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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.02.2004
Aktenzeichen: 19 Sa 1569/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
Einer Klage auf Feststellung, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, für einen bestimmten Zeitraum eines bereits beendeten Arbeitsverhältnisses Steuern und Sozialversicherungsbeiträge von einem Einkommen in bestimmter Höhe zu entrichten, fehlt das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO (entgegen BAG, Urteil vom 13. Mai 1970 - 5 AZR 385/69 = AP Nr. 79 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht).
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 2. Mai 2003 - 1 Ca 807/02 - abgeändert.

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.

Der am 25. Juli 1946 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 1. Juni 1997 bei der Beklagten, die ein Autohaus betreibt, als Werkstattleiter beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde bei der Einstellung nicht geschlossen. Der Kläger erhielt zunächst ein Bruttogehalt von 4.950,-- DM, von dem die Beklagte die entsprechenden Abgaben abführte. Das Nettogehalt wurde dem Kläger in einer verschlossenen Lohntüte bar übergeben. Quittungen über den jeweils empfangenen Betrag erstellten die Parteien nicht. Ab dem 1. Oktober 2000 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. August 2002 führte die Beklagte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge von einem Gehalt in Höhe von 3.900,-- DM ab. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18. Februar 2003 die Kopie eines Schreibens vom 21. September 2000 vorgelegt. Darin bestätigt sie dem Kläger eine Vereinbarung, wonach sie auf zunächst auf eine Kündigung verzichte, er aber nicht mehr die Funktion der Werkstattleitung ausüben und dafür nur noch ein Gehalt von 3.900,-- DM erhalten werde. Das Schreiben ist vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet. Darüber hinaus finden sich auf der Kopie rechts unten die Worte "Erhalten und in Ordnung" und darunter eine Unterschrift, von der die Beklagte behauptet, dass sie vom Kläger stammt.

Mit Schreiben vom 5. September 2001 verlangte der Prozessbevollmächtigte des Klägers erstmals von der Beklagten, die Sozialversicherungsbeiträge von einem Bruttogehalt von 4.950,-- DM abzuführen; dieses wiederholte er mit Schreiben vom 16. August 2002 (wegen der Einzelheiten vgl. Anlagen 2 und 3 zur Klageschrift).

Mit seiner am 10. Oktober 2002 beim Sozialgericht eingegangenen, mit Beschluss vom 8. November 2002 an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auf der Basis von 4.950,-- DM ab Oktober 2000 abzuführen habe. Zu keinem Zeitpunkt sei die Änderung seines Lohnes mündlich oder schriftlich vereinbart worden. Der Vorgang der Erstellung und Unterschrift unter das Schreiben vom 21. September 2000 sei ihm nicht erinnerlich, er sei auch nicht im Besitz einer derartigen Originalurkunde. Jedenfalls habe er auch ab Oktober 2000 unverändert ein Nettoentgelt entsprechend seinem Gehalt von 4.950,00 DM erhalten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ab Oktober 2000 bis August 2002 auf der Basis eines Gesamtbruttobetrages in Höhe von 4.950,-- DM/2.530,90 EUR pro Monat abzuführen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei damit einverstanden gewesen, dass ihm ab Oktober 2000 die Funktion des Werkstattleiters aberkannt und er dementsprechend weniger verdienen werde. Dies sei in dem Schreiben vom 21. September 2000 schriftlich fixiert und vom Kläger nach Erhalt gegengezeichnet worden. Das Original des Schreibens sei dem Kläger übergeben worden. Der Geschäftsführer habe für sich lediglich eine Fotokopie gemacht.

Das Arbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme durch sein am 2. Mai 2003 verkündetes Urteil der Klage stattgegeben. Es hat die Klage für zulässig erachtet, insbesondere das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO liege vor. Die Klage sei begründet, weil die Beklagte nicht bewiesen habe, dass eine Änderung der Höhe des monatlichen Entgeltes einvernehmlich vereinbart worden sei.

Gegen dieses ihr am 27. August 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. September 2003 Berufung eingelegt und diese am 22. Oktober 2003 begründet.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Gericht habe die angebotenen Beweise falsch bzw. überhaupt nicht gewürdigt. Es habe sich allein auf die Zeugenbeweise gestützt, jedoch den von der Beklagten angetretenen Urkundenbeweis außer Acht gelassen. Der Beklagten sei es damit aber gelungen, die einvernehmliche Abänderung der Höhe des monatlichen Entgeltes nachzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und bestreitet weiterhin, dass das Schreiben vom 21. September 2000 ihm vorgelegt worden sei und die darauf befindliche Bestätigung und Unterschrift von ihm stamme. Im Übrigen habe er in dieser Angelegenheit mit dem Leiter der Techniker-Krankenkasse in Dortmund sowie dem zuständigen Sachbearbeiter gesprochen, weil diese für die Einziehung der Sozialversicherungsbeiträge zuständig seien. Dort sei ihm gesagt worden, dass die Krankenkasse gegen die Beklagte wegen einer zu geringen Abführung von Beiträgen nicht vorgehen werde, weil dies zu viel Aufwand bedeute. Wenn ein arbeitsgerichtliches Urteil vorgelegt werde, würde man die entsprechenden Beiträge einziehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 19. Februar 2003 und 2. Mai 2003 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 24. Februar 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO).

II

Die Berufung ist begründet.

Die Feststellungsklage des Klägers ist unzulässig. Es fehlt an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen. Dabei hat das Gericht den Sachverhalt nicht selbständig zu untersuchen, vielmehr hat der Kläger die erforderlichen Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen (vgl. BAG, Urteil vom 21. Juni 2000 - 5 AZR 782/98 = AP Nr. 60 zu § 256 ZPO 1977, Urteil vom 6. November 2002 - 5 AZR 364/01 = AP Nr. 78 zu § 256 ZPO 1977).

1. Der Kläger begehrt vorliegend die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Darunter ist eine aus dem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder zu einem Gegenstand zu verstehen. Es kann sich um Rechte jeder Art handeln. Darunter fallen auch einzelne Folgen solcher Rechtsbeziehungen, z.B. ein einzelner Anspruch daraus (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, § 46 Rdnr. 53; Thomas/Putzo/Reichold, § 256, Rdnr. 5 bis 7; Zöller/Greger, § 256 Rdnr. 3). Es reicht nicht, wenn nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses, abstrakte Rechtsfragen oder rechtliche Vorfragen zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden (vgl. BAG, Urteil vom 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 = AP Nr. 69 zu § 256 ZPO 1977; Urteil vom 21. November 2002 - 6 AZR 34/01 = AP Nr. 74 zu § 256 ZPO 1977). Eine gutachterliche Klärung abstrakter Rechtsfragen ist nicht zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 11. Juni 2002 - 1 ABR 44/01 = AP Nr. 70 zu § 256 ZPO 1977; Urteil vom 21. November 2002, a.a.O.).

Vorliegend begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern von einem bestimmten Bruttoeinkommen verpflichtet ist. Es ist anerkannt, dass der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet ist, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe abzuführen. Verstößt er hiergegen, kann er sich gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig machen (vgl. BAG, Urteil vom 13. Mai 1970 - 5 AZR 385/69 = AP Nr. 79 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 71 Rdnr. 40, 107). Der daraus abgeleitete Anspruch, von den vom Arbeitnehmer erzielten Bruttoarbeitsentgelten die entsprechenden Beiträge abzuführen, kann Gegenstand gerichtlicher Feststellung sein (vgl. BAG, Urteil vom 13. Mai 1970, a.a.O.).

2. Es handelt sich auch um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (vgl. Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., Rdnr. 8; Zöller/Greger, a.a.O., Rdnr. 3 a). Dem steht nicht entgegen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zwischenzeitlich beendet worden ist. Feststellungsfähig können auch in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnisse sein (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 46 Rdnr. 57). Erforderlich ist aber, dass sich daraus noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ableiten lassen, insbesondere dem Grunde nach feststeht, dass Ansprüche der klagenden Partei noch bestehen (vgl. BAG, Urteil vom 6. November 2002, a.a.O.; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., Rdnr. 65). Vorliegend geht es um die Feststellung eines nach dem Vortrag des Klägers noch nicht erfüllten und damit noch gegenwärtigen Anspruches auf ordnungsgemäße Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen vom vereinbarten Bruttogehalt.

3. Der Kläger hat aber kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Zwar gefährdet eine tatsächliche Unsicherheit (vgl. zu dieser Voraussetzung Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O., Rdnr. 15; Zöller/Greger, a.a.O., Rdnr. 7) den vom Kläger geltend gemachten Anspruch, da die Parteien darüber streiten, welches Entgelt in welcher Höhe konkret zwischen ihnen vereinbart war. Das Feststellungsurteil muss aber mit seiner rein ideellen Rechtskraftwirkung geeignet sein, diese Unsicherheit zu beseitigen und damit Rechtsfrieden zu schaffen (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., Rdnr. 65; Thomas/Putzo/Reichold, a.a.O.; Rdnr. 16). Die begehrte Feststellung muss den Streit der Parteien abschließend klären, die Rechtskraft der Entscheidung über die zwischen den Parteien strittigen Fragen muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließen (vgl. BAG, Urteil vom 29. November 2001 a.a.O.; Urteil vom 21. November 2002, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

a) Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Mai 1970 (a.a.O.) für einen mit der vorliegenden Klage vergleichbaren Antrag auf Feststellung, dass der Arbeitgeber eines bereits beendeten Arbeitsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre, die für die Rentenversicherung der Arbeitnehmerin zu zahlenden Beträge von bestimmten Jahresarbeitsbruttolöhnen zu entrichten, ein Feststellungsinteresse bejaht. Wegen der fehlenden Möglichkeit der Nachentrichtung von Beiträgen aufgrund der - damals geltenden - Vorschrift des § 1418 Abs. 1 RVO sei die Arbeitnehmerin auf eine spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Arbeitgeber angewiesen, falls ihre Rente wegen zu geringer Entgeltberechnung und Beitragsabführung niedriger ausfallen solle; als Grundlage für einen derartigen rein zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch diene die Feststellungsklage (vgl. BAG, a.a.O.). Soweit noch eine Nachentrichtung von Beiträgen in Betracht komme, stehe nach dem unbestrittenen Vortrag der Arbeitnehmerin fest, dass die Einzugsstelle ihn auf den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verwiesen und ein eigenes Tätigwerden vorerst abgelehnt habe. Da zudem davon ausgegangen werden könne, dass die Krankenkasse die Entscheidung der Arbeitsgerichte sich auch zu Eigen machen und auch hinsichtlich einer eventuellen Nachentrichtung von Beiträgen bei ihr ausgehen werde, sei das Feststellungsinteresse zu bejahen (vgl. BAG, a.a.O.).

b) Das Feststellungsinteresse kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass aufgrund der getroffenen Feststellung die Einzugsstelle dann die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge einziehen würde. Für die Einziehung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages sind die Krankenkassen zuständig. Sie haben die Einreichung der Beitragsnachweise und die Zahlung der Beiträge zu überwachen und Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, geltend zu machen (§ 28 h Abs. 1 SGB IV). Zwar kann unterstellt werden, dass die Techniker-Krankenkasse ein eigenes Vorgehen entgegen dieser Verpflichtung abgelehnt und auf den Kläger abgeschoben hat. Dies führt jedoch nicht zur Zulässigkeit der Feststellungsklage. Sozialversicherungsträger sind rechtlich nicht verpflichtet, Entscheidungen der Arbeitsgerichte zur alleinigen Grundlage eigener Entscheidungen zu machen, und im Übrigen noch nicht einmal dazu berechtigt. Sie müssen sowohl im Interesse des Anspruchsstellers als auch im Interesse der Versichertengemeinschaft von Amts wegen ermitteln, ob die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch vorliegen (§ 20 SGB X) und sie dürfen sich dabei nicht unbesehen das Ergebnis eines arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens zu Eigen machen. Die Sozialversicherungsträger haben stattdessen auch in Anbetracht eines solchen Urteils den wirklichen Sachverhalt eigenständig zu ermitteln und können sich nicht auf ein Ergebnis verlassen, das auf dem das Zivil- und Arbeitsgerichtsverfahren prägenden Beibringungs- und Verfügungsgrundsatz beruht und in hohem Maß von der Bereitschaft und der Fähigkeit der Parteien zu einem umfassenden Sachvortrag unter Beachtung der prozessualen Obliegenheit aus § 138 ZPO und den Regeln des Beweisrechts abhängt (vgl. BAG, Urteil vom 21. Juni 2000, a.a.O.).

Im Übrigen kann das in Aussicht gestellte Verhalten der Einzugsstelle, hier der Techniker-Krankenkasse, den Rechtsfrieden nicht herstellen. Bei einer Heranziehung zur Beitragsleistung auf der Grundlage eines höheren Entgelts wäre es der Beklagten nicht verwehrt, sich durch Widerspruch und anschließende Klage vor dem Sozialgericht gegen eine entsprechende Beitragseinziehung zu wehren. Der nunmehr vor dem Arbeitsgericht ausgetragene Streit würde vor dem Sozialgericht wiederholt, ohne dass dieses an die Ergebnisse eines Feststellungsurteils des Arbeitsgerichts gebunden wäre. Das Bundessozialgericht erachtet arbeitsgerichtliche Urteile für das sozialrechtliche Leistungsrecht nicht als bindend, da die Sozialverwaltung den wahren Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat und Arbeitsvertragsparteien sich nicht z.B. auf Kosten der Bundesanstalt für Arbeit einigen können sollen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 1995 - 10 RAr 5/94 = SozR 3-4100, § 141 b Nr. 15). Letztlich käme dann dem arbeitsgerichtlichen Urteil nur eine vorläufige Bedeutung zu, was weder dem Rechtsfrieden noch der Prozessökonomie dient (vgl. BAG, Urteil vom 21. Juni 2000, a.a.O.). Die vom Kläger dargelegte Bereitschaft der Krankenkasse, aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Urteils gegen die Beklagte vorzugehen, vermag daher ein Feststellungsinteresse nicht zu begründen (vgl. BAG, Urteil vom 21. Juni 2000, a.a.O.). Das Bundesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung seine Rechtsprechung aufgegeben, die diesen Umstand zur Begründung eines Feststellungsinteresses für den Antrag auf Feststellung, dass ein bereits beendetes Rechtsverhältnis ein Arbeitsverhältnis war, als genügend erachtet hatte (vgl. BAG, Urteil vom 10. Mai 1974 - 3 AZR 523/73 = AP Nr. 48 zu § 256 ZPO).

c) Ein Feststellungsinteresse kann nicht damit begründet werden, dass die unrichtige Abführung von Beiträgen als Verletzung der Fürsorgepflicht Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein kann. Einer Klage auf Feststellung, dass ein Schaden zu ersetzen ist, der durch die Nichtabführung von Beiträgen zur Angestelltenversicherung und zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder entstanden sei, ist solange unzulässig, als noch ungewiss ist, ob überhaupt ein Schaden zu erwarten ist. Das gilt insbesondere dann, wenn noch die Möglichkeit besteht, die Beiträge nachzuzahlen (vgl. BAG, Urteil vom 14. April 1971 - 4 AZR 168/70 = AP Nr. 47 zu § 256 ZPO). Entsprechendes muss gelten, wenn es um die Höhe der abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge geht, insbesondere hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers derzeit ein Feststellungsinteresse nicht begründen. Im Hinblick auf die vierjährige Verjährungsfrist, die für die Geltendmachung von Sozialversicherungsbeitragszahlungen gegenüber dem Arbeitgeber gelten (§ 25 SGB IV) ist eine Beitragsentrichtung und damit die Vermeidung eines Rentenschadens in der Rentenversicherung derzeit noch möglich.

III

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision war zuzulassen, weil die Entscheidung des Gerichts auf einer Abweichung von der noch nicht ausdrücklich aufgegebenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung zur Entrichtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen von einem Einkommen in bestimmter Höhe (vgl. BAG, Urteil vom 13. Mai 1970, a.a.O.) beruht.

Ende der Entscheidung

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