Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 1418/05
Rechtsgebiete: EFZG


Vorschriften:

EFZG § 3 Abs. 1
EFZG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 09.06.2005 - 3 Ca 706/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand: Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall für den Zeitraum vom 27.11.2003 bis zum 31.12.2003. Die am 26.07.1941 geborene, verheiratete Klägerin trat im März 1980 als Maschinenarbeiterin in den Betrieb der Beklagten in E1xxxxxxx ein. Zuletzt bezog sie einen Stundenlohn in Höhe von 10,49 €. Eingesetzt wurde sie in der 35-Stunden-Woche. Seit dem 01.01.2004 bezieht die Klägerin Altersruhegeld. Im Jahre 2003 war die Klägerin in der Zeit vom 25.09.2003 bis zum 25.11.2003 arbeitsunfähig krank. Behandelt wurde sie von ihrem Hausarzt A4xxx in H1xxx. Die Beklagte leistete bis zum 03.11.2003 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Nach einer Untersuchung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen wurde der Klägerin am 25.11.2003 durch die AOK Westfalen-Lippe, Regionaldirektion Ennepe-Ruhr-Kreis, Hagen, mitgeteilt, dass von einer arbeitsunfähigkeitsbegründenden Erkrankung ab 26.11.2003 nicht mehr ausgegangen werden könne. Die Klägerin nahm am 26.11.2003 nicht ihre Arbeit als Maschinenarbeiterin bei der Beklagten auf. Die Tochter der Klägerin rief an diesem Tag um 09.00 Uhr im Lohnbüro der Beklagten an und teilte mit, ihre Mutter könne nicht arbeiten, da sie "noch immer" krank sei. Auch am 27.11.2003 nahm die Klägerin ihre Arbeit nicht zum üblichen Arbeitsbeginn um 07.00 Uhr bei der Beklagten auf. Sie erschien an diesem Tag gegen 10.00 Uhr im Betrieb der Beklagten, um mit ihrem vorgesetzten Meister ein Gespräch zu führen. Sie bat in diesem Gespräch, ihren Urlaub nehmen zu dürfen, um sich regenerieren zu können. Der Urlaub wurde seitens der Beklagten abgelehnt. Ebenfalls am 27.11.2003 suchte die Klägerin den Facharzt für Orthopädie Dr. S2xxxx in H1xxx auf. Dieser stellte eine Arbeitsunfähigkeit fest für den Zeitraum ab 26.11.2003 und erstellte für die Klägerin als Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine sogenannte Erstbescheinigung. Die Beklagte leistete für die Zeit vom 27.11.2003 bis zum 31.12.2003 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall an die Klägerin. Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende Klage am 17.03.2004 erhoben. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe für den Zeitraum ab dem 27.11.2003 erneut Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen an sie zu leisten, da es sich um eine neue Ersterkrankung gehandelt habe, die mit den Vorerkrankungen in keinem Zusammenhang gestanden habe. Dies folge bereits aus der Erteilung einer neuen Erstbescheinigung für die Arbeitsunfähigkeit durch den Orthopäden Dr. S2xxxx. Dies folge auch daraus, dass sie zuvor nach ausgiebiger medizinischer Untersuchung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen für arbeitsfähig befunden worden sei. Die Klägerin hat behauptet, in der Zeit vom 25.09.2003 bis 25.11.2003 habe ein Rückenleiden im unteren Rückenbereich bestanden. Am 27.11.2003 sei sie wegen akuter Verspannungen im Schulterbereich krankgeschrieben worden. Am 27.11.2003 habe sie bei dem Gespräch im Betrieb der Beklagten lediglich mitgeteilt, dass sie sich noch nicht hundertprozentig fit fühle. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.835,75 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 11.03.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat behauptet, die Erkrankung der Klägerin ab 25.09.2003 sei am 25.11.2003 nicht ausgeheilt gewesen, sondern habe fortbestanden bis zum 31.12.2003. Die Klägerin habe am 27.11.2003 bei dem Gespräch in ihrem Betrieb gesagt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Arbeit nicht aufnehmen könne. Sie habe "immer noch dieselben Probleme". Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben zu der Frage, ob die Klägerin in dem Zeitraum 27.11.2003 bis 31.12.2003 aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig krank gewesen sei, wie in dem Zeitraum 25.09.2003 bis 25.11.2003, durch Einholung schriftlicher Zeugenauskünfte bei den behandelnden Ärzten A4xxx und Dr. S2xxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Zeugenauskünfte (Bl. 40, 49, 67, 68 d.A.) verwiesen. Durch Urteil vom 09.06.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.835,75 € festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat es das Arbeitsgericht als erwiesen angesehen, dass die Klägerin in der Zeit vom 25.09.2003 bis zum 31.12.2003 wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig krank gewesen ist. Gegen dieses ihr am 22.06.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Klägerin am 18.07.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.09.2005 am 08.09.2005 begründet. Die Klägerin greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Insbesondere verweist sie auf den Inhalt der Auskünfte der Zeugen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 09.06.2005 - 3 Ca 708/04 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.835,75 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 11.03.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 09.06.2005 - 3 Ca 708/04 - zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen. Hinsichtlich der Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen verwiesen. Entscheidungsgründe: I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin steht der begehrte Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG zu. Nach § 3 Abs. 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die Klägerin ab 25.09.2003 wegen derselben Krankheit bis zum 31.12.2003 arbeitsunfähig krank. Damit endete der Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin am 03.11.2003. Dies gilt auch, wenn die Klägerin nur bis zum 25.11.2003 arbeitsunfähig krank war und dann am 26.11.2003 erneut arbeitsunfähig erkrankte wegen desselben Grundleidens, welches Ursache der Erkrankung ab 25.09.2003 war. 1. Ein neuer Anspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG für die Dauer von sechs Wochen entsteht nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Krankheit beruht. a) Beruht die Arbeitsunfähigkeit auf derselben Erkrankung, liegt eine sogenannte Fortsetzungserkrankung vor. Hiervon spricht man, wenn in der Zeit zwischen dem Ende der vorausgegangenen und dem Beginn der neuen Erkrankung die Krankheit medizinisch nicht vollständig ausgeheilt war, sondern das Grundleiden latent weiter bestanden hat, so dass die neue Erkrankung nur eine Fortsetzung der früheren Erkrankung darstellt. Die wiederholte Arbeitsunfähigkeit beruht dann auf demselben nicht behobenen Grundleiden. Dieses kann verschiedene Krankheitssymptome zur Folge haben (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 13.07.2005 - 5 AZR 389/04 - DB 2005, 2359; BAG, Urteil vom 18.01.1995, BAG, Urteil vom 14.11.1984 - 5 AZR 394/82 - AP Nr. 61 zu § 1 LFZG; Schmitt, EFZG, 5. Aufl., § 3 Rz. 222 ff). b) Ist der Arbeitnehmer innerhalb der Zeiträume des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 EFZG länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, ist die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ausreichend, um eine neue Erkrankung nachzuweisen, weil sie keine Angaben über die konkrete Krankheitsursache der erneuten Arbeitsunfähigkeit enthält. Bestreitet der Arbeitgeber das Vorliegen einer neuen Krankheit, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungslast. Ihm obliegt die Darlegung und der Beweis der Tatsachen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen. Dabei hat der Arbeitnehmer den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Folgen der Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung sind allerdings vom Arbeitgeber zu tragen. Denn nach der sprachlichen Fassung des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 EFZG trifft den Arbeitgeber die objektive Beweislast (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 13.07.2005 - 5 AZR 389/04 - a.a.O.; LAG Hamm, Urteil vom 14.12.2005 - 18 Sa 168/05 -). 2. Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin ihrer Darlegungslast nachgekommen. Sie hat vorgetragen, in dem Zeitraum vom 25.09.2003 bis 25.11.2003 sei Ursache der Arbeitsunfähigkeit ein Rückenleiden/Bandscheibenleiden gewesen im unteren Rückenbereich. Für den Zeitraum vom 26.11.2003 bis 31.12.2003 habe Arbeitsunfähigkeit wegen Verspannungen im Schulterbereich bestanden. Hierzu hat die Klägerin die behandelnden Ärzte A4xxx und Dr. S2xxxx von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden. 3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht aber auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin in der Zeit vom 25.09.2003 bis zum 31.12.2003 wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig krank gewesen ist. a) Das Berufungsgericht folgt dem Ergebnis der ausführlichen und zutreffenden Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts. Von einer nochmaligen Darlegung wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. b) Ergänzend ist zu den Ausführungen der Klägerin gegen die arbeitsgerichtliche Beweisführung noch auszuführen, dass es richtig ist, dass beide Ärzte nach ihrem Kenntnisstand nicht beurteilen konnten, ob eine Fortsetzungserkrankung vorlag oder nicht. Dies lag allein jedoch daran, dass beiden Ärzten kein Behandlungsbericht des jeweils anderen Arztes vorlag. Nach den Auskünften der Ärzte war es aber für das Arbeitsgericht und auch für das Berufungsgericht möglich, die rechtliche Subsumtion vorzunehmen, da beide Ärzte die maßgebliche Krankheitsursache, auch für medizinische Laien verständlich, dargelegt haben und diese übereinstimmte. II. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück