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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: 17 Sa 671/08
Rechtsgebiete: TzBfG, KSchG, BEEG, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
TzBfG § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1
TzBfG § 14 Abs. 4
TzBfG § 15 Abs. 1
TzBfG § 16 Satz 1
TzBfG § 17
TzBfG § 17 Satz 1
TzBfG § 17 Satz 2
KSchG § 7
BEEG § 21 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 28.03.2008 - 2 Ca 1670/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung vom 14.05.2003/15.05.2003 mit Ablauf des 05.02.2008 sein Ende gefunden hat.

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als Kinderpflegerin in der Westfälischen Schule für Körperbehinderte P1 weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner Befristung.

Die am 28.01.1958 geborene, geschiedene, einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist ausgebildete Kinderpflegerin und als solche seit dem 01.02.1992 bei dem Beklagten beschäftigt. Sie erzielte zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von 1.900,00 €.

Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 13.02.1992/25.02.1992 wurde die Klägerin vom 01.02.1992 bis zum 31.07.1992 als Zeitangestellte in der Westfälischen Schule für Körperbehinderte P1 des Beklagten beschäftigt.

Einen weiteren Vertrag schlossen die Parteien am 21.05.1992/04.06.1992 für die Zeit ab 01.07.1992. Die Klägerin wurde als Zeitangestellte beschäftigt ebenso wie aufgrund des Vertrags vom 05.05.1995, der befristet wurde für die Zeit vom 02.07.1995 - 05.02.1998.

Einen Folgevertrag schlossen die Parteien am 06.02.1998/30.09.1998 für die Zeit vom 06.02.1998 - 05.02.2003. Die Klägerin wurde wiederum als Zeitangestellte bezeichnet. Diesen Vertrag verlängerten die Parteien aufgrund einer Vereinbarung vom 23.01.2003/27.01.2003 bis zum 31.07.2003.

Am 14.05.2003/15.05.2003 schlossen die Parteien den streitgegenständlichen Arbeitsvertrag.

Gemäß § 1 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 01.08.2003 befristet bis zum 05.02.2008 als Kinderpflegerin mit Einsatz in der Westfälischen Schule für Körperbehinderte P1 beschäftigt. Gemäß § 2 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Nach § 3 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe VI b BAT-LWL eingestuft.

In § 5 trafen die Parteien folgende Nebenabrede:

Frau D1 vertritt Frau M3 E1 mit einer halben Stelle, die sich bis zum 05.02.2008 im Sonderurlaub befindet, und besetzt mit 9,52 Stunden eine weitere Stelle des Pflegedienstes (Reststelle Frau F3).

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 75 % der Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten, das sind zurzeit 28,77 Stunden, wegen der Ferienregelung sind 33,24 Stunden in der Woche zu leisten.

Wegen der Einzelheiten der Arbeitsverträge wird auf die von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegten Kopien (Bl. 5 - 18 d. A.) Bezug genommen.

Die Mitarbeiterin M3 E1 lebte zum Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Arbeitsvertrages mit ihrem berufstätigen Ehemann und ihren minderjährigen Kindern in dem 200 km von P1 entfernten R2. Die Eltern des Ehepaares leben in P1, haben dort Wohneigentum. Frau E1 wurde erneut vom 06.02.2008 bis zum 05.02.2009 zur Betreuung ihrer Kinder beurlaubt.

Die Mitarbeiterin F3 war zunächst als Vollzeitkraft tätig und reduzierte ihre Arbeitszeit dauerhaft um 25 %.

Mit ihrer am 06.11.2007 beim dem erstinstanzlichen Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund seiner Befristung endet, und für den Fall ihres Obsiegens die Weiterbeschäftigung.

Sie hat behauptet:

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Mai 2003 habe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestanden, dass die Mitarbeiterin E1 aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse die Tätigkeit in P1 nicht wieder aufnehmen würde.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung eines Stellenanteils von 0,25 % sei ebenfalls nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, und hat behauptet:

Berufe sich der Beklagte auf einen künftig wegfallenden Beschäftigungsbedarf, so habe bei Vertragsschluss allenfalls eine bloße Unsicherheit bestanden. Sein diesbezüglicher Vortrag sei nicht schlüssig.

Die Klägerin hat beantragt

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Befristungsablauf am 05.02.2008 nicht seine Beendigung gefunden hat,

2. im Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Kinderpflegerin in der Westfälischen Schule für Körperbehinderte P1 weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, es handele sich um zwei separate Befristungsabreden, die jeweils gesondert durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt seien.

Er hat unter Bezugnahme auf einen Vermerk der LWL-Schulverwaltung P1 vom 15.01.2008 (Bl. 63 d. A.) behauptet:

Die Klägerin habe den gleichen Aufgabenbereich wie vormals Frau E1 wahrgenommen. Der Stellenplan der L5 in P1 habe im Jahre 2003 den Einsatz von zwei Kinderpflegerinnen vorgesehen.

Da eine Vielzahl von Rückkehrgründen denkbar sei, habe er bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages von einer Rückkehr der Mitarbeiterin E1 ausgehen dürfen und müssen.

Der Besetzung des Stellenanteils von 0,25 habe die sich aus dem Vermerk der LWL-Schulverwaltung P1 vom 25.01.2008 (Bl. 64-66 d. A.) ergebende Prognose eines zukünftigen Minderbedarfes zugrunde gelegen. Vom 15.10.2000 - 15.10.2002 habe die Schülerzahl konstant 137 betragen. Im April 2003 habe sie sich um 4 Schüler reduziert.

Die Entwicklung der Schülerzahlen von 2000 - 2003 sei auf den Zeitraum 2004 - 2007 hochgerechnet worden und ein Rückgang der Schülerzahl um 4 prognostiziert worden. Bei einem Stellenschlüssel von 1 zu 16 für schwerst mehrfachbehinderte Schüler und Schülerinnen habe dies einen Überhang von 0,25 Stellenanteil bedeutet.

Die Prognose habe sich tatsächlich bestätigt. Am 15.10.2007 seien noch 121 Schüler zu verzeichnen gewesen.

Weiterhin sei ein Belegungsrückgang im LWL-Internat P1 prognostiziert worden. Die notwendige Personalreduzierung in dem Internat sei zunächst durch die Nichtverlängerung von befristeten Verträgen und Nichtbesetzung von vakanten Stellen erfolgt. Ab Ende 2005 seien zum Abbau des Personalüberhangs unbefristet beschäftigte Mitarbeiter in andere Einrichtungen versetzt worden.

Betriebsbedingte Kündigungen seien ausgeschlossen gewesen.

Mit Urteil vom 28.03.2008 hat das Arbeitsgericht Paderborn die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt:

Die Befristung vom 14.05.2003/15.05.2003 sei insgesamt rechtswirksam und habe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 05.02.2008 geführt.

Die Klägerin habe die Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt.

Die Vereinbarung erfülle die Voraussetzungen des Schriftformerfordernisses nach § 14 Abs. 4 TzBfG.

Die Rechtfertigung der Befristung einer halben Stelle zur Vertretung der Arbeitnehmerin E1 folge aus § 21 Abs. 1 BEEG. Danach bestehe ein sachlicher Grund, wenn eine Arbeitnehmerin zur Vertretung einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit, einer auf Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes für diese Zeiten zusammen oder für Teile davon eingestellt werde. Der sachliche Rechtfertigungsgrund liege in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen Gründen ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis stehe und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechne. Grundsätzlich dürfe der Arbeitgeber von einer Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters ausgehen. Nur wenn er im Ausnahmefall aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel an der Rückkehr haben müsse, könne dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben sei. Voraussetzung sei aber, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Vertretungskraft verbindlich erklärt habe, dass er die Arbeit nicht aufnehmen werde. Eine unverbindliche Ankündigung reiche nicht aus.

Die Klägerin sei bereits seit 1992 unmittelbar zur Vertretung der Arbeitnehmerin E1 beschäftigt worden. Der Beklagte habe auch davon ausgehen dürfen, dass die Arbeitnehmerin E1 - irgendwann - ihre arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen werde. Er habe zutreffend darauf hingewiesen, dass sie einen Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit habe und zu keinem Zeitpunkt verbindlich angekündigt habe, ihren Arbeitsplatz aufgeben zu wollen.

Auch die Befristung eines Stellenanteils von 0,25 (Reststelle F3) sei sachlich gerechtfertigt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG.

Danach liege ein sachlicher Grund vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitszeit nur vorübergehend bestehe. Die Vorschrift erfasse nicht nur Fälle des vorübergehenden Mehrbedarfes, sondern auch solche des künftig verminderten Bedarfs an Arbeitskräften, dessentwegen derzeit noch vorhandene Arbeitsplätze entfielen.

In beiden Fällen sei eine fundierte Prognose erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Ablaufs der Befristung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kein Bedarf mehr an der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bestehen werde. Grundsätzlich sei es, da für die Wirksamkeit der Befristung auf die Umstände im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen sei, unerheblich, ob sich die Prognose im Nachhinein bewahrheite oder nicht. Erweise sie sich später als zutreffend, so bestehe allerdings eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt worden sei. Es sei dann Sache des Arbeitnehmers, Tatsachen vorzutragen, nach denen zumindest im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses diese Prognose nicht gerechtfertigt gewesen sei.

Nach diesen Grundsätzen habe der Beklagte hinreichend substantiiert zum künftig zu erwartenden Wegfall einen Stellenanteil von mindestens 0,25 vorgetragen. Die getroffene Prognose sei ausweislich des Vermerks vom 25.01.2008 durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt worden. Aus diesem ergebe sich zum einen, dass sich die Schülerzahlen an der LWL-Förderschule tatsächlich rückläufig entwickelt hätten und dass zum anderen in erheblichem Umfang Plätze im LWL-Internat abgebaut und seit 2005 sogar entsprechende Versetzungen in umliegende Einrichtungen - so auch in die LWL-Förderschule - vorgenommen worden seien.

Da unstreitig tarifvertragliche Sonderregelungen keine Anwendung fänden, habe es keine Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, welche Befristungsgrundformen im Sinne des SR 2 y BAT vorliegend vereinbart worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 75-89 d. A. verwiesen.

Gegen das ihr am 02.04.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.04.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.07.2008 am 01.07.2008 eingehend begründet.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dem Beklagten hätten sich nach dem objektiven Geschehensablauf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erhebliche Zweifel aufdrängen müssen, ob die zu vertretene Mitarbeiterin E1 ihre Tätigkeit überhaupt wieder aufnehmen werde, und trägt vor:

Die von dem Beklagten vorgetragenen denkbaren Rückkehrgründe wie Arbeitslosigkeit des Ehemannes, Pflegebedürftigkeit von Elternteilen oder Übernahme von Wohneigentum in P1 seien spekulativ. Es bestehe allenfalls eine theoretische Möglichkeit der Rückkehr mit äußerst geringer Wahrscheinlichkeit. Die Wahrscheinlichkeit des Wegfalls des Vertretungsbedarfes sei jedoch zentrales Element der Prognose.

Sie rügt, das erstinstanzliche Gericht habe hinsichtlich der Reststelle F3 zu Unrecht angenommen, der Beklagte habe eine hinreichende Prognose eines zukünftigen Minderbedarfes gestellt. Sie trägt vor:

Da die Schülerzahlen von 2000 bis 2002 konstant gewesen seien, bestreite sie die von dem Beklagten behauptete Prognosestellung. Auf dem Hintergrund einer Momentaufnahme im April 2004 (lediglich 4 Schüler weniger) sei die Annahme, der Trend werde sich so fortsetzen, willkürlich.

Sie bestreite, von dem Stellenschlüssel 1 zu 16 in ihrer Tätigkeit erfasst worden zu sein.

Die Prognose habe sich auch nicht bestätigt. Aus dem Vermerk vom 25.01.2008 gehe sogar hervor, dass zum Stichtag 15.10.2008 die Schülerzahlen gestiegen seien. Sie sei dann in einem deutlich höheren Umfang als ursprünglich angenommen gesunken. Die behauptete Prognose sei jedenfalls so nicht zu treffen gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Paderborn vom 28.03.2008 (2 Ca 1670/07)

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung vom 14.05.2003/15.05.2003 mit Ablauf des 05.02.2008 nicht seine Beendigung gefunden hat,

2. im Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Kinderpflegerin in der Westfälischen Schule für Körperbehinderte P1 weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, dass die erneute Beurlaubung der Mitarbeiterin E1 für die Zeit vom 06.02.2008 - 05.02.2009 deutlich ihren Rückkehrwillen ausweise.

Bezüglich der Befristung aufgrund der "Reststelle F3" wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Prognosestellung bei Vertragsschluss und trägt ergänzend vor:

Der Stellenschlüssel der Pflegekräfte und Pflegehilfskräfte 1 zu 16 habe auch Geltung für die Tätigkeit der Klägerin als staatlich geprüfte Kinderpflegerin gehabt.

Tatsächlich habe sich der Stellenbedarf im pflegerischen Bereich der L5 um eine halbe Stelle verringert. Diese Reduzierung des Bedarfes sowie die problematische Situation im Schülerinternat P1 hätten dazu geführt, dass zwei befristet beschäftigte Mitarbeiterinnen, u.a. die Klägerin, im Gesamtumfang von 2,5 Stellen nach Auslaufen ihrer befristeten Verträge nicht weiterbeschäftigt worden seien. Ein Stellenanteil von 0,5 sei nicht besetzt worden. Ein Anteil von 0,75 sei vertretungsweise der Mitarbeiterin U1 N3 übertragen worden, die unbefristet im LWL-Internat P1 eingesetzt gewesen sei, seit dem 12.04.2006 vertretungsweise im pflegerischen Dienst der LWL-Förderschule, Förderschwerpunkt Sehen, in P1. Dort habe sie nicht länger beschäftigt werden können, weil die zu vertretende Mitarbeiterin aus der Elternzeit zurückgekehrt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 64 Abs. 2 c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 28.03.2008 ist begründet.

1. Der Klageantrag zu 1 ist gemäß § 17 Satz 1 TzBfG zulässig. Er ist auch begründet.

a) Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht festgestellt, dass die Klägerin die Klagefrist von 3 Wochen nach § 17 Satz 1 TzBfG durch Klageeingang am 06.11.2007 gewahrt hat. Die Entfristungsklage kann bereits vor Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages erhoben werden (BAG, 10.03.2004 - 7 AZR 402/03, NZA 2004, 925).

b) Die Befristungsabrede ist nicht wirksam. Das Arbeitsverhältnis hat nicht gemäß § 15 Abs. 1 TzBfG mit dem 05.02.2008 sein Ende gefunden. Es gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen, § 16 Satz 1 TzBfG.

aa. Zur Überprüfung steht allein der Vertrag vom 14.05.2003/15.05.2003. Folgen mehrere befristete Arbeitsverträge aufeinander (Kettenarbeitsverträge), unterliegt jeder befristete Vertrag für sich der Kontrolle, soweit er innerhalb der Frist des § 17 TzBfG angegriffen wurde. Gemäß §§ 17 Satz 2 TzBfG, 7 KSchG wird eine unwirksame Befristung wirksam, wenn nicht fristgerecht Klage erhoben wird (Annuß/Thüsing/Maschmann, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2.Aufl., § 17 TzBfG Rdn. 5; KR-Bader, 8. Aufl., § 17 TzBfG Rdn. 51).

Hier hat die Klägerin nur den streitgegenständlichen Vertrag aus Mai 2003 mit der Klage angegriffen. Entsprechend gelten die früheren Befristungen als wirksam.

bb. Das Schriftformerfordernis gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG ist gewahrt.

cc. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages aus Mai 2003 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der VKA jeweils geltenden Fassung.

Da der Sachgrund für die Befristung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses objektiv vorliegen muss (BAG 24.10.2001 - 7 AZR 542/00, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 229; 04.06.2003 - 7 AZR 523/01, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 252; 20.02.2008 - 7 AZR 950/06, ZTR 2008, 508), ist bei der Prüfung der anwendbaren Tarifvorschriften auf den 15.05.2003 abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt galten ergänzend zum BAT die Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2 y BAT) i.d.F. v. 29.10.2001 (vgl. Clemens/Scheuring SR 2 y BAT Erl. 2 zu Nr. 1).

Gemäß SR 2 y Nr. 2 Abs. 1 ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Diese Vorschrift konstituiert keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristungsabrede. Das Schriftformerfordernis ist nicht konstitutiv, sondern von deklaratorischer Bedeutung (vgl. BAG 20.02.1991 - 7 AZR 81/90, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr.137). Die Tarifnorm dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und will einem Streit der Parteien vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich war. Dies wird nur erreicht, wenn sich der Arbeitgeber bei einem Streit über die Wirksamkeit der Befristung später nicht auf andere Gründe als die zunächst angegebenen berufen darf und ein Nachschieben von Befristungsgründen nicht möglich ist, die im Arbeitsvertrag nicht durch die Befristungsgrundform gekennzeichnet sind (vgl. BAG 14.01.1982 - 2 AZR 245/80, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 64; 17.04.2002 - 7 AZR 283/01, EzA § 620 BGB Nr. 191). Dabei fordert SR 2 y Nr. 2 Abs. 1 nicht die Angabe des konkreten sachlichen Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag, sondern nur die Vereinbarung der einschlägigen Befristungsgrundform, also die Vereinbarung, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt worden ist (vgl. BAG 20.02.1991 a.a.O.). Eine bestimmte Ausdrucksweise ist für diesen notwendigen Vertragsbestandteil nicht vorgeschrieben (vgl. BAG 31.10.1974 - 2 AZR 483/73, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 39; 20.02.1991 a.a.O.). Auch missverständliche, insbesondere nach dem juristischen oder tariflichen Sprachgebrauch unzutreffende Formulierungen sind unschädlich, wenn sich z. B. aus der Einigkeit der Parteien über die für die Befristung maßgeblichen Tatsachen oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein abweichender übereinstimmender Wille der Parteien feststellen lässt. Die im Wege der Auslegung ermittelte Befristungsgrundform ist auch dann wirksam, wenn sie nicht schriftlich niedergelegt ist (vgl. BAG 20.02.1991 a.a.O.; 17.04.2002 a.a.O.).

Wenn mehrere sachliche Gründe für verschiedene Befristungsgrundformen vorliegen, bedarf es nach Auffassung des BAG (20.02.1991 a.a.O.) der Vereinbarung dieser verschiedenen tariflichen Grundformen im Arbeitsvertrag, wenn alle gegebenen Sachgründe für die Befristung des Vertrages bei der gerichtlichen Befristungskontrolle Berücksichtigung finden sollen. Die Befristungsgrundformen stehen nämlich selbständig nebeneinander. Daher ist ein Sachgrund nicht gleichzeitig verschiedenen Befristungsgrundformen zuzuordnen. Das widerspricht dem tariflichen Normzweck der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (BAG 28.03.2001 - 7 AZR 701/99, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 227; 17.04.2002 a.a.O.).

Der Begriff Zeitangestellter bezeichnet den Angestellten, dessen Arbeit mit Ablauf einer kalendermäßigen Frist abläuft. Dieser Befristungsgrundform ist z. B. der Sachgrund der zeitlich begrenzten Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln zuzuordnen (vgl. BAG 28.03.2001 a.a.O.).

Als Angestellte mit Aufgaben von begrenzter Dauer werden die Angestellten bezeichnet, die für eine Aufgabe von begrenzter Dauer eingestellt sind und bei denen das Arbeitsverhältnis durch Eintritt eines bestimmten Ereignisses oder durch Ablauf einer kalendermäßig bestimmten Frist enden soll. Gemäß SR 2 y Nr. 2 Abs. 2 Unterabsatz 2 ist im Arbeitsvertrag die Aufgabe zu bezeichnen und anzugeben, mit Ablauf welcher Frist oder durch Eintritt welchen Ereignisses das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. Clemens/Scheuring SR 2 y Nr. 1 Erl. 5.2.).

Aushilfsangestellte sind die Angestellten, die zur Vertretung oder zeitweiligen Aushilfe eingestellt werden. Das Aushilfsarbeitsverhältnis setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von vornherein zu dem Zweck eingestellt wird, einen vorübergehenden Bedarf an Arbeitskräften abzudecken, der nicht durch den normalen Betriebsablauf, sondern durch den Ausfall von Arbeitskräften oder einen zeitlich begrenzten zusätzlichen Arbeitsanfall oder einen künftigen Minderbedarf an Personal begründet wird ( vgl. BAG 25.11.1992 - 7 AZR 191/92, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 150; Clemens/Scheuring SR 2 y Nr. 1 Erl. 5.3., 5.3.2., 8.1.). Nach SR 2 y Nr. 2 Abs. 2 Unterabsatz 3 ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob und für welche Dauer der Angestellte zur Vertretung oder zeitweilig zur Aushilfe beschäftigt wird.

Hier haben die Parteien in § 5 des streitgegenständlichen Arbeitsvertrags Befristungsgründe ohne konkrete Bezeichnung der Befristungsgrundform angegeben. Mit einer halben Stelle vertrat die Klägerin die sich zunächst bis zum 05.02.2008 in Sonderurlaub befindliche Mitarbeiterin E1. Insoweit war sie Aushilfsangestellte.

Mit weiteren Stundenanteilen von 9,52 besetzte sie eine Stelle im Pflegedienst, die durch die dauerhafte Reduzierung der Arbeitszeit durch die Mitarbeiterin F3 frei geworden war. Frau F3 war zunächst als Vollzeitkraft eingestellt worden und hat ihre regelmäßige Arbeitszeit nicht nur vorübergehend auf 75 % der regelmäßigen Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten reduziert. Es geht damit nicht um die Überbrückung eines vorübergehenden Mehrbedarfs. Die Befristung des Stellenanteils von 9,52 Stunden lässt sich weder der Befristungsgrundform des Aushilfsangestellten noch der Grundform des Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer zuordnen.

Im Prozess beruft sich der Beklagte zur Rechtfertigung der Befristung dieses Stellenanteils auf die nach seinem Vortrag bei Vertragsschluss gestellte Prognose eines zukünftigen Minderbedarfs im pflegerischen Dienst der LWL-Förderschule P1 sowie der Prognose eines verminderten Personalbedarfs in dem Internat P1 mit der Folge, sich ergebende Personalüberhänge durch Einsatz von Mitarbeitern in anderen LWL-Einrichtungen in P1 ausgleichen zu müssen. Der Befristungsgrund des zukünftigen Personalminderbedarfs ist jedoch der Befristungsgrundform des Aushilfsangestellten zuzuordnen.

Aus dem Vortrag der Parteien ergibt sich nicht, dass sie sich bei Vertragsschluss darüber einig waren, dass im Umfang des Stellenanteils der Mitarbeiterin F3 ein Personalminderbedarf zu Befristungsende zu prognostizieren war, dass trotz unvollständiger, unklarer Angabe in § 5 des Arbeitsvertrages auch insoweit die Klägerin als Aushilfsangestellte beschäftigt werden sollte. Dem Vorbringen des Beklagten lässt sich zwar entnehmen, dass die Leiterin der LWL-Schulverwaltung P1 vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages eine Prognose über einen zukünftigen Minderbedarf erstellt hat. Es ergibt sich jedoch nicht, dass diese Prognose mit der Klägerin erörtert und auf ihrer Grundlage die Befristung des Stellenanteils von 9,52 Stunden vereinbart worden ist.

Der Beklagte ist gehindert, den Befristungsgrund des zukünftigen Minderbedarfs in den Prozess einzuführen.

dd. Entgegen der klägerischen Auffassung begegnet die Befristung zur Vertretung der Mitarbeiterin E1 keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist wirksam. Gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG wird auf die umfangreichen, die Rechtsprechung sorgfältig auswertenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Seite 7 - 11 des Urteils vom 28.03.2008) Bezug genommen.

Die Kammer schließt sich der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Paderborn an.

Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung geben keinen Anlass zur Neubewertung ihres Vortrags. Zutreffend weist sie darauf hin, das der Arbeitgeber im Fall eines Aushilfsarbeitsverhältnisses zur Vertretung bei Vertragsschluss eine sorgfältige Prognose bezüglich des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs durch Rückkehr der zu vertretenden Kraft zu stellen hat (vgl. BAG 13.06.2007 - 7 AZR 747/05). Von deren Rückkehr kann grundsätzlich ausgegangen werden, weil in der Regel damit zu rechnen ist, dass der Vertretene nach Beendigung des (Sonder-) Urlaubs oder der Erkrankung seine arbeitsvertraglichen Pflichten wieder erfüllen wird (vgl. BAG 11.12.1991 - 7 AZR 431/90, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 141). Auch eine wiederholte Befristung wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft steht der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages Erkundigungen über die gesundheitliche Entwicklung des Erkrankten oder die Planung des beurlaubten Arbeitnehmers einzuholen. Nur wenn der Arbeitgeber im Ausnahmefall aufgrund der ihm vorliegenden Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass die zu vertretene Stammkraft überhaupt zurückkehren will, kann das dafür sprechen, dass der Befristungsgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist (BAG 21.02.2001 - 7 AZR 200/00, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 226; 23.01.2002 - 7 AZR 440/00, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 231). Voraussetzung ist jedoch, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vor Vertragsschluss mit der Vertretungskraft verbindlich erklärt hat, dass er die Arbeit nicht wieder aufnehmen werde. Ansonsten muss der Arbeitgeber mit seiner Rückkehr rechnen. Eine unverbindliche Ankündigung reicht nicht aus. Auch wenn die beurlaubte oder erkrankte Stammkraft beabsichtigt, nach dem Urlaubsende oder nach der Wiedergenesung die Arbeit nicht wieder aufzunehmen und dies dem Arbeitgeber unverbindlich mitteilt, können später eintretende Umstände oder unvorhergesehene Ereignisse im persönlichen Bereich dazu führen, dass die Stammkraft entgegen ihren ursprünglichen Planungen an den Arbeitsplatz zurückkehrt. Solange sie einen Anspruch hat, die Tätigkeit wieder aufzunehmen, kann und darf der Arbeitgeber daher mit der Rückkehr rechnen (vgl. BAG 13.06.2007 a.a.O.; 02.07.2003 - 7 AZR 529/02, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 254).

Dass die zu vertretende Arbeitnehmerin E1 dem Beklagten verbindlich erklärt hat, nach Ende des Sonderurlaubs ihre Arbeit nicht wieder antreten zu wollen, behauptet auch die Klägerin nicht. Die Stammkraft hat sich vielmehr erneut für die Zeit vom 06.02.2008 - 05.02.2009 beurlauben lassen. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr ist, war deshalb nicht zu beurteilen. Auf den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin kommt es nicht an.

ee. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses im Umfang einer Viertelstelle ist dagegen unwirksam.

Wie ausgeführt, ist es dem Beklagten verwehrt, sich auf den Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 TzBfG - zukünftiger Minderbedarf - zu berufen.

Auf den der Befristungsgrundform des Zeitangestellten zuzuordnenden Befristungsgrund der zeitlich nur begrenzten Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln (vgl. BAG 28.03.2001 - 7 AZR 701/99, BB 2001, 1690), hat er sich nicht berufen. Seinem Vortrag lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Viertelstelle nach einer Prognose bei Vertragsschluss zukünftig haushaltsrechtlich wegfallen sollte.

ff. Das Fehlen eines Befristungsgrundes für die Befristung eines Stellenanteils von 9,52 Stunden führt zur Unwirksamkeit der gesamten Befristungsabrede. Das Arbeitsverhältnis besteht nicht nur in einem Arbeitszeitumfang von 9,52 Wochenstunden unbefristet fort.

§ 16 Satz 1 TzBfG regelt einschränkungslos, dass bei Rechtsunwirksamkeit der Befristungsabrede der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, wie zu entscheiden ist, wenn der Sachgrund des Vertretungsbedarfs wie hier nur einen Teil des dem vertretenen Arbeitnehmers zugewiesenen Arbeitszeitvolumens rechtfertigt, der überschießende Arbeitskräfteanteil zu seiner Rechtfertigung eines anderen Sachgrundes bedarf, dieser aber nicht gegeben ist.

Das BAG hat mit Urteil vom 04.06.2003 (7 AZR 523/02, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 252) erkannt, dass der Sachgrund der Vertretung eines teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers nicht die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem vollzeitbeschäftigten Vertreter rechtfertigt und dass, wenn für den offenen Stellenanteil in Höhe von 50 % der Arbeitszeit kein Sachgrund vorgetragen wird, davon auszugehen ist, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben und die Befristung damit unwirksam ist.

Ob hier angesichts einer nicht von einem Sachgrund getragenen Befristung eines Viertelstellenanteils dem Beklagten tatsächlich vorgehalten werden kann, der Befristungsgrund der Vertretung sei vorgeschoben, ist fraglich.

Die von ihm zitierte Entscheidung des LAG Niedersachsen vom 17.03.2003 (8 Sa 1397/02, NZA-RR 2004, 161) bietet ebenfalls keine Lösung für den vorliegenden Fall. In dem von dem LAG beurteilten Fall war zunächst ein aus dem Sachgrund der Vertretung befristeter Teilzeitarbeitsvertrag geschlossen worden. Auf Antrag der dortigen Klägerin wurde während des Befristungszeitraums eine Arbeitszeiterhöhung um weitere 10 Stunden vereinbart. Das LAG Niedersachsen hat erkannt, dass beide Befristungen gesondert auf ihre Wirksamkeit zu prüfen sind und dass die Unwirksamkeit der befristeten Erhöhung des Arbeitszeitvolumens nicht zur Unwirksamkeit des eigentlichen, ebenfalls befristeten Basisarbeitsvertrages führt.

Hier handelt es sich nach dem gemäß § 133, 157 BGB zu ermittelnden Willen der Parteien nicht um zwei getrennt zu beurteilende Befristungsvereinbarungen. Schon gar nicht geht es um die Überprüfung eines Basisvertrages und einer weiteren Arbeitszeiterhöhung.

Gemäß § 5 Unterabsatz 2 des Arbeitsvertrages ist eine Gesamtarbeitszeit von 75 % der Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten vereinbart worden. Wie sich aus § 1 des Vertrages ergibt, sollte die Klägerin mit ihrem gesamten Arbeitszeitvolumen als Kinderpflegerin eingesetzt werden. Nach § 3 ist sie für ihre Gesamttätigkeit in die Vergütungsgruppe VI b BAT eingestuft worden.

Den Parteien ging es ersichtlich darum, dass von der Klägerin stets inne gehabte Beschäftigungsvolumen von 75 % der Vollarbeitszeit durch die Befristungsabrede abzusichern. Wie sich aus den befristeten Arbeitsverträgen vom 13.02.1992/25.02.1992, 21.05./04.06.1992, 05.05.1995, 06.02./30.09.1998, 29.01./27.01.2003 ergibt, ist die Klägerin stets mit 3/4 der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten beschäftigt worden. Offenkundig ist die "Reststelle F3" zur Rechtfertigung einer Befristung des Arbeitsvertrages nur deshalb herangezogen worden, weil der Befristungsgrund der Vertretung anders als bei den früheren Verträgen nur noch die Besetzung einer halben Stelle zu rechtfertigen geeignet war. Handelt es sich nach dem erkennbaren Willen der Parteien und ihrem Interesse, auch weiterhin eine 3/4 Stelle mit der Klägerin zu besetzen, um eine einheitliche Befristungsabrede, der nur zwei sich ergänzende Befristungsgründe zugrunde liegen, so kann sie nur insgesamt wirksam oder unwirksam sein. Die Nichtigkeit der Abrede bezüglich des Stellenanteils von 0,25 führt zur Gesamtnichtigkeit.

2. Der Klageantrag zu 2 ist ebenfalls zulässig und begründet.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch folgt aus der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (27.02.1985 - GS 1/84, AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14). Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss gelten entsprechend, wenn um die Wirksamkeit einer Befristung gestritten wird (BAG 13.06.1985 - 2 AZR 410/84, BB 1986, 1437; 08.04.1992 - 7 AZR 135/91, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 146). Die Interessenlage eines Arbeitnehmers nach einem obsiegenden, die Entfristung feststellenden Urteil ist nahezu identisch mit der Interessenlage eines Arbeitnehmers, der in einem Kündigungsschutzverfahren ein obsiegendes Urteil erstritten hat. Dem Weiterbeschäftigungsantrag ist nur ausnahmsweise dann nicht zu entsprechen, wenn besondere Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers begründen, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen (vgl. KR-Bader a.a.O. § 17 TzBfG Rdn. 40; KR-Etzel a.a.O. § 102 BetrVG Rdn. 275). Diesbezügliche Tatsachen hat der Beklagte nicht vorgetragen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die Zulassung der Revision aus § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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