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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 18 Sa 1919/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 26 Abs. 2 Satz 1
BGB § 58 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.11.2006 - 8 Ca 3498/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Kosten, die durch die Klagerücknahme der Klägerin entstanden sind und die diese zu tragen hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die am 21.01.13xx geborene, verheiratete Klägerin ist zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.09.1993 ist sie bei dem Beklagten als Reinigungskraft tätig. Ihre durchschnittliche Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 971,79 € bei einer Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche.

Der beklagte Verein betreibt als Elterninitiative den Kindergarten "R5xxxxxxxxx". Die Klägerin ist Gründungsmitglied dieses Vereins. In der Satzung des beklagten Vereins war zuletzt u.a. Folgendes geregelt:

§ 7 Organe

1. Die Organe des Vereins sind - die Mitgliederversammlung - der Vorstand

§ 8 Vorstand

1. Der Vorstand des Vereins besteht aus sieben Mitgliedern. Erste(r) und zweite(r) Vorsitzende(r) werden direkt von der Mitgliederversammlung gewählt. Der gewählte Vorstand bestimmt unter sich die Zuweisung der Verantwortung für einzelne Funktionen.

...

§ 9 Geschäftsführender Vorstand

1. Der geschäftsführende Vorstand im Sinne des § 26 BGB besteht aus dem/der ersten und zweiten Vorsitzenden.

2. Beide gemeinsam vertreten den Verein gerichtlich und außergerichtlich.

Mitte Juli 2006 überreichte der Beklagte der Klägerin einen Änderungsvertrag, wonach die monatliche Arbeitszeit ab dem 01.10.2006 nicht mehr 86,66 Stunden, sondern nur noch 50 Stunden betrug und die Vergütung von 971,97 € auf 400,-- € reduziert werden sollte.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2006 (Bl. 9 d.A.) lehnte die Klägerin die Unterzeichnung des Änderungsvertrages ab.

Mit Schreiben vom 26.07.2006 (Bl. 11 d.A.) sprach der Beklagte eine Beendigungskündigung zum 31.12.2006 und mit Schreiben vom 23.08.2006 (Bl. 22 d.A.) zum nächst zulässigen Termin aus.

Gegen diese Kündigungen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.07.2006, der am 01.08.2006 bei dem Arbeitsgericht einging, und mit Schriftsatz vom 24.08.2006, der am 28.08.2006 bei dem Arbeitsgericht einging, Kündigungsschutzklage erhoben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Hierzu behauptet sie, dass der Beklagte regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer, die bereits vor dem 01.04.2003 eingestellt worden seien, beschäftige. Die Kündigung sei offensichtlich aufgrund der Ablehnung des Änderungsangebotes ausgesprochen worden. Im Übrigen sei die Kündigung unwirksam, da den Unterzeichnern die Vertretungsmacht fehle.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 26.07.2006 nicht zum 31.12.2006 beendet werden wird,

2. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 23.08.2006 nicht beendet worden ist.

3. den Beklagten zu verurteilen, ihr ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt,

4. den Beklagten zu verurteilen, sie für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 1) zu den im Arbeitsvertrag vom 29.12.1993 geregelten Arbeitsbedingungen als Reinigungskraft bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes bestritten und behauptet, er beschäftige nicht mehr als 5 bzw. 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG. Die Kündigungen seien wirksam. Die Unterzeichnenden seien berechtigt gewesen, Kündigungen für den Beklagten auszusprechen.

Durch Urteil vom 15.11.2006 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 6.802.53 € festgesetzt.

Gegen diese ihr am 20.11.2006 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Entscheidung hat der Beklagte am 11.12.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.02.2007 am 12.02.2007 begründet.

Der Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil an, soweit er mit dem Kündigungsschutzantrag und mit dem Weiterbeschäftigungsantrag unterlegen ist.

Der Beklagte stützt die Berufung im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.11.2006 - 8 Ca 3498/06 - abzuändern und die Klage bezüglich der Klageanträge zu 1) und 3) zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.11.2006 - 8 Ca 3498/06 - zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Die Klägerin hat nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2007 den Weiterbeschäftigungsantrag zurückgenommen. Der Beklagte hat dieser teilweisen Klagerücknahme zugestimmt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die Kündigungen des Beklagten vom 26.07.2006 und vom 23.08.2006 nicht beendet worden, wie das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat.

1. Als juristische Person (Verein) wird der Beklagte durch den Vorstand vertreten (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BGB). Nach dieser Vorschrift vertritt der Vorstand den Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.

a) Die Zusammensetzung des Vorstandes eines Vereins wird durch die Satzung festgesetzt (§ 58 Nr. 3 BGB). Er kann aus mehreren Personen bestehen. Vorstandsmitglieder im Sinne der Satzung eines Vereins sind nicht notwendig Vorstandsmitglieder im Sinne der gesetzlichen Vorschriften des BGB. Zum Vorstand nach § 26 BGB gehört nur, wer zur Vertretung des Vereins satzungsmäßig befugt ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 26 Rdnr. 2; Kammergericht Berlin, Beschluss vom 06.12.1977 - 1 W 2603/77 - OLGZ 78, 272).

b) So auch im vorliegenden Fall. Von den sieben nach § 8 Nr. 1 der Satzung zu wählenden Vorstandsmitgliedern (Gesamtvorstand) sind nur zwei Mitglieder, nämlich der erste und der zweite Vorsitzende nach § 9 Ziffer 1) und 2) der Satzung berechtigt, den Verein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. In § 9 Nr. 1 legt die Satzung ausdrücklich fest, dass nur der geschäftsführende Vorstand, bestehend aus dem ersten und zweiten Vorsitzenden, der gesetzliche Vorstand im Sinne des § 26 BGB ist. Nach § 9 Nr. 2 der Satzung vertreten der erste und der zweite Vorsitzende gemeinsam den Verein gerichtlich und außergerichtlich.

2. Unter Berücksichtigung dieser Festlegungen fehlte den Unterzeichnern der Kündigungen vom 26.07.2006 und vom 23.08.2006 die Vertretungsmacht, den Verein bei Ausspruch der Kündigungen zu vertreten.

a) Bei der Kündigung vom 26.07.2006 fehlte den unterzeichnenden Vorstandsmitgliedern S7xxxxxxxx, S8xxxxxx und E3xxx die Vertretungsbefugnis. Der unterzeichnende zweite Vorsitzende war nicht berechtigt, allein den Verein zu vertreten, sondern lediglich nur gemeinsam mit dem ersten Vorsitzenden, dessen Unterschrift das Schreiben nicht enthält.

b) Bei der Kündigung vom 23.08.2006 stand dem ersten Vorsitzenden H3xxxx nicht die Befugnis zu, allein den Beklagten zu vertreten. Eine Einzelvertretungsbefugnis für den ersten Vorsitzenden sieht die Satzung nicht vor.

3. Dass den Unterzeichnenden eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht durch Ermächtigung bzw. Vollmacht von dem jeweils fehlenden geschäftsführenden Vorstandsmitglied erteilt worden ist, ist nicht vorgetragen.

Eine solche Vertretungsmacht ergibt sich auch nicht aus dem Kündigungsschreiben selbst. Die gesetzliche Schriftform nach § 623 BGB setzt voraus, dass die Urkunde erkennen lässt, dass die jeweils Unterzeichnenden in Vollmacht bzw. Ermächtigung für das geschäftsführende Vorstandsmitglied handeln wollten, welches die Kündigung nicht unterzeichnet hat (vgl. hierzu auch BAG, Urteil vom 21.04.2005 - 2 AZR 161/04 - NZA 2005, 865).

II. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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