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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.12.2005
Aktenzeichen: 18 Sa 1200/05
Rechtsgebiete: BGB, RTV Maler- und Lackiererhandwerk
Vorschriften:
BGB § 280 Abs. 1 | |
BGB § 611 Abs. 1 | |
RTV Maler- und Lackiererhandwerk § 24 Nr. 3 | |
RTV Maler- und Lackiererhandwerk § 50 Nr. 3 |
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 11.05.2005 - 2 (4) Ca 95/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand: Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche aus dem Jahr 2002. Der am 11.02.1948 geborene Kläger war seit 1978 bei dem Beklagten als Malergeselle tätig. Auf das Arbeitsverhältnis kommen die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für das Maler- und Lackiererhandwerk zur Anwendung, so auch der Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV), in dem u.a. Folgendes geregelt ist: § 24 Zahlung des Urlaubsentgelts und des zusätzlichen Urlaubsgeldes ... 3. Der volljährige Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber, bei dem er zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, Anspruch auf Urlaubsabgeltung durch Auszahlung des Urlaubsentgeltes und des zusätzlichen Urlaubsgeldes nur in folgenden Fällen, wenn der Arbeitnehmer a) länger als drei Monate außerhalb des betrieblichen Geltungsbereiches des Tarifvertrages tätig gewesen ist und darüber auf Verlangen Nachweis führt. ... § 50 Besondere Verfall- und Verjährungsfristen bei Urlaub im Urlaubskassenverfahren ...
3. In Fällen des § 24 Nr. 3 können Abgeltungsansprüche nur bis zum Ende des Kalenderjahres geltend gemacht werden, das auf das Jahr der Entstehung der Ansprüche folgt
4. Binnen eines weiteren Kalenderjahres kann der Arbeitnehmer von der Urlaubskasse eine Entschädigung für verfallene Urlaubsansprüche in Höhe des vom Arbeitgeber nicht ausgezahlten Urlaubsentgeltes und des zusätzlichen Urlaubsgeldes verlangen.
Dies gilt auch für Arbeitnehmer, deren Arbeitslosigkeit entgegen Nr. 2 über ein volles Kalenderjahr (Urlaubsjahr) hinaus andauert, sie erhalten gegenüber der Urlaubskasse Anspruch auf Entschädigung für nicht ausgezahltes Urlaubsentgelt und zusätzliches Urlaubsgeld.
...
Zwischen den Parteien kam es Ende des Jahres 2001 zu Streitigkeiten über Vergütungsansprüche. So verlangte der Kläger in dem Rechtsstreit ArbG Herford 2 Ca 262/02 Vergütung für November und Dezember 2001. In dem Rechtsstreit ArbG Herford 2 Ca 922/02 machte der Kläger Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit vom 22.05. bis 30.06.2002 geltend. Weiter war Gegenstand dieses Rechtsstreits die Wirksamkeit der von dem Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung vom 03.06.2002.
In dem Rechtsstreit ArbG Herford 2 Ca 316/03 machte der Kläger Vergütung für die Monate Juli 2002 bis November 2002 geltend. In diesem Rechtsstreit schlossen die Parteien am 26.03.2003 folgenden Vergleich:
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund fristgemäßer Kündigung des Beklagten mit dem 31.07.2002.
2. Der Beklagte erstellt ordnungsgemäße Abrechnungen für die Monate Mai, Juni und Juli 2002 und zahlt - soweit nicht geschehen - die sich hieraus ergebenden Ansprüche an den Kläger aus.
3. Der Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 3.000,-- €.
4. Damit sind dieser Rechtsstreit und das Verfahren der Parteien 2 Ca 922/02 erledigt.
Ansprüche auf Urlaubsvergütung waren nicht Streitgegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten.
Erstmalig in dem Verfahren zwischen den Parteien ArbG Herford 2 Ca 1342/03 waren Urlaubsansprüche des Klägers berührt. Hier ging es um die Herausgabe der Lohnnachweiskarte für das Jahr 2002. In diesem Rechtsstreit schlossen die Parteien unter dem 01.10.2003 einen Vergleich, in dem sich der Beklagte zur ordnungsgemäßen Ausfüllung der Lohnnachweiskarte des Klägers für das Jahr 2002 verpflichtete.
Nachdem der Kläger Urlaubsabgeltungsansprüche aus dem Jahr 2002 bei der Gemeinnützigen Urlaubskasse geltend gemacht hatte, übersandte ihm die Gemeinnützige Urlaubskasse mit Schreiben vom 28.10.2004 (Bl. 82 d.A.) eine Ablichtung des von dem Beklagten ausgefüllten Teil C des Lohnnachweises für 2002. Aus der Ablichtung ergibt sich ein Urlaubsentgelt für 2002 beim Ausscheiden in Höhe von 2.250,76 € und ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 562,69 €.
Der Beklagte ließ sich von der Gemeinnützigen Urlaubskasse für angeblich gewährten Urlaub 2.250,76 € und als zusätzliches Urlaubsgeld 562,69 € auszahlen. Die entsprechenden Eintragungen machte er auf dem Lohnnachweis für das Jahr 2002.
Die vorliegende Klage hat der Kläger am 24.01.2005 erhoben. Mit der Klage verlangt er Urlaubsabgeltung in Höhe von insgesamt 2.813,45 €. Der Kläger behauptet, er habe im Jahr 2002 keinen Urlaub von dem Beklagten gewährt erhalten. Die Eintragungen des Beklagten in der Lohnnachweiskarte 2002 seien falsch.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.813,45 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit dem 21.07.2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, dass er dem Kläger am 22.05.2002 Urlaub bewilligt habe und in den Zeiträumen 22.05. bis 01.07.2002 und vom 23.07. bis 31.07.2002 tatsächlich dem Kläger Urlaub gewährt habe. Der Kläger habe die Vergütung für Mai, Juni und Juli 2002 erhalten. Insoweit habe er auch die entsprechende Urlaubsvergütung erhalten.
Durch Urteil vom 11.05.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 2.813,45 € festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der begehrte Abgeltungsanspruch stehe dem Kläger zu. Der Beklagte habe dem Kläger keine 36 Urlaubstage am 22.05.2002 gewährt. Es fehle schon ein Beweisantritt für die Urlaubsgewährung. Das bloße Nachhauseschicken wegen Arbeitsmangel sei keine Urlaubsgewährung.
Gegen dieses ihm am 18.05.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Beklagte am 14.06.2005 Berufung eingelegt und diese am 12.07.2005 begründet.
Der Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er stützt sich weiterhin auf seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er ist der Auffassung, der von ihm ausgestellte Lohnnachweis für 2002 sei richtig. Eine Korrektur der Eintragungen, so wie vom Kläger verlangt, werde er nicht vornehmen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 11.05.2005 - 2 (4) Ca 95/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 11.05.2005 - 2 (4) Ca 95/05 - zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
I. Der begehrte Klageanspruch steht dem Kläger nicht als Urlaubsabgeltung zu. Ein solcher Anspruch ist gemäß § 24 Nr. 3 i.V.m. § 50 Nr. 3 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV) verfallen.
Nach § 24 Nr. 3 a RTV wird der Anspruch auf Urlaubsabgeltung fällig, wenn der Arbeitnehmer länger als drei Monate außerhalb des betrieblichen Geltungsbereiches des Tarifvertrages tätig geworden ist und darüber auf Verlangen Nachweis führt. Nach § 50 Nr. 3 RTV können Abgeltungsansprüche in den Fällen des § 24 Nr. 3 RTV nur bis zum Ende des Kalenderjahres geltend gemacht werden, das auf das Jahr der Entstehung der Ansprüche folgt. Nach den tariflichen Vorschriften konnte im Fall des Klägers ein Urlaubsabgeltungsanspruch gegen den Beklagten bis zum 31.12.2002 nicht fällig werden, da er nicht länger als drei Monate außerhalb des betrieblichen Geltungsbereiches des Tarifvertrages tätig gewesen ist. Der Kläger war ab 01.08.2002 nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten ununterbrochen arbeitslos. Die Arbeitslosigkeit erfüllt den Abgeltungstatbestand des § 24 Nr. 3 a RTV aber nicht (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 18.02.1997 - 9 AZR 96/96 - NZA 1997, 1357).
II. Dem Kläger steht aber der begehrte Klageanspruch als Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zu.
Nach § 280 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger Ersatz des entstehenden Schadens verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis schuldhaft verletzt.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
1. Der Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag und aus dem Vergleich vom 01.10.2003 (ArbG Herford 2 Ca 1342/03) verpflichtet, die Lohnnachweiskarte des Klägers für das Jahr 2002 ordnungs- und wahrheitsgemäß auszufüllen und an den Kläger herauszugeben.
2. Dieser Verpflichtung ist der Beklagte schuldhaft nicht nachgekommen.
a) Dem Kläger gegenüber ist eine Aushändigung der Lohnnachweiskarte für das Jahr 2002, ordnungsgemäß ausgefüllt, bis heute nicht erfolgt.
Die von dem Beklagten an die Gemeinnützige Urlaubskasse für das Maler- und Lackiererhandwerk übersandte Lohnnachweiskarte für das Jahr 2002 enthält unrichtige Angaben über die Urlaubsgewährung. Der Beklagte weigert sich bis heute, diese unrichtigen Angaben zu berichtigen.
b) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine wirksame Urlaubsgewährung am 22.05.2002 nicht erfolgt.
aa) Bei einer Urlaubsgewährung muss aus dem Wortlaut der Gewährung für den Arbeitnehmer erkennbar sein, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seiner Urlaubswünsche in Erfüllung der Pflicht zur Urlaubsgewährung durch zeitliche Festlegung der Arbeitsbefreiung von der Arbeitspflicht freistellt (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 09.06.1998 - 9 AZR 43/97 - DB 1999, 52; Leinemann/Linck, BUrlG, 2. Aufl., § 7 Rz. 5).
bb) Diese Voraussetzungen sind dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen. Zum Zeitpunkt der behaupteten Gewährung lag kein Urlaubswunsch des Klägers vor. Die behauptete Gewährungserklärung ist zeitlich völlig unbestimmt. Dass er am 22.05.2002 Urlaub für die Zeit vom 22.05. bis 01.07.2002 und vom 23,07. bis 31.07.2002 dem Kläger gewährt hat, trägt der Beklagte selbst nicht vor.
cc) Wie auch das Arbeitsgericht zutreffend gesehen hat, fehlt weiter für die Behauptung der Urlaubsgewährung am 22.05.2002 ein Beweisantritt durch den Beklagten.
dd) Des Weiteren steht fest, dass eine Auszahlung von Urlaubsvergütung für diesen Zeitraum nicht erfolgt ist.
Mit der Abrechnung und Auszahlung der Vergütung für die Monate Mai bis Juli 2002 ist der Beklagte lediglich seiner Verpflichtung aus dem Vergleich vom 26.03.2003 (ArbG Herford 2 Ca 316/03) nachgekommen. Der Vergütungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 22.05. bis 30.06.2002 war, gestützt auf Annahmeverzug, Gegenstand des Rechtsstreits zwischen den Parteien ArbG Herford 2 Ca 922/02, der durch den Vergleich miterledigt wurde.
Der Vergütungsanspruch für die Zeit vom 01.07.2002 bis 30.11.2002, gestützt nur auf Annahmeverzug, war Streitgegenstand des Rechtsstreits ArbG Herford 2 Ca 316/03. Der Beklagte hat die im Vergleich titulierten Ansprüche aus Annahmeverzug nicht durch die Auszahlung von Urlaubsvergütung erfüllen können.
3. Durch die unrichtigen Angaben über die Urlaubsgewährung hat der Beklagte die Gemeinnützige Urlaubskasse für das Maler- und Lackiererhandwerk im Jahre 2004 veranlasst, Urlaubsvergütung in Höhe von 2.250,76 € und Urlaubsgeld in Höhe von 2.813,45 € an sich auszuzahlen. Bei ordnungs- und wahrheitsgemäßer Ausfüllung der Lohnnachweiskarte hätte die Gemeinnützige Urlaubskasse für das Maler- und Lackiererhandwerk diese Urlaubsvergütung als Entschädigung nach § 50 Nr. 4 Abs. 2 RTV an den Kläger auszahlen müssen, nachdem der Kläger, wie sich aus dem Schreiben der Gemeinnützigen Urlaubskasse vom 28.10.2004 ergibt, diese Ansprüche zuvor der Urlaubskasse gegenüber gemäß § 50 Nr. 4 RTV rechtzeitig geltend gemacht hatte. Eine Auszahlung durch die Urlaubskasse ist unmöglich geworden, da der Beklagte sich auch in dem vorliegenden Verfahren geweigert hat, die Lohnnachweiskarte für das Jahr 2002 zu berichtigen.
4. Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt.
Das Verschulden des Beklagten ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass er sein Vorgehen gegenüber der Gemeinnützigen Urlaubskasse und gegenüber dem Kläger für rechtmäßig hält. Angesichts der vorliegenden Tatsachen handelt es sich bei der Wertung des Klägers um einen vermeidbaren Verbotsirrtum.
II. Der Zinsanspruch ist wegen Verzuges begründet.
B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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