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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 1355/06
Rechtsgebiete: BUrlG


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 1
BUrlG § 7 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 27.07.2006 - 3 (1) Ca 474/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abgeltung des Urlaubs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der am 25.08.1952 geborene Kläger war seit dem 17.12.2001 als Deutschlehrer in der 5-Tage-Woche im Schulbetrieb der Beklagten in H2xxx tätig. Seine Bruttomonatsvergütung betrug 2.000,00 €.

Am 31.05.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30.06.2005. Der Kläger war in der Zeit vom 01.06.2005 bis 30.06.2005 von der Arbeitsleistung freigestellt. Über die Rechtswirksamkeit der Kündigung war zwischen den Parteien unter dem Aktenzeichen 3 Ca 1289/05 ein Kündigungsschutzrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Hagen geführt worden. In der Klageschrift vom 02.06.2005 hatte der Kläger die Gewährung seines Urlaubs aus dem Urlaubsjahr 2005 gefordert. Der Rechtsstreit 3 Ca 1289/05 wurde durch gerichtlich protokollierten Vergleich vom 10.11.2005 beendet. Der Vergleich ist in Kopie zur Gerichtsakte gereicht worden (Bl. 12 f. d.A.). Hier wurde u.a. die Rechtswirksamkeit der Kündigung zum 30.06.2005 bestätigt und eine Ausgleichsklausel zwischen den Parteien vereinbart. Auf den näheren Inhalt des gerichtlichen Vergleichs wird im Übrigen Bezug genommen.

Mit Email vom 19.01.2006 hat der Kläger von der Beklagten die Abgeltung von zwölf Urlaubstagen aus 2006 verlangt. Die Beklagte hat diesen Anspruch mit Schreiben vom 25.01.2005 abgelehnt unter Hinweis auf die Ausgleichsklausel des gerichtlichen Vergleiches.

Die vorliegende am 03.03.2006 erhobene Klage ist der Beklagten am 09.03.2006 zugestellt worden.

Der Kläger hat behauptet, seinen Urlaub für 2005 nicht genommen zu haben. Insbesondere sei er bei Aushändigung des Kündigungsschreibens seinerzeit nicht unter Anrechnung auf seinen Urlaubsanspruch freigestellt worden.

Er ist der Ansicht, sein Urlaub für 2005 sei unverzichtbar gewesen. Er begehrt daher die Abgeltung von 12 Urlaubstagen als anteiliger Urlaub für 2005 mit einem Betrag in Höhe von 1.090,91 € brutto. 8 Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.090,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Urlaubsanspruch des Klägers sei durch tatsächliche Gewährung erloschen. Der Zeuge H3xxx habe den Kläger bei der Aushändigung des Kündigungsschreibens am 31.05.2005 mündlich unter Anrechnung auf seinen noch ihm zustehenden Urlaub von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt.

Des Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, ein Abgeltungsanspruch des Klägers sei aufgrund der Ausgleichsklausel gem. Ziffer 4 des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 10.12.2005 ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen G2xx und H3xxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2006 verwiesen.

Durch Urteil vom 27.07.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.090,91 € festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Urlaubsanspruch sei schon durch tatsächliche Gewährung erloschen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Zeuge H3xxx den Kläger am 31.05.2005 freigestellt habe für die Zeit der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf den dem Kläger noch zustehenden Urlaub. 17 Gegen dieses ihm am 07.08.2006 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 15.08.2006 Berufung eingelegt und diese ebenfalls am 15.08.2006 begründet.

Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er bestreitet weiter, dass er am 31.05.2005 freigestellt worden sei für die Zeit der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf die noch ihm zustehenden Urlaubsansprüche.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 27.07.2006 - 3 (1) Ca 474/06 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.090,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.01.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

.. die Berufung des Klägers gegen das Urteil des .................Arbeitsgerichts Hagen vom 27.07.2006 - 3 (1) Ca 474/06 ..................zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Das Berufungsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2006 persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2006 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Die Akte des Rechtsstreits zwischen den Parteien Arbeitsgerichts Hagen 3 Ca 1289/05 war zu Informationszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht die begehrte Urlaubsabgeltung von zwölf Urlaubstagen für das Urlaubsjahr 2005 nicht zu. Er kann die begehrte Abgeltung weder nach § 7 Abs. 4 BUrlG verlangen noch gemäß § 275 Abs. 1, Abs. 4, § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB als Schadensersatz, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat

1. Diese Anspruchsgrundlagen setzen voraus, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein Urlaubsanspruch des Klägers bestanden hat. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, da die Beklagte dem Kläger den Resturlaub für das Urlaubsjahr 2005 ab 01.06.2005 gewährt hat.

2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch für das Berufungsgericht fest, dass der Kläger am 31.05. durch den ihm vorgesetzten Zeugen H3xxx, der Schulleiter bei der Beklagten ist, mündlich unter ausdrücklicher Anrechnung auf seine offenen Urlaubsansprüche von der Erbringung der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt worden ist.

a) Die Freistellung unter Anrechnung auf den offenen Urlaubsanspruch haben die Zeugen G2xx und H3xxx bei ihrer Vernehmung übereinstimmend bekundet.

Die Aussagen der Zeugen stehen nicht im Gegensatz zu den Bekundungen des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung. Der Kläger hat erklärt, dass er durch die Übergabe der Kündigung schockiert gewesen sei. Er habe das Ganze nicht verstehen können, auch nicht warum die Kündigung ausgesprochen worden sei. Dass er freigestellt worden sei, habe er schon nicht wahrgenommen. Er wisse aber, dass jedenfalls 100 %ig keine Freistellung unter Anrechnung auf den Urlaub von Herrn H3xxx erklärt worden sei. Nach dieser Einlassung ist es durchaus möglich, dass der Kläger nicht nur die Freistellung nicht wahrgenommen hat, sondern auch die damit verbundene Anrechnung der Freistellung auf den Urlaubsanspruch.

b) Die erklärte Freistellung unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch war auch bei objektiver Auslegung nach §§ 133, 157 BGB als Urlaubsgewährung im Sinne des § 7 Abs. 1 BUrlG auszulegen.

aa) Der Urlaubsanspruch ist ein durch das Bundesurlaubsgesetz bedingter Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, von den nach dem Arbeitsverhältnis bestehenden Arbeitspflichten befreit zu werden, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts berührt wird.

Die zur Erfüllung des Anspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaubs gewährt wird. Andernfalls ist nicht bestimmbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB) oder als Gläubiger der Arbeitsleistung gem. § 615 BGB auf deren Annahme verzichtet (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2006 - 9 AZR 11/05 -; BAG, Urteil vom 25.01.1994 - 9 AZR 312/92 - NZA 1994, 652 m.w.N.). So kann der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers wie auch hier dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch von der Arbeit freistellt (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt: BAG, Urteil vom 14.03.2006 - 9 AZR 11/05 - NZA 2006, 1008).

bb) Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Aus dem Wortlaut der Erklärung des Zeugen H3xxx musste der Kläger erkennen, dass er auch zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeit freigestellt werden sollte (vgl. BAG, Urteil vom 21.06.2005 - 9 AZR 295/04 - AP InsO § 55 Nr. 12; BAG, Urteil vom 14.03.2006 - 9 AZR 11/05 - a.a.O.).

c) Der Kläger hat gegen diese Freistellung keinen Widerspruch erhoben. Mit einer vom Arbeitnehmer akzeptierten Freistellung unter Anrechnung auf den Urlaub wird der Freistellungsanspruch zur Erfüllung von Urlaubsansprüchen erfüllt (BAG, Urteil vom 15.06.2004 - 9 AZR 431/03 - NZA 2005, 354 ).

d) Bei der Freistellung unter Anrechnung auf die offenen Urlaubsansprüche braucht nicht ausdrücklich die Unwiderruflichkeit der Befreiung von der Arbeitspflicht hervorgehoben werden. Durch eine Urlaubsgewährung tritt immer die urlaubsrechtliche Folge ein, dass die Arbeitsbefreiung unwiderruflich ist.

e) Der Erfüllung des Urlaubsanspruchs steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte Beginn und Ende des Urlaubs nicht konkret bestimmt hat. Als Schuldner des Urlaubsanspruchs obliegt es dem Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 BUrlG den Urlaubszeitraum festzulegen. Wenn der Arbeitgeber wie im Streitfall die genaue zeitliche Lage des Urlaubs und die Zahl der Urlaubstage nicht festlegt, beginnt im Regelfall der Urlaub mit dem ersten Tag der Freistellung. Der Arbeitnehmer kann daraus auch im Wege der Auslegung entnehmen, der Arbeitgeber überlasse es ihm, die zeitliche Lage der ihm zustehenden Urlaubstage innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraumes selbst zu bestimmen.

II. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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