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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.03.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 14/06
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 112
BetrVG § 112 a
BGB § 133
BGB § 157
Wird in einem Sozialplan die Zahlung eines Abfindungszuschlags für unterhaltsberechtigte Kinder von der Eintragung auf der Lohnsteuerkarte abhängig gemacht und enthält der Sozialplan für den entsprechenden Nachweis keinen Stichtag, so muss die Eintragung spätestens zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialplanabfindung vorliegen.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 18.11.2005 - 4 Ca 1694/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten

Tatbestand:

Die Parteien streiten über eine Abfindungszahlung.

Die am 02.04.1966 geborene Klägerin ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Sie war in der Zeit vom 01.07.1992 bis zum 31.03.2005 in der Niederlassung der Beklagten in L2xxxx tätig. Seit dem 10.05.2003 befand sie sich in Elternzeit.

Unter dem 11.08.2004 unterzeichnete die Klägerin den dreiseitigen Vertrag zwischen ihr, der Beklagten und der Transfergesellschaft G1xxxx GmbH (Bl. 5 bis 9 d.A), in dem u.a. folgendes vereinbart wurde.

"Präambel

Sinn und Zweck dieses Vertrages ist es, die Chancen des von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiters zur dauerhaften Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern.

Gemäß den Rahmenbedingungen des Interessenausgleichs/Sozialplans vom 06.04.2004 wird folgender Vertrag geschlossen.

§ 1 Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der G3x

In Kenntnis der in der Vorbemerkung genannten Vereinbarung wird das zwischen der G3x und dem Mitarbeiter bestehende Arbeitsverhältnis aus dringenden betriebsbedingten Gründen zum 31.03.2005 beendet.

...

§ 13 Schlussbestimmungen

...

2. Für alle Leistungen der G1xxxx aus diesem Vertrag ist allein der Interessenausgleich/Sozialplan maßgebend."

...

In dem in Bezug genommenen Sozialplan vom 06.04.2004 (Bl. 10 bis 24 d.A.) heißt es u.a.:

"§ 8 Aufhebungsverträge

§ 8.1 Die materielle Ausstattung von betriebsbedingten Aufhebungsverträgen erfolgt wie bei einer Kündigung durch die G3x gemäß § 10.

...

§ 10 Abfindungsregelung für ausscheidende Mitarbeiter

Mitarbeiter, die durch Kündigung seitens der G3x oder Eigenkündigung (gem. § 7) oder durch Aufhebungsvertrag (gem. § 8) ausscheiden oder in die Transfergesellschaft (gem. § 9) wechseln, erhalten eine Abfindung). Mitarbeiter, die ein gleichwertiges Arbeitsplatzangebot abgelehnt haben (gem. § 2.1), erhalten keine Abfindung.

...

§ 10.4

Die Abfindung wird nach folgender Formel berechnet:

5.000 + (Alter *Betriebszugehörigkeit* Gehalt (Definition unter § 10.5)/Teiler)* Faktor.

...

Für jedes unterhaltsberechtigte Kind laut Lohnsteuerkarte wird ein Zuschlag von 3.000 gezahlt.

§ 10.5

Ein Bruttomonatsgehalt ist das tarifliche Monatsgehalt (G3x K2xxxxx) oder - einzelvertragliche Monatsgehalt bzw. Pauschalgehalt (G3x N2xx) oder - Grundgehalt (G3x M1xxxxx) einschließlich der regelmäßigen festen oder prozentualen Zulage, der Schichtzulage (Durchschnitt der letzten drei Monate) der evtl. Kinderzulage, aber ohne Überstunden, vermögenswirksame Leistungen, Ausgleichszulage wegen früherem Schichtbetrieb, andere Zulagen und sonstige Leistungen.

Bei Aufhebungsvereinbarungen oder bei Wechsel in die TG gilt das Bruttomonatsgehalt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Bei betriebsbedingten Kündigungen oder Eigenkündigungen gilt das Bruttomonatsgehalt zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung.

§ 10.6

Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 10.4 sind die am Tag des Ausscheidens vollendeten Jahre und Kalendermonate. Lebensalter ist das am Tag des Ausscheidens vollende Lebensjahr.

...

§ 10.8

Die Abfindungsansprüche entstehen zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie können zuvor nicht übertragen und vererbt werden. Die Abfindungen gemäß § 10.1, § 10.2 und § 10.3 werden beim Ausscheiden fällig."

Unter dem Datum 14.06.2006 wurde § 10.4 des Sozialplanes vom 06.04.2004 durch eine Änderungsvereinbarung zum Sozialplan (Bl. 25 - 27 d.A.) wie folgt geändert:

"Für jedes unterhaltsberechtigte Kind laut Lohnsteuerkarte (zum Zeitpunkt des Ausspruchs der betriebsbedingten Kündigung bzw. der Eigenkündigung) wird ein Zuschlag von 3.000 gezahlt."

Die Änderungsvereinbarung wurde am 17.08.2004 mit der letzten Unterzeichnung wirksam und am 19.08.2004 veröffentlicht.

Zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin am 31.03.2005 waren auf deren Lohnsteuerkarte zwei unterhaltsberechtigte Kinder eingetragen. Die Kinder der Klägerin waren, da diese sich in Elternzeit befand, ursprünglich auf der Steuerkarte des Ehemannes eingetragen. Unter dem 04.08.2004 erfolgte eine Änderung der Lohnsteuerkarte mit steuerrechtlicher Wirkung ab dem 01.09.2004. Ab diesem Zeitraum waren die Kinder auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin eingetragen.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Zahlung des Abfindungszuschlags in Höhe von 6.000,00 € geltend gemacht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe eine weitergehende Abfindungszahlung zu, da zum Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem Betrieb die unterhaltsberechtigten Kinder auf ihrer Lohnsteuerkarte eingetragen gewesen seien. Unter dem 19.07.2004 sei ihr seitens einer Mitarbeiterin der Personalabteilung der Beklagten geraten worden, ihre Lohnsteuerkarte zu ändern, damit sie den Kinderzuschlag nach dem Sozialplan erhalten könne. Sollte man eine Änderung der Steuerkarte nicht zulassen, so käme dies einer mittelbaren Diskriminierung gleich, da insbesondere in Zeiten, in denen Elternzeit genommen werde, die Kinder üblicherweise auf der Lohnsteuerkarte des Ehemannes eingetragen seien. Die Möglichkeit, Elternzeit in Anspruch zu nehmen, würde aber überwiegend von Frauen angenommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 6.000,00 brutto zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 01.04.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der maßgebliche Zeitpunkt für die Eintragung eines unterhaltsberechtigten Kindes auf der Lohnsteuerkarte sei der Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrags. Dafür sprächen der Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck des Sozialplanes. Bei Abschluss des dreiseitigen Aufhebungsvertrages sei die Änderungsvereinbarung zum Sozialplan vom 14.06.2004 bereits wirksam gewesen, so dass es alleine auf deren Wortlaut in § 10.4 bezüglich des Eintragungszeitpunkts ankomme.

Durch Urteil vom 18.11.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 6.000,00 € festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Anspruch stehe der Klägerin nach Ziffer 10.4 letzter Satz des Sozialplans vom 06.04.2004 zu. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Eintragung der unterhaltsberechtigten Kinder in der Lohnsteuerkarte sei der Zeitpunkt des Ausscheidens gewesen.

Gegen dieses ihr am 07.12.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommenes Urteil hat die Beklagte am 04.01.2006 Berufung eingelegt und diese am 18.01.2006 begründet.

Die Beklagte greift das arbeitgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der Stichtag für die Eintragung der unterhaltsberechtigten Kinder in der Lohnsteuerkarte der Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zwischen den Parteien sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 18.11.2005 - 4 Ca 1694/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 18.11.2005 - 4 Ca 1694/05 - zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Klägerin steht der begehrte Anspruch auf Zahlung des Abfindungszuschlags in Höhe von 6.000,00 € nach dem dreiseitigen Vertrag vom 11.08.2004 i.V.m. § 10.4 des Sozialplans vom 06.04.2004 zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

I. Die Regelungen des Sozialplans vom 06.04.2004 kommen auf das Arbeitsverhältnis in der ursprünglichen Fassung zur Anwendung.

1. Die Parteien haben in Satz 2 der Präambel des dreiseitigen Vertrages vom 11.08.2004 vereinbart, dass der Vertrag gemäß den Rahmenbedingungen des Interessenausgleichs/Sozialplans vom 06.04.2004 geschlossen wird. In § 13 Ziffer 2 (Schlussbestimmungen) ist geregelt, dass für alle Leistungen der G1xxxx allein der Interessenausgleich/Sozialplan maßgebend ist.

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt diesen Regelungen normativer Charakter zu.

a) Bei der Auslegung eines Vertrages ist trotz des Verbots der Buchstabeninterpretation vom Wortlaut auszugehen (BGH, Urteil vom 03.11.1993 - VIII ZR 106/93 - NJW 1994, 189; BGH, Urteil vom 31.01.1995 - XI ZR 56/94 - NJW 1995, 1212). Nach der Ermittlung des Wortlauts sind in einem zweiten Auslegungsschritt die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Als auslegungsrelevante Begleitumstände kommen neben der Verkehrssitte vor allem in Betracht die Entstehungsgeschichte, die Äußerungen der Parteien über den Inhalt des Rechtsgeschäftes, die von den Parteien in ihrer Geschäftsverbindung herausgebildeten Nuancen, der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehenden Interessenlage (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 25.05.2000 - VIII ZR 275/98 - NJW RR 2000, 1581; BGH, Urteil vom 29.03.2000 - VIII ZR 297/98 - NJW 2000, 2508; Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 133 BGB, Rz. 9, 14 ff.).

b) Im vorliegenden Fall ist schon der Wortlaut eindeutig. Der Vertrag wird gemäß den Rahmenbedingungen des Interessenausgleichs/Sozialplans vom 06.04.2004 geschlossen. Durch diesen Wortlaut wird Bezug genommen auf die Rahmenbedingungen des Interessenausgleichs/Sozialplans vom 06.04.2004. Gemäß diesen Rahmenbedingungen soll die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erfolgen. Allein der Interessenausgleich/Sozialplan soll auch maßgeblich sein für alle Leistungen der G1xxxx GmbH.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Wortlaut der Verweisung nicht die Beschränkung, dass sich nur die "sonstige" Abwicklung des Arbeitsverhältnisses nach dem Sozialplan vom 06.04.2004 richten soll.

c) Da zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (letzte Unterzeichnung durch die Klägerin am 11.08.2004) nur die ursprüngliche Fassung des Sozialplanes vom 06.04.2004 wirksam war, konnte sich die Bezugnahme auch nur auf diese Fassung und auf die Leistungen nach dieser Fassung beziehen.

II. Selbst wenn man davon ausgeht - wie die Beklagte -, dass der Sozialplan vom 06.04.2004 auch mit Wirkung für die Klägerin durch die Änderungsvereinbarung zum Sozialplan vom 14.06.2004 abgeändert worden ist, so berühren diese Änderungen nicht den begehrten Anspruch der Klägerin.

1. Soweit die Regelung in § 10.4 letzter Satz des ursprünglichen Sozialplans abgeändert worden ist bezüglich des Zeitpunkts des Vorliegens der Voraussetzung "unterhaltsberechtigtes Kind laut Lohnsteuerkarte", so erfolgte lediglich eine Änderung für die Fälle der betriebsbedingten Kündigung bzw. der Eigenkündigung. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut.

2. Die spezielle Abfindungsregelung in § 10 Einleitungssatz des Sozialplans unterscheidet weiter systematisch zwischen Mitarbeitern, die durch Kündigung oder Eigenkündigung (gemäß § 7) oder durch Aufhebungsvertrag (gemäß § 8) ausscheiden oder in die Transfergesellschaft (gemäß § 9) wechseln. Diese Unterscheidung trifft die Regelung in § 10 auch ausdrücklich bei der Stichtagregelung in § 10.5 2. Absatz, wenn dort bestimmt wird, bei Aufhebungsvereinbarungen oder Wechsel in die Transfergesellschaft gilt das Bruttogehalt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bei betriebsbedingter Kündigung oder Eigenkündigung gilt das Bruttomonatsgehalt zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung. Die Änderung des § 10.4 letzter Satz in der Änderungsvereinbarung zum Sozialplan regelt dagegen nur die Stichtage für die betriebsbedingte Kündigung und die Eigenkündigung. Eine Stichtagregelung für den Aufhebungsvertrag und den Wechsel fehlt.

3. Durch die Verweisung in § 8.1 des Sozialplans gilt für den Anspruch der Klägerin nicht der Stichtag, der nachträglich für die Kündigung geregelt worden ist.

Es ist schon fraglich, ob der Nachweis der Unterhaltspflicht durch die Eintragung in der Lohnsteuerkarte zur "materiellen Ausstattung" der Regelung in § 8.1 zählt.

Die Verweisung in 8.1 bezieht sich weiter konkret nur auf Aufhebungsverträge zwischen Arbeitnehmern und der G3x. Wie schon dargelegt unterscheidet die Abfindungsregelung in § 10 zwischen den Mitarbeitern, die durch eine Kündigung seitens der G3x oder Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag ausscheiden oder in eine Transfergesellschaft wechseln, wie sich auch aus der Stichtagregelung in § 10.5 Abs. 2 ergibt.

III. Nach § 10. 4 des Sozialplans vom 06.04.2004 hat die Beklagte an die Klägerin für jedes unterhaltsberechtigte Kind laut Lohnsteuerkarte eine weitere Abfindung von 3.000,00 € zu zahlen.

1. Eine solche Regelung ist zulässig.

Die Zahlung eines Steigerungsbetrages für unterhaltsberechtigte Kinder darf davon abhängig gemacht werden, dass eine Eintragung auf der Lohnsteuerkarte vorliegt. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 75 BetrVG oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Betriebspartner können im Hinblick auf eine praktikable Durchführung des Sozialplans die Zahlung des entsprechenden Betrages von dem leicht feststellbaren Merkmal der Eintragung des Kindes auf der Lohnsteuerkarte abhängig machen (vgl. BAG , Urteil vom 12.03.1997 - 10 AZR 648/96 - NZA 1997, 1058).

2. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 10.4 letzter Satz des Sozialplans vom 06.04.2004.

Sie ist zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Diese waren am 04.08.2004 mit Wirkung ab 01.09.2004 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien am 31.03.2005 auf ihrer Lohnsteuerkarte eingetragen.

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten musste nach den Regelungen des Sozialplans die Eintragung der unterhaltsberechtigten Kinder auf der Lohnsteuerkarte nicht schon bei Abschluss des dreiseitigen Vertrages vorliegen.

In dem Sozialplan vom 06.04.2004 fehlt in § 10 bezüglich des maßgeblichen Zeitpunkts für die Eintragung der Kinder auf der Lohnsteuerkarte eine maßgebliche Regelung. Im Wege der Auslegung der Regelung des Sozialplanes ergibt sich jedoch, dass für die Eintragung der Kinder auf der Lohnsteuerkarte der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis maßgebend ist.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wegen ihrer normativen Wirkung wie Tarifverträge auszulegen.

Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut und dem durch ihm vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmungen an. Von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in den Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. BAG, Urteil vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04 - NZA 2006, 220; BAG, Urteil vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01 -, NZA 2003, 676).

b) Das Arbeitsgericht ist unter Zugrundelegung dieser Auslegungsgrundsätze zu dem Ergebnis gekommen, dass letztlich aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 10. 4 des Sozialplanes der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der Eintragung der Fälligkeitszeitpunkt der Abfindung, der Tag des Ausscheidens am 31.03.2005 ist. Das Berufungsgericht teilt diese Auffassung.

aa ) Der Wortlaut des Sozialplanes ist unergiebig. Er enthält keine ausdrückliche Stichtagsregelung für den Nachweis unterhaltsberechtigten Kinder laut Lohnsteuerkarte.

bb) Stellt man auf die Systematik und den Gesamtzusammenhang ab, so sind die in dem Sozialplan enthaltenen Stichtagsregelungen uneinheitlich.

In § 10. 5 Abs. 2 wird auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages Bezug genommen. Dies gilt jedoch nur für die Festlegung des Bruttomonatsgehaltes zur Errechnung der Abfindungshöhe.

Dagegen kommt es in § 10.6 auf den Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb an. Diese Regelung gilt jedoch ausdrücklich nur für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters.

Nach § 10.8 des Sozialplanes entstehen die Abfindungsansprüche zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Wie schon dargelegt, führt die Verweisung in § 8.1 nicht dazu, dass auch beim Wechsel in die Transfergesellschaft der Stichtag wie bei einer Kündigung gilt. Hier ist weiter zu berücksichtigen, dass in der ursprünglichen Fassung auch im Fall der Kündigung eine Stichtagregelung für das Vorliegen der Voraussetzungen in § 10.4 letzter Sache des ursprünglichen Sozialplanes nicht vorliegt.

Fehlt eine Stichtagsregelung für das Vorliegen der einzelnen Voraussetzungen eines Anspruchs, so müssen diese Voraussetzungen spätestens bei der Fälligkeit des Anspruchs gegeben sein. So auch im vorliegenden Fall.

cc) Dieses Ergebnis entspricht auch, wie das Arbeitsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, dem Sinn und Zweck der Sozialplanregelung. Dieser liegt in der Gewährung eines zusätzlichen Abfindungsbetrages für die durch bestehende Unterhaltsverpflichtungen finanziell besonders belastete Angestellte. Dem Grunde nach soll das Bestehen der Unterhaltsverpflichtung die Anspruchsberechtigung auslösen. Der Nachweis des Kindes auf der Lohnsteuerkarte dient lediglich einer praktikablen Umsetzung des Sozialplans für den Nachweis des Bestehens der Unterhaltspflicht. Dass die Unterhaltsverpflichtung dem Arbeitgeber bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages durch die Eintragung der Kinder auf der Steuerkarte bekannt sein muss, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 10.4 bezüglich des Abfindungszuschusses gerade nicht.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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