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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.01.2005
Aktenzeichen: 18 Sa 1635/04
Rechtsgebiete: EFZG


Vorschriften:

EFZG § 3 Abs. 1 Satz 1
EFZG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 17.06.2004 - 2 Ca 145/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt

Tatbestand: Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers im Krankheitsfall für die Zeit vom 03.11.2003 bis zum 13.12.2003. Der am 22.01.14xx geborene Kläger hat eine Berufsausbildung zum Maschinenbauer abgeschlossen. Am 02.09.2002 trat er in den Betrieb der Beklagten als Schlosser ein. Sein Stundenlohn betrug 13,-- €. Am 03.11.2003 kam es zu einem Arbeitsunfall. Der Kläger zog sich bei der Bearbeitung einer Welle auf der Drehmaschine den Bruch des rechten Daumengelenkes zu. Der Unfallhergang selbst ist zwischen den Parteien umstritten. Beim Durchgangsarzt D1. P2xx in L1xxxxxxx gab der Kläger als Unfallhergang an, dass beim Schmiergeln einer Welle das Schmiergelpapier in die Drehbahn geraten sei und die rechte Hand mitgezogen habe. Der Kläger war im Anspruchszeitraum arbeitsunfähig krank. Die Beklagte weigerte sich, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten, so auch mit Schreiben vom 01.12.2003 (Bl. 4 d.A.). Die vorliegende Klage hat der Kläger am 14.01.2004 erhoben. Mit der Klage verlangt er ab 03.11.2003 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen (6 x 526,-- €). Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe den Unfall nicht grob fahrlässig verursacht. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.156,-- € zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz von dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 23.01.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe die Verletzung am 03.11.2003 grob fahrlässig verursacht. Sie behauptet, der Vorgesetzte des Klägers, der Zeuge L3xxxxxxx, habe diesem am 03.11.2003 nach Erörterung einer vom Kläger vorgelegten Zeichnung erklärt, er solle die Bearbeitung des benötigten Rohrstückrohlings nicht vornehmen, das benötigte bearbeitete Stück liege auf dem Arbeitsplatz eines Kollegen. Dort solle sich der Kläger das bearbeitete Stück holen, damit sei die Bearbeitung des Rohlings durch ihn überflüssig. Trotz der Weisung, den Rohling nicht zu bearbeiten, habe der Kläger den Rohling in die Drehmaschine eingespannt und mit der Bearbeitung begonnen. Im Zuge der Tätigkeit mit behandschuhten Händen sei eine Faser des Handschuhs in die aufgeraute Drehachse der Drehmaschine geraten. Diese Berührung zwischen Drehmaschine und Handschuh habe dazu geführt, dass der Handschuh mit der Hand des Klägers kraft der Drehung der Drehachse der Drehmaschine um die Drehachse gezogen worden sei. Durch dieses Hineinziehen des Handschuhs um die Drehachse habe sich der Kläger verletzt. Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen R3xxxx L3xxxxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.06.2004 (Bl. 29 bis 31 d.A.) verwiesen. Durch Urteil vom 17.06.2004 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 3.156,-- € festgesetzt. In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bewiesen sei, dass der Kläger entgegen der Anweisung des Zeugen L3xxxxxxx die Drehmaschine benutzt habe und sich hierdurch die Verletzung grob fahrlässig zugezogen habe. Gegen dieses ihm am 11.08.2004 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 26.08.2004 Berufung eingelegt und diese am 09.09.2004 begründet. Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Insbesondere hält er die gesamte Aussage des Zeugen L3xxxxxxx für wahrheitswidrig. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 17.06.2004 - 2 Ca 145/04 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.156,-- € zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz von dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 23.01.2004 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 17.06.2004 - 2 Ca 145/04 - zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Berufungsgericht hat erneut Beweis erhoben durch die eidliche Vernehmung des Zeugen R3xxxx L3xxxxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme des Berufungsgerichts wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2005 (Bl. 76 bis 79 d.A.) verwiesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen. Entscheidungsgründe: A. Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Dem Kläger steht der begehrte Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 03.11.2003 bis zum 13.12.2003 nicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG zu. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat die Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 03.11.2003 bis zum 13.12.2003 selbst verschuldet, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat. 1. Schuldhaft im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt der Arbeitnehmer, der gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt, was nur bei vorsätzlichem, besonders leichtfertigem oder grob fahrlässigem Verhalten angenommen werden kann. Ob dieses Verhalten erfüllt ist, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (BAG, Urteil vom 01.06.1983 - 5 AZR 536/80 - AP Nr. 52 zu § 1 LohnFG; LAG Hamm vom 24.09.2004 - 18 Sa 785/03 - NZA-RR 2004, 68; Schmitt, EFZG, 5. Aufl., § 3 Rz. 111; Marienhagen/Künzl, EFZG, § 3 EFZG Rz. 26). Das Gesetz schließt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei eigenem Verschulden des Arbeitnehmers aus, weil es unbillig wäre, den Arbeitgeber mit der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung zu belasten, wenn der Arbeitnehmer zumutbare Sorgfalt sich selbst gegenüber außer Acht gelassen und dadurch seine Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z.B. BAG, Urteil vom 11.03.1987 - 5 AZR 739/85 - AP Nr. 71 zu § 1 LohnFG; BAG, Urteil vom 11.11.1987 - 5 AZR 497/86 - AP Nr. 75 zu § 616 BGB). Im Streitfall hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass der Arbeitnehmer besonders leichtfertig, grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat (BAG, Urteil vom 23.11.1971 - 1 AZR 404/70 - AP Nr. 9 zu § 1 LohnFG; BAG, Urteil vom 07.08.1991 - 5 AZR 410/90 - AP Nr. 94 zu § 1 LohnFG). 2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Arbeitsgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger die Arbeitsunfähigkeit schuldhaft verursacht hat. Das Berufungsgericht teilt diese Überzeugung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz. a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht durch die Bekundungen des Zeugen L3xxxxxxx fest, dass der Kläger die Drehbank weisungswidrig aus nicht nachvollziehbaren Gründen benutzt hat für die Bearbeitung einer Welle und sich hierbei die Verletzung zugezogen hat. Der Kläger hatte keinerlei Veranlassung, die Drehbank zur Bearbeitung der Welle zu betätigen. Ihm war eine entgegenstehende Weisung erteilt. b) Die Aussage des Zeugen L3xxxxxxx ist ergiebig. Sie ist sachlich klar und in sich widerspruchsfrei. Auch das Berufungsgericht hält den Zeugen für voll glaubwürdig. Der Zeuge L3xxxxxxx hat kein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens. Es sind auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, warum der Zeuge L3xxxxxxx den Kläger durch seine Aussage wahrheitswidrig belasten sollte. c) Die Voraussetzungen für die beantragte Vernehmung des Klägers als Partei nach § 447 ZPO lagen nicht vor. Die Beklagte hat sich schon mit der Vernehmung des Klägers als Partei nicht einverstanden erklärt. Die Vernehmung des Klägers von Amts wegen nach § 448 ZPO war nicht zulässig, da sie zum Zwecke des Gegenbeweises erfolgen sollte (vgl. z.B. Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 448 Rz. 4). 3. Da schon das weisungswidrige Verhalten des Klägers als besonders leichtfertig angesehen werden muss und dieses Verhalten ursächlich für die Verletzung war, kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Bedienung der Drehbank Handschuhe getragen hat oder nicht. B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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