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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 26.05.2004
Aktenzeichen: 18 Sa 71/04
Rechtsgebiete: EFZG, SGB VII, ArbGG


Vorschriften:

EFZG § 3 Abs. 1 Satz 1
EFZG § 4 Abs. 1
SGB VII § 104
SGB VII § 104 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
Bei einem Arbeitsunfall kann ein Verschulden im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG insbesondere dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen Anordnungen des Arbeitgebers oder gröblich gegen die Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat.

Für die Entsperrung des Haftungsausschlusses nach § 104 Abs. 1 SGB VII genügt nicht, dass ein bestimmtes Handeln, das für den Unfall ursächlich war, vom Arbeitgeber gewollt oder gebilligt wurde, wenn der Unfall selbst nicht gewollt und nicht gebilligt wurde.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 08.10.2003 - 5 Ca 3389/02 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten, die Kosten der Anschlussberufung werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung und Schmerzensgeld.

Der am 27.09.1976 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.05.1999 als Elektriker in der Technikabteilung zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.885,04 EUR beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Textilindustrie, das im sog. Just-in-Sequence-Verfahren Sitzgruppen für die Automobilhersteller Ford und Opel produziert. Die Beklagte beschäftigt rund 770 Mitarbeiter.

Der Kläger erlitt am 09.10.2002 einen Arbeitsunfall, bei dem durch das Hochfahren einer Palettenhebemaschine der rechte Arm des Klägers an zwei Stellen so stark gequetscht wurde, dass Muskulatur und Nervenbahnen beschädigt worden sind. Der Kläger war nachfolgend bis zum 21.01.2003 arbeitsunfähig erkrankt.

Die Beklagte leistete für den Zeitraum vom 10.10.2002 bis zum 20.11.2002 keine Entgeltfortzahlung an den Kläger mit der Begründung, dass der Arbeitsunfall selbst verschuldet gewesen sei.

Mit seiner am 06.12.2003 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger Entgeltfortzahlung für den genannten Zeitraum sowie ein Schmerzensgeld von der Beklagten verlangt.

Der Kläger hat vorgetragen:

Er habe den Arbeitsunfall nicht verschuldet. Er habe auch keine Arbeitsanweisung der Beklagten missachtet, da es eine Sicherheitsunterweisung am 26.08.2002 nicht gegeben habe. Es habe auch keine Fehlermeldung gegeben, vielmehr habe ein sog. Bus-Fehler vorgelegen, der zur fehlenden Abstimmung der einzelnen Maschinenteile geführt habe. Die Maschine habe daher von Grund auf neu eingestellt werden müssen und habe sich dazu im Stillstand befunden. Bei einem Bus-Fehler müsse man den zugrunde liegenden Fehler bei laufender Maschine Schritt für Schritt überprüfen. Daher habe die Maschine zum Unfallzeitpunkt auch nicht vom Stromnetz getrennt sein können. Eine "Pause"-Schaltung gehe es nicht, die Maschine könne auch nicht manuell betrieben werden. Nach der Pause müsse das Band von Hand zur Produktion angeschaltet werden. Die Anlage werde auch nicht mit einem Schlüssel vom Stromnetz getrennt, sondern durch die Schaltung mit dem Schlüssel werde lediglich eine Meldung an das Steuerpult gesendet, damit das Band für einzelne Arbeitsgänge freigeschaltet werde. Zum Zeitpunkt des Eingriffs seien die Palettenheber heruntergefahren gewesen, das Band sei noch nicht gelaufen, als er in die Maschine gegriffen habe, um die nicht ordnungsgemäß liegende Palette zu recht zu rücken. Es sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass die Maschine wieder anfuhr. Der Zeuge Z1xxx sei auch nicht in unmittelbarer Nähe gewesen, als sich der Unfall ereignet habe; er habe vielmehr mehrfach rufen müssen, damit jemand den Not-Aus-Schalter drückte. Der Zeuge Z1xxx sei sein Vorgesetzter, er selbst habe nur unterstützende Aufgaben, so dass es dem Vorgesetzten zuzuschreiben sei, wenn die Anlage nicht ausgeschaltet gewesen sei. Sein Vorgesetzter hätte dafür Sorge tragen müssen, dass er nicht in eine laufende Maschine geraten könne.

Der Unfall hätte vermieden werden können, wenn die bereits vorhandene Quetschleiste mit der Maschine ordnungsgemäß verdrahtet gewesen sei; dies sei aber erst nach dem Unfall erfolgt. Ebenso wäre der Unfall nicht passiert, wenn eine Lichtschranke eingerichtet gewesen sei, auch diese sei aber erst später installiert worden.

Weiter habe die Beklagte ihm Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,-- EUR zu leisten, da sie seine Verletzung und die körperlichen Schäden billigend in Kauf genommen habe. Die Beklagte habe gewusst, dass die vorgeschriebenen Lichtschranken nicht montiert gewesen seien und die Quetschleiste nicht mit dem Not-Aus-Schalter verbunden gewesen sei. Durch beide Sicherheitsvorkehrungen hätte der Unfall vermieden werden können. Da die Beklagte diese Versäumnisse gekannt habe, habe sie seinen schweren Unfall billigend in Kauf genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.672,99 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2002 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.463,87 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2002 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, 1000,-- EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Der vom Kläger geltend gemachte Entgeltfortzahlungsanspruch bestehe nicht. Der Kläger habe die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet, da er in eine laufende Maschine gegriffen habe. Bei ihr würden regelmäßig sogenannte Sicherheitsunterweisungen durchgeführt, anlässlich derer die Mitarbeiter auf die einschlägigen Sicherheitsvorschriften hingewiesen würden. Die letzte Unterweisung habe am 26.08.2002 stattgefunden, der Kläger habe hieran teilgenommen. Nachdem am 09.10.2002 eine Störung an der Hauptlinie im Bereich Opel festgestellt worden sei, weil der sogenannte Palettenheber nicht funktioniert habe, sei der Kläger gemeinsam mit dem Zeugen Z1xxx zu dieser Störung gerufen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Palettenheber in Höhe des unteren Rollenförderers befunden; eine Palette habe halb auf dem Förderband und halb auf dem Heber gelegen. Die Bandanlage sei auf "Pause" eingeschaltet gewesen. Eine Trennung vom Stromnetz könne ausschließlich manuell erfolgen. Jeder Techniker, so auch der Kläger, verfüge über einen entsprechenden Schlüssel, um die Anlage manuell auszuschalten. Der Kläger habe jedoch keine manuelle Ausschaltung vorgenommen. Der Kläger habe als erster die Störungsstelle erreicht und unter Missachtung der dargelegten Sicherheitsvorschriften versucht, die nicht weitertransportierte Palette auf den Heber zu ziehen. Dabei sei der Heber mittels einer Lichtschranke aktiviert worden und nach oben gefahren, so dass der Kläger mit seinem Arm zwischen Palettenheber und oberen Rollenförderer gelangt sei. Herr Z1xxx, der sich in unmittelbarer Nähe befunden habe, habe sofort den Not-Aus-Schalter betätigt, so dass der Heber unverzüglich gestoppt worden sei. Der Unfall hätte verhindert werden können, wenn der Kläger zuvor die Anlage auf manuellen Betrieb geschaltet hätte, da dann der Palettenheber nicht reagiert hätte. Die Quetschleiste hätte auch dann, wenn sie angebracht gewesen wäre, den Unfall nicht verhindert, da die Quetschleisten nur dann reagierten, wenn etwas von unten gegen sie treffe.

Der Kläger könne auch kein Schmerzensgeld verlangen, da ein vorsätzliches Verhalten ihrerseits nicht vorliege. Die Unfallstelle sei sowohl vom Amt für Arbeitsschutz als auch von der Berufsgenossenschaft begutachtet worden. Dabei sei festgestellt worden, dass die Anlage keinerlei Sicherheitsmängel aufweise.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen R4xxx Z1xxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 08.10.2003 (Bl. 72 bis 78 d.A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 08.10.2003 die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.672,99 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2002 und weiter an den Kläger 1.463,87 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2002 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger zu 24 % und der Beklagten zu 76 % auferlegt worden. Den Streitwert hat das Arbeitsgericht auf 4.136,86 EUR festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass ein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers nicht bewiesen sei und ihm somit der begehrte Anspruch auf Entgeltfortzahlung zustehe. Dagegen stehe dem Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld der Haftungsausschluss nach § 104 SGB VII entgegen.

Gegen dieses ihr am 12.12.2003 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 12.01.2004 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.03.2004 am Montag, dem 15.03.2004, begründet.

Der Kläger, dem die Berufungsbegründungsschrift am 25.03.2004 zugestellt worden ist, hat nach Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist bis zum 17.05.2004 am 17.05.2004 Anschlussberufung eingelegt.

Beide Parteien greifen das arbeitsgerichtliche Urteil an, soweit sie unterlegen waren. Sie stützen ihre Rechtsmittel maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt

unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 08.10.2003 - 5 Ca 3389/02 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt

unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 08.10.2003 - 5 Ca 3389/02 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.000,-- EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2002 zu zahlen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Dem Kläger steht der begehrte Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG zu.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger war in der Zeit vom 10.10.2002 bis zum 20.11.2002 arbeitsunfähig krank, ohne dass ihn ein Verschulden traf.

1. Schuldhaft im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt der Arbeitnehmer, der gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt.

Das Gesetz schließt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei eigenem Verschulden des Arbeitnehmers aus, weil es unbillig wäre, den Arbeitgeber mit der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung zu belasten, wenn der Arbeitnehmer zumutbare Sorgfalt sich selbst gegenüber außer Acht gelassen und dadurch seine Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z.B. BAG, Urteil vom 11.03.1987 - 5 AZR 739/85 - DB 1987, 1495; BAG, Urteil vom 07.10.1987 - 5 AZR 116/86 - DB 1988, 403; LAG Hamm, Urteil vom 30.10.2002 - 18 Sa 1174/02 - LAGReport 2003, 102; Schmitt, EFZG, 4. Aufl., § 3 Rz. 85; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Aufl., § 98 Rz. 31).

Bei einem Arbeitsunfall kann ein solches Verschulden insbesondere dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen Anordnungen des Arbeitgebers oder gröblich gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat (vgl. Schmitt EFZG, 4. Aufl., § 3 Rz. 94).

Will der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung mit der Begründung verweigern, der Arbeitnehmer habe die Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt, so hat er die Tatsachen vorzutragen und nachfolgend zu beweisen, aus denen sich der Ausschließungsgrund ergibt (vgl. ErfK/Dörner, 4. Aufl., 2004, § 3 EFZG Rz. 64).

2. Ein solch gröblicher Verstoß gegen Anordnungen des Arbeitgebers oder die Unfallverhütungsvorschriften liegt entgegen der Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall nicht vor, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Unter den gegebenen Umständen, wie sie sich nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Z1xxx ergeben, kann das Verhalten des Klägers nicht als gröblicher Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten angesehen werden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nicht bewiesen, dass der Kläger, als er in den Palettenheber 1 griff, um die Störung zu beseitigen, davon ausging, dass die Anlage angeschaltet war bzw. dass er davon ausgehen musste, dass die Anlage noch angeschaltet war.

Nach der Bekundung des Zeugen Z1xxx hat dieser nach Beginn der Inspektion der Anlage diese ausgeschaltet und die festgestellten Störungen beseitigen lassen. Zur Funktionsüberprüfung des Bandes ist dann die Anlage wieder eingeschaltet worden, worauf die weitere Störungsmeldung "Heber 1 nicht in Grundstellung" kam. Der Kläger ist dann sofort auf der Innenseite des Bandes, wo er sich befand, vorgelaufen zu der neuen Störungsquelle. Da die Anlage bei der Störungsbeseitigung vor der Funktionsprüfung abgeschaltet war, durfte der Kläger davon ausgehen, dass der Zeuge Z1xxx als Verantwortlicher nach der negativen Funktionsüberprüfung die Anlage wieder abschalten würde. Der Zeuge selbst hat eingeräumt, dass er das durchaus hätte tun können, dies aber nicht üblich gewesen sei.

Ob der Kläger die Warnungen des Zeugen "warte, wir müssen erst noch den Schlüssel betätigen" und "er solle die Hand aus der Anlage lassen" wahrgenommen hat, ist durch die Aussage des Zeugen Z1xxx nicht bewiesen. Der Zeuge Z1xxx befand sich zu diesem Zeitpunkt vier Meter hinter dem Kläger. Es ist möglich, dass der Kläger die Warnungen nicht verstanden hat. Hierfür spricht, dass der Kläger nicht reagiert hat.

Auch wenn es üblich ist, dass man zunächst die Störung lokalisieren muss und dann entscheidet, ob man die Maschine insgesamt ausschaltet oder in manuellen Betrieb nimmt, wie der Zeuge Z1xxx ausgesagt hat, handelte der Kläger aufgrund seines subjektiven Kenntnisstandes nicht grob fahrlässig. Aus seiner Sicht befand er sich in einem einheitlichen Reparatureinsatz, der noch nicht abgeschlossen war. Die Fehlerfeststellung war zu Beginn des Einsatzes erfolgt, mit dem Ergebnis, dass die Anlage zunächst abgeschaltet wurde. So durfte der Kläger auch nach der negativen Funktionsprüfung davon ausgehen, dass die Anlage wieder ausgeschaltet werden würde - wie vorher -, um die Reparatur fortzusetzen.

Es mag fahrlässig gewesen sein, dass der Kläger mit der Beseitigung der Störung am Heber 1 nicht bis zum Eintreffen seines Vorgesetzten, des Zeugen Z1xxx, gewartet hat, um dessen Entscheidung abzuwarten. Dieses Verhalten kann aber nicht als grober Verstoß im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG angesehen werden.

B. Die zulässige Anschlussberufung des Klägers ist nicht begründet.

Dem Kläger steht der begehrte Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000,-- EUR gegen die Beklagte nicht zu. Dem Schmerzensgeldanspruch steht schon der Haftungsausschluss nach § 104 Abs. 1 SGB VII entgegen.

1. Wie das Arbeitsgericht richtig gesehen hat, genügt für die Entsperrung des Haftungsausschlusses nicht, dass ein bestimmtes Handeln, das für den Unfall ursächlich war, gewollt und gebilligt wurde, wenn der Unfall selbst nicht gewollt und nicht gebilligt wurde. Der Vorsatz des Schädigers muss nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den konkreten Verletzungserfolg umfassen. So führt die bloße vorsätzliche Missachtung von Unfallverhütungsvorschriften, auf die ein Arbeitsunfall zurückzuführen ist, nicht zur Entsperrung des Haftungsausschlusses (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 10.10.2002 - 8 AZR 103/02 - AP Nr. 1 zu § 104 SGB VII; BAG, Urteil vom 27.06.1975 - 3 AZR 457/74 - AP Nr. 9 zu § 636 RVO; LAG Köln, Urteil vom 11.08.2000 - 4 Sa 553/00 - LAGE SGB VII, § 104 Nr. 1; siehe auch Waltermann, NJW 1997, 3401, 3402).

2. Das Arbeitsgericht hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Beklagte den konkreten Verletzungserfolg, also die Armverletzung des Klägers, billigend in Kauf genommen hat. Das Berufungsgericht folgt dieser Auffassung des Arbeitsgerichts. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die eingehenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

C. Nach alledem haben die Rechtsmittel beider Parteien keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht jeweils auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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