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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: 18 Sa 1102/07
Rechtsgebiete: BGB, Lohnabkommen (LA) der Metall- und Elektroindustrie NRW


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
Lohnabkommen (LA) der Metall- und Elektroindustrie NRW vom 22.04.2006
Die tarifliche Einmalzahlung nach § 2 Nr. 2, § 3 Nr. 2 des Lohnabkommens in der Metall- und Elektroindustrie NRW vom 22.04.2006 stellte eine pauschalierte Tariflohnerhöhung dar. In den Monaten März bis Mai 2006 gezahlte übertariflichen Zulagen konnten auf die Einmalzahlung angerechnet werden.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.04.2007 - 2 Ca 432/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die tarifliche Einmalzahlung nach dem Abkommen über die Tariflöhne in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 22.04.2006 (LA) auf eine dem Kläger von der Beklagten gewährten Zulage angerechnet werden kann.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. Sie beschäftigt in ihrer Niederlassung in D1 ca. 82 Arbeitnehmer. In dem Betrieb der Niederlassung D1 ist ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt.

Der Kläger ist seit 1987 als Servicemonteur bei der Beklagten in deren Niederlassung in D1 tätig. Das tarifliche Grundentgelt des Klägers betrug bis einschließlich Mai 2006 2.900,52 € brutto. Neben weiteren Zulagen erhielt der Kläger zudem eine "jederzeit widerrufliche, außertarifliche Zulage" in Höhe von 112,88 € brutto monatlich.

Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NRW Anwendung.

Unter dem 22.04.2006 vereinbarten der Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW e.V. und die Gewerkschaft IG Metall, Bezirksleitung NRW, das Abkommen über die Tariflöhne in der Metall- und Elektroindustrie NRW (LA), in dem u.a. Folgendes geregelt wurde:

§ 2

Monatsgrundlohn - Summarische Arbeitsbewertung

1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Lohntabellen, gültig ab dem 01.03.2005 weiter.

2. Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten nach Maßgabe des § 6 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310,-- € beträgt.

§ 3

Monatsgrundlohn - Analytische Arbeitsbewertung

1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Lohntabellen, gültig ab dem 01.03.2005 weiter.

2. Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten nach Maßgabe des § 6 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310,-- € beträgt.

§ 6 lautet wie folgt:

§ 6

Einmalbetrag

1. Die Betriebsparteien können den Einmalbetrag gem. § 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 bei unterdurchschnittlicher, schlechter Ertragslage zeitlich innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrages verschieben oder auf Null reduzieren oder bei überdurchschnittlicher, guter Ertragslage bis auf das Doppelte durch freiwillige Betriebsvereinbarung erhöhen. Vereinbaren die Betriebsparteien keine Abweichung, ist der Einmalbetrag in der tariflich vorgeschriebenen Höhe nach § 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 auszuzahlen. Eine Erhöhung des Einmalbetrags kann der Arbeitgeber ausschließen, wenn es im Betrieb eine übertarifliche Regelung über eine Jahresabschlussvergütung, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld oder ähnliche Leistungen gibt.

2. Den Einmalbetrag erhalten gewerbliche Arbeitnehmer in voller Höhe, wenn sie im März, April und Mai 2006 Vollzeitbeschäftigte waren und einen vollen Anspruch auf Lohn, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld hatten.

3. Teilzeitbeschäftigte erhalten den Einmalbetrag nach Maßgabe ihrer für die Monate März, April und Mai 2006 einzelvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

Diese Regelung gilt entsprechend für gewerbliche Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung auf eine Dauer zwischen 30 und unter 35 Stunden festgelegt ist.

4. Soweit für teilzeit- und vollzeitbeschäftigte gewerbliche Arbeitnehmer kein voller Anspruch auf Zahlung des Lohns, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld für die Monate März, April und/oder Mai 2006 bestand, ist der Einmalbetrag zeitanteilig zu kürzen.

5. Gewerbliche Arbeitnehmer, die während der Monate März, April oder Mai 2006 eingetreten bzw. ausgeschieden sind, erhalten den Betrag anteilig entsprechend der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses in diesen Monaten.

6. Mit dem Einmalbetrag sind alle Ansprüche abgegolten, die sich aus der Erhöhung des Tariflohns gemäß § 2 und § 3 für die Monate März bis Mai 2006 ergeben.

7. Sofern die Monate März bis Mai 2006 ab Juni 2006 Referenzzeitraum für Durchschnittsberechnungen aller Art sind, ist statt des Einmalbetrags eine prozentuale Erhöhung von 3,0 % zugrunde zu legen.

Die Beklagte rechnete die Tariferhöhung aus der Tarifrunde 2006 bei allen Beschäftigten vollständig und gleichmäßig an. Dementsprechend informierte sie den Kläger durch den Zeugen P2 Ende Mai 2006 darüber, dass die tarifliche Eimalzahlung für die Monate März bis Mai 2006 ebenso wie die weitere Tariflohnerhöhung auf dessen übertarifliche Verdienstbestandteile vollständig angerechnet werde. Mit Schreiben vom 26.06.2006 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die tarifliche Einmalzahlung in Höhe von 310,-- € brutto geltend. Eine Vereinbarung nach § 6 Nr. 1 LA 2006 wurde im Betrieb der Beklagten nicht getroffen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verrechnung der tariflichen Einmalzahlung mit der übertariflichen Zulage sei unzulässig. Die Einmalzahlung stelle keine pauschalierte Lohnerhöhung da. Durch die Einmalzahlung sei den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit eröffnet worden, die Tarifsteigerung der ersten drei Monate je nach Ertragslage zu differenzieren, und zwar sowohl der Höhe nach als auch des Auszahlungszeitpunkts nach. Diese Differenzierung beziehe sich ausschließlich auf die Einmalzahlung und gerade nicht auf die prozentuale tabellenwirksame Tariferhöhung, was den besonderen Charakter der Einmalzahlung hervorhebe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 310,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.02.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Verrechnung mit der freiwilligen übertariflichen Zulage sei möglich, weil es sich bei der Einmalzahlung um eine pauschalierte Lohnerhöhung für die Monate März bis Mai 2006 handele. Bereits aus dem Wortlaut des Lohnabkommens lasse sich entnehmen, dass vorliegend eine pauschalierte Lohnerhöhung für die Monate März bis Mai 2006 von den Tarifvertragsparteien vereinbart worden sei.

Das Gericht ist der Auffassung der Beklagte gefolgt und hat durch Urteil vom 24.04.2007 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Der Streitwert ist auf 310,-- € festgesetzt worden. Die Berufung ist für den Kläger zugelassen worden.

Gegen diese ihm am 06.06.2007 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Entscheidung hat der Kläger am 28.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 03.08.2007 begründet.

Der Kläger greift die arbeitsgerichtliche Entscheidung insgesamt an. Er stützt die Berufung maßgeblich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.04.2007 - 2 Ca 432/07 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 310,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.02.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.04.2007 - 2 Ca 432/07 - zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Vergütungszahlung in Höhe von 310,-- € brutto. Er kann den Anspruch weder auf § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag noch auf § 2 Nr. 2 bzw. § 3 Nr. 2 LA stützen.

Die von der Beklagten unstreitig geschuldete übertarifliche, jederzeit widerrufliche, monatliche Zulage für die Monate März bis Mai 2006 in Höhe von 112,88 € monatlich ist durch die von der Beklagten erklärte Verrechnung mit der tariflichen Einmalzahlung in Höhe von 310,-- € nach § 362 BGB erloschen, wie das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt hat.

I. Die erklärte Anrechnung ist arbeitsvertraglich zulässig.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist individualrechtlich die Anrechnung einer Tariferhöhung auf übertarifliche Vergütungsbestandteile möglich, sofern dem Arbeitnehmer die Zulage nicht als selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden ist (vgl. BAG, Urteil 04.07.2007 - 4 AZR 549/06 - JURIS; BAG, Urteil vom 30.05.2006 - 1 AZR 111/05 - NZA 2006, 1170; BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 540/05 - NZA 2006, 688; BAG, Urteil vom 21.01.2003 - 1 AZR 125/02 - AP Nr. 118 zu § 87 BetrVG 1972; vgl. auch LAG Hamm, Urteil vom 16.10.2007 - 14 Sa 1416/07 -; LAG Hamm, Urteil vom 16.08.2007 - 17 Sa 537/07 -; LAG Hamm, Urteil vom 23.08.2007 - 11 Sa 334/07 -). Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die seitens der Beklagten gewährte übertarifliche, jederzeit widerrufliche Zulage grundsätzlich der Anrechnung auf tarifliche Gehaltserhöhungen unterliegt.

Da sich durch eine Anrechnung - anders als bei Widerruf oder Zulage - die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Verhinderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar. Ein darauf gerichteter Anrechnungsvorbehalt hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stand (vgl. BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 362/05 - NZA 2006, 746).

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die von der Beklagten erklärte Anrechnung nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Einmalzahlung nach § 2 Nr. 2 bzw. § 3 Nr. 2 LA 2006 nicht um eine Lohnerhöhung handelt.

a) Unter einer Tariflohnerhöhung ist die Erhöhung des regelmäßigen Entgeltbetrages zu verstehen. Eine Tariflohnerhöhung setzt aber nicht immer die tabellenwirksame Erhöhung des Tariflohns voraus. Auch in einer Einmalzahlung kann eine Tariferhöhung liegen. Der Begriff "Einmalzahlung" ist nicht eindeutig, sondern sowohl als Ausdruck für eine pauschale Lohnerhöhung als auch zur Kennzeichnung einer davon zu unterscheidenden Sonderzahlung gebräuchlich. Ob die tarifliche Einmalzahlung als pauschale Lohnerhöhung oder als eine wie der Kläger meint, von der konkreten Gegenleistung unabhängigen Sonderzahlung anzusehen ist, muss durch Auslegung des Tarifvertrages ermittelt werden (vgl. BAG, Urteil vom 04.07.2007 - 4 AZR 549/06, aaO.; BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 540/05 - NZA 2006, 688).

b) Die Auslegung eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen sachgerechten, zweckorientierten und praktische brauchbare Lösung führt (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 04.07.2007, aaO.; BAG, Urteil vom 16.04.2002 - 1 AZR 363/01 - NZA 2003, 224 m.w.N.).

c) Unter Zugrundelegung dieser Auslegungsgrundsätze hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass die Einmalzahlung eine pauschale Entgelterhöhung darstellt.

aa) Eine Lohnerhöhung liegt dann vor, wenn die Gegenleistungen des Arbeitgebers heraufgesetzt werden, d.h. der Arbeitnehmer mehr als vor der Erhöhung erhält. Allgemein ist sie, wenn sie nicht an besondere Umstände der Arbeitsleistung anknüpft (vgl. BAG, Urteil vom 09.11.2005, a.a.O.).

Die Einmalzahlung wird - Einmalbetrag genannt - an drei Stellen in dem Lohnabkommen behandelt. In § 2 Nr. 2 GA unter der Überschrift "Monatsgrundlohn-Summarische Arbeitsbewertung", in § 3 Nr. 2 unter "Monatsgrundlohn-Analytische Arbeitsbewertung" und in § 6 unter der Überschrift "Einmalbetrag". Die Behandlung im Rahmen des Monatsgrundlohnes weist bereits darauf hin, dass auch der Einmalbetrag der Erhöhung des Entgeltes dient. Die Annahme wird bestätigt durch die inhaltliche Ausgestaltung des Einmalbetrags. Gemäß §§ 2 Nr. 1, 3 Nr. 1 LA gelten trotz Inkrafttretens des Tarifvertrages am 01.03.2006 für die Monate März bis Mai 2006 die ab dem 01.03.2005 gültigen Lohntabellen weiter, um eine Neuberechnung bei Abschluss des LA am 22.04.2006 bereits abgerechneter Monate zu vermeiden bzw. den Betrieben Zeit für die Umstellung der Lohnabrechnung zu geben. Mit diesen Monaten, in denen keine tabellenwirksame Erhöhung erfolgt, ist die Einmalzahlung über §§ 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 LAG verknüpft. Die Beschäftigten erhalten für diese drei Monate im Falle der Vollbeschäftigung 310,-- €.

Für das Verständnis als pauschalierte Lohnerhöhung sprechen weiter die Regelungen in § 6 Nr. 2, 3, 4 und 5 LA. Die Höhe des Einmalbetrages steht in einem unmittelbaren Bezug zur Gegenleistung des Arbeitnehmers und unterscheidet sich in wesentlichen Punkten nicht von der prozentualen Tariflohnerhöhung. Der Pauschbetrag wird einmal in Relation zur regelmäßigen Arbeitszeit des Beschäftigten gesetzt. Teilzeitbeschäftigte erhalten ihn nur nach Maßgabe ihrer für die Monate März bis Mai 2006 einzelvertraglich vereinbarten regelmäßigen Wochenarbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen Wochenarbeitszeit. Zum anderen setzt ihre volle Zahlung voraus, dass in den Monaten März bis Mai 2006 in vollem Umfang Vergütungsansprüche oder Entgeltfortzahlungsansprüche bestanden, sich der Arbeitnehmer z.B. nicht in einem unbezahlten Sonderurlaub befand, nicht über sechs Wochen hinaus arbeitsunfähig krank war. Auch insoweit besteht ein Bezug der Arbeitgeberleistung zur Gegenleistung des Beschäftigten. Dieser zeigt sich weiter in der anteiligen Zahlung des Einmalbetrages an im Laufe der drei Monate ein- und ausgetretene Arbeitnehmer. In allen Fällen wäre auch eine prozentuale Erhöhung nur anteilig zu zahlen gewesen.

In § 6 Nr. 6 LA haben die Tarifvertragsparteien zusätzlich betont, dass mit dem Einmalbetrag alle Ansprüche abgegolten sind, die sich aus der Erhöhung des Monatsgrundlohnes gemäß §§ 2, 3 LA für die drei Monate ergeben, ein weiterer deutlicher Hinweis auf den Lohnerhöhungscharakter der Pauschalzahlung.

In § 6 Nr. 7 LA haben die Tarifvertragsparteien, um Härten für die Arbeitnehmer durch die Pauschalierung der Lohnerhöhung unabhängig von der Zuordnung zu einer bestimmten Lohngruppe zu mildern, für die Berechnung des weiterzuzahlenden Entgelts bestimmt, dass statt des Einmalbetrages eine prozentuale Erhöhung von 3 % zugrunde zu legen ist. Dadurch wird erneut der grundsätzliche Lohnerhöhungscharakter des Einmalbetrages herausgestellt, sein Nivellierungscharakter aber für die Durchschnittsberechnung aufgehoben. Ohne die Modifikation wäre der Pauschbetrag in die Durchschnittsberechnung für die Höhe der Entgeltfortzahlung oder der Urlaubsvergütung eingeflossen.

bb) Dem Verständnis als Tariflohnerhöhung steht nicht - wie der Kläger meint - § 6 Nr. 1 Satz 1 LA entgegen.

Danach können die Betriebsparteien durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung den Einmalbetrag bei unterdurchschnittlicher, schlechter Ertragslage zeitlich innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrages verschieben oder auf Null reduzieren oder bei überdurchschnittlich guter Ertragslage bis auf das Doppelte erhöhen. Die Tarifvertragsparteien sind mit der Öffnungsklausel der verbandspolitischen Forderung nachgekommen, Lohnerhöhungen auf betrieblicher Ebene an der Ertragslage des Betriebs zu orientieren und damit flexibel zu gestalten (vgl. Reiter, DB 2006, 2686). Dadurch ändert sich der ermittelte Zweck der Einmalzahlung nicht, pauschal Ansprüche auf Lohnerhöhungen für die Monate März bis Mai 2006 abzugelten, wie in § 6 Nr. 6 LA bestimmt.

Der Einmalbetrag ist keine Sonderzahlung mit dem Zweck der Beteiligung der Arbeitnehmer an einer guten Ertragslage.

Der Kläger übersieht, dass die Betriebsparteien eine Vereinbarung nach § 6 Nr. 1 Satz 1 LA nicht treffen müssen. Die abzuschließende Betriebsvereinbarung ist eine freiwillige. Entsprechend ist der Schluss, dass bei Fehlen einer verschlechternden Betriebsvereinbarung die Ertragslage des Betriebs befriedigend ist, nicht zwingend. Trotz schlechter Ertragslage können betriebspolitische Gründe entgegenstehen. Die Betriebsvereinbarung setzt nämlich die Einigung der Betriebsparteien zumindest über das Tätigwerden einer Einigungsstelle voraus, deren Spruch gemäß § 76 Abs. 6 BetrVG auch nur bei vorheriger Unterwerfung oder nachträglicher Annahme bindend ist.

cc) Etwas anderes folgt nicht aus § 6 Nr. 1 Satz 3 LA. Danach kann der Arbeitgeber die Erhöhung des Einmalbetrages ausschließen, wenn es im Betrieb eine übertarifliche Regelung über eine Jahresabschlussvergütung, Jahresprämie, Ergebnisbeteiligung, Weihnachtsgeld oder ähnliche Leistungen gibt. Die Regelung dient ebenfalls der Flexibilisierung der Lohnfindung auf betrieblicher Ebene. Sie gibt dem Arbeitgeber jedoch nur die Möglichkeit, eine Erhöhung des Einmalbetrages auszuschließen. Die pauschale tarifliche Lohnerhöhung verbleibt den Arbeitnehmern.

dd) Der geltend gemachte Anspruch rechtfertigt sich weiter nicht, weil gemäß § 6 Nr. 1 Satz 2 LA der Einmalbetrag nach §§ 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 LA auszuzahlen ist, wenn die Betriebsparteien keine Betriebsvereinbarung nach § 6 Nr. 1 Satz 1 LA treffen.

Diese Regelung schließt eine Anrechnung nicht aus. Sie enthält hinsichtlich der Höhe der Einmalzahlung als auch hinsichtlich ihrer Fälligkeit und Zahlung eine Verweisung auf die §§ 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 LA. Der Wortlaut "nach §§ 2 Nr. 3, 3 Nr. 2 LA auszuzahlen" will nicht mehr, dass, wie in §§ 2 Nr. 3, 3 Nr. 2 LA geregelt, die gewerblichen Arbeitnehmer den Einmalbetrag erhalten sollen. Im Rechtsleben schließt eine auszuzahlende Forderung eine Anrechnung nicht aus. Dies zeigt schon der Vergleich mit der in § 387 ff. BGB geregelten Aufrechnungsmöglichkeit.

Bei der Auslegung der Formulierung ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien die langjährige Rechtsprechung zur Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen kannten. Insbesondere war ihnen auch bekannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Effektivklauseln in Tarifverträgen, die dazu führen, dass übertarifliche Bestandteile dem erhöhten Tariflohn hinzuzurechnen sind und als Bestandteile des Tariflohnes gelten, unzulässig sind, weil die Tarifvertragsparteien nur Mindestarbeitsbedingungen wirksam vereinbaren können, während Verbesserungen nach dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG einzelvertraglichen Vereinbarungen vorbehalten sind (vgl. BAG, Urteil vom 16.06.2004 - 4 AZR 408/03, NZA 2005, 1420; Urteil vom 16.09.1987 - 4 AZR 265/87, AP Nr. 15 zu § 4 TVG Effektivklausel).

3. Die Beklagte war nicht gehindert, die tarifliche Einmalzahlung rückwirkend auf die übertariflichen Zulagen der Monate März bis Mai 2006 anzurechnen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber, soweit nichts Abweichendes vertraglich vereinbart ist, regelmäßig eine nachträglich für bestimmte Monate vereinbarte Tariflohnerhöhung auf die in diesen Monaten bereits geleisteten übertariflichen Zulagen durch ausdrückliche oder konkludente Erklärung anrechnen und so die Erfüllung des noch offenen Anspruchs aus der Tariflohnerhöhung durch die bereits geleisteten Zulagenzahlungen bewirken (vgl. BAG, Urteil vom 21.01.2003, a.a.O.; Urteil vom 03.06.2003 - 1 AZR 314/02, BuW 2004, 260). Die gemäß § 366 Abs. 1 BGB grundsätzlich bei der Leistung vorzunehmende Tilgungsbestimmung kann durch eine - auch stillschweigend mögliche - Vereinbarung der Parteien offen gelassen werden und dem Schuldner vorbehalten bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 02.12.1998 - II ZR 144/97, BGHZ 51, 157; Urteil vom 23.01.1991 - VII ZR 122/90, BGHZ 113, 251; BAG, Urteil vom 03.06.2003, a.a.O.). Hiervon ist bei einem mit einer übertariflichen Zulage verbundenen Anrechnungsvorbehalt insoweit auszugehen, als die Tariflohnerhöhung sich auf einen bestimmten Zeitraum in der Vergangenheit beziehen soll (vgl. BAG, Urteil vom 21.01.2003, a.a.O.; Urteil vom 03.06.2003, a.a.O.).

b) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte den Kläger durch den Niederlassungsleiter, den Zeugen P2, Ende Mai 2006 darüber informiert hat, dass die Tariferhöhung aus der Tarifrunde 2006 vollständig und gleichmäßig angerechnet wird, auch wenn eine schriftliche Mitteilung erst später erfolgte.

II. Die Anrechnung der tariflichen Einmalzahlung auf die übertarifliche Zulage des Klägers ist nicht wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unwirksam.

1. Die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen aus Anlass und bis zur Höhe einer Tariferhöhung unterliegen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates, wenn sich dadurch die Verteilungsgrundsätze ändern und darüber hinaus für eine anderweitige Anrechnung bzw. Kürzung ein Regelungsspielraum verbleibt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anrechnung durch gestaltende Erklärung erfolgt oder sich automatisch vollzieht. Die Anrechnung ist dagegen mitbestimmungsfrei, wenn dadurch das Zulagenvolumen völlig aufgezerrt wird oder die Tariferhöhung vollständig und gleichmäßig auf übertarifliche Zulagen angerechnet wird (z.B. BAG, G1 Senat, Beschluss vom 03.12.1991 - GS 2/90 - AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).

b) Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte die Einmalzahlung vollständig und gleichmäßig auf die Zulagen angerechnet hat, ohne persönliche Ausnahmen zu machen.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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