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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 2337/05
Rechtsgebiete: BGB, GewO


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
GewO § 105
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.11.2005 - 4 Ca 343/05 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 627,12 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den von der Beklagten in den Monaten Oktober bis Dezember 2004 einbehaltenen Nettolohn.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.10.2003 bis zum 31.12.2004 als Briefkurierfahrer tätig. Aufgabe des Klägers war es, Briefsendungen bei den Kunden der Beklagten einzusammeln, im Depot zu sortieren und anschließend an die Zusteller zu verteilen. Jeweils zwischen 13.30 Uhr und 14.30 Uhr holte der Kläger das ihm dazu zur Verfügung stehende Fahrzeug vom Betriebsgelände ab. Die Arbeit im Einsatzgebiet begann zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr. Die Arbeitszeit endete zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr. Anschließend stellte der Kläger das Fahrzeug wieder auf dem Betriebsgelände ab und warf den Fahrzeugschlüssel in den Briefkasten. Wann dies geschah, wurde seitens des Beklagten nicht kontrolliert. Der Kläger nutzte das Fahrzeug auch, um zwischendurch zum Essen nach Hause zu fahren.

Im Rahmen der Lohnabrechnung für die Monate Oktober bis Dezember 2004 behielt die Beklagte 627,12 € als Gegenleistung für die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs von dem Nettolohn des Klägers ein.

Mit der am 31.01.2005 erhobenen Klage hat der Kläger diese Beträge verlangt.

Der Kläger hat behauptet, er nutze den Wagen nicht für Privatfahrten nach Dienstschluss, auch sei eine ausschließlich dienstliche Nutzung vereinbart worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 627,12 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes seit dem 21.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, Privatfahrten seien nie untersagt, sondern durchaus gestattet worden. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass diese Gestattung als geltwerter Sachbezug zu verstehen sei.

Das Arbeitsgericht hat eine Anrufungsauskunft des zuständigen Finanzamtes eingeholt. Wegen des Inhaltes der Auskunft wird auf das Schreiben des Finanzamtes Altena vom 21.06.2005 (Bl. 31 d.A.) verwiesen.

Durch Urteil vom 10.11.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 627,12 € festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Lohnabzug sei wegen der Privatnutzung des Dienstwagens gerechtfertigt gewesen.

Gegen diese ihm am 30.11.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 28.12.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.02.2006 am 28.02.2006 begründet.

Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.11.2005 - 4 Ca 343/05 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 627,12 € netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes seit dem 21.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Iserlohn vom 10.11.2005 - 4 Ca 343/05 - zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung ist begründet.

I. Dem Kläger steht die begehrte Restvergütung für die Monate Oktober 2004 (462,12 €), November 2004 (104,00 €) und Dezember 2004 (104,00 €) gemäß § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zu.

II. Der begehrte Lohnanspruch des Klägers ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten erloschen (§§ 387, 389 BGB).

1. Der Abzug der einbehaltenen Beträge in den Monaten Oktober bis Dezember 2004 durch die Beklagte ist als Aufrechnungserklärung auszulegen (§ 388 BGB).

2. Der erklärten Aufrechnung steht schon § 394 BGB i.V.m. § 850 c ZPO teilweise entgegen.

Von dem Nettoverdienst des Klägers in den Monaten Oktober bis Dezember 2004 (monatlich 1.013,69 €) waren nur 56,00 € monatlich pfändbar (siehe Tabelle in der Anlage zu § 850 c ZPO) und damit der Aufrechnung zugänglich.

3. Die erklärte Aufrechnung geht weiter ins Leere, da zwischen den Parteien eine Verpflichtung des Klägers zur Zahlung eines Entgelts für die von der Beklagten behaupteten Privatnutzung des Dienstwagens nicht vereinbart worden ist.

a) Eine schriftliche Vereinbarung, die der qualifizierten Schriftformklausel in § 9 des zwischen den Parteien am 15.08.2004 geschlossenen Arbeitsvertrages entspricht, liegt schon nicht vor (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2003 - 9 AZR 302/02 - NZA 2003, 1145).

b) Des Weiteren wehrt sich der Kläger mit der vorliegenden Klage nicht dagegen, dass er den sich aus der behaupteten Privatnutzung ergebenden Vorteil versteuern muss.

Wie sich aus den Abrechnungen Oktober bis Dezember 2004 ergibt, ist der geltwerte Vorteil bei der Bruttovergütung in Ansatz gebracht worden und von der erhöhten Bruttovergütung sind die Steuern und Sozialabgaben abgezogen worden.

c) Die Vereinbarung der Zahlung eines konkreten Entgelts für die Privatnutzung des Dienstwagens ist im Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen.

Inhalt und Ausgestaltung einer solchen Verpflichtung unterliegen einer vertraglichen Vereinbarung. Im Rahmen der Vertragsfreiheit (§ 105 GewO) kann für die Privatnutzung eines Dienstfahrzeuges ein Entgelt vereinbart werden (vgl. Schaub, Arbeitsrechthandbuch, 11. Aufl., § 68 Rz. 6). Die Gestattung der Dienstwagennutzung für private Zwecke allein führt lediglich zu einer Erhöhung der Bruttovergütung (vgl. ErfK/Preis, § 611 Rz. 658 ff.), nicht aber automatisch dazu, dass der Nutzungswert nach der lohnsteuerrechtlichen Vorteilsermittlung durch den Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zu erstatten ist.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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