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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 17 Sa 64/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB, GG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 242
BGB § 1004
GG Art. 1
GG Art. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 07.09.2006 - 2 Ca 851/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers.

Dieser ist seit 1992 als Angestellter bei der Beklagten tätig. Seit 2000 nimmt er die Aufgaben eines Maklerbetreuers mit Home-Office an seinem Wohnsitz wahr. Seinem Tätigkeitsbereich liegt eine Aufgabenbeschreibung für DBV/VPR (Bl. 55 d.A.) zugrunde. Danach ist der Kläger verantwortlich für die Betreuung und Pflege von Verbindungen zu Vertriebspartnern. Des Weiteren soll er neue Verbindungen zu Vertriebspartnern herstellen mit dem Ziel, bestandsfeste Neugeschäft in allen von der V1-Versicherungsgruppe betriebenen Sparten zu fördern. Unter anderem hat er zu bewirken, dass die festgelegten Produktions- und Rentabilitätsziele erfüllt werden. Er hat zielgerichtete Kontakte zu Vertriebspartnern aufzubauen und zu pflegen und diese in schwierigen Vertragsverhandlungen auf Anforderung zu unterstützen. Er erarbeitet Anregungen und Vorschläge zu verkaufsfördernden Maßnahmen und Aktionen.

Die Makler schließen die Verträge mit den Endkunden. Unter anderem verkaufen sie Lebensversicherungen.

Der Kläger ist der Gebietsdirektion N1 als Direktionsbevollmächtigter zugeordnet. Neben ihm waren im Jahre 2005 elf weitere Mitarbeiter durchgehend der Bezirksdirektion zugeordnet. Die Mitarbeiterin R1 verließ den Bezirk mit dem 30.06.2005, um zum 01.07.2005 zu der Gebietsdirektion S4 zu wechseln. Die Mitarbeiterin H5 schied zum 01.10.2005 bei der Beklagten aus. Zum 01.11.2005 trat der Mitarbeiter P2 in die Bezirksdirektion ein.

Die Gebietsaufteilung für die Gebietsdirektion N1 - Stand 09.02.2006 - ergibt sich aus der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 06.09.2006 vorgelegten Anlage (Bl. 118 d.A.). Der Kläger hat die Gebiete mit den Postleitzahlen 32 und 33 zu betreuen.

Ihm gelang es im Jahre 2005 9 Vertragsmakler an die Beklagte zu binden. Insgesamt erzielten die Direktionsbevollmächtigten 250 Neuanbindungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 06.09.2006 vorgelegte Aufstellung (Bl. 115 d.A.) Bezug genommen.

Im Bereich der Lebensversicherungen erzielte der Kläger eine Bruttobeitragssumme von 4.244,00 T Euro, aus der sich eine Nettobeitragssumme von 316 T Euro ergab. Insgesamt betrug die Bruttoproduktion aller Maklerbetreuer 173.260 T Euro und die Nettoproduktion 110.343 T Euro. In der Gebietsdirektion S4 wurde eine Gesamtproduktion im Bereich der Lebensversicherung von 161.113 T Euro brutto und 101.247 T Euro netto erwirtschaftet. Wegen der Beitragssummen der einzelnen Mitarbeiter in den Gebietsdirektionen wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 06.09.2006 vorgelegten Aufstellungen (Bl. 116, 117 d.A.) verwiesen.

Im Januar und Februar 2006 warb der Kläger einen neuen Vertriebspartner an, während die weiteren Direktionsbevollmächtigten der Gebietsdirektion N1 durchschnittlich 3,8 neue Vertriebspartner gewinnen konnten. Im Januar 2006 betrug seine Nettobeitragssumme 71.100 T Euro und im Februar 2006 173.000 Euro. Sie lag damit etwa 80 % unter der Beitragssumme der übrigen zwölf im Jahre 2006 in der Gebietsdirektion beschäftigten Maklerbetreuer.

Mit Schreiben vom 22.03.2006 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, wegen deren Einzelheiten auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Kopie (Bl. 12 d.A.) Bezug genommen wird. Sie rügte seine unterdurchschnittlichen Leistungen in den Bereichen Neuanbindung von Vertragspartnern und Erwirtschaftung von Beitragssummen aus Lebensversicherungen.

Mit Schreiben von 19.04.2006 (Bl. 14, 15 d.A.) begehrte der Kläger die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte.

Das Begehren verfolgt er mit seiner am 24.05.2006 bei dem Arbeitsgericht Rheine eingegangenen Klage weiter.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis inzwischen zum 30.06.2007 wegen Minderleistungen des Klägers. Die gegen die Kündigung eingereichte Klage wird beim Arbeitsgericht Rheine unter dem Aktenzeichen 1 Ca 33/07 geführt.

Der Kläger hat behauptet:

Er sei stets seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachgekommen. Seine Tätigkeit sei äußerst umfangreich und erschöpfe sich nicht in der Akquise von Neugeschäften, die lediglich 10 % seiner Gesamttätigkeit ausmache.

Die Beklagte habe ihm keine Leistungsziele gesetzt.

Einfluss auf die von den Maklern erzielten Beitragssummen habe er nicht. Die schlechte Nettobeitragssumme beruhe darauf, dass allein ein Vertriebspartner, die Firma B3-C1 im Jahre 2005 mehr als 2 Mio. Euro Beitragssumme LV Storno zu verantworten habe. Wäre es nicht zu diesem Storno gekommen, hätte er zu den besten Mitarbeitern der Beklagten gehört. Die Betreuung eines solch umfangreichen Betriebspartners habe erhebliche Zeit in Anspruch genommen. Dadurch sei das Neugeschäft erschwert worden. Auch bezüglich der Neuanbindungen lasse die Gegenüberstellung der Produktionsergebnisse keinen Rückschluss auf Minderleistungen zu. Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass die innerhalb der Gebietsdirektion N1 zu betreuenden Gebiete hinsichtlich der Umsatzzahlen, der Struktur der betreuten Makler, der Einwohnerzahlen und der Fläche vergleichbar seien. Deshalb seien die Produktionsergebnisse anderer Mitarbeiter nicht aussagekräftig. So habe der Mitarbeiter P3 in 2005 nur 13 Neuanbindungen erzielt, sei aber hinsichtlich der erwirtschafteten Nettobeitragssumme Lebensversicherung der zweitbeste Mitarbeiter. Er habe sich demnach nur wenig bemühen müssen, um geschäftlich Erfolg zu haben.

Der Mitarbeiter W3 habe dagegen 24 Neuanbindungen erzielt, gleichwohl aber nur eine Nettobeitragssumme im Bereich der Lebensversicherungen von 6.826 T Euro erzielt. Er habe sich überdurchschnittlich bemüht, jedoch mit mäßigem Erfolg.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die ihm mit Schreiben vom 22.03.2006 erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet:

In mehreren Kritikgesprächen sei dem Kläger dargestellt worden, dass seine Arbeitsleistung von ihr nicht als ausreichend angesehen werde, da sowohl die Zahl der angeworbenen Vertriebspartner als auch der von diesen erzielte Umsatz in der Sparte Lebensversicherungen hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben sei. Da die Kritikgespräche zu keinen Leistungssteigerungen in den ersten beiden Monaten 2006 geführt hätten, habe sie die streitgegenständliche Abmahnung aussprechen müssen.

Der Kläger sei sowohl in Bezug auf die Tätigkeitsinhalte als auch in Bezug auf die zu betreuende Region mit ihren anderen Maklerbetreuern vergleichbar.

Bei dem Produkt Lebensversicherung habe er für das Jahr 2005 eine Zielvorgabe von mindestens 5 Millionen Euro netto Beitragssumme gehabt.

Mit Urteil vom 07.09.2006 hat das Arbeitsgericht Rheine die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Es hat ausgeführt:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 22.03.2006 aus seiner Personalakte.

Die Beklagte rüge mit der Abmahnung Schlechtleistungen.

Ob eine Leistung als Schlechtleistung anzusehen sei, beurteile sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Sei die Arbeitsleistung im Vertrag weder nach Menge noch nach Qualität näher beschrieben, so richte sich der Inhalt des Leistungsversprechens zum einen nach dem vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechts festzulegenden Arbeitsinhalt und zum anderen nach dem persönlichen subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. Dieser müsse unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Ob er dieser Verpflichtung nachkomme, sei für den Arbeitgeber nicht immer anhand objektivierbarer Kriterien zu erkennen. Das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichten Mittelwertes sei oft der einzige für den Arbeitgeber erkennbare Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer seine Reserven nicht ausschöpfe. Diese zur Kündigung wegen Minderleistung angestellten Erwägungen der Rechtsprechung seien auch auf die Abmahnung zu übertragen.

Nach den Regeln der abgestuften Darlegungslast sei es zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen könne. Seien ihm lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse bekannt, so genüge er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vortrage, aus denen ersichtlich sei, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurücklägen. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung müsse stark beeinträchtigt sein.

Dann sei es Sache des Arbeitnehmers, auf den Vortrag zu entgegnen, ggf. das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpfe. Hier könnten altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände eine Rolle spielen. Lege der Arbeitnehmer derartige Gründe plausibel dar, so sei es Sache des Arbeitgebers, sie zu widerlegen.

Der Kläger sei verantwortlich für die Betreuung und Pflege von Verbindungen zu Vertriebspartnern sowie für die Herstellung neuer Verbindungen zu Vertriebspartnern.

Pflichtverletzungen in diesem Teilaufgabengebiet könnten eine Abmahnung rechtfertigen.

Die Nettoproduktion des Klägers im Bereich der Lebensversicherungen liege unzweifelhaft erheblich unter dem Durchschnitt.

Das Ergebnis ändere sich auch nicht unter Einbeziehung der Direktionsbevollmächtigten R1 und H5.

Der deutliche Abstand des Klägers zu allen in den Vergleich einbezogenen Direktionsbevollmächtigten der Gebietsdirektion N1 spreche auch dafür, dass es unerheblich sei, dass der hohe Durchschnitt der Gebietsdirektion N1 auf Ergebnissen überdurchschnittlich erfolgreicher Direktionsbevollmächtigter beruhen könne.

Der Kläger habe zwar die Aussagefähigkeit des Zahlenwerkes bestritten, jedoch nicht dargelegt, aufgrund welcher Faktoren die Gegebenheiten in seinem Gebiet besonders ungünstig seien.

Würden die Bruttoproduktionszahlen wie vom Kläger gewünscht miteinander verglichen, so bliebe es beim deutlichen Abstand der klägerischen Ergebnisse zum Durchschnitt. Unerheblich sei daher für das Ergebnis, dass die Betreuung eines Kunden mit einer Beitragssumme von 2 Mill. Euro nach dem klägerischen Vorbringen erhebliche Zeit in Anspruch nehme und das Neugeschäft erschwere. Gleichwohl sei die Leistung des Klägers unterdurchschnittlich.

Die allgemeinen Schwierigkeiten im Marktbereich der Lebensversicherungen träfen alle Direktionsbevollmächtigten.

Nicht erkennbar sei, dass der Entzug eines Postleitzahlengebietes im Jahre 2002 noch Auswirkungen auf die Produktionsergebnisse in 2005 gehabt habe.

Der Kläger habe nichts Substantiiertes dazu dargetan, weshalb er trotz seiner unterdurchschnittlichen Leistung seine persönliche Leistungsfähigkeit ausgeschöpft habe.

Bezogen auf den Durchschnitt der Neuanbindungen aller Direktionsbevollmächtigter seien auch in diesem Bereich die Leistungen des Klägers unterdurchschnittlich. Sie lägen jedoch noch im üblichen Bereich. Seine Erfolge in diesem Gebiet ließen allerdings nicht den Schluss zu, er habe seine Aktivitäten in besonderem Maße in diesem Bereich entfaltet. Im Gegensatz zu den übrigen Direktionsbevollmächtigten liege er eben nicht nur bei den Neuanbindungen im unteren Bereich, sondern sei darüber hinaus im Vergleich zu den von der Beklagten in den Vergleich einbezogenen Direktionsbevollmächtigten bei den Nettoproduktionsergebnissen nicht in einer Weise erfolgreich, die auf die Ausschöpfung seiner vollen Leistungsfähigkeit schließen lasse.

Wegen der Einzelheiten von Tatbestand und Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf Blatt 119 bis 134 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 28.12.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.01.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.04.2007 am 02.04.2007 eingehend begründet.

Er ist der Auffassung, die Abmahnung sei schon aus formellen Gründen unwirksam, und trägt dazu vor:

Das Fehlverhalten sei nur grob als nicht ausreichender Arbeitsleistung umschrieben worden. Eine Konkretisierung sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe auf Besprechungen Bezug genommen, ohne deren Inhalt darzustellen. Ihm sei insbesondere nicht verdeutlicht worden, wo genau seine Leistungen als Arbeitnehmer im Rahmen der anderen Arbeitnehmer einzuordnen seien.

Die Beklagte habe ihre Darlegungslast nicht erfüllt. Sie habe den Vergleichs- und Beurteilungsmaßstab nicht genannt. Sie hätte die grundlegenden Faktoren des Gebietszuschnitts mitteilen müssen. Ein Direktionsgebiet in K2 sei sicherlich nicht mit einem Direktionsgebiet in H4 zu vergleichen.

Erst wenn der sogenannte "Nenner" ermittelt sei, könne eine Minderleistung objektiv und qualifiziert bewertet werden.

Aus dem Vortrag der Beklagten lasse sich nicht ermitteln, wie kaufstark oder kaufschwach, wie abschlussstark oder abschlussschwach die einzelnen Gebiete seien. Die in den Rechtsstreit eingeführten Produktionsergebnisse müssten dann noch einmal mit einem zu benennenden Faktion in Relation gesetzt werden, um vergleichbare Zahlen zu ermitteln. Dieser Faktor könne sich nur aus dem Gebiet ergeben, das dem einzelnen Mitarbeiter zugeordnet sei.

Zu berücksichtigen sei im Übrigen, dass die Akquise von stornofreien Geschäften sich wesentlich schwieriger gestalte. So könne man durchaus ein Bruttogeschäft erwirtschaften, das anschließend jedoch nicht standhalte. Ermittelte Nettozahlen könnten dann weit hinter die Zahlen desjenigen zurückfallen, der zunächst bei einem Bruttovergleich die wesentlich ungünstigeren Faktoren gehabt habe. Insoweit spiele auch wieder der gemeinsame Nenner eines Gebietes eine tragende Rolle. In strukturschwachen Gebieten seien Nettozahlen schwer haltbar.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Rheine vom 07.09.2006 - 2 Ca 851/06 - die Beklagte zu verurteilen, die mit Schreiben vom 22.03.2006 erteilte Abmahnung aus seiner Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, der Kläger habe weder erstinstanzlich noch in der Berufungsbegründung dargelegt, warum er trotz seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistungen seine persönliche Leistungsfähigkeit ausgeschöpft habe.

Die von ihr in den Vergleich einbezogenen Direktionsbevollmächtigten seien in Bezug auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit mit dem Kläger vergleichbar. Sie seien in identischer Weise verpflichtet, neue Vertriebspartner an die Direktion zu binden und das Neugeschäft zu fördern. Die vorgelegte Aufgabenbeschreibung für die DBV/VPR werde von ihr einheitlich bei allen Direktionsbevollmächtigten verwendet.

Die Vergleichbarkeit sei auch in räumlicher Hinsicht gegeben. Der Kläger habe besonders nachteilige Faktoren in seinem Gebiet nicht dargetan.

Die Beklagte behauptet:

Der Kläger habe im Jahre 2002 eine Beitragssumme von 6.696.000 Euro netto erzielt. Im Jahre 2003 habe die Beitragssumme 12.789.000 Euro netto betragen und habe leicht über dem Durchschnitt der übrigen Direktionsbevollmächtigten gelegen. Im Jahre 2004 habe er immerhin eine Beitragssumme von 7.644.000 Euro netto erzielt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2b, 66 Abs.1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung vom 22.03.2006 aus der klägerischen Personalakte verneint.

1. Die Klage ist zulässig.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Entfernungsanspruch besteht so lange, wie sich die Abmahnung in der Personalakte befindet, das Arbeitsverhältnis noch besteht und eine Beeinträchtigung des Klägers in seiner Rechtsstellung und in seinem beruflichen Fortkommen zu besorgen ist (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.1985 - 5 AZR 101/84, AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht).

Hier steht einem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers nicht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses entgegen, über deren Wirksamkeit die Parteien noch vor dem Arbeitsgericht Rheine - 1 Ca 33/07 - streiten. Die Abmahnung ist geeignet, als Vorstufe zu einer Kündigung im Kündigungsschutzprozess Wirkung zu entfalten. Somit kommt weiterhin eine Beeinträchtigung der beruflichen Stellung des Klägers in Betracht.

2. Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch aus § 242 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG, § 1004 BGB zur Seite (vgl. zur Anspruchsgrundlage BAG, Urteil vom 15.01.1986 - 5 AZR 460/84, DB 1986, 1075; Urteil vom 05.08.1992 - 5 AZR 531/91, AP Nr. 8 zu § 611 BGB Abmahnung).

Ein Beseitigungsanspruch setzt voraus, dass die Abmahnung ungerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass

a) sie entweder pauschale Vorwürfe enthält, sie weder hinreichend genaue zeitliche Angaben noch nähere Einzelheiten und Umstände der angesprochenen Vorfälle aufweist (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.1990 - 12 Sa 98/89, LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 25; LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.02.1991 - 11 Sa 82/91, LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 29),

b) sie auf unzutreffenden Tatsachen oder nicht beweisbaren Tatsachen beruht,

c) sie unverhältnismäßig ist,

d) das Abmahnungsrecht verwirkt ist,

e) trotz zutreffender Tatsachenfeststellung die Grenzen des vertraglichen Rügerechtes durch Formulierungen überschritten sind, die nicht zu billigende Überreaktionen, Ehrverletzungen oder unsachliche Werturteile enthalten,

f) der Arbeitgeber eine unzutreffende rechtliche Würdigung vorgenommen hat oder

g) kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an dem Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2001 - 9 AZR 464/00, NZA 2002, 965), (vgl. dazu Küttner/Eisemann, Personalbuch 2007, 14. Auflage, 2 Abmahnung Rdnr. 39).

a. Die Abmahnung ist ausreichend konkret. Sie verdeutlicht dem Kläger, welche Erwartungen die Beklagte an ihn hat und dokumentiert die gerügten Leistungsdefizite nicht nur schlagwortartig (vgl. zu den Anforderungen an die Konkretisierung der Abmahnung Bertram, Praxis des Arbeitsrechtes, 2. Auflage, Teil 3 A Rdnr. 19).

Die Beklagte hat unter Mitteilung der durchschnittlichen Vergleichszahlen anderer Maklerbetreuer für 2005 und Mitteilung der Produktionszahlen des Klägers in den ersten beiden Monaten des Jahres 2006 gerügt, dass er zum einen eine zu geringe Zahl neuer Vertriebspartner angeworben und zum anderen eine ungenügende Nettobeitragssumme im Bereich der Lebensversicherungen über seine Vertriebspartner erwirtschaftet habe. Entgegen der klägerischen Auffassung brauchte sie in der Abmahnung nicht detailliert anzugeben, welches Fehlverhalten der geringen Produktivität ihrer Auffassung zugrunde lag. Sie kennt nämlich nur die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse des Klägers. Ihr verschließt sich jedoch durch seinen Einsatz im Außendienst im Einzelnen, ob er mit seiner unterdurchschnittlichen Leistung seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft oder ob er seine vertraglichen Pflichten z.B. dadurch verletzt, dass er sein Aufgabengebiet zeitlich und/oder qualitativ unzureichend betreut, in zu geringem Umfang potentielle neue Vertriebspartner anspricht, seine Unterstützungsleistungen für vorhandene Vertriebspartner zu gering oder uneffektiv sind. Mit der Rüge unzulänglicher Produktivität ist die in den Kläger gesetzte Erwartung für die Zukunft ausreichend gekennzeichnet. Es wird ersichtlich von ihm eine Leistungssteigerung und Annäherung an die Durchschnittsleistungen vergleichbarer Direktionsbevollmächtigter der Gebietsdirektion N1 verlangt. Durch Hinweis auf die Konsequenzen einer Kündigung bei weiteren Leistungsmängeln erfüllt die Abmahnung ihre Warnfunktion.

b. Sie beruht nicht auf unzutreffenden Tatsachen. Zu Recht rügt die Beklagte Minderleistungen des Klägers.

Zutreffend verweist das erstinstanzliche Gericht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Minderleistung. Ob eine Leistung als Schlecht- oder Minderleistung anzusehen ist, beurteilt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Ist die Arbeitsleistung im Vertrag der Menge oder Qualität nach nicht oder nicht näher beschrieben, so richtet sich der Inhalt des Leistungsversprechens nach dem vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechtes festzulegenden Arbeitsinhalt und dem persönlichen subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. Die Leistungspflicht ist nicht starr nach einem objektiven Maßstab zu bemessen, sondern dynamisch an der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers orientiert (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 667/02, DB 2004, 1506; Urteil vom 21.05.1992 - 2 AZR 551/91, AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Trotz Bedenken in der Literatur geht die Kammer ebenfalls zugunsten des Klägers von einem subjektiven Leistungsmaßstab aus (a.A. Hunold, Unzureichende Arbeitsleistung als Abmahn- und Kündigungsgrund, BB 2003, 2345).

Denn der Arbeitnehmer muss tun, was er soll und zwar so gut, wie er kann. Er schuldet das "Wirken" unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit, nicht das Werk (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 a.a.O.).

Ob er sich in dem erforderlichen Maße anstrengt, ist für den Arbeitgeber nicht immer zuverlässig anhand objektivierbarer Kriterien zu erkennen. Denn der bloße Umstand, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittliche Leistungen erbringt, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass er seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausschöpft. Die Minderleistung kann ihre Ursache auch darin haben, dass die übrigen Gruppenangehörigen besonders leistungsstark sind, sich überfordern oder dass umgekehrt der gruppenschwächste Arbeitnehmer besonders leistungsschwach ist. Allerdings ist das deutliche und längerfristige Unterschreiten des von vergleichbaren Arbeitnehmern erreichten Mittelwerts oft der einzige für den Arbeitgeber erkennbare Hinweis darauf, dass der schwache Ergebnisse erzielende Arbeitnehmer Reserven nicht ausschöpft. Nach der Entscheidung des BAG (Urteil vom 11.12.2003 a.a.O.) ist es im Kündigungsschutzprozess zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen kann. Kennt er lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Davon kann dann gesprochen werden, wenn gemessen an der durchschnittlichen Leistung eines vergleichbaren Arbeitnehmers das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist. Anschließend ist es Sache des Arbeitnehmers, auf den Vortrag des Arbeitgebers zu entgegnen, ggf. das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlichen unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Hier können altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände eine Rolle spielen. Legt der Arbeitnehmer derartige Umstände plausibel dar, muss der Arbeitgeber sie widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer hingegen derartige Umstände nicht vor, gilt das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

Diese Maßstäbe sind auch im Rahmen des Streites um eine mit Leistungsdefiziten begründete Abmahnung anzuwenden, soweit es um die Feststellung geht, ob objektive Minderleistungen vorliegen, die auf die mangelhafte Ausschöpfung der subjektiv gegebenen Leistungsfähigkeit zurückzuführen sind. Ob das Rügerecht erst gegeben ist bei einer langfristigen Unterschreitung der Durchschnittsleistung um mehr als ein Drittel (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 a.a.O.), ist zu bezweifeln, brauchte von der Kammer jedoch nicht entschieden zu werden. Der Kläger liegt hinsichtlich seiner Produktionsergebnisse mehr als ein Drittel unter dem Durchschnittsergebnis der vergleichbaren Mitarbeiter.

Dass seine Leistung an vertraglich festgelegten Leistungszielen zu messen ist, hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Insbesondere hat sie eine Zielvereinbarung über einen Produktionsgrad von 5 Millionen Euro netto Beitragssumme nicht einer Beweisaufnahme zugänglich dargelegt.

Sie hat ihre Darlegungslast jedoch erfüllt, indem sie detailliert vorgetragen hat, welche Arbeitsergebnisse die weiteren Maklerbetreuer aufweisen. Da der Kläger - wie ausgeführt - im Außendienst mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung tätig ist, kann sie keine Tatsachen zu seinem "Wirken" vortragen, sondern ist darauf angewiesen, seine objektivierbaren Produktionsergebnisse an den Durchschnittsergebnissen vergleichbarer Arbeitnehmer zu messen.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Beklagte habe die grundlegenden Faktoren des Gebietszuschnitts des jeweiligen Direktionsbevollmächtigten nicht dargestellt. Ihm ist zuzugestehen, dass der Gebietszuschnitt - ländlich, urban, Kaufkraft der Einwohner - ein entscheidender Faktor sein kann, wenn es um den Leistungsvergleich mit nur einem Mitarbeiter oder wenigen Mitarbeitern geht. Hier hat die Beklagte ihn mit einem Durchschnittsergebnis im Bereich Neuanbindung von Vertragspartnern konfrontiert, das aus den Erfolgen von 11 weiteren Mitarbeitern ermitteln wurde. Sein Ergebnis liegt mit 50 % des Durchschnitts so deutlich unter den Leistungen der Kollegen, dass die besonders günstigen oder ungünstigen Faktoren einzelner Betreuungsgebiete, die im Übrigen auch in den Durchschnitt einfließen, keine ausreichende Erklärung für sein Defizit geben.

Unerheblich ist auch, dass die Beklagte die Produktionen der Mitarbeiter H5 und R1 nicht in die in der Abmahnung wiedergegebene Durchschnittsberechnung einbezogen hat. Ihre Ergebnisse müssten auf das Jahr 2005, in dem sie nicht durchgängig in der Gebietsdirektion N1 beschäftigt waren, hochgerechnet werden. Die Durchschnittswerte würden sich dadurch jedoch nur geringfügig erhöhen.

Im Bereich der Lebensversicherungen hat die Beklagte nicht nur die Ergebnisse der Mitarbeiter der Gebietsdirektion N1, sondern auch der Mitarbeiter der Gebietsdirektion S4 mitgeteilt. Der Kläger hat von allen Mitarbeitern die geringste Nettobeitragssumme erwirtschaftet. Auch die Bruttobeitragssumme ist deutlich unterdurchschnittlich. Er hat das zweitschlechteste Ergebnis aller ganzjährig Beschäftigten. Auch hier können gebietsspezifische Einflüsse nur von geringer Bedeutung sein. Auffällig ist, dass der Kläger offenkundig die schlechteste Stornoquote aufwies. Bei keinem anderen Makler fielen die Ergebnisse bei den Brutto- und Nettobeitragssummen soweit auseinander.

Nach der Aufgabenbeschreibung der Beklagten für die Tätigkeit des Direktionsbevollmächtigten ist der Kläger zuständig für die Betreuung der angeworbenen Vertriebspartner. Insoweit hat er entgegen seinem Vortrag Einfluss auf deren Geschäfte. Er hat durch sein Engagement zu bewirken, dass die Produktions-, Bestands- und Rentabilitätsziele erfüllt werden und muss die Vertriebspartner bei schwierigen Vertragsverhandlungen auf Anforderung unterstützen. Er hat sie zu schulen und zu motivieren.

Im Rahmen dieses Aufgabenspektrums wirkt er auch auf die Stornoquote der Vertriebspartner ein. Mit der pauschale Behauptung, die Akquise von stornofreien Geschäften gestalte sich schwierig, auch in strukturschwachen Gebieten seien Bruttozahlen schwer haltbar, kommt er seiner Darlegungspflicht im Rahmen der gestuften Darlegungslast nicht ausreichend nach. Wie bereits ausgeführt, liegen auch seine Bruttobeitragssummen im unteren Bereich der Beiträge vergleichbarer Mitarbeiter. Dass speziell sein Betreuungsgebiet strukturschwach ist, hat er nicht dargetan. Er hat auch nicht verdeutlicht, welche Schwierigkeiten sich im Jahre 2005 bei der B3-C1, einer von ihm betreuten Vertriebspartnerin, ergeben haben und wie er versucht hat, der hohen Stornosumme von 2.000.000 Euro Beitragssumme entgegenzuwirken.

Die allgemeine Schwierigkeit, Lebensversicherungen zu verkaufen, trifft auch seine Kollegen.

Der Kläger hat durch sein Vorbringen das Gericht nicht in die Lage versetzt, beurteilen zu können, dass er seine individuellen Leistungsmöglichkeiten ausgeschöpft und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Stornierungen von Verträgen entgegengewirkt hat.

c. Die Abmahnung ist nicht unverhältnismäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstößt eine Abmahnung dann gegen das Übermaßverbot, wenn sie dem Arbeitnehmer unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und dem Arbeitgeber weniger schwerwiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die seinen Interessen ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindestens zumutbar gewesen wären (vgl. BAG, Urteil vom 30.05.1996 - 6 AZR 537/95, AP Nr. 2 zu § 611 BGB Nebentätigkeit; Urteil vom 10.11.1993 - 7 AZR 682/92, AP Nr. 4 zu § 78 BetrVG 1972).

Der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen.

Streitig ist, ob der Arbeitgeber auch dann eine Pflichtverletzung zum Gegenstand einer Abmahnung machen kann, wenn sie geringfügig ist, dem Arbeitnehmer z.B. ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen ist (so Bertram a.a.O. Teil 3 A Rdnr. 52; a.A. LAG Hamm, Urteil vom 16.04.1992 - 4 Sa 83/92, LAGE § 611 BGB Abmahnung Nr. 32; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.05.2004 - 5 Sa 1706/02, NZA - RR 2005, 244; ErfK/Müller-Glöge a.a.O. § 626 BGB Rdnr. 54).

Hier handelt es sich um nachhaltige Einbrüche im Arbeitsergebnis des Klägers, die nicht als Bagatelle einzustufen sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht schon dann verletzt, wenn das in der Abmahnung gerügte Fehlverhalten im Wiederholungsfall nicht für eine Kündigung ausreicht (vgl. BAG, Urteil vom 13.11.1991 - 5 AZR 74/91, NZA 1992, 690).

d. Das Recht der Beklagten zur Erteilung einer Abmahnung war zum Zeitpunkt ihres Zugangs nicht verwirkt.

Für die Ausübung des Abmahnungsrechtes gibt es keine Ausschlussfristen (vgl. BAG, Urteil vom 15.01.1986 - 5 AZR 70/84, BB 1986, 943; zu tariflichen Ausschlussfristen, Urteil vom 14.12.1994 - 5 AZR 137/94, BB 1995, 622). Der Arbeitgeber kann daher auch nach längerer Zeit eine Abmahnung wegen eines zurückliegenden Fehlverhaltens erteilen, solange er nicht bei dem betroffenen Arbeitnehmer den Eindruck erweckt, er habe ihm sein Fehlverhalten nachgesehen (vgl. Bertram a.a.O. Teil 3 A Rdnr. 29).

Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nach den von der Beklagten behaupteten Kritikgesprächen davon ausgehen durfte, diese sehe in den Produktionsdefiziten keinen Anlass zur Erteilung einer Abmahnung.

e. Die sachlich formulierte Abmahnung enthält keine Ehrkränkungen oder unsachliche Werturteile. Die Würdigung des klägerischen Verhaltens begegnet keinen Bedenken.

f. Die Beklagte hat zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch noch ein schützenswertes Interesse an dem Verbleib des Abmahnungsschreibens in der Personalakte.

Eine Abmahnung verliert nicht automatisch nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes ihre Wirkung (vgl. Beckerle, Die Abmahnung, 8. Aufl., Rdnr. 250). Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich für das Recht auf Entfernung der an sich rechtmäßigen Abmahnung aus der Personalakte keine Regelfrist aufstellen. Der Zeitablauf kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BAG, Urteil vom 18.11.1986 - 7 AZR 674/84, AP Nr. 17 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; Urteil vom 21.05.1987 - 2 AZR 313/86, DB 1987, 2367). Maßgeblich ist die Schwere der Pflichtverletzung. Zu berücksichtigen ist auch, ob sich der Arbeitnehmer längere Zeit einwandfrei verhalten hat. So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, eine früher erteilte Abmahnung sei kündigungsrechtlich wirkungslos, liege das beanstandete Verhalten sechs Jahre zurück und habe der Arbeitnehmer seitdem seine Vertragspflichten erfüllt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.10.1998 - 1 BvR 1685/92, AP Nr. 24 zu § 611 BGB Abmahnung).

In der Praxis wird verbreitet eine Abmahnung nach zwei bis drei Jahren aus der Personalakte entfernt, hat sich der Arbeitnehmer bis dahin vertragstreu verhalten (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 14.05.1986 - 2 Sa 320/86, NZA 1987, 26; Feichtinger HwB AR 20 Abmahnung Rdnr. 34; Bertram a.a.O. Teil 3 A Rdnr. 64). Die Abmahnung ist bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts gut eineinviertel Jahr in der Personalakte verblieben, ein Zeitraum, der dem Arbeitgeber allenfalls bei leichten Pflichtverletzungen Anlass geben muss, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Hier handelt es sich nicht um leichteste Vertragsverstöße. Zu berücksichtigen ist im Übrigen das berechtigte Interesse der Beklagten an der Verwertung der Abmahnung im Rahmen ihrer Kündigungsbegründung. Auch im Kündigungsschutzprozess streiten die Parteien darüber, ob der Kläger unter angemessener Anspannung seiner Kräfte eine ihm zumutbare, objektiv befriedigende Arbeitsleistung erbracht hat. Das ergibt sich aus seinem Schriftsatz vom 26.06.2007, gerichtet an das erstinstanzliche Gericht.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gründe i.S. des § 72 Abs. 2 ArbGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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