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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.11.2007
Aktenzeichen: 18 Sa 923/07
Rechtsgebiete: BGB, BUrlG
Vorschriften:
BGB § 280 Abs. 1 | |
BGB § 280 Abs. 2 | |
BGB § 286 Abs. 1 | |
BGB § 286 Abs. 2 | |
BGB § 287 | |
BGB § 611 Abs. 1 | |
BGB § 781 | |
BUrlG § 7 Abs. 1 | |
BUrlG § 7 Abs. 3 |
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 18.04.2007 - 1 Ca 2715/06 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Dem Kläger steht aus dem Urlaubsjahr 2006 noch ein Resturlaubsanspruch von 2 Urlaubstagen zu.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 15/17 und der Beklagten zu 2/17 auferlegt.
Die Revision wird für keine der Parteien zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Urlaubsansprüche.
Der am 04.05.1963 geborene Kläger ist seit dem 20.04.1998 als Montagearbeiter im Betrieb der Beklagten tätig.
Der Kläger war arbeitsunfähig krank in der Zeit vom 04.08.2005 bis zum 24.04.2006. Zum Beginn der Erkrankung standen ihm aus dem Urlaubsjahr 2005 noch 15 Tage Erholungsurlaub zu.
Im Jahre 2006 beantragte der Kläger Urlaub für die Zeit vom 06.12.2006 bis zum 05.01.2007. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 26.10.2006 diesen Urlaubswunsch ab mit der Begründung, der Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2005 sei verfallen. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Resturlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2006 noch fünf Urlaubstage. Gewährt wurden dem Kläger noch drei Tage des Jahresurlaubs 2006 in der Zeit vom 27.12. bis 30.12.2006.
Die vorliegende Klage hat der Kläger am 13.11.2006 erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass ihm aus dem Kalenderjahr 2006 noch ein Resturlaubsanspruch von 17 Tagen zusteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, den im Kalenderjahr 2006 von ihm nicht verbrauchten Urlaub auf das Kalenderjahr 2007 zu übertragen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Resturlaubsansprüche des Klägers aus den Urlaubsjahren 2005 und 2006 seien verfallen.
Das Arbeitsgericht ist der Auffassung der Beklagten gefolgt und hat durch Urteil vom 18.04.2007 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Der Streitwert ist auf 1.622,73 € festgesetzt worden.
Gegen dieses ihm am 26.04.2007 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 25.05.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.07.2007 am 26.07.2007 begründet.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung den Feststellungsantrag weiter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 18.04.2007 - 1 Ca 2715/06 - abzuändern und festzustellen, dass ihm aus dem Kalenderjahr 2006 noch ein Resturlaubsanspruch gegen die Beklagte von 17 Tagen zusteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 18.04.2007 - 1 Ca 2715/06 - zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch auf die Gewährung von zwei weiteren Urlaubstagen aus dem Urlaubsjahr 2006 zu.
I. Für das Urlaubsjahr 2005 steht dem Kläger kein Urlaubsanspruch mehr zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
1. Der vom Kläger im Urlaubsjahr 2005 nicht in Anspruch genommene Resturlaub von 15 Tagen ist mit Ablauf des 31.03.2006 gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG erloschen.
Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Wegen der Erkrankung des Klägers ist zunächst der Urlaub auf das Urlaubsjahr 2006 übertragen worden. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG muss dann aber im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.
2. Ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Übertragung des Urlaubs aus dem Jahr 2005 über den 31.03.2006 hinaus auf das Folgejahr aus betrieblicher Übung besteht nicht.
a) Grundsätzlich können die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer Urlaub ohne Rücksicht auf das Bestehen gesetzlicher oder tariflicher Übertragungsgründe während des gesamten Folgejahres beanspruchen kann. Eine solche Regelung ist günstiger als die gesetzliche bzw. tarifliche Regelung. Eine solche Übertragungsregelung kann auch Gegenstand einer betrieblichen Übung sein (BAG, Urteil vom 31.08.2005 - 5 AZR 6/05 - NZA 2006, 232).
b) Ein Anspruch aus betrieblicher Übung wird durch rechtsgeschäftliche Übereinkunft begründet. Aufgrund einer regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers können die Arbeitnehmer schließen, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu beurteilenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird und das keines Zugangs beim Arbeitgeber bedarf (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 20.01.2004 - 9 AZR 43/03- AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 65).
Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich eine betriebliche Übung ergeben soll, trägt der Arbeitnehmer. Für die Anspruchsgrundlage "betriebliche Übung" gehört dazu zunächst die Darlegung der Leistung oder Vergünstigung des Arbeitgebers als solche. Hinzu kommt die Darstellung des Sachverhalts, aus dem im Wege der Auslegung auf den aus Sicht der Arbeitnehmer gegebenen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers geschlossen werden soll, nämlich Leistungen oder Vergünstigungen auch zukünftig zu erbringen. Geht es um die Vergünstigung - wie im vorliegenden Fall "Übertragung von Urlaub" - , bedarf es einer konkreten Darlegung, wann und wem vom Arbeitgeber in der Vergangenheit Urlaub des Vorjahres im Folgejahr gewährt worden ist. Die Arbeitnehmer sind namentlich zu bezeichnen und hierauf bezogen die Jahre anzugeben, in denen Urlaub des Vorjahres nach dem 31.03. des Folgejahres gewährt und genommen wurde. Anderenfalls kann schon nicht beurteilt werden, ob der Arbeitgeber diese Vergünstigungen wiederholt gewährt hat (BAG, Urteil vom 31.08.2005 - 5 AZR 6/05 - NZA 2006, 232).
c) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Der Kläger trägt lediglich pauschal vor, dass ihm in Erinnerung ist, dass auch anderen Mitarbeitern die entsprechende Urlaubsfortschreitung über den 31.03. des Kalenderjahres hinaus für nicht verbrauchten Urlaub aus dem Vorjahre zugekommen ist.
3. Die Beklagte kann sich auch auf den gesetzlichen Verfall berufen. In den Angaben zum Resturlaubsanspruch des Klägers in den Lohnabrechnungen liegt kein Anerkenntnis.
a) Ein abstraktes Schuldanerkenntnis scheidet schon aus, weil die gesetzliche Schriftform (§§ 781, 126 BGB) nicht eingehalten wurde.
b) Die Angabe des Resturlaubsanspruchs in Gehaltsabrechnungen waren auch nicht als formlos wirkende deklaratorische Schuldanerkenntnisse anzusehen, in denen die Beklagte auf die Geltendmachung des Verfalls verzichtete.
aa) Ein bestätigender Schuldanerkenntnisvertrag liegt vor, wenn die vereinbarte Regelung zum Ziel hat, ein bestehendes Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen. Mit ihm wird bezweckt, für die Zukunft die Vertragsbeziehungen auf eine verlässliche Basis zu stellen. Er setzt übereinstimmende Willenserklärungen voraus (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 08.11.1983 - 3 AZR 511/81 - AP BetrAVG § 2 Nr. 3).
bb) Grundsätzlich stellt die Angabe der Resturlaubstage kein Schuldanerkenntnis dar. Der Lohnabrechnung kann bezüglich der Angabe des Resturlaubs regelmäßig nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber die Zahl der angegebenen Urlaubstage auch dann gewähren will, wenn er diesen Urlaub nach Gesetz, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nicht schuldet.
Die Angabe der Urlaubstage dient in der Regel der Unterrichtung des Arbeitnehmers. Will der Arbeitgeber mit der Angabe der Urlaubstage bzw. der Resturlaubstage ein Schuldanerkenntnis abgeben, so müssen dafür besondere Anhaltspunkte vorliegen (BAG, Urteil vom 10.03.1987 - 8 AZR 610/84 - NZA 1987, 557; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.10.2002 - 9 Sa 654/02 - DB 2003, 156; LAG Hamm, Urteil vom 26.03.2003 - 18 Sa 1544/02 -). Diese fehlen im vorliegenden Fall.
II. Der Kläger kann dagegen als Schadensersatz zwei weitere Urlaubstage aus dem Jahr 2006 gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2, 287, 249 BGB wegen Verzugs verlangen.
1. Unstreitig stand dem Kläger am 31.12.2006 noch ein Resturlaubsanspruch aus dem Jahr 2006 von zwei Tagen zu. Dieser Anspruch ist nicht mit Ablauf des 31.12.2006 gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfallen. Der Verfall konnte schon nicht eintreten, da sich dieser Resturlaubsanspruch am 31.12.2006 durch die Ablehnung des gesamten Urlaubswunsches des Klägers vom 06.12.2006 bis zum 05.01.2007 in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 16.03.1999 - 9 AZR 705/98 - NZA 2000, 590; BAG, Urteil vom 17.01.1995 - 9 AZR 664/93 - NZA 1995, 531) kann der Arbeitnehmer, der den Arbeitgeber wegen des Urlaubsanspruchs in Verzug gesetzt hat, anstelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs als Schadensersatz Urlaub (Ersatzurlaub) im gleichen Umfang verlangen, wenn die Urlaubsgewährung wegen des Verzugs des Arbeitgebers unmöglich wird (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2, 287, 249 BGB). Der Arbeitgeber gerät in Verzug, wenn er vom Arbeitnehmer beantragten Urlaub grundlos nicht gewährt.
2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hatte für den Zeitraum 06.12.2006 bis zum 05.01.2007 bei der Beklagten Urlaub beantragt. Die Beklagte hat diesen Urlaub mit Schreiben vom 26.10.2006 abgelehnt mit der Begründung, der Urlaubsanspruch für 2005 sei verfallen. Die Beklagte hätte dem Kläger, um einen Verfall zu vermeiden, zumindest auf diesen Antrag hin Urlaub für die dem Kläger noch zustehenden fünf Resturlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2006 gewähren müssen. Gewährt hat sie lediglich den Urlaub vom 27.12. bis 30.12.2006 in Höhe von drei Tagen.
B. Nach alledem hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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