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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 18 Sa 2146/07
Rechtsgebiete: EFZG, ZPO


Vorschriften:

EFZG § 3 Abs. 1
EFZG § 4 Abs. 1
EFZG § 5
ZPO § 286 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 31.10.2007 - 5 Ca 1980/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über Ansprüche der Klägerin auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle für die Zeit vom 10.07.2007 bis zum 31.07.2007.

Die am 22.10.1960 geborene, verheiratete Klägerin wurde von der Beklagten mit Arbeitsvertrag vom 22.05.2006 (vgl. Bl. 4 f. d. A.) befristet bis zum 21.05.2007 und mit weiterem Arbeitsvertrag vom 21.05.2007 befristet bis zum 21.11.2007 als Telefonkontakterin bei einer 40-Stunden-Woche mit zuletzt vereinbarter Stundenvergütung von 7,50 € brutto beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis endete durch die Kündigung der Klägerin vom 03.07.2007 (vgl. Bl. 8 d. A.) zum 31.07.2007. Der von der Klägerin begehrte Urlaub im Juli 2007 wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 09.07.2007 (vgl. Bl. 63 d. A.) abgelehnt.

Die vorliegende Klage hat die Klägerin am 21.08.2007 bei dem Arbeitsgericht erhoben. Mit der Klage hat sie die Ansprüche auf Entgeltzahlung und die Urlaubsabgeltung verfolgt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 2.345,00 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus dem entsprechenden Nettobetrag seit dem 14.08.2007 abzüglich am 14.08.2007 gezahlter 703,50 Euro netto an sie zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit in dem Zeitraum 10.07. bis 31.07.2007 sei durch die Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht bewiesen. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei vor dem Hintergrund des abgelehnten Urlaubs erschüttert.

Durch Urteil vom 31.10.2007 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.920,-- Euro brutto abzüglich gezahlter 703,50 Euro netto sowie einen weiteren Betrag von 5,-- Euro netto jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.08.2007 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Klägerin zu 26 % und der Beklagten zu 74 % auferlegt worden. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 1.641,50 Euro festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit sei durch die Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachgewiesen worden für den Zeitraum vom 10.07. bis 31.07.2007. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei durch die Umstände nicht erschüttert. Allein die zeitliche Parallele des begehrten Urlaubs und des Zeitraums der Erkrankung reiche nicht. Des Weiteren habe die Klägerin ein Anspruch auf Abgeltung für 10 Urlaubstage und ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 5,-- Euro wegen nicht Herausgabe der Lohnsteuerkarte.

Gegen diese ihr am 15.11.2007 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Entscheidung hat die Beklagte am 12.12.2007 Berufung eingelegt und diese am 10.01.2008 begründet.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insoweit an, als sie zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 10.07. bis 31.07.2007 verurteilt worden ist,

Die Beklagte stützt sich maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 31.10.2007 - 5 Ca 1980/07 - abzuändern und die Klage in Höhe eines Betrages von 960,-- Euro abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 31.10.2007 - 5 Ca 1980/07 - zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Das Berufungsgericht hat bei dem sachverständigen Zeugen Dr. med. S5 M4 eine Auskunft nach § 377 Abs. 3 ZPO eingeholt. Wegen des Inhalts der mit Schreiben vom 17.04.2008 erteilten Auskunft wird auf Blatt 118 der Akte verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Der Klägerin steht für die Zeit vom 10.07.2007 bis zum 31.07.2007 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 960,-- Euro brutto nebst der begehrten Zinsen zu.

I. Die Klägerin kann als Vergütung für die Zeit vom 10.07.2007 bis 31.07.2007 von der Beklagten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG geltend machen.

1. Nach § 3 Abs. 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, ohne das ihn ein Verschulden trifft.

2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Klägerin war in der Zeit vom 10.07.2007 bis zum 31.07.2007 arbeitsunfähig krank.

Die Klägerin war für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit darlegungs- und beweispflichtig (vgl. z.B. BAG, 01.10.1997 - 5 AZR 726/96, NZA 1998, 370; BAG, 19.02.1997 - 5 AZR 83/96, NZA 1997, 652). Sie hat das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes Dr. M4 und durch die Auskunft des Dr. M4 vom 17.04.2008 nachgewiesen.

a) Die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich in § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG vorgesehene Nachweismittel, mit dem der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer nachweist. Einer solchen Bescheinigung kommt im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO ein hoher Beweiswert zu. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis, dass eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, als erwiesen ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine solche Bescheinigung vorlegt (vgl. z.B. BAG, 19.02.1997 - 5 AZR 83/96, NZA 1997, 652; BAG, 01.10.1997 - 5 AZR 726/96, NZA 1998, 370; BGH, 16.10.2001 - VI ZR 408/00, NZA 2002, 40; zur ärztlichen Arbeitsfähigkeitsbescheinigung vgl. BAG, 11.10.2006 - 5 AZR 755/05, AP EFZG § 5 Nr. 9; ErfK/Dörner, 8. Aufl., § 5 EFZG Rdnr. 14, G1/Knorr/Krassney, EFZG § 5 Rdnr. 39).

b) Bestreitet der Arbeitgeber trotz der vorgelegten ordnungsgemäß erteilten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Arbeitsunfähigkeit, muss er nicht den Beweis des Gegenteils führen. Er muss wie bei jeder tatsächlichen Vermutung zunächst Tatsachen vortragen, aus denen der Richter den Schluss ziehen kann, dass der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist, weil ernsthafte Zweifel an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bestehen (vgl. z.B. BAG, 19.02.1997 - 5 AZR 83/96, a.a.O.; BAG, 01.10.1997 - 5 AZR 726/96, a.a.O.; BGH, 16.10.2001 - VI ZR 408/00, a.a.O.; zur ärztlichen Arbeitsfähigkeitsbescheinigung vgl. BAG, 11.10.2006 - 5 AZR 755/05, a.a.O.; ErfK/Dörner, a.a.O.).

c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist bewiesen, dass die Klägerin in der Zeit vom 10.07.2007 bis zum 31.07.2007 arbeitsunfähig krank war. Die von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen reichen zur Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Urkunde und der Auskunft des sachverständigen Zeugen Dr. M4 nicht aus.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, schließt allein die Parallelität des Arbeitsunfähigkeitszeitraums mit dem von der Klägerin begehrten Urlaubszeitraum das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit nicht aus. Die Parallelität mag Zweifel begründen, aber keine ernsthafte Zweifel.

Selbst bestehende Zweifel sind durch die Auskunft des sachverständigen Zeugen Dr. M4 vom 17.04.2008 ausgeräumt. Nach der Auskunft des Arztes erfolgte die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit auch aufgrund objektiver Symptome. Der sachverständige Zeuge räumt ausdrücklich aus, dass bei den sehr deutlich vorliegenden Symptomen kein Verdacht auf Simulation bestand. Bedenken gegen die Richtigkeit der Beantwortung der gerichtlichen Fragen durch den sachverständigen Zeugen bestehen nicht.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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