von Anfang an geplant gewesen sei - nur im Innendienst arbeiten zu lassen, da es dort sehr viel Arbeit gebe. Der Amtsleiter habe das Ersuchen mit den Worten abgelehnt: "Nein, der muss nach draußen, das geht nicht anders."

Seine Stelle im Außendienst sei nach seinem Ausscheiden nicht wiederbesetzt worden.

Dass der Beklagte ihn auf jeden Fall angesichts seiner guten Prüfungsnote eingestellt hätte, ergebe sich auch aus der Einstellung der ehemaligen Auszubildenden T1xxx G1xxx. Diese sei zunächst auf einer fremden Planstelle geführt und im Innendienst eingesetzt worden. Auch andere Auszubildende seien ohne Planstelle übernommen worden.

Die von dem Zeugen Dr. L1xxxx bekundete Planung, im Außendienst zunehmend Vermessungstechniker einzusetzen, sei nicht umgesetzt worden. Der Beklagte habe vielmehr einen Messtrupp geschlossen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 c, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 14.12.2005 ist unbegründet. Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht der Klage stattgegeben.

1 a) Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. zur Antragstellung im vergleichbaren Fall einer Anfechtung eines Aufhebungsvertrages BAG, Urteil vom 11.03.1999 - 2 AZR 461/98 -, NZA 1999, 761; Urteil vom 12.08.1999 - 2 AZR 832/98 - NZA 2000, 27). Das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus der Berufung der Beklagten auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ihre Anfechtungserklärung vom 12.07.2005.

b) Der Antrag ist begründet.

aa) Die Kammer brauchte nicht zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer im Fall der Anfechtung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 13, Abs. 1, 4 Satz 1 KSchG einzuhalten hat (offengelassen von BAG, Urteil vom 14.12.1979 - 7 AZR 38/78 -, EzA § 119 BGB Nr. 11; abgelehnt von der herrschenden Meinung in der Literatur - vgl. KR-Friedrich, 7. Aufl., § 4 KSchG, Rdn. 16 a m.w.N.). Der Kläger hat die gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnende Klagefrist von drei Wochen gewahrt. Die Anfechtungserklärung ist ihm am 13.07.2005 zugegangen. Die Feststellungsklage ist am 27.07.2005 bei dem erstinstanzlichen Gericht eingegangen.

bb) Die Anfechtungserklärung beendet nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB das Arbeitsverhältnis der Parteien.

Die Willenserklärung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kann wie jedes Rechtsgeschäft wegen Irrtums nach § 119 BGB, wegen falscher Übermittlung nach § 120 BGB oder wegen Drohung oder arglistiger Täuschung nach § 123 BGB angefochten werden (vgl. BAG, Urteil vom 16.12.2004 - 2 AZR 148/04 - ZTR 2005, 379; Erfurter Kommentar/Preis, 7. Aufl., § 230 BGB, § 611 Rdn. 420 m.w.N.). Der Anfechtungsberechtigte ist nicht ausschließlich auf sein Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu verweisen.

(1) Dahinstehen kann, ob der Gesundheitszustand des Klägers eine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB darstellt. Der Gesundheitszustand ist dann eine verkehrswesentliche Eigenschaft, wenn dem Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend die Fähigkeit fehlt, die vertraglich übernommene Leistung zu erbringen (vgl. dazu BAG, Urteil vom 28.03.1974 - 2 AZR 92/73 -, AP Nr. 3 zu § 119 BGB). Denn die Beklagte hat die Anfechtungserklärungsfrist nach § 121 Abs. 1 BGB nicht gewahrt. Danach muss die Anfechtung ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erklärt werden. Diese Frist wird bei einem Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft durch die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB konkretisiert (vgl. BAG, Urteil vom 21.01.1981 - 7 AZR 1093/78 - EzA § 119 BGB Nr. 12). Bei zu Gunsten der Beklagten angenommener erster Kenntnis der einem Einsatz im Außendienst entgegenstehenden Erkrankung des Klägers am 06.10.2004 war die Anfechtungserklärungsfrist nach § 121 BGB bei Zugang der Anfechtungserklärung längst abgelaufen.

(2) Die Kammer geht aber zu Gunsten des Beklagten davon aus, dass er die Anfechtungsfrist nach § 124 BGB gewahrt hat. Im Falle der arglistigen Täuschung, auf die er sich beruft, beginnt die einjährige Frist nach § 124 Abs. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, § 124 Abs. 2 Satz 1 BGB. § 626 Abs. 2 BGB ist nicht analog anzuwenden, da die Fristbestimmung des § 124 Abs. 1 BGB bereits eine genaue Zeitgrenze enthält (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.1983 - 2 AZR 171/81 - AP Nr. 25 zu § 123 BGB).

Den Vortrag des Beklagten als richtig unterstellt ist er erstmals am 06.10.2004 von der Erkrankung des Klägers in Kenntnis gesetzt worden. Die Anfechtungserklärungsfrist war demnach am 13.07.2005 noch nicht abgelaufen.

(3) Der Kläger hat ihn nicht arglistig über seinen Gesundheitszustand getäuscht und dadurch zum Abschluss des Arbeitsvertrages bestimmt (§ 123 Abs. 1 BGB). Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kommt dann in Betracht, wenn der Anfechtungsgegner in zulässiger Weise nach dem Gesundheitszustand gefragt hat und ihm ein für das Arbeitsverhältnis bedeutsamer Umstand verschwiegen wurde. Der Beklagte behauptet nicht, den Kläger vor Abschluss des Arbeitsvertrages nach einer seine Eignung für die vorgesehene Tätigkeit dauerhaft oder regelmäßig wiederkehrend einschränkenden Krankheit gefragt zu haben. Die Täuschung kann aber auch - wie das Arbeitsgericht Münster zutreffend ausgeführt hat - in dem Verschweigen einer Tatsache liegen, wenn eine Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers besteht. Schon vor Abschluss des Arbeitsverhältnisses besteht zwischen den verhandelnden Parteien eine schuldrechtliche Sonderbeziehung im Sinne des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB ist jeder Teil je nach Inhalt des Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Bei der Bestimmung des Umfangs der Pflicht zur Rücksichtnahme ist zu berücksichtigen, dass sich bei Abschluss eines Arbeitsvertrages Grundrechte des Arbeitgebers nach Artikel 2, 12, 14 GG und des Arbeitnehmers nach Art. 1, 2, 12 GG gegenüberstehen, die zu einer Begrenzung des Informationsrechtes des Arbeitgebers durch das Recht des Bewerbers führen. Der Arbeitnehmer ist nur dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn die zu offenbarende Tatsache für ihn in einem erkennbaren Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Beschäftigung steht, sie objektiv geeignet ist, das für den Arbeitgeber in dem Arbeitsverhältnis liegende Risiko zu erhöhen und sein Leistungs- und Integritätsinteresse zu beeinträchtigen und die Offenbarung nicht unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreift, ihn nicht diskriminiert (vgl. BAG, Urteil vom 14.07.2005 - 8 AZR 300/04 -, NZA 2005, 1298; Urteil vom 21.02.1991 - 2 AZR 449/90 -, NZA 1991, 719; Erfurter Kommentar/Preis, a.a.O., 230 BGB, 611 Rdn. 353).

Ungefragt muss der Arbeitnehmer seinen Gesundheitszustand offenbaren, wenn er damit rechnen muss, dass er infolge einer bereits vorliegenden Krankheit seiner Arbeitspflicht im Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses nicht nachkommen kann (vgl. BAG, Urteil vom 07.02.1964 - 1 AZR 251/63 - DB 1964, 555) oder wenn er möglicherweise an einer ansteckenden Krankheit leidet, die der Durchführung des Arbeitsverhältnisses rechtlich oder tatsächlich entgegensteht (vgl. Hessisches LAG, Urteil vom 13.10.1972 - 5 Sa 406/72 -, DB 1972, 2359).

Fraglich ist schon, ob die fehlende gesundheitliche Eignung des Klägers für einen Einsatz im Außendienst für den Vertragsschluss von ausschlaggebender Bedeutung war. Der Beklagte hat ihn nach dem Arbeitsvertrag vom 20.07.2004 und der Niederschrift nach dem Nachweisgesetz ebenfalls vom 20.07.2004 als Angestellten nach dem Tarifvertrag für Angestellte in technischen Berufen eingestellt. Er hat jedoch nicht im Sinne des § 2 Abs. 1 Ziffer 5 NachwG in den Vertrag oder die Niederschrift aufgenommen, dass der Kläger nach der zu leistenden Tätigkeit im Außendienst eingesetzt werden sollte. Diese Charakterisierung wäre aber erforderlich und zu erwarten gewesen, hätte der Wille bestanden, den Kläger dauerhaft den Messtrupps zuzuweisen.

Dagegen spricht auch der Antrag des Beklagten an den Personalrat auf Zustimmung nach § 72 Abs. 1 Ziffer 1 LPVG/NW, nach dem die Aussicht bestand, den Kläger zur Unterstützung der Krankheitsvertretung des Herrn P2xxxxxxx einzusetzen. Es ging gerade nicht um einen dauerhaften Einsatz auf dem Arbeitsplatz des Messgehilfen.

Dem Kläger ist mit Schreiben vom 20.07.2004 ebenfalls der vorübergehende Einsatz zur Unterstützung der Krankheitsvertretung mitgeteilt worden.

Der Zeuge Dr. L1xxxx hat bekundet, zunächst nur die Möglichkeit der Krankheitsvertretung gesehen zu haben mit der Option, den Kläger später in den Innendienst zu versetzen. Die persönliche Annahme des Zeugen, der Messgehilfe werde seine vertragliche Tätigkeit dauerhaft nicht ausüben können, hat in der Information des Personalrats und des Klägers keinen Niederschlag gefunden. Ob dies tatsächlich Grundlage der Entscheidung zum Vertragsschluss war, ist zweifelhaft.

Im Übrigen endete der Vertretungsfall schon am 06.08.2004. Erst die nachträgliche Entscheidung, Herrn P2xxxxxxx krankheitsbedingt in den Innendienst zu versetzen, hat zu der Notwendigkeit geführt, den Kläger dauerhaft auch in der Winterzeit mit Aufgaben im Außendienst zu betrauen. In der vorübergehenden Krankheitsvertretung unterlag er keinen gesundheitlichen Einschränkungen.

Dahinstehen kann, ob dem Beklagten die Krankheit des Klägers nicht schon aus der Berufsausbildungszeit bekannt war.

Das Arbeitsgericht Münster hat nämlich zu Recht festgestellt, dass dieser die Erkrankung nicht arglistig, d.h. vorsätzlich verschwiegen hat. Dabei reicht es aus, dass das Verschweigen mit bedingtem Vorsatz geschieht, der Kläger billigend in Kauf genommen hat, dem Beklagten eine für den Vertragsschluss entscheidende Information vorzuenthalten. Fahrlässigkeit führt dagegen nicht zur Arglist (vgl. BAG, Urteil vom 11.11.1993 - 2 AZR 467/93 -, NZA 1994, 407; Erfurter Kommentar/Preis, a.a.O., 230 BGB, § 611 Rdn. 449).

Von erheblicher Bedeutung war für die Kammer das Schreiben des Beklagten vom 11.06.2004. Ohne Einschränkung auf ein besonderes Einsatzgebiet hat er dem Kläger angeboten, ihn bei Bestehen der Prüfung mit der Note "sehr gut" oder "gut" in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Nach Aussage des Zeugen Dr. L1xxxx entsprach dieses Angebot der bis zum Jahre 2004 üblichen Praxis, Auszubildende mit einem guten Prüfungsabschluss zu übernehmen. Da der Beklagte Vermessungstechniker weit überwiegend im Innendienst beschäftigt, konnte und musste der Kläger nicht erkennen, dass ein dauerhafter Einsatz nur im Außendienst beabsichtigt war. Der Zeuge L1xxxx hat ihn in dem Gespräch vor Vertragsschluss nicht entsprechend informiert. Der Zeuge konnte nicht mit Sicherheit bekunden, ihn auf den ausschließlichen Einsatz im Außendienst hingewiesen und informiert zu haben, dass der Messgehilfe P2xxxxxxx nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehren werde. Der Zeuge hat dem Kläger vielmehr angeraten, diesen Arbeitsplatz für die Dauer der Krankheitsvertretung anzunehmen, da es immer Möglichkeiten gebe, in den Innendienst zurückzukehren. Der Kläger konnte somit nicht erkennen, dass er über Monate, d.h. auch in den kalten Jahreszeiten, im Außendienst würde arbeiten müssen.

Zu Recht weist das Arbeitsgericht Münster darauf hin, dass die Pläne des Beklagten, zunehmend Messgehilfen durch Vermessungstechniker auszutauschen, nicht bekannt waren.

Musste sich dem Kläger die Absicht des Beklagten, ihn nur und dauerhaft im Außendienst zu beschäftigen, nicht aufdrängen, war für ihn ein Arbeitgeberinteresse an einer entsprechenden gesundheitlichen Eignung nicht offenkundig.

Im Übrigen durfte die Kammer nicht außer Acht lassen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen gerade 19 Jahre alt und im Berufsleben noch sehr unerfahren war. Der Beklagte stellt an seine Erkenntnismöglichkeiten überzogene Ansprüche. Es wäre seine Aufgabe gewesen, den Kläger über seine Verwendung eindeutig und unmissverständlich aufzuklären.

2. Der auf Verurteilung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers gerichtete Leistungsantrag ist zulässig und begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung, wenn eine Kündigung offensichtlich unwirksam ist (vgl. GS BAG, Urteil vom 27.02.1985 - 1/84 -, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflichten Nr. 9). Offensichtlich unwirksam ist eine Kündigung, wenn ein ihre Unwirksamkeit feststellendes Instanzurteil besteht und keine besonderen Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers begründen, den Arbeitnehmer nicht weiterzubeschäftigen.

Diese Grundsätze sind auch im vorliegenden Streit um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses anwendbar (vgl. auch KR-Etzel, a.a.O., § 102 BetrVG Rdn. 273).

Einer Beschäftigung des Klägers trotz Obsiegens mit dem Feststellungsantrag entgegenstehende Interessen hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

3. Auch die auf Zahlung des Annahmeverzugslohnes für die Monate Juli 2005 bis September 2005 gerichteten Leistungsanträge sind zulässig und begründet.

Der Zahlungsanspruch folgt aus §§ 611 Abs. 1, 615 BGB.

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis bestand fort. Der Beklagte befand sich in Annahmeverzug, § 293 BGB.

Obwohl der Kläger arbeitsfähig und leistungsbereit war, hat er dessen Arbeitsleistung nicht entgegengenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 09.08.1984 - 2 AZR 374/83 -, NZA 1985, 119; Urteil vom 21.03.1985 - 2 AZR 201/84 - NZA 1985, 778) gerät der Arbeitgeber auch ohne tatsächliches oder wörtliches Angebot des Arbeitnehmers im Sinne der §§ 294, 295 BGB in Annahmeverzug, wenn er eine unwirksame Kündigung ausspricht und nicht von sich aus den Arbeitnehmer zur Wiederaufnahme der Arbeit auffordert. In diesem Fall erbringt er nicht seine Gläubigermitwirkungshandlung nach § 296 BGB. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung kalendermäßig bestimmt ermöglichen, d.h. er muss den Arbeitseinsatz fortlaufend planen und durch Weisungen Ort und Zeit der Arbeitsleistung konkretisieren (vgl. BAG, Urteil vom 19.01.1999 - 9 AZR 679/97 -, NZA 1999, 925).

Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zwar nicht gekündigt, aber durch (unwirksame) Anfechtungserklärung die Bereitstellung des Arbeitsplatzes verweigert.

Er schuldet dem Kläger deshalb für Juli 2005 Restlohn in unstreitiger Höhe von 593,94 € brutto und für August 2005 in Höhe von 1.774,15 € brutto, insgesamt 2.368,09 € brutto.

Gemäß § 11 Ziffer 3 KSchG muss sich der Kläger die öffentlich-rechtlichen Leistungen in Folge der Arbeitslosigkeit anrechnen lassen, die für die Zwischenzeit gezahlt wurden. Für Juli 2005 hat er Leistungen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 433,00 € und für August 2005 in Höhe von 756,00 € erhalten, insgesamt 1.209,00 €.

Für den Monat September 2005 schuldet der Beklagte ebenfalls 1.774,15 € brutto abzüglich des Arbeitslosengeldes von 756,00 €.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich jeweils ausgehend von dem Differenzbetrag zwischen dem geschuldeten Lohn und den öffentlich-rechtlichen Leistungen aus §§ 286 Abs. 2 Ziffer 1 i.V.m. 614, 288 Abs. 1, 247 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gründe im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück