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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.05.2004
Aktenzeichen: 18 Sa 98/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt.
BGB § 814
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 25.11.2003 - 3 (6) Ca 1830/03 - abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.07.2003 - 3 (6) Ca 1830/03 - wird aufrechterhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rückerstattung von Urlaubsvergütung.

Grundlage des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 31.08.2001, in dem unter Ziffer 10 Folgendes geregelt ist:

10. Erlöschen von Ansprüchen

10.1 Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen einen Monat nach ihrer Fälligkeit (Ausschlussfrist), wenn sie nicht binnen dieser Frist schriftlich geltend gemacht wurden.

10.2 Wird der Forderung nicht entsprochen, kann nur bis zu einer Frist von zwei Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs Klage erhoben werden.

10.3 Nach Ablauf der vorgenannten Fristen sind die Ansprüche verwirkt.

Der am 23.06.1953 geborene, verheiratete Beklagte erlitt am 18.09.2002 im Betrieb der Klägerin einen Arbeitsunfall und ist seitdem durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 13.02.2003 die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.03.2003.

Am 24.03.2003 rechnete die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Abgeltung von 29 Tagen Resturlaub aus dem Jahr 2002 sowie von sieben Tagen anteiligen Urlaub für das Jahr 2003 in Höhe von insgesamt 3.680,64 EUR brutto ab. Die Überweisung des Nettobetrages in Höhe von 2.922,43 EUR erfolgte am 26.03.2003.

Gegen die Kündigung vom 13.02.2003 hat sich der Beklagte mit der beim Arbeitsgericht Herne erhobenen Kündigungsschutzklage ( - 4 Ca 796/03 -) gewehrt. Mit Schreiben vom 16.04.2003 erklärte die Klägerin die Rücknahme der Kündigung und forderte den Beklagten erfolglos auf, die zwischenzeitlich geleistete Urlaubsabgeltung zurückzuzahlen. Mit Schriftsatz vom 16.06.2003 in dem Rechtsstreit zwischen den Parteien (Arbeitsgericht Herne - 4 Ca 796/03 -) erklärte sich der Beklagte bereit, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Die vorliegende Klage hat die Klägerin am 26.05.2003 erhoben.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2003 ist gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen, wonach er zur Zahlung von 2.922,43 EUR nebst Prozesszinsen verurteilt wurde. Gegen das am 06.08.2003 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.07.2003, bei dem Arbeitsgericht am 28.07.2003 eingegangen, Einspruch eingelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr gegenüber dem Beklagten Ansprüche auf Rückzahlung des Urlaubsentgeltes zustehen und diese Ansprüche auch innerhalb der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist rechtzeitig schriftlich und auch gerichtlich geltend gemacht worden seien. Die Fälligkeit der Rückforderungsansprüche sei erst am 28.04.2003 eingetreten, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 15.04.2003 unter Fristsetzung zum 28.04.2003 zur Rückzahlung aufgefordert worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 24.07.2003 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 24.07.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass etwaige Rückforderungsansprüche aufgrund des Ablaufs der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verwirkt seien.

Durch Urteil vom 25.11.2003 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Beklagten stattgegeben. Den Streitwert hat es auf 2.922,43 EUR festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, dass der Rückzahlungsanspruch schon nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vereinbarten Verfallfristen in Ziffer 10 des Arbeitsvertrages von der Klägerin geltend gemacht worden sei.

Gegen dieses ihr am 18.12.2003 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Klägerin am 15.01.2004 Berufung eingelegt und diese am 06.02.2004 begründet.

Die Klägerin greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Unter Vorlage des Überweisungsträgers behauptet sie, die Überweisung sei nicht am 24.03. sondern am 26.03.2003 erfolgt und dem Kläger zu diesem Zeitpunkt zugeflossen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 25.11.2003 - 3 (6) Ca 1830/03 - abzuändern und das Versäumnisurteil vom 24.07.2003 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 25.11.2003 - 3 (6) Ca 1830/03 - zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet.

Der Beklagte ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB verpflichtet, die von der Klägerin an ihn ausgezahlte Urlaubsvergütung zurückzuzahlen.

I. Nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB hat derjenige, der durch die Leistung eines anderen auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, dies herauszugeben. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

1. Die Klägerin hat an den Beklagten die am 24.03.2003 abgerechnete Urlaubsvergütung (3.680,60 EUR brutto = 2.922,43 EUR netto) gezahlt. Die Nettoleistung in Höhe von 2.922,43 EUR ist dem Beklagten am 26.03.2003 zugeflossen, wie sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Überweisungsbeleg vom 26.03.2003 ergibt.

2. Die Überweisung erfolgte rechtsgrundlos, nachdem die Klägerin die Kündigung mit Schreiben vom 16.04.2003 zurückgenommen hatte und der Kläger sein Einverständnis im Schriftsatz vom 17.06.2003 in dem Rechtsstreit zwischen den Parteien, Arbeitsgericht Herne - 4 Ca 796/03 -, erklärt hatte.

3. Die Rückzahlung ist nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Die Klägerin hat nicht in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet. Zum Zeitpunkt der Leistung der Urlaubsabgeltung ging die Klägerin davon aus, dass das Arbeitsverhältnis durch ihre Kündigung vom 13.02.2003 mit Wirkung zum 15.03.2003 beendet worden ist.

II. Der Rückzahlungsanspruch ist nicht verfallen, wie der Beklagte meint.

1. Wie das Arbeitsgericht zutreffend gesehen hat, begann die Verfallfrist der Ziffer 10 der Vereinbarung in Ziffer 10.1 des Arbeitsvertrages mit Fälligkeit des Überzahlungsanspruchs. Fällig wurde der Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht mit Erteilung der Abrechnung vom 24.03.2003, sondern mit dem Zufluss der Leistung, nämlich mit der Auszahlung durch Überweisung am 26.03.2003.

2. Die zweimonatige Klagefrist lief damit am 26.05.2003 ab.

Diese vereinbarte Frist hat die Klägerin eingehalten.

a) Die Klage ist im vorliegenden Verfahren am 26.05.2003 bei dem Arbeitsgericht in Herne eingegangen.

Eine Klagefrist wird eingehalten mit Eingang der Klageschrift bei Gericht (§ 46 Abs. 2 ArbGG, § 495 ZPO i.V.m. § 270 Abs. 3 ZPO).

b) Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es nach diesen anzuwendenden Vorschriften nicht auf den Zeitpunkt der Klagezustellung oder seine Kenntnisnahme an.

Diese von ihm angenommenen Grundsätzen gelten, wenn eine schriftliche Geltendmachung durch die Klage erfolgt. Im vorliegenden Fall war aber die schriftliche Geltendmachung in der ersten Stufe der Verfallklausel schon mit dem Schreiben vom 16.04.2003 erfolgt. Es ging in diesem Rechtsstreit nur noch um die Einhaltung der Klagefrist in der zweiten Stufe der vertraglichen Verfallsregelungen.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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