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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 19 Sa 1125/06
Rechtsgebiete: MTV


Vorschriften:

MTV für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnereien und die Forstpflanzenbetriebe vom 28.04.1994 § 5
Ausgleichszeitraum beim Arbeitszeitkonto nach § 5 MTV für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnereien und die Forstpflanzenbetriebe vom 29.04.1994 ist das Kalenderjahr.

Negative Arbeitszeitsalden aus den Vorjahren sind daher beim Ausscheiden aus dem

Arbeitsverhältnis nicht vom Arbeitnehmer auszugleichen.


Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.06.2006 - 1 Ca 2151/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechtigung eines Lohneinbehalts wegen eines negativen Arbeitszeitkontos.

Der Kläger war vom 01.08.1999 bis zum 31.03.2005 als Gärtner in dem Gärtnereibetrieb der Beklagten beschäftigt. Er hat das Arbeitsverhältnis durch eigene Kündigung zum 31.03.2005 aufgelöst. Der Kläger erhielt zuletzt einen Bruttostundenlohn in Höhe von 11,10 €. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme im Arbeitsvertrag vom 02.08.1999 die Tarifverträge für den Erwerbsgartenbau in NRW Anwendung.

In Ziffer 4 des Arbeitsvertrages heißt es:

"Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden. Die tarifvertraglichen Bestimmungen zur Arbeitszeit bleiben hiervon unberührt. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeiten und der Pausen werden betrieblich geregelt."

Im Manteltarifvertrag für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnerei und die Forstpflanzenbetriebe in Nordrhein-Westfalen vom 28.04.1994 (MTV) heißt es in § 5 Arbeitszeit:

"(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen beträgt 39 Stunden von Montag bis Samstag.

Eine Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 5 Tage in der Woche ist möglich.

Eine andere Verteilung der Arbeitszeit ist durch schriftliche, betriebliche Vereinbarung im Rahmen der Jahresarbeitszeit von 2036 Stunden insofern zulässig, als die wöchentliche Arbeitszeit in 8 Monaten mindestens 39 Stunden betragen muss."

In der Zeit, in der die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden unterschritten wird, müssen mindestens 39 Stunden entlohnt werden. Die zuviel bezahlten Arbeitsstunden sind während der übrigen 4 Monate, die nicht aufeinanderfolgen müssen und in denen die Arbeitszeit variabel ist, nachzuarbeiten."

In § 12 heißt es unter anderem:

"(9) Mehrarbeitsstunden oder zu wenig geleistete Arbeitsstunden sind bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten oder zu verrechnen. Die Mehrarbeitsstunden sind vorrangig in Freizeit auszugleichen."

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde von der Beklagten für den Kläger ein Arbeitszeitkonto geführt, ohne dass eine schriftliche Vereinbarung existierte. Der Kläger erhielt monatlich Journale, aus denen sich seine tägliche Sollarbeitszeit, die Istarbeitszeit inklusive Pausen ergaben.

Zu Ende März 2005 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers ein Minus von 111,56 Stunden auf. Hinzu rechnete die Beklagte 3 Stunden Urlaub, schrieb dem Kläger auf dem Arbeitszeitkonto 48 nicht genommene Urlaubsstunden gut, so dass sich insgesamt ein Saldo in Höhe von 66,56 Stunden ergab. Von den im Monat März geleisteten 177 Stunden zog die Beklagte 63,5 Stunden ab und zahlte nur 1.259,85 € für 113,50 Stunden aus.

Mit der beim Arbeitsgericht am 30.06.2005 eingegangenen Klage machte der Kläger die Vergütung für 63,5 Stunden geltend. Er hat die Auffassung vertreten, die Schlussabrechnung der Beklagten sei fehlerhaft. Die Abwicklung des geführten Arbeitszeitkontos dürfe nicht dazu führen, dass so viele Minusstunden aus den Jahren 2003 bis einschließlich März 2005 in die Schlussabrechnung einflössen und zu einer Reduzierung des Lohnes im März 2005 führten. Dabei könne sich die Beklagte nicht auf § 5 des Manteltarifvertrages über eine Jahresarbeitszeit und eine flexible Arbeitszeitregelung stützen, weil eine entsprechende schriftliche Vereinbarung nicht geschlossen sei. Deswegen sei die Beklagte nicht berechtigt, die aufgelaufenen Minusstunden zu verrechnen.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 704,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.05.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die von ihr durchgeführte Abrechnung des Lohnes und der Arbeitszeitstunden gemäß den tariflichen Bestimmungen ordnungsgemäß erfolgt sei. Insbesondere sei sie berechtigt gewesen, die offenen Minusstunden zu verrechnen und eine schriftliche Vereinbarung zum Arbeitszeitkonto sei nicht vonnöten gewesen, weil dem Kläger entsprechende Lohnabrechnungen und das Journal jeweils zugegangen seien. Der Kläger könne nicht restliche Vergütung für nicht geleistete Stunden verlangen, zumal er darauf hingewiesen worden sei, dass er zum Ausgleich seines Arbeitszeitkontos entsprechende Arbeitsstunden zu leisten habe, was von ihm abgelehnt worden sei.

Mit Urteil vom 01.06.2006, auf das im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage in Höhe von 283,27 € brutto nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Schriftformklausel in § 5 des Manteltarifvertrages lediglich deklaratorische Bedeutung habe. Nach den tarifvertraglichen Vorschriften könne aber kein Ausgleich des Arbeitszeitkontos über die gesamte Beschäftigungszeit erfolgen, sondern nur bezogen auf das Kalenderjahr. Dass der Kläger zur Nacharbeit aufgefordert worden sei, habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt.

Gegen das am 06.06.2006 zugestellte Urteil hat nur die Beklagte am 06.07.2006 die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.09.2006 diese am 06.09.2006 begründet.

Sie hält dem Urteil entgegen, der Manteltarifvertrag enthalte keine Regelungen zum Ausgleichszeitraum. Da das negative Arbeitszeitkonto wie ein Vergütungsvorschuss zu behandeln sei, bestehe die grundsätzliche Pflicht des Arbeitnehmers, dieses auch auszugleichen. Dem sei der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung der Beklagten nicht nachgekommen. Weder Tarifvertrag noch Arbeitsvertrag enthielten eine Regelung für den Fall, dass die Nacharbeitung der Negativstunden faktisch nicht möglich sei. Im Betrieb der Beklagten arbeiteten die Mitarbeiter in der arbeitsintensiven Sommerzeit an sechs Tagen der Woche mit variablen Anfangs- und Endzeiten zwischen 5.00 Uhr morgens und 17.00 Uhr abends. Die Kernarbeitszeit liege dabei von 7.00 bis 16.00 Uhr. Im Winter, also in der Zeit von Ende November bis Ende Februar werde die Winterarbeitszeit von montags bis donnerstags von 8.00 bis 16.00 Uhr und freitags von 8.00 bis 15.00 Uhr geleistet. Dabei habe der Arbeitnehmer es grundsätzlich in der Hand, Minusstunden anzusammeln und diese während der arbeitsintensiven Sommerzeit auch wieder abzubauen. Bei dieser Arbeitszeitverteilung sei es der Beklagten nur im geringen Maße möglich, zusätzlich den Abbau von Negativzeitstunden über die in den Sommermonaten ohnehin ausgeweitete Arbeitszeit hinaus anzuordnen. Zwar gebe es keine betriebliche Vereinbarung, die das Verfahren mit Negativzeitstunden regele, die im gleichen Kalenderjahr nicht abgebaut werden konnten, dennoch sei es über Jahre so praktiziert worden, dass die Arbeitszeitkonten ins nächste Kalenderjahr übernommen worden seien. In Ermangelung einer konkreten Regelung seien die Negativstunden daher vom Kläger auszugleichen. Selbst wenn man die Auffassung des Arbeitsgerichts als richtig unterstellt, habe der Kläger im ersten Quartal 2005 nicht nur 38,27 Stunden angesammelt, sondern insgesamt 43,98 Stunden, die hätten verrechnet werden müssen.

Sie hat beantragt,

das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 01.06.2006 - 1 Ca 2151/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, er habe zwar keine Berufung eingelegt, sei jedoch weiter der Auffassung, dass insgesamt ein Abzug habe nicht erfolgen dürfen, weil keine schriftliche Vereinbarung vorliege. Zu Recht habe das Arbeitsgericht einen kalenderjährlichen Bezugsrahmen angenommen. Da das Arbeitsgericht nur die aus dem Jahr 2005 entstandenen Minusstunden als verrechenbar angesehen hat, sei nicht ersichtlich, warum die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, durch entsprechende Arbeitsanweisungen sicherzustellen, dass im Sommer 2004 bereits vorhandene Minusstunden nachgearbeitet werden konnten. Der Kläger sei auch nicht mehrfach aufgefordert worden, für den Ausgleich seines negativen Arbeitszeitkontos zu sorgen. Die Forderung sei auch richtig berechnet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a) ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung hat allerdings keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 283,27 € brutto nebst Verzugszinsen zu zahlen. Denn die Beklagte war nicht berechtigt, die aus dem Zeitraum vor dem 01.01.2005 entstandenen Negativstunden auf dem Arbeitszeitkonto zu verrechnen.

1. Zwischen den Parteien ist wirksam die Führung eines Arbeitszeitkontos vereinbart worden.

a) Zwar gibt es darüber keine einzelvertragliche ausdrückliche Abrede, aber dadurch, dass die Beklagte seit Anbeginn des Arbeitsverhältnisses vom 01.08.1999 ein Arbeitszeitkonto geführt hat, ist zu schließen, dass der Kläger damit einverstanden war, zumal er die monatlichen Journale widerspruchslos entgegengenommen hat.

b) Die Vereinbarung des Arbeitszeitkontos bedurfte auch nicht der Schriftform. Zwar sieht § 5 Abs. 3 MTV vor, dass eine andere Verteilung der Arbeitszeit durch schriftliche betriebliche Vereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Da jedenfalls die Beklagte nicht gemäß § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden war, wirkt der MTV nicht normativ gemäß § 4 Abs. 1 TVG auf das Arbeitsverhältnis ein, sondern aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung. In diesem Zusammenhang war es den Parteien auch möglich, vom Tarifvertrag abweichende Regelungen vorzunehmen und eine andere Verteilung der Arbeitszeit ohne Einhaltung der Schriftform zu vereinbaren. Dem steht auch § 9 des Arbeitsvertrages nicht entgegen, wonach Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen und dies auch für ein Abweichen vom Schriftformerfordernis gelten soll. Denn bei der Vereinbarung des Arbeitszeitkontos handelt es sich um keine Änderung und Ergänzung des Arbeitsvertrages, da die tarifvertraglichen Bestimmungen nach § 8 Inhalt des Arbeitsvertrages sind (vgl. dazu BAG, Urteil vom 13.12.2000 - 5 AZR 334/99 - AP BGB § 394 Nr. 31).

2. Zum Ausscheidenszeitpunkt bestand kein über 38,27 Stunden hinausgehender durch die Beklagte anrechenbarer Saldo.

a)In der Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos allein liegt noch nicht die Abrede einer Verpflichtung zur Rückzahlung der Arbeitsvergütung für nicht geleistete Arbeitszeiten. (LAG Hamm, Urteil vom 22.02.2001 - 16 Sa 1328/00 - LAGE § 611 BGB Arbeitszeitkonto Nr. 1) In der Natur eines nicht ausgeglichenen Arbeitszeitkontos liegt es, dass je nach Stand die eine oder die andere Partei Vorleistungen erbracht hat. Leistet der Arbeitnehmer über die regelmäßige im Abrechnungszeitraum liegende Arbeitszeit hinaus, so leistet er vor. Leistet der Arbeitnehmer weniger als die regelmäßige vereinbarte Arbeitszeit und erhält das an der regelmäßigen Arbeitszeit orientierte Entgelt weiter, so leistet der Arbeitgeber vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Voraussetzung für die Ausgleichspflicht eines negativen Arbeitszeitsaldos, dass allein der Arbeitnehmer darüber entscheidet, ob ein negatives Guthaben entsteht. Denn sonst könnte der Arbeitgeber § 615 BGB umgehen und das von ihm zu tragende Wirtschaftsrisiko auf den Arbeitnehmer abwälzen (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2000 - 5 AZR 334/99 - AP BGB § 394 Nr. 31). Daher handelt es sich beim negativen Arbeitszeitkonto der Sache nach um einen Lohn- oder Gehaltsvorschuss des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urteil vom 13.12.2000 - 5 AZR 334/99 - AP BGB § 394 Nr. 31; LAG Hamm, Urteil vom 22.02.2001 - 16 Sa 1328/00 - LAGE § 611 BGB Arbeitszeitkonto Nr. 1; Anzinger/Koberski, 2. Aufl. 2005, § 2 ArbZG Rdnr. 117). Bei einer Vorauszahlung des Arbeitgebers liegt ein Vorschuss vor, wenn sich beide Parteien bei der Auszahlung darüber einig waren, dass es sich um eine Vorwegleistung handelt, die bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird (vgl. BAG, Urteil vom 11.07.1961 - 3 AZR 216/60 - AP § 614 BGB Nr. 2;BAG, Urteil vom 13.12.2000 - 5 AZR 334/99 - AP § 394 BGB Nr. 31). Eine solche Vereinbarung haben die Parteien durch die Inbezugnahme des Manteltarifvertrages für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnereien und die Forstpflanzenbetriebe in Nordrhein-Westfalen vom 28.04.1994 getroffen. In § 12 Abs. 9 ist nämlich dort geregelt, dass Mehrarbeitsstunden oder zu wenig geleistete Arbeitsstunden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten oder zu verrechnen sind.

b)Die Parteien haben hier in Übereinstimmung mit dem MTV eines Jahresarbeitszeitkonto vereinbart, das auf das Kalenderjahr Bezug nimmt.

aa) Die Parteien haben nicht ausdrücklich vereinbart, wie und in welcher Form das Arbeitszeitkonto geführt wird, insbesondere welcher Ausgleichszeitraum maßgeblich sein soll. In § 4 des Arbeitsvertrages ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden vereinbart. Dabei sollen die tarifvertraglichen Bestimmungen zur Arbeitszeit hiervon unberührt bleiben. In § 8 des Arbeitsvertrages ist vereinbart, dass die tarifvertraglichen Bestimmungen für den Erwerbsgartenbau, die Friedhofsgärtnerein und die Forstpflanzbetriebe in Nordrhein-Westfalen Inhalt des Arbeitsvertrages sind. Der Manteltarifvertrag dieser Branche lässt in § 5 Abs. 1 Ziffer 3 zu, dass eine andere Verteilung der Arbeitszeit durch schriftliche betriebliche Vereinbarung im Rahmen der Jahresarbeitszeit von 2.036 Stunden insofern zulässig ist, als die wöchentliche Arbeitszeit in 8 Monaten mindestens 39 Stunden betragen muss. In der Zeit, in der diese regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit unterschritten wird, müssen mindestens 39 Stunden pro Woche entlohnt werden. Die zuviel bezahlten Arbeitsstunden sollen während der übrigen 4 Monate, die nicht aufeinanderfolgen müssen und in denen die Arbeitszeit variabel ist, nachgearbeitet werden. Mangels ausdrücklicher weiterer Vereinbarungen zwischen den Parteien ist davon auszugehen, dass diese Regelung aus dem Manteltarifvertrag auch Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden ist. Denn die Festlegung des Ausgleichszeitraums gehört zu den typischen Regelungsgegenständen der Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos (LAG Hamm, Urteil vom 22.02.2001 - 16 Sa 1328/00 - LAGE § 611 BGB Arbeitszeitkonto Nr. 1; Heinze, NZA 1997, S. 681, 687; Kroll, Arbeitszeitkonten und ihre Abwicklung, 2004, S. 45f). Der Manteltarifvertrag sieht in § 5 Abs. 1 jedoch nicht vor, dass die Parteien ein Kontokorrentverhältnis aufbauen, das über den gesamten Bestand des Arbeitsverhältnisses geht. Denn in § 1 Abs. 3 wird auf die Jahresarbeitszeit von 2036 Stunden zurückgegriffen. Dabei geht die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht davon aus, dass es sich bei der Jahresarbeitszeit um ein festgelegtes Arbeitszeitvolumen handelt, das im Rahmen des Kalenderjahres zu erbringen ist. Anhaltspunkte dafür, dass der Tarifvertrag nicht das Kalenderjahr, sondern ein individuelles Arbeitszeitmodell, in dem lediglich das Jahr, beginnend mit der Einstellung, maßgeblich sein soll, sind nicht ersichtlich. Eine solche Regelung wäre auch für den Arbeitgeber wenig praktikabel, da der Bemessungszeitraum der Jahresarbeitszeit bei jedem einzelnen Arbeitnehmer unterschiedlich wäre. Dabei muss man hier berücksichtigen, dass in der betroffenen Branche es vorwiegend im Interesse des Arbeitgebers liegt, ein Arbeitszeitkonto zu vereinbaren. Denn bei häufig an die Witterung und die Lichtverhältnisse gebundenen Gärtnerarbeiten vermeidet eine flexible Arbeitszeitreglung Mehrarbeitsstunden in den Sommermonaten und mangelnde Auslastungen in den Wintermonaten. Wegen der saisonbedingten Schwankungen bietet gerade hier die im Tarifvertrag enthaltene Regelung eines Kalenderjahr bezogenen Ausgleichzeitraums den sinnvollen Ausgleich. Zudem wird bei einer Vorschussvereinbarung der Fälligkeitstermin vorverlegt, so dass angemessene Fälligkeitstermine festzulegen sind. Dem würde es widersprechen, wenn erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Gesamtabrechnung des Arbeitsverhältnisses erfolgen würde. (LAG, Hamm, Urteil vom 22.02.2001 - 16 Sa 1328/00 - LAGE § 611 BGB Arbeitszeitkonto Nr. 1)

bb) Nach dem Tarifvertrag bedeutet die Vereinbarung einer Jahresarbeitszeit aber weiter, dass die Mehr- und Minderstunden im Laufe des Kalenderjahres ausgeglichen werden müssen. Denn in 8 Monaten des Jahres muss die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 39 Stunden betragen und in den übrigen 4 Monaten sind die zuviel bezahlten Arbeitsstunden nachzuarbeiten. Die Beklagte hätte dafür Sorge tragen müssen, dass der Kläger innerhalb des Jahreszeitraums die vereinbarten 2.036 Stunden leistet. Dies wäre auch problemlos in den Winterzeiten möglich gewesen, da nach dem Vortrag der Beklagten unter Berücksichtigung von Pausen eine Arbeitszeit von 36,5 Stunden wöchentlich vorgesehen war. Da der Tarifvertrag eine Nacharbeit außerhalb des Zwölfmonatsrahmens nicht vorsieht, beginnt das Arbeitszeitkonto jeweils am 01.01. eines Jahres neu zu laufen, so dass Negativstunden nicht in das neue Jahr übernommen werden können. Gegen dieses Auslegungsergebnis spricht auch nicht § 12 Abs. 9 MTV. Denn dadurch soll der Fall geregelt werden, in dem ein Arbeitnehmer im Laufe des Jahres ausscheidet. Denn gerade dann entsteht der regelungsbedürftige Fall des negativen oder positiven Arbeitszeitkontos.

c) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Arbeitsgericht die Beklagte auch der Höhe nach zu Recht verurteilt. Denn im Jahr 2005 sind im Januar 9,13 Minusstunden und im Februar 29,14 Minusstunden, also insgesamt 38,27 Minusstunden aufgelaufen. Dass der Kläger statt der im März vorgesehenen Sollarbeitszeit von 180 Stunden nur 177,29 Stunden, also 2,71 Stunden zu wenig geleistet hat, muss unberücksichtigt bleiben, da die Beklagte im Monat März nicht die Sollarbeitszeit vergütet hat. Da der Kläger Ende März 2005 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, hat sie für diesen Monat ausweislich ihrer eigenen Berechnung nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden zugrunde gelegt. Aus welchem Grund drei Stunden wegen Urlaub aus Januar anzurechnen sind, erschließt sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht. Sollte damit gemeint sein, dass der Kläger im Januar 2005 zuviel Urlaub genommen hat, so wäre dieser ohnehin nicht kondizierbar (§ 5 Abs. 3 BUrlG).

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

III.

Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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