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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 996/06
Rechtsgebiete: BUrlG, BGB


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 1
BUrlG § 7 Abs. 3
BGB § 249
BGB § 280
BGB § 286
BGB § 611 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 16.05.2006 - 3 Ca 309/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Höhe des Urlaubsanspruchs aus dem Urlaubsjahr 2005.

Der am 11.06.1946 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1965 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ab 01.01.2001 bei dem Beklagten als Heizungsmonteur tätig. Der Bruttomonatslohn beträgt ca. 2.400,00 €. Gemäß Ziffer 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vom 30.12.2002 gelten für das Arbeitsverhältnis die für das Sanitär-, Heizungs-, Klimahandwerk NRW jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen.

Der Manteltarifvertrag für das Installateur- und Heizungsbau-, Klempner-, Behälter- und Apparatebauer-Handwerk NRW vom 01.06.2005 (MTV) enthält in § 7 Ziffer 6 folgende Bestimmung:

"§ 7 Allgemeine Urlaubsbestimmungen

6. Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. ..."

Im Herbst 2005 war der Kläger sechs Wochen bis zum 25.11.2005 arbeitsunfähig krank. An diesem Tag teilte er der Beklagten telefonisch mit, er stelle ab dem darauffolgenden Montag seine Arbeitsleistung zur Verfügung. Dies wiederholte er an jedem Freitag bis zum Ende der 4. Kalenderwoche 2006. Die Erwiderung der Beklagten ist streitig. Jedenfalls wurde der Kläger bis zum Ende der 4. Kalenderwoche 2006 nicht beschäftigt. Die Beklagte zahlte die Vergütung fort. Ausweislich der Lohnabrechnung für Dezember 2005 zog die Beklagte von dem Urlaubskonto des Klägers 20,5 Tage als gewährt ab. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger ab 25.11.2005 bis zum 31.12.2005 Urlaub gewährt hat und hierzu einseitig berechtigt war.

Mit der Lohnabrechnung März 2006 zog die Beklagte 123,9 Plusstunden vom Arbeitszeitkonto des Klägers ab.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, seinem Urlaubskonto für 2005 20,5 Urlaubstage gut zu bringen,

2. die Beklagte zu verurteilen, seinem Stundenkonto weitere 123,9 Plusstunden gut zubringen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe dem Kläger vom 28.11.2005 bis einschließlich 31.12.2005 Erholungsurlaub gewährt.

Darüber hinaus sei mit Ablauf des 31.03.2006 der Urlaubsanspruch für das Jahr 2005 erloschen, da der Kläger den Urlaub nicht geltend gemacht habe.

Durch Urteil vom 16.05.2006 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, dem Stundenkonto des Klägers 123,9 Plusstunden gutzubringen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es den Parteien je zu 50 % auferlegt. Der Wert des Streitgegenstandes ist auf 4.800,00 € festgesetzt worden.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, auch wenn der Resturlaub aus dem Urlaubsjahr 2005 nicht ab 28.11.2005 durch die Beklagte gewährt worden sei, so sei er mit Ablauf des 31.03.2006 gemäß § 7 Ziffer 6 MTV erloschen.

Gegen dieses ihm am 30.05.2006 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 14.06.2006 Berufung eingelegt und diese am 30.06.2006 begründet.

Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil an, soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat.

Der Kläger stützt die Berufung maßgeblich auch weiterhin auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Rheine vom 16.06.2006 - 3 Ca 309/06 - abzuändern und die Beklagte des Weiteren zu verurteilen, seinem Urlaubskonto für 2005 20,5 Urlaubstage gutzubringen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 16.05.2006 - 3 Ca 309/06 - zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Dem Kläger steht für das Urlaubsjahr 2005 kein Resturlaubsanspruch in Höhe von 20,5 Urlaubstagen zu.

Auch wenn dem Kläger in der Zeit vom 28.11.2005 bis zum 31.12.2005 kein Urlaub von der Beklagten gewährt worden ist, so ist der Resturlaubsanspruch aus dem Urlaubsjahr 2005 mit Ablauf des 31.03.2006 gemäß § 7 Ziffer 6 MTV verfallen, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Der Kläger kann den Urlaub auch nicht als Ersatzurlaub gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1, § 287 Satz 2, § 249 BGB als Schadensersatz wegen Verzugs verlangen.

1. Nach § 7 Ziffer 6 MTV erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder dass der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG ist der Urlaubsanspruch grundsätzlich im Urlaubsjahr zu gewähren. Nimmt der Arbeitnehmer den Urlaub nicht, entfällt der Urlaubsanspruch mit Ende des Urlaubsjahres. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. § 7 Ziffer 6 MTV erweitert die gesetzliche Regelung zu Gunsten der Arbeitnehmer. Der Tarifvertrag sieht eine Übertragung des Urlaubsanspruches bis zum 31.03. des Folgejahres vor, ohne dass einer der gesetzlichen Übertragungsgründe vorliegen muss. Ein Verfall tritt lediglich dann nicht ein, wenn der Urlaub erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.

a) Die Vorschriften des Manteltarifvertrages kommen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß der Vereinbarung unter Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 30.12.2000 zur Anwendung.

b) Der Kläger hat den streitigen Urlaubsanspruch nicht bis zum 31.03.2006 gegenüber der Beklagten geltend gemacht im Sinne der tariflichen Vorschriften.

aa) Der Urlaubsanspruch kann seiner Natur nach nur geltend gemacht werden durch die Aufforderung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, den Urlaub zeitlich festzusetzen (vgl. z.B. BAG, v. 18.09.2001 - 9 AZR 570/00 - NZA 2002, 895; BAG, v. 21.09.1999 - 9 AZR 705/98 - NZA 2000, 590; BAG, v. 17.01.1995 - 9 AZR 664/93 - NZA 1995, 531).

Der Arbeitgeber ist nach § 7 Abs. 1 BUrlG nicht verpflichtet, den Urlaub des Arbeitnehmers von selbst festzulegen. Es obliegt dem Arbeitnehmer, die zur Festsetzung des Urlaubs maßgebende Urlaubswünsche geltend zu machen.

bb) Dass eine solche Geltendmachung erfolgt ist, ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung des Klägers enthält weder das Schreiben vom 20.01.2006 noch die Klage in diesem Rechtsstreit die Aufforderung an die Beklagte, den Resturlaub aus 2005 zeitlich festzusetzen. Sowohl in dem Schreiben vom 21.01.2006 als auch in der vorliegenden Klage geht es um die Korrektur einer von der Beklagten vorgenommenen Änderung des Urlaubskontos. Hierin liegt aber nicht die Aufforderung des Klägers an die Beklagte, den Urlaub nach seinen Wünschen zeitlich festzusetzen. Ein solcher Wunsch ist vom Kläger bis zum 31.03.2006 nicht der Beklagten gegenüber erklärt worden.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz für den unter Zugrundelegung seines Vortrags untergegangenen Urlaubsanspruch für das Urlaubsjahr 2005 in Höhe von 20,5 Tagen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (vgl. BAG, v. 16.03.1999, a.a.O.; v. 17.01.95, a.a.O.) kann der Arbeitnehmer, der den Arbeitgeber wegen des Urlaubsanspruchs in Verzug gesetzt hat, an Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs als Schadensersatz Urlaub (Ersatzurlaub) im gleichen Umfang verlangen, wenn die Urlaubsgewährung wegen des Verzugs des Arbeitgebers unmöglich wird (§ 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 und 2, § 287, § 249 BGB). Der Arbeitgeber gerät in Verzug, wenn er den vom Arbeitnehmer angemahnten Urlaub grundlos nicht gewährt.

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

aa) Wie oben dargelegt, ist mit Schreiben vom 20.01.2006 und mit der Klageschrift in dem vorliegenden Verfahren der Resturlaubsanspruch für das Jahr 2005 nicht im Sinne des § 7 Ziffer 6 MTV und im Sinne der Verzugsvorschriften geltend gemacht.

bb) Eine ausdrückliche Geltendmachung war auch nicht gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BUrlG entbehrlich. Die Beklagte konnte einen Urlaubswunsch des Klägers bezüglich des Resturlaubs aus dem Urlaubsjahr 2005 schon nicht ernsthaft und endgültig verweigern, da ein solcher Urlaubswunsch an sie nie herangetragen worden ist. Streit bestand zwischen den Parteien lediglich darum, ob der Resturlaub aus 2005 schon durch eine vorherige Gewährung erfüllt worden war.

Gerade da der Kläger davon ausging, dass der Anspruch nicht erfüllt war, hätte er dafür Sorge tragen müssen, dass ein Verfall nach § 7 Ziffer 6 MTV bezüglich dieses nach seiner Auffassung noch bestehenden Urlaubsanspruchs nicht eintrat. Er hätte einen entsprechenden Urlaubswunsch vorsorglich der Beklagten gegenüber äußern müssen, um den Verfall zu verhindern.

II. Nach alldem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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