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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.01.2007
Aktenzeichen: 18 Sa 1382/06
Rechtsgebiete: BUrlG, BGB


Vorschriften:

BUrlG § 3 Abs. 1
BUrlG § 7 Abs. 4
BGB § 387
BGB § 389
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 12.07.2006 - 1 Ca 255/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Urlaubsabgeltung.

Der am 21.01.13xx geborene, ledige Kläger war ab 29.12.2004 als Maschinenführer zunächst in Teilzeit bei der Beklagten tätig. Ab dem 01.06.2005 wurde zwischen den Parteien ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zuletzt der am 23.06.2005 geschlossene Arbeitsvertrag, in dem u.a. Folgendes vereinbart wurde:

§ 1 Beginn und Ende des Anstellungsverhältnisses

Der Arbeiter wird für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 befristet eingestellt.

...

§ 4 Vergütung/Gratifikation

1. Der Angestellte erhält für seine vertragliche Tätigkeit einen Stundenlohn in Höhe von 11,00 € brutto.

Die Vergütung ist jeweils am 15. des darauf folgenden Monats fällig.

2. ...

3. Der Angestellte ist verpflichtet, irrtümlich vom Arbeitgeber gezahlte Geldbeträge zu erstatten.

4. ...

§ 6 Urlaub/Nebentätigkeit

Der Angestellte erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von 24 Kalendertagen bei einer 6-Tage-Woche. Der Urlaub wird in Abstimmung mit der Firmenleitung festgelegt. Der Jahresurlaub muss spätestens bis zum 31. März des Folgejahres in Anspruch genommen sein und ist mit dem Vorgesetzten abzustimmen. Danach verfällt der Resturlaub des Vorjahres.

...

§ 13 Verfallfristen

Alle Ansprüche, die sich aus dem Anstellungsverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von zwei Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von zwei Monaten einzuklagen.

...

Mit Schreiben vom 04.07.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wie folgt:

Sehr geehrter Herr T2xxxxxxx,

aufgrund Ihres Arbeitsantritts am Freitag, dem 01.07.2005, unter erheblichem Alkoholeinfluss kündigen wir Ihnen fristgerecht innerhalb der Probezeit zum 20.07.2005.

Am 22.05.2005 schlossen die Parteien in dem Kündigungsschutzrechtsstreit ArbG Rheine 3 Ca 1187/05 folgenden Vergleich:

1. Die Parteien sind darüber einig, dass das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, arbeitgeberseitiger, betriebsbedingter Kündigung mit dem 31.07.2005 sein Ende gefunden hat.

2. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis des Klägers ordnungsgemäß auf der Basis der ihr bekannten Daten bis zum 31.07.2005 ab und zahlt entsprechende Netto-Beträge an den Kläger aus, sofern noch nicht erfolgt und vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs auf Dritte.

3. Die Parteien sind darüber einig, dass dem Kläger im Zeitraum vom 20.07.2005 bis 31.07.2005 Erholungsurlaub gewährt wurde.

4. Die Beklagte verpflichtet sich weiter, sofern noch Urlaubsansprüche des Klägers nicht in natura gewährt worden sein sollten, diese ordnungsgemäß abzurechnen und zur Auszahlung zu bringen.

5. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis zum Beendigungsdatum.

6. Damit sind sämtliche beiderseitigen finanziellen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung zwischen den Parteien abgegolten und erledigt. Es sind auch keinerlei Tatsachen ersichtlich, die noch irgendwelche Ansprüche begründen könnten.

Im Jahr 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger außer in der Zeit vom 20. bis 31.07.2005 keinen Urlaub. Nachdem die Beklagte in der Abrechnung für Juli 2005 zunächst 77,75 Lohnstunden und 28 Urlaubsstunden abgerechnet und ausgezahlt hatte, korrigierte sie die Abrechnung für den Monat Juli 2005 unter dem Datum vom 08.12.2005. Nunmehr wurden 80 Urlaubsstunden und 104 Lohnstunden abgerechnet. Der sich ergebende Differenznettobetrag aus der Korrekturabrechnung für Juli 2005 und der ursprünglichen Abrechnung für Juli 2005 in Höhe von 420,-- € wurde in einer Abrechnung für November 2005 ausgewiesen und an den Kläger ausgezahlt. Wegen der Einzelheiten der Abrechnung für Juli 2005, der Korrekturabrechnung für Juli 2005 und der Abrechnung für November 2005 wird auf Bl. 24 bis 26 d.A. verwiesen.

Die vorliegende Klage, mit der der Kläger die Abgeltung von 14 Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 2005 verlangt, hat der Kläger am 06.02.2006 erhoben. Mit Schreiben vom 09.04.2006 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dem Prozessbevollmächtigten des Klägers u.a. Folgendes mitgeteilt:

...

Nach Zugang des Kündigungsschreibens am 05.07.2005 erschien Ihr Mitglied, ohne arbeitsunfähig erkrankt zu sein, nicht mehr zur Arbeit. Den Zeitraum dieser Selbstfreistellung von der Arbeit verrechnet meine Mandantin, ohne damit diese Selbstfreistellung zu billigen, und damit den Zeitraum bis zu der im Vergleich vereinbarten Beendigung am 31.07.2005, auf die Abgeltung des im Arbeitsvertrag mit 24 Werktagen, das sind 192 Std. vereinbarten Urlaubs; dieser Abgeltungsanspruch umfasste insgesamt 16 Urlaubstage bzw. 116 Std. so dass noch ein Rest von 76 Std. verblieb. Mit der Abrechnungskorrektur aus November 2005 wurde der restliche Urlaub mit 80 Std. vergütet, so dass bei Ihrem Mitglied in Wirklichkeit eine Überzahlung von 44,-- € vorliegt, zu deren Rückzahlung Ihr Mitglied, verbunden mit der Bestätigung, dass Forderungen auf Urlaubsabgeltung von meiner Mandantin nicht mehr geschuldet sind, hiermit aufgefordert wird.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.232,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 14.02.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klageforderung sei erfüllt. Der Kläger sei in Höhe von 44,-- € überzahlt, wie sich aus ihrem Schreiben vom 09.04.2006 ergebe.

Durch Urteil vom 12.07.2006 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.232,-- € festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der begehrte Abgeltungsanspruch stehe dem Kläger gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG in Verbindung mit Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleichs vom 22.08.2005 zu. Dass die Beklagte dem Kläger mehr als 10 Urlaubstage des Jahresurlaubs aus dem Urlaubsjahr 2005 gewährt oder ausgezahlt habe, lasse sich weder den Abrechnungen noch dem Vortrag der Beklagten entnehmen.

Gegen dieses ihr am 20.07.2006 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 19.08.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.10.2006 am 02.10.2006 begründet.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie ist nunmehr der Auffassung, der Klageanspruch sei bis auf einen Restbetrag von 283,75 € erfüllt. Der Kläger habe in der Zeit vom 05.07. bis zum 19.07.2005 keine Arbeitsleistungen erbracht und sei insoweit um 948,25 € überzahlt. In dieser Höhe stehe ihr die Rückzahlung der Vergütung für den Monat Juli 2005 zu, den sie mit dem Restabgeltungsanspruch des Klägers verrechne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 12.07.2006 - 1 Ca 255/06 - teilweise abzuändern und die Klage bezüglich des 283,75 € überschreitenden Betrages abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 12.07.2006 - 1 Ca 255/06 - zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er behauptet, eine Überzahlung habe schon nicht vorgelegen, da er für die Zeit ab 05.07.2005 bis zum 19.07.2005 seine Arbeitskraft angeboten habe. Selbst bei einer Überzahlung könne mit dem Rückzahlungsanspruch nicht aufgerechnet werden, da dieser nach § 13 des Arbeitsvertrages zum Zeitpunkt der Aufrechnung verfallen gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Die Akte des Kündigungsschutzprozesses zwischen den Parteien ArbG Rheine 3 Ca 1187/05 war zu Informationszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Dem Kläger steht die begehrte Urlaubsabgeltung für 14 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2005 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG in Verbindung mit Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleichs vom 22.08.2005 zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

I. Da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Vereinbarung in Ziffer 1 des Vergleichs vom 22.08.2005 mit dem 31.07.2005 beendet worden ist, stand dem Kläger der volle Jahresurlaub von 24 Urlaubstagen für das Urlaubsjahr 2005 gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG in Verbindung mit Ziffer 6 Abs. 1 des Arbeitsertrages zu.

Dieser Anspruch ist durch Gewährung für die Zeit vom 20.07.2005 bis zum 31.07.2005 in Höhe von 10 Urlaubstagen erloschen (Ziffer 3 des Vergleichs vom 22.08.2005), so dass dem Kläger nach Ablauf des 31.07.2005 noch 14 Urlaubstage abzugelten waren (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

II. Der Abgeltungsanspruch ist nicht durch die Ausgleichsklausel in Ziffer 6 des Vergleichs vom 22.08.2005 erloschen.

Die Parteien haben in Ziffer 4 des Vergleichs ausdrücklich vereinbart, dass die Beklagte sich verpflichtet, sofern noch Urlaubsansprüche des Klägers nicht in natura gewährt worden sein sollten, diese ordnungsgemäß abzurechnen und zur Auszahlung zu bringen. Diese Verpflichtung ist bisher von der Beklagten nicht erfüllt worden. Die Beklagte hat den Abgeltungsanspruch des Klägers nicht abgerechnet und auch nicht ausgezahlt.

Der streitige Urlaubsabgeltungsanspruch ist von der Korrekturabrechnung Juli 2005 nicht erfasst und auch mit der Auszahlung der Restvergütung aus der Abrechnung in Höhe von 420,-- € nicht erfüllt worden. Die Beklagte hat mit den Abrechnungen Juli 2005 neben dem Urlaubsanspruch Lohn abgerechnet für die Zeit vor dem ab 20.07.2005 gewährten Urlaub.

III. Die vom Kläger begehrte Urlaubsabgeltung ist auch nicht teilweise in Höhe von 948,25 € durch Aufrechnung der Beklagten erloschen (§§ 387, 389 BGB).

1. Die von der Beklagten erklärte Verrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der behaupteten Lohnüberzahlung für den Monat Juli 2005 ist als Aufrechnungserklärung auszulegen (§ 133 BGB).

2. Die Aufrechnung geht mangels aufrechenbarer Gegenforderung ins Leere.

a) Falls der Rückzahlungsanspruch entstanden ist, so war er zum Zeitpunkt der Aufrechnung schon nach § 13 des Arbeitsvertrages verfallen.

Nach § 13 des Arbeitsvertrages sind alle Ansprüche, die sich aus dem Anstellungsverhältnis ergeben, von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von zwei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Frist von zwei Monaten einzuklagen.

Dem Vortrag der Beklagten ist nicht zu entnehmen, dass der Rückzahlungsanspruch innerhalb der Zweimonatsfrist gegenüber dem Kläger schriftlich geltend gemacht worden ist. Der von der Beklagten für sich in Anspruch genommene Rückzahlungsanspruch ist spätestens mit der Auszahlung der Restvergütung von 420,-- € auf der Grundlage der Korrekturabrechnung Juli 2005 vom 08.12.2005 fällig geworden. Eine Überzahlung und Verrechnung ist erstmals mit Schreiben der Beklagten vom 09.04.2006 geltend gemacht worden.

Die Aufrechnung mit einer verfallenen Forderung ist nicht zulässig.

b) Des Weiteren war die Beklagte für das Vorliegen der Aufrechnungsvoraussetzungen darlegungs- und beweispflichtig.

Ein Vortrag mit Beweisantritt der Beklagten für das Nichtvorliegen der vom Kläger vorgetragenen Voraussetzungen des Annahmeverzuges für die Zeit ab 05.07.2005 fehlt.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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