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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.05.2004
Aktenzeichen: 19 Sa 2132/03
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO, KSchG, EGBGB, AGBG
Vorschriften:
BGB §§ 305 ff. | |
BGB § 306 Abs. 2 | |
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 | |
BGB § 308 Nr. 4 | |
BGB § 315 Abs. 3 | |
BGB § 611 | |
ArbGG § 64 Abs. 1 | |
ArbGG § 64 Abs. 2 Buchst. b | |
ZPO § 256 | |
KSchG § 1 Abs. 2 | |
EGBGB § 5 Satz 2 | |
AGBG § 9 | |
AGBG § 10 Nr. 4 | |
AGBG § 23 |
2. Eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel entgegen § 306 Abs. 2 BGB dahingehend, dass ein Widerruf aus sachlichen Gründen im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil vom 28. Mai 1997 - 5 AZR 125/96 = AP Nr. 36 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag) möglich ist, ist unzulässig.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 9. Oktober 2003 - 4 Ca 2774/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über den Widerruf einer übertariflichen Zulage und einer Fahrtkostenerstattung.
Der Kläger ist seit dem 13. Juli 1998 bei der Beklagten als Elektroinstallateur in deren Betriebsstätte W3xxxx beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 9. Juli 1998 enthält unter anderem folgende Regelungen:
§ 1
...
Es richtet sich nach den für die Arbeiter der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens geltenden tariflichen Bestimmungen und der Arbeitsordnung in den jeweils geltenden Fassungen, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist.
§ 2
Entsprechend seiner Tätigkeit wird der Arbeitnehmer in die Lohngruppe 7/NRW eingestuft. Als Arbeitsentgelt erhält er einen festen Monatslohn von DM 3.429,44 einschließlich außertariflicher Zulage von DM 367,44.
Aufgrund eines betriebsbezogenen Vergütungssystems kann der vereinbarte Monatslohn durch zusätzliche Leistung bereits im ersten Monat der Tätigkeit überschritten werden.
Für die Einarbeitszeit von einem Monat wird zusätzlich eine Prämie von 15 % vom Prämienausgangslohn (Ecklohn) je Arbeitsstunde gezahlt.
Danach wird eine Pauschalprämie gewährt, die sich nach dem Prämienaufkommen der jeweiligen Betriebsstätte als Einzel- oder Gruppenprämie bemisst und nach betriebsüblichen Maßstäben festgelegt wird.
Darüberhinaus erhält der Arbeitnehmer einen Fahrtkostenersatz in Höhe von DM 25,40 arbeitstägig (muß nachgewiesen werden).
Die Firma behält sich vor, alle übertariflichen Bestandteile in seinem Lohn - gleich, welcher Art - bei einem Aufrücken in eine höhere Altersstufe in der Lohngruppe oder in eine höhere Tarifgruppe teilweise oder ganz anzurechnen.
Abgesehen davon hat die Firma das Recht, diese übertariflichen Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen und mit etwaigen Tariferhöhungen zu verrechnen.
Auch jede andere Leistung, die über die in den Tarifverträgen festgelegten Leistungen hinausgeht, ist jederzeit unbeschränkt widerruflich und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.
Bei diesem Arbeitsvertrag, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf dessen Kopie (Anlage zur Klageschrift) Bezug genommen wird, handelt es sich um ein standardmäßig im Haus der Beklagten verwendetes Vertragsformular. Bis einschließlich April 2003 erhielt der Kläger einen Monatsgrundlohn in Höhe von 1.751,69 EUR brutto. Die außertarifliche Zulage betrug 227,72 EUR brutto. Des Weiteren zahlte die Beklagte ein Fahrgeld von 12,99 EUR brutto für jeden Arbeitstag, den der Kläger tatsächlich in der Betriebsstätte arbeitete. Außerdem bezog der Kläger einen Prämienlohn in unterschiedlicher Höhe. (vgl. die vom Kläger vorgelegten Abrechnungen für die Monate September 1998, März 1999, Mai 2000, Juni 2001, Januar 2003 und für den Monat April 2003, Anlagen zum Schriftsatz vom 15. Juli 2003). Grundlage der Prämienlohnzahlung war eine vom Betriebsrat im Jahr 1991 gekündigte Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976.
Mit Schreiben vom 11. April 2003 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:
Widerruf freiwilliger außertariflicher Zulagen
Sehr geehrter Herr K2xxxxxxx,
bedingt durch die wirtschaftliche Situation sehen wir uns leider gezwungen, alle bisher gewährten freiwilligen außertariflichen Zulagen zu widerrufen.
Die Grundlage für diese Maßnahme bildet der arbeitsvertraglich vereinbarte Widerrufsvorbehalt.
Der Widerruf erfolgt mit Wirkung zum 01.05.2003 und umfasst die freiwillig gewährte übertarifliche Zulage zum Monatsentgelt sowie, soweit zutreffend, die arbeitstägliche Fahrtkostenerstattung bzw. Entfernungspauschale.
Gleichlautende Schreiben erhielten auch die übrigen Mitarbeiter der Beklagten. Darüber hinaus zahlte die Beklagte nunmehr statt des Prämienlohns die tarifliche Leistungszulage gemäß § 9 Nr. 4 des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW und des Tarifvertrages zur Leistungsbeurteilung von Zeitlohnarbeitern in Höhe von 16 %. Nach der letzten Gehaltsmitteilung vom 5. Juni 2003 setzte sich der Lohn ab Mai 2003 wie folgt zusammen:
Tarifgruppe: 7/NW Tarifgehalt (EUR): 1.751,69
Leistungszulage: 16 (%) Leistungszulage (EUR): 280,27
Gesamt (EUR): 2.031,96
Ab 1. Juni 2003 erhielt der Kläger unter Berücksichtigung einer zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Tariflohnerhöhung insgesamt 2.084,79 EUR bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Seit 1. Januar 2004 erhält er wieder die übertarifliche Zulage von 227,72 EUR brutto. Grundlage ist eine entsprechende Regelung in dem von der Beklagten mit der IG Metall geschlossenen Sanierungstarifvertrag vom 16. Dezember 2003, der eine entsprechende Zahlung bis zum 31. Dezember 2004 vorsieht. Nach Ablauf dieses Tarifvertrages wird die Zahlung dieser Zulage wieder eingestellt werden.
Mit seiner am 30. April 2003 bei Gericht eingegangene Klage hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs der Beklagten vom 11. April 2003 verlangt und später hilfsweise die Zahlung der außertariflichen Zulage sowie der Fahrtkostenerstattung für die Monate Mai bis September 2003 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, dass Gründe für einen Widerruf nicht vorlägen. Die Beklagte könne eine Verrechnung der übertariflichen Bestandteile nur bei Tariferhöhungen vornehmen, was jedoch in den letzten fünf Jahren nicht geschehen sei. Bei dem Fahrtkostenersatz handele es sich nicht um eine Sondervergütung, sondern um Aufwendungsersatz, eine einseitige Streichung der Zahlung sei nicht möglich.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der Widerruf der freiwilligen außertariflichen Zulagen gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 11. April 2003 zum 1. Mai 2003 rechtsunwirksam ist;
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, bezüglich des Widerrufs der außertariflichen Zulage mit Wirkung zum 10. Mai 2003 für die Zeit von Mai 2003 bis einschließlich September 2003 an den Kläger 1.138,60 EUR brutto und an Fahrtkostenerstattung für die von Mai 2003 bis einschließlich September 2003 1.363,95 EUR brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Feststellungsklage für unzulässig gehalten. Im Übrigen sei der vorgenommene Widerruf der außertariflichen Entgeltbestandteile gerechtfertigt. Im Jahr 2002 habe sie einen Verlust von 236.000,-- EUR sowie durch die Insolvenz der Muttergesellschaft einen Gesamtverlust von 839.000,-- EUR erlitten. Eine Änderung der wirtschaftlichen Situation sei nicht erkennbar. Ohne Widerruf der außertariflichen Leistungen sei der Bestand des Unternehmens gefährdet.
Durch das am 9. Oktober 2003 verkündete Urteil hat das Arbeitsgericht der Feststellungsklage stattgegeben. Der zulässige Feststellungsantrag sei begründet, weil der erklärte Widerruf rechtsunwirksam sei. Die von der Beklagten widerrufenen Lohnbestandteile machten insgesamt 22 % der Vergütung des Klägers aus, ein solch erheblicher Anteil könne nur mit einer Änderungskündigung entzogen oder aber im Wege der Verrechnung bei etwaigen Tariflohnerhöhungen aufgezehrt werden. Eine Kürzung der Vergütung in dieser Höhe sei dem Kläger nicht zumutbar, wenn er seinerseits unverändert seine Hauptleistungspflicht erbringen müsse. Dies stelle eine grundsätzliche Störung des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung dar. Dadurch werde der gesetzliche Kündigungsschutz objektiv umgangen.
Gegen dieses ihr am 28. November 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Dezember 2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1. März 2004 am 25. Februar 2004 begründet.
Die Beklagte rügt weiterhin die Zulässigkeit der Feststellungsklage. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, wie das Arbeitsgericht zu einer Kürzung der Vergütung um insgesamt 22 % komme. Ausgehend von dem von ihm errechneten Einkommen von 2.239,21 EUR habe der Kläger im Hinblick auf die nunmehr bezogene Vergütung lediglich 154,42 EUR weniger als monatlichen Verdienst, was einem Satz von 6,9 % entspreche. Im Übrigen habe das Bundesarbeitsgericht einen Widerruf von Zulagen in Höhe von 25 bis 30 % als wirksam angesehen. Dies gelte gerade im vorliegenden Fall, wo es um den Erhalt des gesamten Unternehmens gehe. Ein Verstoß der im Arbeitsvertrag vorgesehenen Widerrufsregelung gegen §§ 305 ff. BGB liege nicht vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 9. Oktober 2003 - 4 Ca 2774/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt der Kläger die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 11. Mai 2004 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Widerruf der übertariflichen Zulage sowie der Fahrtkostenerstattung unwirksam sind.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Feststellungsklage zulässig. Der Kläger hat an der begehrten Feststellung ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO. Die Feststellungsklage kann auf einzelne Beziehungen und Folgen aus einem Rechtsverhältnis beschränkt werden. Streiten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts oder auch eines vorbehaltenen Widerrufsrechtes eine Änderung der Arbeitsbedingungen herbeiführen konnte, kann der Arbeitnehmer dies nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Wege der Feststellungsklage klären lassen (vgl. BAG, Urteil vom 11. Februar 1998 - 5 AZR 472/97 = AP Nr. 54 zu § 611 BGB; Urteil vom 15. August 2000 - 1 AZR 458/99, n. v., juris).
Soweit sich die Beklagte für ihre abweichende Ansicht auf eine Entscheidung der erkennenden Kammer (LAG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2002 - 19 Sa 1596/01) beruft, ist diese auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In der fraglichen Entscheidung ging es um eine Klage auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht, bei der der Schaden schon in vollem Umfang bezifferbar war, so dass für eine Feststellungsklage angesichts der möglichen Leistungsklage kein Raum blieb. Im vorliegenden Fall würde eine Leistungsklage auf Zahlung der nunmehr nicht mehr gewährten Zulage und Fahrtkostenerstattung lediglich den Monat bzw. die Monate betreffen, für die sie erhoben wird; eine Entscheidung hierüber führt nur für diesen Zeitabschnitt zu einer rechtskräftigen Klärung. Demgegenüber ist die Feststellungsklage ein geeignetes Mittel, die Streitfrage der Wirksamkeit der Änderung von Arbeitsbedingungen durch Ausübung eines Widerrufs einer grundlegenden Klärung auch für die Zukunft zuzuführen (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2002, a.a.O.).
2. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Widerruf ist unwirksam. Er kann nicht auf § 2 Abs. 4 Unterabs. 2, Abs. 5 Arbeitsvertrag gestützt werden. Diese Bestimmungen, die der Beklagten das Recht einräumen, übertarifliche Lohnbestandteile und Leistungen jederzeit unbeschränkt zu widerrufen, verstoßen gegen § 308 Nr. 4 BGB sowie § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sind unwirksam.
a) Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Vereinbarungen, die dem Arbeitgeber vertraglich das Recht zur einseitigen Änderung einzelner Vertragsbedingungen einräumt, grundsätzlich zulässig, soweit sie nicht zur Umgehung zwingender Kündigungsvorschriften führen. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen sollen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde. Eine solche Störung des Gleichgewichts zwischen Arbeitsleistung einerseits, Arbeitsvergütung andererseits und eine daraus resultierende Umgehung zwingender Kündigungsvorschriften hat das Bundesarbeitsgericht noch nicht angenommen, wenn die widerrufenen Zulagen 25 bis 31 % des Tarifstundenlohns oder 15 % der Gesamtbezüge des Arbeitnehmers ausmachen (vgl. BAG, Urteil vom 13. Mai 1987 - 5 AZR 125/86 = AP Nr. 4 zu § 305 BGB Billigkeitskontrolle; Urteil vom 15. November 1995 - 2 AZR 521/95 = AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa). Bei hochdotierten Mitarbeitern wie Chefärzten soll der Kernbereich nicht angetastet sein, wenn die Einnahmen im dienstlichen Bereich auf 75 % und die Gesamteinnahmen mit Nebentätigkeiten auf 60 bis 65 % der bisherigen Einnahmen sinken (vgl. BAG, Urteil vom 28. Mai 1997 - 5 AZR 125/96 = AP Nr. 36 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag).
Der Widerrufsvorbehalt ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch dann wirksam, wenn der Widerruf im Vertrag nicht von bestimmten Gründen abhängig gemacht wurde (vgl. BAG, Urteil vom 9. Juni 1967 - 3 AZR 352/66 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Lohnzuschläge; Urteil vom 13. Mai 1987, a.a.O.). Allerdings kann trotz entsprechendem Vorbehalt der Arbeitgeber eine Zulage nicht nach freiem Ermessen widerrufen, vielmehr hat die Rechtsprechung den Widerruf von Vergütungsbestandteilen stets nur in den Grenzen billigen Ermessens gemäß § 315 Abs. 3 BGB zugelassen (vgl. BAG, Urteil vom 13. Mai 1987, a.a.O.). Billiges Ermessen erfordert die Berücksichtigung der wesentlichen Umstände des Falles und die angemessene Abwägung der beiderseitigen Interessen. Insbesondere bedarf es für die Ausübung des Widerrufs eines sachlichen Grundes auf Seiten des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urteil vom 9. Juni 1967, a.a.O; Urteil vom 13. Mai 1987, a.a.O.) bzw. eines berechtigten Interesses (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2000, a.a.O.). Dabei sind die Anforderungen an eine sachgerechte Ermessensausübung nicht zu vergleichen mit den Anforderungen an eine sozial gerechtfertigte Änderungskündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Zweck eines von vornherein unter Widerrufsvorbehalt gestellten zusätzlichen variablen Lohnbestandteiles ist es, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit haben soll, sich von ihm leichter wieder zu lösen. Hiermit kann und muss der Arbeitnehmer - anders als bei einer festen vertraglichen Vereinbarung - jederzeit rechnen (vgl. BAG, Urteil vom 15. August 2000, a.a.O.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall dürfte ein Widerruf nicht schon am Umfang der vom Kläger errechneten Kürzung scheitern, weil diese sich in den o. g. Grenzen einer zulässigen einseitigen Kürzung halten dürfte.
b) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet seit dem 1. Januar 2003 das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB). Hierzu zählen die Vorschriften über die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der von den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag basiert auf einem von der Beklagten standardmäßig verwendeten von ihr vorformulierten Vertragsformular. Die darin enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind wirksam Bestandteil des Vertrages geworden, da sie im Vertragstext enthalten sind und der Kläger mit ihrer Geltung einverstanden war (vgl. § 305 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB).
c) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sogenannte Änderungsvorbehalte unwirksam, d.h. die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Für den vorliegenden Fall des vom Arbeitgeber vorbehaltenen Widerrufs übertariflicher Lohnbestandteile und Leistungen gilt daher zunächst, dass diese weiterhin zulässig sind, wenn unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers diese dem Arbeitnehmer zumutbar sind. Übertarifliche Lohnbestandteile und Leistungen betreffen Ansprüche, die bei Anwendung der geltenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf einem freiwilligen Entschluss des Arbeitgebers beruhen, solche zusätzlichen Leistungen anzubieten. Insoweit ist anzuerkennen, dass der Arbeitgeber bei einem berechtigten Interesse sich auch leichter von solchen freiwillig zugesagten Leistungen wieder lösen kann, weil sie nicht die für die Arbeitsleistung als Entgelt unmittelbar vereinbarte Vergütung betreffen. Dies gilt umso mehr, als eine Kürzung des vereinbarten Arbeitsentgeltes zum bloßen Zweck der Lohneinsparung im Wege der Änderungskündigung nur möglich ist, wenn sie der Beseitigung einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung des Betriebes dient (vgl. BAG, Urteil vom 20. August 1998 - 2 AZR 84/98 = AP Nr. 50 zu § 2 KSchG 1969). Bleibt aber andererseits dem Arbeitnehmer die für die Arbeitsleistung vereinbarte Grundvergütung bzw. tarifliche Vergütung erhalten, ist es ihm grundsätzlich zumutbar, dass er Kürzungen der übertariflichen Bestandteile ohne Kündigung unter erleichterten Bedingungen hinnehmen muss, es sei denn, sie erreichen ein Ausmaß, dass das im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch die einseitige Änderung das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört wird. Ob dabei an dem bislang akzeptierten Ausmaß von Kürzungen festgehalten werden kann oder die Zumutbarkeit im Sinne des § 308 Abs. 4 BGB engere Grenzen setzt, bedarf hier keiner Entscheidung.
d) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu der gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 10 Nr. 4 AGBG verlangt für die Wirksamkeit einer solchen Klausel zum einen, dass die Voraussetzungen und der Umfang der möglichen Änderungen hinreichend konkret (bestimmt) vereinbart werden. Zum anderen werden nur "schwerwiegenden" (gewichtige) Änderungsgründe als zulässig erachtet. Dabei kann der Notwendigkeit der Vereinbarung objektiver Voraussetzungen für die Ausübung des Widerrufsvorbehalts nicht mit dem Hinweis begegnet werden, dass der andere Vertragsteil ausreichend geschützt ist, weil die Ausübung des Änderungsvorbehalts einer Kontrolle nach § 315 BGB unterliegt. Diese Ausübungskontrolle ändert nichts an der im Rahmen der vorgelagerten Inhaltskontrolle festgestellten Unwirksamkeit einer zu weit gefassten Klausel (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1983 - VIII. ZR 195/82 = NJW 1984, S. 1182 ff.; Urteil vom 26. November 1984 - VIII ZR 214/94 = BGHZ 93, 29 <47>).
Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ist der im Arbeitsvertrag enthaltene Vorbehalt des uneingeschränkten jederzeitigen Widerrufs übertariflicher Lohnbestandteile und sonstiger übertariflicher Leistungen unwirksam. Ein unbeschränkter Widerruf ohne Grund steht der Beklagten nicht zu. Zudem ergibt sich aus dieser Regelung nicht, unter welchen Voraussetzungen die zusätzlichen übertariflichen Leistungen widerrufen werden können.
e) § 308 Nr. 4 BGB ist auf Widerrufsklauseln, wie sie hier zur Überprüfung stehen, auf der Grundlage der zu § 10 Nr. 4 AGBG für die Kontrolle solcher Änderungsvorbehalte geltenden Maßstäbe anzuwenden.
aa) Grundlage für den Wegfall der Bereichsausnahme des § 23 AGBG war, dass nach Auffassung der Bundesregierung auf entsprechende Anregung des Bundesrates, ob die Ausnahme für das Arbeitsrecht noch sachgerecht sei (BT-Dr. 11/6857, S. 17), diese Bereichsausnahme im Grundsatz aufzuheben sei (BT-D. 14/6857, S. 53 f.). Trotz des Schutzes durch zwingende gesetzliche Vorschriften und kollektive Vereinbarung bestehe auch im Arbeitsrecht ein Bedürfnis nach richterlicher Kontrolle der einseitig vom Arbeitgeber festgesetzten Arbeitsbedingungen. Dies sei gerade vor dem Hintergrund des existentiellen Angewiesenseins auf einen Arbeitsplatz von besonderer Bedeutung. Das Fallmaterial der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu den Arbeitsvertragsmodalitäten zeige, dass eine sich selbst überlassene Vertragsfreiheit nicht in der Lage wäre, insgesamt einen ausreichenden Schutz der Arbeitnehmer vor unangemessenen Vertragsbedingungen zu gewährleisten (BT-Dr. 11/6857, a.a.O.) Das Bundesarbeitsgericht habe trotz der Bereichsausnahme des § 23 AGBG Arbeitsbedingungen mit einer Inhaltskontrolle auf der Grundlage von § 242 und § 315 BGB im Prinzip so überprüft, als hätte jedenfalls § 9 AGBG auf sie Anwendung gefunden. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei allerdings nicht einheitlich. Deshalb solle die aus dieser uneinheitlichen Rechtsprechung entstandene Rechtsunsicherheit durch die Streichung der Bereichsausnahme beseitigt werden. Dadurch werde dafür gesorgt, dass das Schutzniveau der Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des Zivilrechts zurückbleibe (BT-Dr. 11/6857, S. 54).
bb) Unter Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Willens kann es daher nicht zutreffen, dass die zu formularmäßig verwendeten Arbeitsbedingungen bisher ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unverändert fortgesetzt werden kann und eine Änderung des Prüfungsmaßstabes nicht eintritt (so Lingemann, NZA 2002, S. 181, <183>), wenn diese Gesetzesbegründung nicht nur darauf hindeutet, sondern eindeutig zum Ausdruck gibt, dass die Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nunmehr ausgeweitet werden soll, weil diese Rechtsprechung zu "uneinheitlich" sei. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum AGB-Gesetz entwickelten Maßstäbe nunmehr bei der Beurteilung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen grundsätzlich zu berücksichtigen sind.
cc) Daher ist es mit § 308 Abs. 4 BGB nicht mehr vereinbar, wenn der Arbeitgeber in den von ihm verwendeten arbeitsvertraglichen Bedingungen vorsieht, dass ein Widerruf der Leistungen nicht an Gründe gebunden ist (vgl. Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2003 - 2 Ca 2548/03 = DB 2004, S. 81). Als Ausfluss des Transparenzgebotes in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann die Zumutbarkeit der Vereinbarung eines Widerrufsvorbehaltes gemäß § 308 Nr. 4 BGB nur überprüft werden, wenn hinreichend konkret vereinbart worden ist, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber die Leistungsänderung herbeiführen kann. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die Widerrufsklauseln wie die vorliegende grundsätzlich akzeptierte und lediglich einer Ausübungskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB unterwarf, lässt sich im Hinblick auf die gesetzgeberische Intention der Einführung der AGB-Kontrolle auch für Allgemeine Geschäftsbedingungen in formularmäßig verwandten Arbeitsverträgen nicht weiter aufrechterhalten (so auch ErfK-Preis, §§ 305 - 310, Rdnr. 59, allerdings ausschließlich unter Berufung auf das Transparenzgebots des § 307 Abs. 1, Satz 2 BGB; ebenso Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, Rdnr. 293, 312 ff.; Henssler, RDA 2002, 129 <139>; Richardi, NZA 2002, S. 1057 <1063>).
Soweit dagegen eingewandt wird, dass § 308 Abs. 4 BGB typischerweise Lieferungen und Leistungen zugrunde liegen, die planbar seien, was für das Arbeitsverhältnis nicht der Fall sei, und deswegen sachliche Gründe nicht schon bei Vertragsschluss vorhergesehen und in den Vertrag aufgenommen werden können (so Lingemann, a.a.O., S. 190; Schnittker/Grau, BB 2002, S. 2120 <2124>), ist dem entgegenzuhalten, dass § 308 Nr. 4 BGB für Verträge jeder Art, also auch für Dauerschuldverhältnisse gilt (Palandt/Heinrichs, BGB, § 308 Rdnr. 22). Den bei Dauerschuldverhältnissen auftretenden Schwierigkeiten, die mit der Aufzählung aller in Zukunft in Betracht kommender Widerrufsgründe verbunden sind, kann dadurch begegnet werden, dass keine unzumutbaren Anforderungen an die Konkretisierung des Klauseltextes gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 153/83 = NJW 1985, S. 853; Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2003, a.a.O., S. 81 f.; ErfK-Preis, a.a.O., Rdnr. 59).
f) Besonderheiten des Arbeitsrechts im Sinne des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die eine Anwendung des § 308 Nr. 4 BGB in dieser Form entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Dagegen spricht schon, dass das Gebot, die Gründe anzugeben, um die Zumutbarkeit der Regelung zu prüfen, Ausfluss des Transparenzgebotes ist. Dieses fand schon bislang bei der Inhaltskontrolle arbeitsvertraglicher Bedingungen im Rahmen des § 242 BGB Anwendung (vgl. ErfK-Preis, 1. Aufl., § 611 BGB Rdnr. 556 m.w.N. zur BAG-Rechtsprechung).
Insbesondere stellt die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit solcher Widerrufsvorbehalte keine Besonderheit im Sinne des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB dar, welche eine Modifizierung der allgemeinen AGB-Regeln erfordert (so aber Thüsing, NZA 2002, S. 591 <594>; derselbe, BB 2002, 2666 <2674>; wohl auch Lingemann, NZA 2002, S. 181 <187>). Wenn im Arbeitsrecht bislang unzulässige Vertragsformulierungen auf das zulässige Maß zurückgeführt wurden, ist das nicht ein hoch entwickeltes Spezifikum der BAG-Rechtsprechung, sondern ergibt sich aus der bisher nach § 23 AGBG geltenden Bereichsausnahme für Arbeitsverträge. Dann ist es nicht überzeugend, wenn mit dem Wegfall der Bereichsausnahme, welche die bisherige Ursache für den Fortbestand dieser Rechtsprechung war, argumentiert wird, diese Rechtsprechung müsse als tradierte "Besonderheit" fortbestehen (so zutreffend Birnbaum, NZA 2003, 944 <948>). Sie ist vielmehr auf ihre Vereinbarkeit mit den jetzt geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur Zulässigkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträgen zu überprüfen.
3. Darüber hinaus verstößt die Bestimmung gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
a) Unwirksam sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB Bestimmungen in Formulararbeitsverträgen, die den Vertragspartner des Verwenders gegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dabei kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie muss so gestellt sein, dass der rechtsunkundige Durchschnittsbürger die benachteiligende Wirkung ohne Einholung von Rechtsrat erkennen kann. Dabei ist auf den aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner abzustellen (vgl. Hromadka, NJW 2002, S. 2523 <2528>; Palandt/Heinrichs, § 307 Rdnr. 19 jeweils m.w.N.). Die Transparenzanforderungen dürfen nicht überspannt werden, die Verpflichtung, den Klauselninhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1998 -VIII ZR 317/97 = NJW 1998, 3114 <3116>).
Das Transparenzgebot findet sich vor allem in drei Ausprägungen: Im Verständlichkeitsgebot, im Bestimmtheitsgebot und im Täuschungsverbot (Hromadka, a.a.O., Palandt/Heinrichs, Rdnr. 21 ff. m.w.N.). Das Verständlichkeitsgebot kann verletzt werden durch undurchschaubare Regelungen. Unbestimmte Rechtsbegriffe aus der Rechts- und Tarifsprache müssen aber grundsätzlich übernommen werden. Der Bestimmtheitsgrundsatz kann verletzt sein, wenn für Leistungsbestimmungsrechte nicht Anlass, Umfang und Grenzen verletzt sind. Das Täuschungsverbot ist verletzt, wenn ein Verwender dem Vertragspartner vorspiegelt, er verliere bei einem bestimmten Verhalten seine gesetzlichen Rechte oder habe unter bestimmten Umständen bestimmte Ansprüche (vgl. zum Ganzen Hromadka, a.a.O., S. 2528 f.; Palandt/Heinrichs, a.a.O., jeweils m.w.N.). Im Rahmen einseitiger Leistungsbestimmungsrechte bei Entgeltbestandteilen ist insbesondere zu fordern, dass die Klauseln so formuliert sind, dass der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss erkennen kann, welche Leistungen von der jeweiligen Klausel erfasst sind und unter welchen Voraussetzungen der Widerruf ausgeübt werden können soll. Es genügt nicht, dass eine Bezugnahme auf den ohnehin einschlägigen § 315 BGB im Wortlaut vorhanden ist (vgl. ErfK-Preis, a.a.O., Rdnr. 59).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze begegnet die von der Beklagten im Vertrag verwendete Klausel durchgreifenden Bedenken. Aufgrund des Wortlautes muss der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss davon ausgehen, dass die Beklagte sich ein sowohl zeitlich als auch inhaltlich unbeschränktes Widerrufsrecht vorbehalten hat und er dementsprechend mit dem jederzeitigen Verlust der übertariflichen Lohnbestandteile und Leistungen zu rechnen hat. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesarbeitsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 9. Juni 1967 (a.a.O., bestätigt durch Urteil vom 13. Mai 1987, a.a.O.) festgestellt hat, dass ein Widerruf nach freiem Ermessen nicht möglich ist, sondern stets ein sachlicher Grund vorliegen muss, begegnet es erheblichen Bedenken, wenn im Jahr 1998 noch eine Klausel verwendet wird, die das Erfordernis eines sachlichen Grundes nicht erwähnt. Insoweit wird der Arbeitnehmer über seine Möglichkeit, gegen einen Widerruf der Leistungen vorzugehen, objektiv getäuscht, ohne dass der Beklagten - das sei hier ausdrücklich klargestellt - eine entsprechende Täuschungsabsicht vorgeworfen werden soll und kann. Schon nach der alten Rechtslage waren die Voraussetzungen, unter denen ein Widerruf erfolgen konnte, für den Arbeitnehmer bei Vertragsschluss nicht erkennbar, weil sie unzutreffend formuliert worden waren. Dies gilt nunmehr erst recht, nachdem nach einer Übergangsfrist von einem Jahr das vom Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vorgesehene Recht der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch bei Arbeitsverträgen Anwendung findet, soweit sie vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden.
c) Besonderheiten des Arbeitsrechts stehen in der Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus den bereits genannten Gründen nicht entgegen (siehe II. 2. f der Gründe).
4. Sind allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam und richtet sich hinsichtlich der unwirksamen Bestimmungen nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Dies schließt insbesondere eine geltungserhaltene Reduktion der zu weit gefassten Klauseln in § 2 Abs. 4 Unterabs. 2, Abs. 5 Arbeitsvertrag aus. Sie können nicht mit einem zulässigen Inhalt etwa dahingehend, dass ein Widerruf nur aus sachlichen Gründen zulässig ist, aufrechterhalten werden. Im Falle des Verstoßes gegen ein Klauselgebot ist die Klausel grundsätzlich im Ganzen unwirksam.
a) Dies ergibt sich aus dem Schutzzweck der §§ 307 ff. BGB. Diese werten die Verwendung von verbotswidrigen Klauseln als eine objektiv zur Täuschung geeignete Störung des Rechtsverkehrs, vor allem deshalb, weil es der rechtsunkundige Verwendungsgegner in der Regel nicht auf einen Prozess ankommen lässt, sondern eine Vertragsabwicklung nach Maßgabe der AGB einschließlich der unwirksamen Klauseln hinnimmt. Ein solches Verhalten darf die Rechtsordnung nicht dadurch risikolos machen und fördern, indem sie im Wege der Auslegung eine verbotswidrige Klausel durch Reduktion auf das gerade noch zulässige oder angemessene Maß teilweise aufrechterhält. Die Rückführung unwirksamer Klauseln auf einen zulässigen Inhalt durch Beschränkung ihrer Anwendbarkeit auf den Bereich, in dem sie der Inhaltskontrolle standhält, ist ausgeschlossen. Vielmehr bleibt die Klausel insgesamt unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1989 - XI ZR 54/88 = NJW 1989, S. 582 <583>; BGH, Urteil vom 30. November 1993 - XI ZR 80/93 = NJW 1994, S. 318 <319 f.>; Urteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 80/93 = NJW 2000, S. 1110 <1113>). Dies galt auch in einer arbeitsrechtlichen Fallgestaltung vor Einführung der §§ 305 ff. BGB, in der es um die Unwirksamkeit einer Satzungsbestimmung der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder wegen der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten ging, d. h. um einen Fall aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 1998 = BGHZ 1999, 333 <339>). Angesichts der Übernahme von § 6 AGBG in § 306 BGB unter gleichzeitigem Wegfall der Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht in § 23 AGBG gilt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ebenfalls bei der Kontrolle formularmäßig verwendeter Allgemeiner Arbeitsbedingungen (vgl. Annuß, BB 2002, S. 458 <461 f.>; Gotthard, a.a.O., Rdnr. 331; Lingemann, NZA 2002, 181 <186>; ErfK/Preis, §§ 305 - 310 Rdnr. 99; derselbe, Sonderbeilage zu NZA Heft 16/03, S. 28; Reinicke, DB 2002, S. 583 <586>; Richardi, NZA 2002, S. 1057 <1059>).
b) Es bestehen keine arbeitsrechtlichen Besonderheiten im Sinne des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die im Anwendungsbereich des § 306 Abs. 2 BGB einen Ausschluss des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion rechtfertigen können (Annuß, a.a.O., S. 462). Dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis mit einem besonderen sozialen Kündigungsschutz ausgestaltet ist, stellt keine Besonderheit des Arbeitsrechts dar (so aber Hromadka, a.a.O., S. 2529). Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion wurde auch schon bisher z.B. im Bereich des Mietrechts, das ebenfalls durch einen ausgeprägten sozialen Mieterschutz gekennzeichnet ist, vom Bundesgerichtshof angewendet (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1989 - VIII ZR 91/88 = NJW 1989, 2247 <2249>; Urteil vom 10. September 1997 - VIII ARZ 1/97 = NJW 1997, 3437 <3439>). Ebenso wenig stellt es eine Besonderheit dar, dass das Arbeitsrecht kaum dispositives Recht kenne und damit ein Kontrollmaßstab fehle, an dem sich der Arbeitgeber ausrichten könne; letzten Endes sei es die Rechtsprechung, die im konkreten Fall den Maßstab erschaffe und den Arbeitsvertrag zugleich daran messe (so Hromadka, a.a.O., S. 2529). Das Argument fehlenden dispositiven Arbeitsrechts überzeugt schon dort nicht, wo zu Gunsten des Arbeitnehmers zwingende Schutzbestimmungen bestehen und abweichende Allgemeine Arbeitsbedingungen keine Geltung haben können. Im Übrigen ist anerkannt, dass zu den gesetzlichen Vorschriften, die gemäß § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der unzulässigen Klausel treten, auch die durch Richterrecht entwickelten ungeschriebenen Rechtsgrundsätze zählen (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 306 Rdnr. 6; Preis, a.a.O., S. 28; Gotthard, a.a.O., Rdnr. 330). So sind im Wege der Vertragsauslegung durch die Rechtsprechung anerkannte Rechte und Pflichten dispositives Recht in diesem Sinne (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1996 - XI ZR 257/94 = NJW 1996, 2092 <2093>; Beschluss vom 11. Juli 1996 - IX ZR 74/95 = NJW 1996, 2786 <2788>).
Dass das bisherige im Rahmen arbeitsrechtlicher Inhaltskontrolle entwickelte Richterrecht keine Besonderheit des Arbeitsrechts, die eine Modifizierung der allgemeinen AGB-Regeln erfordert, sondern vielmehr auf seine Vereinbarkeit mit den jetzt geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur AGB-Kontrolle zu überprüfen ist wurde bereits ausgeführt (II. 2 f) der Gründe).
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der in diesem Zusammenhang immer wieder als Beispiel für die geltungserhaltende Reduktion angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Aufrechterhaltung von Rückzahlungsklauseln im Zusammenhang mit Fortbildungskosten (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1994 - 5 AZR 339/92 = AP Nr. 18 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe; Urteil vom 6. September 1995 - 5 AZR 241/94 = AP Nr. 23 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe) in der Sache weniger um geltungserhaltende Reduktion als um eine auch im Bereich der AGB-Kontrolle zulässige ergänzende Vertragsauslegung handeln dürfte (so Annuß, a.a.O, S. 462; Lingemann, a.a.O., S. 187). Es fehlt an dispositiven Gesetzesrecht, das zur Füllung der durch die Unwirksamkeit der Klausel wegen zu langer Bindungsdauer entstandenen Lücke im Vertrag zur Verfügung stehen könnte, und eine ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel bietet keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung (vgl. Lingemann, a.a.O., unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, BGH, Urteil vom 3. November 1999, a.a.O., S. 1114). Insoweit entspricht das Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung oft der geltungserhaltenden Reduktion (vgl. Gotthard, a.a.O., Rdnr. 330; Preis, a.a.O., S. 28; vgl. zur Entscheidung des Fall einer unzulässig langen Rückzahlungsklausel bei einer Gratifikation nach bisherigem Recht auch LAG Köln, Urteil vom 1. Februar 2001 = NZA-RR 2001, 461 <462 ff.>).
c) Für den vorliegenden Fall, in der die Widerrufsklausel sowohl wegen ihrer fehlenden Zumutbarkeit als auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot insgesamt unwirksam ist, ist keinem Arbeitsrecht geltende Besonderheit ersichtlich, die eine geltungserhaltene Reduktion rechtfertigen könnte. Auch hier gilt, dass die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dazu nicht als eine solche Besonderheit herangezogen werden kann (siehe oben).
5. Eine Aufrechterhaltung der Widerrufsklausel für den Fall eines sachlichen oder triftigen Grundes ergibt sich auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Wie bereits ausgeführt, ist eine solche möglich, wenn für eine Vertragsergänzung geeignete Vorschriften fehlen und die ersatzlose Streichung der Klausel keine interessengerechte Lösung darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1999, a.a.O.; Palandt/Heinrichs, § 306 Rdnr. 6.)
Hier fehlt es bereits an der Voraussetzung, dass für eine Vertragsergänzung geeignete Vorschriften fehlen. Die Beklagte hat grundsätzlich die Möglichkeit, wenn auch unter der erschwerten Bedingungen der Darlegung eines betriebsbedingten Grundes, im Wege der Änderungskündigung sich von ihren übertariflichen Leistungen zu lösen. Insoweit führt die ersatzlose Streichung der Klausel nicht dazu, dass die Beklagte nunmehr unausweichlich an ihre bislang zugesagten Zahlungen gebunden ist.
6. Eine weitere Anwendbarkeit der Widerrufsklauseln in der Form, wie sie nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig gewesen ist, ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gerechtfertigt.
Eine weitere Anwendbarkeit der Vertragsstrafenabrede ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gerechtfertigt. Danach soll der angemessene Teil einer Allgemeinen Geschäftsbedingung aus Gründen des Vertrauensschutzes auch bei fehlender sprachlicher Teilbarkeit aufrechterhalten bleiben, wenn sie im Zeitpunkt der Verwendung dem Stand der Rechtsprechung entsprach und erst im Zuge der Perfektionierung der Inhaltskontrolle für unwirksam erklärt wird (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorbemerkung vor § 307 Rdnr. 10 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96 = BGHZ 137, 153). Abgesehen davon, dass ein solcher Rechtsgrundsatz allgemein nicht besteht (so auch Palandt/Heinrichs, a.a.O.), hat der Bundesgerichtshof die Haftung des Bürgen oder Sicherungsgebers trotz zu weit gehender Haftungsregelung für alle zukünftigen Verbindlichkeiten sie für die Verbindlichkeit aufrechterhalten, die Anlass für die Übernahme der Haftung war, und zwar unter Berufung auf den Grundsatz ergänzender Vertragsauslegung (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1997, a.a.O., S. 156 f.). Die Entscheidung ist nicht geeignet, generell im Bereich der Klauselkontrolle mit dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu arbeiten. Er würde dem im Zusammenhang mit dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion angeführten Ziel widersprechen, bei dem Verwender das Risiko der Verwendung einer unzulässigen Klausel zu belassen. Zudem erschient fraglich, ob im Hinblick auf Allgemeine Arbeitsbedingungen von einer Perfektionierung oder nicht eher von einer Grundlegung bei der Anwendung der Klauselverbote für Allgemeine Geschäftsbedingungen derzeit auszugehen ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).
Ende der Entscheidung
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