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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.03.2008
Aktenzeichen: 17 Sa 1998/07
Rechtsgebiete: KSchG, ArbGG, ZPO, BGB, BetrVG


Vorschriften:

KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 2 Satz 2 b
KSchG § 4 Satz 1
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 188 Abs. 2
BGB § 314 Abs. 2
BetrVG § 102 Abs. 1
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 2
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 3
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.08.2007 - 10 Ca 6060/06 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung der Beklagten beendet ist.

Der am 05.11.1962 geborene, verheiratete, gegenüber keinen Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger war bei der Beklagten zunächst in der Zeit vom 01.08.1980 bis August 1983 und dann durchgehend seit dem 01.04.1985 zuletzt als Vertriebsingenieur in der Abteilung Roof Support, Region Europe/Asia, L3, zu einem Jahreseinkommen von insgesamt 68.556,00 € brutto beschäftigt.

Bei der Beklagten sind ca. 950 Arbeitnehmer tätig. Es besteht ein Betriebsrat.

Der Kläger war gemäß Ziffer 1 des Arbeitsvertrages vom 19.04.2005 (Bl. 5 - 9 d.A.) außertariflicher Angestellter. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte es u.a., in Bergwerken der Kunden der Beklagten unter Tage Instandsetzungsarbeiten an den von ihr gelieferten Bergbaumaschinen auszuführen.

Aufgrund eines Beschlusses der Bundesknappschaft vom 25.01.1979 war der Teilbetrieb, in dem der Kläger beschäftigt war, als knappschaftlicher Teilbetrieb anerkannt. Damit hatten alle in diesem Teilbetrieb beschäftigten Mitarbeiter einen sogenannten Übertagestatus mit der Folge der knappschaftlichen Rentenversicherung. Die Beklagte leistete einen um 5,5 % höheren Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung. Die Arbeitnehmer konnten bei Erreichen des Rentenalters mit einer höheren Rente rechnen.

Daneben können knappschaftlich versichert werden Mitarbeiter, die ständig Arbeiten unter Tage leisten und deren Tätigkeit räumlich und betrieblich mit einem Bergwerksbetrieb zusammenhängen. Diese Zeiten sind bedeutsam für die Mindestversicherungszeit, für den Bezug der knappschaftlichen Rente sowie für einen sogenannten Leistungszuschlag. Den ständigen Arbeiten unter Tage sind Tätigkeiten gleichgestellt, die sowohl unter als auch über Tage geleistet werden, wenn während eines Kalendermonats mindestens 18 Schichten überwiegend unter Tage ausgeübt werden. Als überwiegend unter Tage geleistet gelten auch Schichten, die in einem Kalendermonat wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, unbezahlten Urlaubs oder wegen einer Rehabilitation bzw. Vorsorgekur ausfallen. Voraussetzung ist, dass für den Arbeitnehmer in diesem Kalendermonat wegen ständiger Arbeit unter Tage oder wegen gleichgestellter Arbeiten Beiträge gezahlt worden sind und in den drei Kalendermonaten zuvor mindestens in einem Kalendermonat ständige Arbeiten unter Tage oder gleichgestellte Arbeiten ausgeübt wurden.

Zum Nachweis des Untertagestatus müssen die Mitarbeiter der Beklagten die unter Tage verfahrenen Schichten von den zuständigen Mitarbeitern der Zeche gegenzeichnen lassen und diesen Beleg monatlich in der Personalabteilung der Beklagten abgeben. Diese meldet die entsprechenden Zeiten an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und führt den entsprechend erhöhten Sozialversicherungsbeitrag ab.

In der Zeit vom 02.05. bis 02.06.2005 führte der Versicherungsträger bei der Beklagten eine Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2004 durch. Mit Bescheid vom 09.06.2005 rügte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See die Anmeldung von verschiedenen Arbeitnehmern zur knappschaftlichen Versicherung anstatt zur Rentenversicherung der Arbeiter bzw. der Angestellten.

Mit Schreiben vom 04.07.2005 teilte sie der Beklagten mit, der Vorstandsbeschluss vom 25.01.1979 sei am 15.10.2004 aufgehoben worden mit der Folge, dass der Übertagestatus der Betriebsabteilung entfallen sei. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.07.2007 vorgelegte Kopie (Bl. 198, 199 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21.09. bzw. 22.09.2005 wies die Beklagte knappschaftlich versicherte Mitarbeiter auf das Ergebnis der Betriebsprüfung hin. Sie führte aus, dass nur bei einer überwiegenden Tätigkeit unter Tage es möglich sei, weiterhin in der knappschaftlichen Versicherung zu verbleiben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.07.2007 vorgelegte Kopie (Bl. 203 d.A.) Bezug genommen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger dieses Schreiben zuging.

Aufgrund von Ungereimtheiten begann die Beklagte im Oktober 2005 mit der Überprüfung der Untertagenachweise des Klägers und einiger seiner Kollegen. Der Revisor S5 glich die vom Kläger vorgelegten Belege mit den entsprechenden Aufzeichnungen der Bergwerke ab und stellte fest, dass er in den Monaten Juli bis September 2006 von 48 belegten Grubenfahrten 22 Grubenfahrten tatsächlich nicht geleistet hatte. Wegen der nachgewiesenen und tatsächlich nicht geleisteten Untertagefahrten im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 02.03.2007 (Bl. 60 - 66 d.A.) verwiesen.

Der Kläger räumt ein, über Jahre Belege für Grubenfahrten vorgelegt zu haben, die entweder nicht die erforderliche Dauer von 6 Stunden, sondern nur von 2 bis 3 Stunden gehabt hätten, bzw. die überhaupt nicht geleistet worden seien.

Mit Schreiben vom 22.12.2006 (Bl. 281 d.A.) teilte die Beklagte dem Betriebsrat ihre Absicht mit, das zu dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.07.2007 kündigen zu wollen, da er mindestens in den Monaten Juli bis September 2006 Nachweise über tatsächlich nicht verfahrene Untertageschichten vorgelegt habe; der Kläger habe sie - die Beklagte - in großem Stile betrogen und offenkundig Urkundenfälschung betrieben bzw. gebilligt. Der bereits am 08.12.2006 vorab mündlich informierte Betriebsrat nahm am 22.12.2006 abschließend Stellung und erklärte, die Kündigung zur Kenntnis genommen zu haben und innerhalb der Anhörungsfrist keine weitere Stellungnahme mehr abgeben zu werden.

Mit Schreiben vom 22.12.2006, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2007.

Gleichzeitig kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiter M2, T1, K4 und H5.

Mit seiner am 28.12.2006 bei dem Arbeitsgericht Dortmund eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung.

Er hat behauptet:

Er habe die der Beklagten vorgelegten Nachweise über Grubenfahrten selbst ausgefüllt und von der Beklagten zur Verfügung gestellte Formulare benutzt. Diese habe er in den Bergwerken abstempeln und unterzeichnen lassen, allerdings nicht von den Mitarbeitern der Arbeitszeiterfassung, sondern von Mitarbeitern der Maschinenabteilung, Hydraulikabteilung und Elektroabteilung. In allen Abteilungen der Bergwerke sei er als Vertriebsingenieur tätig gewesen. Er habe die Nachweise jeweils am Monatsende erstellt und Anfang des folgenden Monats in den Bergwerken abstempeln lassen.

Bei der Beklagten sei es üblich gewesen, zur Erhaltung der knappschaftlichen Rentenversicherung falsche Untertagenachweise zu erstellen. Bereits seit Mitte der 70er Jahre hätten zahlreiche Vertriebsingenieure nicht geleistete Grubenfahrten der Beklagten nachgewiesen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf seinen Schriftsatz vom 19.03.2007 (Bl. 91 - 93 d.A.) Bezug genommen. Bei der Beklagten sei dieses Vorgehen ein offenes Geheimnis gewesen. Vorgesetzte und Personalchefs hätten es toleriert und wie der Leiter der Kundendienstabteilung M2 ebenfalls falsche Belege erstellt. Auch Serviceingenieure seien so ohne Beanstandung der Beklagten vorgegangen, obwohl ihren Reiseanträgen habe entnommen werden können, dass die Arbeiten nur über Tage zu verrichten gewesen seien. Gleichwohl habe die Beklagte die angegebenen Untertageschichten der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeldet. Wegen des diesbezüglichen Vortrags des Klägers wird auf seinen Schriftsatz vom 19.03.2007 (Bl. 94 - 95 d.A.) Bezug genommen.

Sein Vorgesetzter J2 I2 habe ebenfalls bis Ende 2005 falsche Untertagenachweise erstellt. Er sei seit Anfang der 90er Jahre entsprechend vorgegangen, um seine knappschaftliche Rentenversicherung zu erhalten. Erst Ende 2005 sei er von dem damaligen Personalchef F2 bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See abgemeldet worden.

F2, der in der Zeit vom 1995 bis 2006 diese Position bei der Beklagten bekleidet habe, habe die Praxis der Mitarbeiter akzeptiert. Der Vorgesetzte der Serviceingenieure M2 habe mit ihm und der Geschäftsführung eine Absprache dahin getroffen, dass Übertagearbeiten als Untertageschichten deklariert werden sollten.

Auch der Betriebsratsvorsitzende L4 habe in einem Gespräch mit ihm - dem Kläger - eingeräumt, dass das Thema Untertageschichten ein offenes Geheimnis sei.

Der Kläger hat die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung gerügt und behauptet:

Anhörung und abschließende Stellungnahme des Betriebsrats an einem Tag ließen nur den Schluss zu, dass der Betriebsrat einen ordentlichen Beschluss nicht herbeigeführt habe. Der Betriebsratsvorsitzende habe die Betriebsratsmitglieder rechtzeitig zur Sitzung einzuladen. Eine solche Einladung habe zur Sitzung am 22.12.2006 nicht rechtzeitig ergehen können.

Eine wirksame Äußerung des Betriebsrates als Kollektivorgan liege nicht vor.

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 22.12.2006 mit Ablauf des 31.07.2007 sein Ende finden wird,

2. für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen vertragsgemäß als Vertriebsingenieur auch über den 31.07.2007 hinaus zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet:

Die R2 Konzernrevision habe unter dem 05.02.2007 einen Bericht erstellt mit dem Ergebnis, dass die fünf gekündigten Mitarbeiter in ihren Abrechnungsunterlagen unzutreffende Angaben bezüglich der untertägigen Einsatzzeiten gemacht hätten. Die Unterschriften auf den Nachweisen seien nicht von Mitarbeitern der Arbeitszeiterfassung auf den Bergwerken geleistet worden. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass einige auf den D1-Vordrucken verwendete Stempel auf den jeweiligen Bergwerken nicht eingesetzt würden, dass sie möglicherweise gefälscht worden seien. Das gelte für die Stempelaufdrucke "Bergwerk-A2-V2", "P2" oder "Bergwerk-P3". Wegen der weiteren Einzelheiten des Revisionsberichtes wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.04.2007 vorgelegte Kopie (Bl. 128 - 134 d.A.) Bezug genommen.

Ihr sei bis Oktober 2006 die Praxis unbekannt gewesen. Insbesondere habe ihr damaliger Personalleiter F2 dem Abteilungsleiter M2 zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, die Praxis der Herstellung falscher Grubennachweise werde toleriert. Vielmehr habe sie Herrn M2 mit Schreiben vom 21.09.2005 auf die Rechtslage hingewiesen.

Sie habe auch die knappschaftliche Rentenversicherung des Abteilungsleiters I2 überprüft und festgestellt, dass dieser innerhalb der letzten 10 Jahre keinen Untertagestatus gehabt habe. Er habe lediglich an dem Übertagestatus der Abteilung teilgenommen. Die von Herrn I2 für den Monat Mai 2005 vorgelegten Grubennachweise hätten nicht zu einer Höherversicherung bei der knappschaftlichen Rente geführt, da entsprechende Nachweise für weitere zwei Monate nicht vorgelegt worden seien. Herr I2 sei nach Verlust des Übertagestatus bei der knappschaftlichen Rentenversicherung abgemeldet worden.

Er habe von der Praxis des Klägers keine Kenntnis gehabt.

Mit Urteil vom 01.08.2007 hat das Arbeitsgericht Dortmund festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.12.2006 nicht aufgelöst worden ist, und hat die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen vertragsgemäß als Vertriebsingenieur weiterzubeschäftigen.

Es hat ausgeführt:

Die Kündigung vom 22.12.2006 sei gemäß § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, da sie nicht durch Gründe in dem Verhalten des Klägers bedingt sei. Dem Vorbringen der Beklagten ließen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass er durch das bewusste Einreichen teilweiser falscher Untertagebescheinigungen habe ihren Interessen zuwider handeln wollen. Bei ihm habe der Eindruck entstehen können, es liege auch im Interesse der Beklagten, wenn seine Tätigkeit wie auch die Tätigkeit der anderen im Außendienst tätigen Ingenieure, Techniker und Montagearbeiter zur Ermöglichung einer knappschaftlichen Versicherung als überwiegende Untertagetätigkeit bescheinigt würde.

Die Beklagte habe es offensichtlich bevorzugt, den Kläger knappschaftlich zu versichern und habe keinerlei Wert darauf gelegt, seine Tätigkeit als überwiegende Übertagetätigkeit anzusehen, um ihre erhöhten Arbeitgeberanteile zur knappschaftlichen Rentenversicherung zu vermeiden.

Abgesehen davon, dass die vom Bergbau abhängigen Unternehmen und Einrichtungen ein Interesse daran hätten, die Zahl und damit die Bedeutung der Untertagearbeitsplätze hervorzuheben, um dadurch die vielfältigen direkt und indirekt für den Bergbau gewährten Subventionen zu rechtfertigen, sei es für ein Unternehmen letztlich günstig, seinen Arbeitnehmern die vorteilhafte knappschaftliche Rentenversicherung zu verschaffen mit der Folge, dass diese dann leichter unter Gewährung von Anpassungsgeldern, Knappschaftsausgleichsleistungen und ungekürzten Rentenzahlungen aus den Arbeitsverhältnissen ausscheiden könnten.

Dass die Beklagte die knappschaftliche Rentenversicherung nicht als Nachteil empfunden habe, zeige auch der von ihr teilweise vorgelegte Schriftverkehr mit der Deutschen Rentenversicherung sowie das nach ihrem Vorbringen auch an den Kläger versandte Schreiben vom 21./22.09.2005. Die Beklagte habe sich dafür eingesetzt, ihre Arbeitnehmer auch weiterhin knappschaftlich rentenversichern zu können. In ihrem Schreiben vom 21./22.09.2005 habe sie ihr Bedauern ausgedrückt, selbst keine Möglichkeit mehr zu haben, die knappschaftliche Versicherung zu sichern. Die Diktion des Schreibens habe den Schluss nahegelegt, dass die Arbeitnehmer hätten veranlasst werden sollen, darauf zu achten, knappschaftlich versichert zu bleiben.

Der Kläger habe auch den Eindruck gewinnen können, die Beklagte habe keinen Wert da-rauf gelegt, die Nachweise zu überprüfen. Er habe annehmen können, dass sie wie jedes andere Unternehmen plane und mitverfolge, aufgrund welchen Kundenauftrags ihr Arbeitnehmer wo, in welcher Weise, mit welchen Mitteln, Aufwendungen und mit welchem Ergebnis für sie tätig sei. Gleichwohl habe sie die Untertagebescheinigungen nicht geprüft und damit den Eindruck vermittelt, im eigenen Interesse gar nicht wissen zu wollen, ob falsche Bescheinigungen eingereicht würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf das Urteil vom 01.08.2007 (Bl. 210 - 220 d.A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 23.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.11.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 03.12.2007 eingehend begründet.

Sie behauptet:

Der Kläger habe nicht nur inhaltlich falsche Urkunden vorgelegt, sondern diese auch unter Verwendung von gefälschten Stempeln hergestellt und sich damit strafbar gemacht. Seine Tat berühre unmittelbar den Vertrauensbereich des Arbeitsverhältnisses und mache daher eine Abmahnung entbehrlich.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass dem Kläger nach wie vor jedes Unrechtsbewusstsein fehle.

Ihr könne eine mangelhafte Kontrolle der Untertagenachweise schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil sie ihren Mitarbeitern vertraut habe und die äußerlich korrekten Nachweise als zutreffend hingenommen habe.

Weder ihr Personalleiter F2 noch ihre Geschäftsführer hätten von der langjährig geübten Praxis gewusst. Das ergebe sich schon aus den Aussagen der Zeugen M2 und F2 in den Rechtsstreiten H5 gegen die Beklagte und K4 gegen die Beklagte (Arbeitsgericht Dortmund 8 Ca 6058/06 und 4 Ca 2790/07). Selbst bei entsprechenden Weisungen seiner unmittelbaren Vorgesetzten sei der Kläger nicht entlastet, sondern hätte sich bei dem Personalleiter oder ihren Geschäftsführern der Rechtmäßigkeit seines Tuns vergewissern müssen.

Zu Unrecht halte ihr das erstinstanzlichen Gericht vor, dass rechtswidrige Vorgehen des Klägers habe in ihrem Interesse gelegen.

Wegen des diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf ihren Schriftsatz vom 29.11.2007 (Bl. 250 - 257 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte begehrt hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und trägt zur Begründung vor:

Im Laufe des Prozesses habe sich ergeben, dass der Kläger über Jahre Monat für Monat gefälschte Belege vorgelegt habe. Ihr Vertrauen in seine Lauterkeit sei restlos zerstört. Zu bedenken sei, dass der im Außendienst tätige Kläger nicht nachhaltig und ständig zu kontrollieren sei.

Weiterhin habe er zu Unrecht erstinstanzlich mehrere Kollegen und ehemalige Vorgesetzte belastet. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf ihren Schriftsatz vom 29.11.2007 (Bl. 260 - 263 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.08.2007, AZ: 10 Ca 6060/06, abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer ins Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet:

Von der Aufhebung des Vorstandsbeschlusses der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 15.10.2004 sei er nicht betroffen gewesen und habe auch von der Beklagten keine entsprechende Mitteilung erhalten.

Für ihn sei der Untertagestatus aufgrund der Ableistung von mindestens 18 Schichten monatlich unter Tage maßgeblich gewesen.

Dieser Status sei ihm im Juni 1999 im Rahmen der Überlegung, aus der Montageabteilung in den Vertrieb zu wechseln, von seinem Vorgesetzen I2 zugesagt worden. Dieser habe erklärt, alle seine Mitarbeiter sowie deren Vorgänger und er selbst hätten den untertägigen Rentenstatus, das sei schon über Jahrzehnte so üblich.

Im Vertrauen auf diese Aussage habe er in den Vertrieb gewechselt.

Die Beklagte habe Anfang der 60er Jahre Mitarbeiter der D6 S6 (D7) abgeworben und ihnen dabei den Untertagestatus garantiert. So sei die Praxis der Untertagenachweise entstanden. Für die Ingenieure sei klar gewesen, dass sie aufgrund ihrer unterschiedlichen Tätigkeiten niemals auf 18 Grubenfahrten monatlich hätten kommen können. Aber es habe die mündliche Garantie der Beklagten gegeben, dass sich jeder Ingenieur die fehlende Untertageschichten habe aufschreiben dürfen. Bis Mitte 2006 sei diese mündliche Absprache zwischen den Ingenieuren und der Geschäftsführung auch einschränkungslos umgesetzt worden.

Die Beklagte habe sich dann Mitte 2006 der Prüfung der Aufschreibungspraxis bedient, um angesichts einer sinkenden Auftragslage Mitarbeiter zu entlassen.

Er habe Stempel und Unterschriften nicht gefälscht. Das ergebe sich schon aus einem Vergleich mit dem Untertagenachweis seines Abteilungsleiters I2 für den Monat Mai 2005.

Die von den Serviceingenieuren geübte Praxis, inhaltlich falsche Untertagenachweise vorzulegen, müsse der Geschäftsführung sowie den Personalleitern F2 bzw. ab 2006 M4 schon aufgrund der Stunden- und Reisekostenabrechnungen bekannt gewesen sein. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens des Klägers wird auf seinen Schriftsatz vom 29.01.2008 (Bl. 304 - 309 d.A.) Bezug genommen. Die genannten Serviceingenieure seien alle noch bei der Firma B6/D1 E2 GmbH beschäftigt.

Zu berücksichtigen sei auch, dass der stellvertretende Montageleiter T1 Herrn M2 mehrfach auf die falschen Untertagenachweise in der Montageabteilung hingewiesen habe. Er habe von Herrn M2 die Antwort bekommen, es sei eine entsprechende Abmachung mit Herrn F2 getroffen worden. Entsprechende Hinweise habe er von seinem Vorgesetzten I2 erhalten.

Dieser habe entgegen dem Vorbringen der Beklagten einen Untertagestatus gehabt.

Der Kläger ist der Auffassung, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hätte die Beklagte ihn vor Ausspruch einer Kündigung abmahnen müssen.

Das Gericht hat die Verfahrensakten H5 ./. Firma D1 GmbH Arbeitsgericht Dortmund 8 Ca 6058/06 = LAG Hamm 17 Sa 1998/07 und K4 ./. Firma D1 GmbH Arbeitsgericht Dortmund 4 Ca 2790/07 = LAG Hamm 17 Sa 62/08 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Es hat mit Zustimmung der Parteien Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, der Personalleiter F2 habe keine Kenntnis von der rechtswidrigen Nachweispraxis gehabt und diese nicht toleriert, durch Verwertung der Zeugenaussagen F2 und M2 in dem Rechtsstreit H5 ./. Firma D1 im Wege des Urkundsbeweises. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.10.2007 in dem Verfahren H5 ./. Firma D1 (Bl. 283, 284 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 b, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 01.08.2007 ist begründet. Das erstinstanzliche Gericht hat zu Unrecht der Klage stattgegeben.

II.

Der Kündigungsschutzantrag ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 4 Satz 1 KSchG.

Die Kündigungsschutzklage ist jedoch unbegründet.

a) Der Kläger hat die Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG gewahrt. Die Kündigungsschutzklage ist am 28.12.2006 während der gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnenden dreiwöchigen Klagefrist ab Zugang der Kündigung am 22.12.2006 bei dem erstinstanzlichen Gericht eingegangen.

b) Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

aa) Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1, 2 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Kündigung zu hören und ihm die Kündigungsgründe mitzuteilen.

Die Informationspflicht umfasst die Mitteilung der sozialen Daten des Arbeitnehmers, der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, der Unterhaltspflichten und gegebenenfalls einer Schwerbehinderung (vgl. KR-Etzel 8. Auflage, § 102 BetrVG Rdnr. 58 a), über die die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 22.12.2006 vollständig unterrichtet hat, sowie den Hinweis auf die Art der Kündigung und den Zeitpunkt, zu dem gekündigt werden soll (vgl. KR-Etzel a.a.O. § 102 BetrVG Rdnr. 59). Auch diese Informationspflicht hat die Beklagte erfüllt.

Ferner muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die wesentlichen Gründe mitteilen, die ihn zur Kündigung veranlassen. Die Betriebsratsanhörung ist subjektiv determiniert. Eine aus Sicht des Arbeitgebers bewusst unrichtige oder unvollständige und dadurch irreführende Darstellung des Kündigungssachverhalts stellt keine ordnungsgemäße Anhörung dar (vgl. KR-Etzel a.a.O. § 102 BetrVG Rdnr. 62). Die Beklagte hat dem Betriebsrat ausreichend substantiiert mitgeteilt, dass sie dem Kläger vorwirft, über einen längeren Zeitraum, insbesondere an detailliert mitgeteilten Tagen in der Zeit von Juli bis September 2006 nicht unter Tage gearbeitet, aber gleichwohl Untertagenachweise vorgelegt zu haben, die er entweder gefälscht oder deren inhaltlich unrichtige Erstellung durch Dritte er gebilligt hat. Sie hat ihn insbesondere auf die Möglichkeit hingewiesen, dieses Fehlverhalten durch Recherchen der inneren Revision bei den jeweiligen Bergwerken nachweisen zu können. Der Betriebsrat ist auch über die für den Kläger mit den falschen Bescheinigungen verbundenen Vorteile in der knappschaftlichen Rentenversicherung ausreichend informiert worden. Entsprechend hat der Kläger die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsinformation nicht in Abrede gestellt.

bb) Das Anhörungsverfahren war bei Kündigungsausspruch beendet. Der Betriebsrat hat noch am 22.12.2006 abschließend mit der Erklärung Stellung genommen, die Kündigung zur Kenntnis genommen zu haben und keine weiteren Erklärungen mehr abgeben zu wollen. In diesem Falle brauchte die Beklagte den Ablauf der einwöchigen Frist zur Stellungnahme nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht abzuwarten (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2004 - 2 AZR 461/03, NZA 2004, 1330; KR-Etzel a.a.O. § 102 BetrVG Rdnr. 103).

Der Einwand des Klägers, schon aus dem zeitlichen Ablauf ergebe sich, dass der Betriebsratsvorsitzende Stellung genommen habe, ohne eine ordnungsgemäße Willensbildung des Gremiums herbeizuführen, insbesondere könne nicht von einer ordnungsgemäßen Ladung der Betriebsratsmitglieder zu einer Sitzung am 22.12.2006 ausgegangen werden, ist unerheblich. Mängel, die in dem Bereich vorkommen, für den der Betriebsrat zuständig und verantwortlich ist, also Fehler bei der Willensbildung, berühren die Ordnungsgemäßheit des Anhörungsverfahrens nicht. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber weiß oder vermuten kann, dass das Verfahren des Betriebsrats nicht fehlerfrei verlaufen ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2004 a.a.O.; Urteil vom 16.01.2003 - 2 AZR 707/01, NZA 2003, 1791).

Das Anhörungsverfahren vollzieht sich in zwei aufeinanderfolgenden Verfahrensabschnitten, die nach ihrem Verantwortungsbereich voneinander abzugrenzen sind. Der Arbeitgeber hat zunächst unter Beachtung der Erfordernisse nach § 102 Abs. 1 BetrVG das Verfahren einzuleiten. Danach ist es Aufgabe des Betriebsrates, sich mit der Kündigung zu befassen und darüber zu entscheiden, ob und wie er Stellung nehmen will. Die Trennung nach Verantwortungsbereichen ermöglicht es, Fehler im Verfahren sachgerecht zuzuordnen. Nur wenn dem Arbeitgeber ein Fehler unterläuft, liegt darin eine Verletzung des § 102 Abs. 1 BetrVG, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (vgl. BAG, Urteil vom 16.01.2003 a.a.O.), denn der Arbeitgeber hat keinen rechtlichen Einfluss auf das Verfahren des Betriebsrats.

Nur ausnahmsweise muss sich der Arbeitgeber einen Fehler des Betriebsrates zurechnen lassen, wenn für ihn erkennbar nur eine Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden vorliegt, weil dieser der Kündigung sofort zustimmt, oder der Arbeitgeber den Fehler durch unsachgemäßes Verhalten wie Verkürzung der Frist zur Stellungnahme selbst verursacht hat (vgl. BAG, Urteil vom 16.01.2003, a.a.O.; Urteil vom 18.08.1982 - 7 AZR 437/80, BAGE 40, 42). Für diese Ausnahmen bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte.

c) Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, weil sie durch Gründe in dem Verhalten des Klägers bedingt ist.

aa) Er hat seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten objektiv dadurch verletzt, dass er der Beklagten Nachweise für Untertagearbeiten vorgelegt hat, die er nicht geleistet hat, mit dem Ziel, diese zu veranlassen, die Bescheinigung im Rahmen der knappschaftlichen Rentenversicherung zur Rechtfertigung seines Rentenversicherungsstatus zu verwenden. Er räumt ein, nicht nur in den Monaten Juli bis September 2006 falsche Bescheinigungen vorgelegt zu haben, sondern mindestens seit dem Wechsel in den Vertrieb 1998 so vorgegangen zu sein.

Im Ergebnis unerheblich ist, ob er die Atteste selbst unter Verwendung gefälschter Bergwerksstempel erstellt hat oder Gefälligkeitsatteste von ihm geneigten Bergwerksangehörigen eingeholt hat. Auch wenn zu seinen Gunsten von der Nichterweislichkeit des Vorwurfs der Urkundenfälschung ausgegangen wird, handelt es sich um eine schwere Pflichtverletzung einerseits im Hinblick auf die Häufigkeit und Dauer seines Vorgehens, andererseits im Hinblick darauf, dass er betriebsfremde Dritte, die bei Kunden der Beklagten beschäftigt sind, zu einem unrechtmäßigen Vorgehen veranlasst und damit den guten Ruf der Beklagten als redliche Vertragspartnerin gefährdet hat. Er hat die Beklagte veranlasst, ihn weiterhin zur knappschaftlichen Rentenversicherung zu melden und erhöhte Arbeitgeberbeiträge zu leisten. Zu berücksichtigen ist ferner, dass er sie der Gefährdung ausgesetzt hat, von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See wegen wissentlich falscher Meldungen belangt zu werden.

bb) Sein Handeln ist rechtswidrig. Eine etwaige Zustimmung der Beklagten rechtfertigte sein Vorgehen im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Bedeutung der Untertagenachweise nicht.

cc) Er kann sein Vorgehen auch nicht damit entschuldigen, er habe auf Weisung seiner unmittelbaren Vorgesetzten gehandelt.

Nach Auffassung der Kammer kann dahinstehen, ob sich sein Vorgesetzter I2 ebenfalls Vorteile durch Vorlage falscher Untertagenachweise verschafft und ihn bei Wechsel in seine Abteilung angeleitet hat, zur Aufrechterhaltung der knappschaftlichen Rentenversicherung ebenso vorzugehen. I2 war sein Fachvorgesetzter und nach klägerischem Vortrag nicht mit Personalbefugnissen ausgestattet.

Unerheblich ist auch, dass zahlreiche Mitarbeiter der Beklagten ihre Pflichten in gleicher Weise verletzt haben. Entscheidend ist, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Personalleiter der Beklagten und/oder die Geschäftsführer von den Praktiken informiert waren und diese geduldet haben.

Der Kläger vermochte dem diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten nicht durch Vortrag entgegenzutreten, wann wer wen unterrichtet hat. Aus der Tatsache, dass viele Mitarbeiter seine Praxis geteilt haben, dass nach seinem Vortrag auch der Betriebsrat Bescheid wusste, schließt er, dass auch die Personalverantwortlichen informiert waren. Diese Schlussfolgerung ist durch die Beweisaufnahme des Arbeitsgerichts Dortmund in dem Rechtsstreit H5 gegen die Beklagte widerlegt worden. Der ehemalige Personalleiter F2 hat in seiner Zeugenvernehmung ausdrücklich erklärt, keinem Mitarbeiter die Anweisung gegeben zu haben, falsche Untertagenachweise zu erstellen und vorzulegen; ihm sei eine derartige Praxis auch nicht bekannt gewesen; sie sei nicht Gegenstand von Gesprächen zwischen ihm und der Geschäftsleitung gewesen. Nichts anderes hat der Zeuge in der erstinstanzlichen Beweisaufnahme vom 22.11.2007 in dem Rechtsstreit K4 gegen die Beklagte bekundet. Einer Beiziehung der Verfahrensakte sind die Parteien nicht entgegen getreten.

Der selbst von einer Kündigung wegen falscher Untertagenachweise betroffene Zeuge M2, Fachvorgesetzter des Klägers T1 (LAG Hamm 17 Sa 1999/07), hat in der erstinstanzlichen Beweisaufnahme in dem Rechtsstreit H5 gegen die Beklagte zwar bekundet, es sei mindestens seit 1978 gängige Praxis gewesen, nicht geleistete Grubenfahrten nachzuweisen; es habe insoweit eine Übereinstimmung zwischen den Mitarbeitern bestanden. Er musste allerdings einräumen, nie mit einem Vorgesetzten dieses Problem erörtert zu haben. Er hat ausdrücklich bestätigt, keine entsprechende Absprache mit der Personalleitung getroffen zu haben; vielmehr sei immer wieder darauf hingewiesen worden, dass Mitarbeiter, die die erforderliche Anzahl von Grubenfahrten nicht erreichten, von der knappschaftlichen Versicherung abzumelden seien. Gleichwohl hat der Zeuge gemutmaßt, dass die Geschäftsleitung Kenntnis gehabt habe. Die Vermutung rechtfertigt sich jedoch nicht aus seiner Erklärung, der Personalleiter habe die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter mindestens viermal wöchentlich im Betrieb gesehen. Voraussetzung für die dem Personalleiter zugeschriebene Kenntnis wäre, dass dieser die Nachweise der einzelnen Arbeitnehmer bezüglich der Grubenfahrten selbst geprüft und mit Reisekostenanträgen oder Stundennachweisen oder seinen persönlichen Begegnungen im Betrieb abgeglichen hätte. Dafür bestehen keine Anhaltspunkte

Der Zeuge hat sich in der Beweisaufnahme vom 22.11.2007 in dem Rechtsstreit K4 gegen die Beklagte ebenfalls dahin eingelassen, dass es eine Absprache mit der Personalabteilung nicht gegeben habe, dass nach seiner Einschätzung der Personalleiter aber Kenntnis gehabt haben müsse. Auf Vorhalt der Beklagten hat er jedoch eingeräumt, dass den Reiseanträgen nur der Arbeitsauftrag habe entnommen werden können, jedoch nicht unmittelbar, ob der jeweilige Auftrag über oder unter Tage zu erfüllen gewesen sei.

Im Übrigen hat der in diesem Verfahren vernommene Zeuge I2 die Aussagen der Zeugen F2 und M2 bestätigt, es habe kein Gespräch mit der Personalabteilung über die Praxis gegeben, nicht geleistete Untertageschichten gleichwohl zu melden.

Das Gericht durfte die Zeugenaussagen im Wege des Urkundsbeweises verwerten. Grundsätzlich können Beweisergebnisse anderer Verfahren in den Prozess eingeführt werden. Beantragt allerdings eine Partei die Anhörung von Zeugen, so muss dem Antrag nachgekommen werden, da die Aussagen nicht durch die Verwertung der in einem anderen Verfahren protokollierten Aussage ersetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1992 - VI ZR 215/91, VersR 1992, 1028, Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. § 373 ZPO Rdnr. 9). Hier haben beide Parteien keine Einwendungen gegen die Beiziehung der Verfahrensakten K4 und H5 gegen die Beklagte erhoben und sich sogar ausdrücklich mit der Verwertung der zur Akte gereichten Protokollierungen der Zeugenaussagen M2 und F2 in dem Rechtsstreit H5 gegen die Beklagte einverstanden erklärt. Keine Partei hat im Berufungsverfahren die erneute Vernehmung des Zeugen I2 zu der Behauptung der Beklagten beantragt, die Personalabteilung habe keine Kenntnis gehabt. Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen und gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen sind nicht erhoben worden. Der Kläger hat selbst eingeräumt, dass der Zeuge F2 keine Kenntnis gehabt habe, sondern aus seiner - des Klägers - Sicht die Augen verschlossen habe. Das Gericht hat keinen Anlass, diesbezüglich Zweifel zu hegen, die nur durch die erneute Vernehmung der Zeugen hätten ausgeräumt werden können. Das Gericht brauchte nicht dem Beweisantrag des Klägers nachzukommen, die ehemaligen Geschäftsführer T2 und G1 und den Kollegen T1 als Zeugen zu vernehmen, da mangels Anhaltspunkte für die Kenntnis der Geschäftsführung eine Beweiserhebung auf eine Ausforschung gerichtet gewesen wäre.

Der Kläger muss sich vorhalten lassen, dass er sich ohne jedes Unrechtsbewusstsein in eine nach seinem Vortrag gängige Praxis des Falschaufschreibens zu seinem Vorteil eingefügt hat, ohne sich bei dem Personalleiter oder den Geschäftsführern zu vergewissern, wie bezüglich der Nachweise für die knappschaftliche Rentenversicherung zu verfahren war. Er hat sich allein auf die Aussagen von Kollegen und nach seinem Vortrag seines Vorgesetzten I2 verlassen, obwohl er um die Rechtswidrigkeit ihres Tuns wusste. Sein Verhalten ist nicht entschuldbar.

dd) Die Kammer teilt auch nicht seine Auffassung, die Beklagte hätte ihm zur Vermeidung einer Kündigung eine Abmahnung erteilen müssen.

§ 314 Abs. 2 BGB fordert vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung die vergebliche Abmahnung des Vertragspartners. Im Bereich der ordentlichen Kündigung ist Rechtsgrundlage für das Abmahnungserfordernis der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BAG, Urteil vom 21.02.2001 - 2 AZR 579/99, BAGE 97, 141; Urteil vom 10.11.1988 - 2 AZR 215/88, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung; KR - Fischermeier a.a.O. § 626 BGB Rdnr. 257). Außerdem ist die ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers nicht die Sanktion für seine Vertragspflichtverletzungen in der Vergangenheit, sondern erfordert die negative Prognose einer Wiederholung in der Zukunft. Die Abmahnung dient der Objektivierung dieser Prognose (vgl. LAG Berlin, Urteil vom 03.11.2006 - 13 Sa 1492/06, AfP 2007, 165).

Das Abmahnungserfordernis ist bei jeder verhaltensbedingten Kündigung zu prüfen, selbst dann, wenn es - wie hier - um Störungen im Vertrauensbereich der Vertragspartner geht (vgl. BAG, Urteil vom 04.06.1997 - 2 AZR 526/96; BAGE 86, 95). Voraussetzung ist, dass es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann. Eine Abmahnung ist jedoch dann entbehrlich, wenn das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers eine klare Negativprognose für die weitere Beziehung zulässt und deshalb nicht mehr von der Möglichkeit einer künftigen vertragskonformen Erfüllung ausgegangen werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 04.06.1997 a.a.O.; Urteil vom 18.05.1994 - 2 AZR 626/93, NZA 1995, 65). Das ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer die Vertragsverletzung hartnäckig und uneinsichtig begangen hat.

Hier ist die Voraussetzung der Hartnäckigkeit zweifellos angesichts des Zeitraums und der Häufigkeit der Pflichtwidrigkeit erfüllt. Zweifelhaft ist, ob der Kläger uneinsichtig ist. Einerseits verteidigt er sein Handeln als betriebsüblich und zeigt auch jetzt noch wenig Unrechtsbewusstsein, andererseits verweist er darauf, er hätte die rechtswidrige Praxis nach entsprechendem Hinweis der Beklagten unverzüglich eingestellt. Das ist ihm nicht zu widerlegen.

Eine Abmahnung ist aber auch dann entbehrlich, wenn sie nicht mehr das ausreichende Mittel zur Wahrung der Interessen des Arbeitsgebers ist, namentlich, wenn es sich um schwerwiegende Pflichtverletzungen handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 31.03.1993 - 2 AZR 492/92, NZA 1994, 409; Urteil vom 26.08.1993 - 2 AZR 154/93, BAGE 74, 127). Das gilt gerade auch bei Pflichtverletzungen im Vertrauensbereich (vgl. BAG, Beschluss vom 10.02.1999 - 2 ABR 31/98, BAGE 91,30).

Dass der Kläger in schwerwiegendem Maße seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat, ist bereits ausgeführt worden.

Die Kammer folgt nicht seiner Auffassung, die Rechtswidrigkeit seines Tuns sei für ihn nicht offenkundig gewesen. Allein aus der Tatsache, dass er der Beklagten inhaltlich falsche Bescheinigungen mit Gefälligkeitsunterschriften von nicht autorisierten Personen vorgelegt hat und vorlegen musste, um den knappschaftlichen Untertagestatus zu behalten, musste sich ihm die Unrechtmäßigkeit seines Tuns aufdrängen. Es lag ohne vernünftigen Zweifel auf der Hand, dass er sich eine rentenversicherungsmäßige Absicherung erschlich, auf die er keinen Anspruch hatte.

Ohne Rückversicherung bei der Beklagten konnte er nicht davon ausgehen, sie werde bei Aufdeckung seines Handelns dieses hinnehmen, es entspreche gar ihren Interessen. Entgegen der klägerischen Auffassung hat sie keine darauf hinweisenden Signale gesetzt.

Der Beklagten war das Vorgehen des Klägers und seiner Kollegen nicht bekannt. Wie schon ausgeführt, hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der vormalige Personalleiter F2 keine Kenntnis hatte. Für die Kenntnis der Geschäftsführer haben sich ebenfalls keine überzeugenden Anhaltspunkte ergeben. Fehlte ihnen die Kenntnis, kann ihnen allein die fehlende Kontrolldichte nicht vorgehalten werden. Richtig ist, dass die Fehlerhaftigkeit der Nachweise viel früher entdeckt worden wäre, wenn wenigstens stichprobenweise die Angaben aus den Kundenaufträgen, bei den Serviceingenieuren aus den Reisekosten- und Stundenabrechnungen und den Untertagenachweisen zusammengeführt worden wären. Der vom Kläger daraus gezogene Schluss, die Beklagte habe bewusst nachlässig kontrolliert, habe "nichts wissen" wollen, da die knappschaftliche Rentenversicherung auch in ihrem Sinne gewesen sei, ist nicht zwingend. Der Kläger hat die mit einer selbständigen Tätigkeit und entsprechenden Verantwortlichkeit verbundene Position eines Vertriebsingenieurs bekleidet. An ihn durfte die Beklagte im Hinblick auf die Korrektheit seines Handelns einerseits erhöhte Anforderungen stellen, ihm andererseits aber auch ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen, zumal die äußerlich korrekten Nachweise von seinen Vorgesetzten nie beanstandet worden sind. Wie der Zeuge F2 in dem Rechtsstreit K4 gegen die Beklagte erstinstanzlich bekundet hat, oblag die Prüfung der Untertagenachweise des Klägers dem Leiter der Vertriebsabteilung I2, der sie nach seiner Aussage nicht kontrolliert hat, nach Vortrag des Klägers sogar in die rechtswidrige Praxis eingebunden war.

Dem Kläger kann zugestanden werden, dass die knappschaftliche Versicherung für die Beklagte zwar mit höheren Arbeitgeberbeiträgen verbunden war, sie gleichwohl den Übertagestatus der Abteilung aufgrund des Vorstandsbeschlusses der Knappschaft vom 25.01.1979 und den besonderen Untertagestatus einzelner Mitarbeiter den beiderseitigen Interessen entsprechend angesehen hat. In ihrem Schreiben an Mitarbeiter vom 21./22.09.2005 mag auch ein Bedauern zum Ausdruck kommen, die knappschaftliche Rentenversicherung nur noch bei einer überwiegenden Tätigkeit der Arbeitnehmer unter Tage durchführen zu können. Diesem Schreiben, das dem Kläger nach seiner Behauptung nicht zugegangen ist, lässt sich jedoch kein Hinweis darauf entnehmen, die Beklagte sei bereit, den knappschaftlichen Untertagestatus mit allen Mitteln, auch mit Hilfe von falschen Nachweisen zu erhalten. Es ist ein entscheidender Unterschied, ob ein Unternehmen versucht, einen günstigen Status durch Verhandlungen, durch offensives Vertreten bestimmter Rechtspositionen hier gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zu erhalten, oder ob eindeutig rechtswidrige Praktiken initiiert oder wenigstens toleriert werden. Dass in subventionierten Bereichen Missbrauch vorkommt, ist Alltagswissen, das dem Kläger jedoch nicht erlaubte, die Hinnahme seines Tuns durch die Beklagte allein im Hinblick auf deren Vorteile durch die knappschaftliche Rentenversicherung anzunehmen. Dabei lässt er außer Acht, dass die Beklagte für Vorteile im Einzelfall bei Ausscheiden von Arbeitnehmern erhöhte finanzielle Aufwendungen hat. Außer Acht lässt er auch, dass die Hinnahme der klägerischen Praxis sie in eine Abhängigkeit von den "gefälligen" Mitarbeiten auf den Bergwerken gebracht, die über kurz oder lang zu besorgende Aufdeckung ihren guten Ruf nachhaltig geschädigt und sie erheblichen finanziellen Forderungen ausgesetzt hätte. Die Bereitschaft zur Eingehung eines solchen Risikos konnte der Kläger ihr nicht unterstellen.

Entsprechend musste sich ihm ohne weiteres aufdrängen, dass sie auf den Vertrauensverlust mit Ausspruch einer Kündigung reagieren würde.

ee) Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 b KSchG hat der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung zu prüfen, ob der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in dem Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob der Betriebsrat aus diesen Gründen der Kündigung gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 BetrVG widersprochen hat (vgl. KR-Griebeling a.a.O. § 1 KSchG Rdnr. 197). Er gilt auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung, die mit einem arbeitsplatzbezogenen Pflichtenverstoß begründet wird. Voraussetzung ist jedoch, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung möglich und zumutbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.1994 a.a.O.).

Hier ergeben sich aus dem Parteivortrag schon keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Kläger auf einem anderweitigen freien Arbeitsplatz hätte beschäftigen können, dessen Ausgestaltung gleichartige Pflichtenverstöße nicht erwarten ließe.

ff) Die Interessenabwägung musste zu Lasten des Klägers ausgehen.

Die Kammer hat nicht verkannt, dass er zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs mehr als 20 Jahre bei der Beklagten tätig war. Er ist aber noch so jung und verfügt über eine qualifizierte Ausbildung, dass seine Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt nicht aussichtslos sein dürften. Unterhaltspflichten für Kinder, die zu einer besonderen Angewiesenheit auf den Arbeitsplatz führten, bestehen nicht.

Zu seinen Lasten musste berücksichtigt werden, dass er als außertariflicher Angestellter mit einem Einsatz überwiegend im Außendienst in einer besonderen Verantwortung gegenüber der Beklagten stand, sie sich - wie ausgeführt, in besonderem Maße seiner Vertrauenswürdigkeit gewiss sein musste. Dieses Vertrauen hat er spätestens seit 1998 regelmäßig verletzt, um sozialversicherungsrechtliche Vorteile zu erlangen. Er hat die Beklagte laufend veranlasst, der Rentenversicherung falsche Nachweise vorzulegen und sie damit der Gefahr von Ermittlungen des Rentenversicherungsträgers ausgesetzt. Gleichzeitig war sein Tun geeignet, den guten Ruf der Beklagten in den Bergwerken zu schädigen. Erschwerend kommt hinzu, dass er noch im Prozess behauptet hat, subjektiv von der Rechtmäßigkeit seines Tuns überzeugt gewesen zu sein, weil viele Kollegen und nach seinem Vortrag auch der unmittelbare Vorgesetzte entsprechend gehandelt hätten. Damit zeigt er eine Hartnäckigkeit, die der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Dagegen spricht nicht seine Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses. Die Beklagte ist erstinstanzlich zur Beschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag verurteilt worden und musste den Kläger antragsgemäß einsetzen.

Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil diese nach Eindruck des Klägers nicht alle betroffenen Arbeitnehmer entlassen hat.

Nach herrschender Meinung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Beurteilung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung wegen der individuellen Ausgestaltung des Kündigungsschutzes nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 28.04.1982 - 7 AZR 1139/79, BAGE 38, 348; Urteil vom 22.02.1979 - 2 AZR 115/78, DB 1979, 1659). Diese Auffassung ist in der Literatur nicht unumstritten. Teilweise wird vertreten, dass die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, er nur bewirkt, dass bei Unterschieden im Einzelfall kein gleich zu behandelnder Sachverhalt vorliegt (vgl. KR-Griebeling a.a.O. § 1 KSchG Rdnr. 233). Einigkeit besteht aber insoweit, als der Gleichbehandlungsgrundsatz eine mittelbare Auswirkung auf die Interessenabwägung dann haben kann, wenn der Arbeitgeber bei gleicher Ausgangslage (gleichartigen Pflichtverletzungen) nicht allen beteiligten Arbeitnehmern kündigt und daraus zu schließen ist, dass es für ihn zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis auch mit dem gekündigten Arbeitnehmer fortzusetzen (vgl. BAG, Urteil vom 28.04.1982 a.a.O.).

Hier sah sich die Beklagte mit einem komplexen Sachverhalt von Pflichtverletzungen zahlreicher Arbeitnehmer teilweise über Jahrzehnte konfrontiert. Nach ihrem Vortrag hat ihre Prüfung keine weiteren Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen nicht entlassener Arbeitnehmer ergeben. Selbst wenn die Kammer den Vortrag des Klägers zu Pflichtverletzungen von Kollegen in den letzten Jahren als wahr unterstellt, so ergibt sich, dass die von ihm benannten Serviceingenieure P4, R3, B7, H6, F3, W2, L5, Z2, M3, R1, M5, G2, L6, T3, J3, nicht bei der Beklagten, sondern bei der Firma B6/D1 E2 GmbH, beschäftigt sind. Die Beklagte firmiert als D1-GmbH.

Selbst wenn sie aber Arbeitnehmer der Beklagten sein sollten, so liegt im Vergleich zu dem Mitarbeiter F3 schon deshalb keine Ungleichbehandlung vor, weil dieser schon im Oktober 2004 bei der Beklagten ausgeschieden ist. Bei den übrigen von dem Kläger benannten Pflichtverletzungen der Serviceingenieure handelt es sich um Handlungen bei Auslandseinsätzen im Wesentlichen vor dem Jahr 2006, die erheblich schwerer aufzuklären sind, als die fälschlich nachgewiesenen Untertageeinsätze des Klägers und der mit ihm entlassenen Kollegen, die sämtlichst Nachweise von deutschen Bergwerken der Firma D7 vorgelegt haben. Hier konnte sich die Beklagte zur Aufklärung der R2 Konzernrevision bedienen. Dass nicht alle Kollegen, die im Jahre 2006 falsche Nachweise deutscher Bergwerke vorgelegt haben, entlassen wurden, hat der Kläger selbst nicht behauptet.

dd) Die Beklagte hat die gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnende Kündigungsfrist von 7 Monaten zum Monatsende nach Ziffer 11 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 19.04.2005 gewahrt.

III.

Der hilfsweise von dem Kläger gestellte Weiterbeschäftigungsantrag und der Hilfsantrag der Beklagten sind nicht zur Entscheidung angefallen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Gründe im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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