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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.02.2005
Aktenzeichen: 19 Sa 2429/04
Rechtsgebiete: BGB, HGB, GmbHG, InsO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
HGB § 130 a
HGB § 130 b
HGB § 177 a
GmbHG § 64
InsO § 92
InsO §§ 129 f.
Die Mitteilung der Sozialplanabfindung und des Auszahlungstermins in einem vom Geschäftsführer unterzeichneten Kündigungsschreiben ist nicht als Schuldbeitritt des Geschäftsführers auszulegen.

Eine persönliche Haftung eines Geschäftsführers gegenüber einem Altgläubiger der Gesellschaft ergibt sich nicht bereits daraus, dass er bei eintretender Zahlungsunfähigkeit noch Forderungen anderer Gläubiger erfüllt, solange keine Insolvenzverschleppung vorliegt.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 02.11.2004 - 2 Ca 441/04 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand: Der Kläger begehrt von dem Beklagten [Beklagter zu 2) in der ersten Instanz], einem der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH seiner zwischenzeitlich in Insolvenz geratenen Arbeitgeberin, die Zahlung einer Sozialplanabfindung. Die Arbeitgeberin des Klägers, eine GmbH & Co. KG, kündigte Ende 2002/Anfang 2003 zahlreichen Arbeitnehmern betriebsbedingt und zahlte ihnen eine Abfindung aufgrund eines Sozialplanes, der mit dem Betriebsrat vereinbart worden war, als der Beklagte noch nicht Geschäftsführer war. Der Kläger erhielt erst später, nämlich im Juli 2003 eine Kündigung zum 30.09.2003 auf dem Briefbogen seiner Arbeitgeberin und unterzeichnet von dem Beklagten, wobei über der Unterschrift nochmals der Name der Arbeitgeberin aufgeführt war. In dem Kündigungsschreiben wird darauf hingewiesen, dass dem Kläger aus dem Sozialplan eine Abfindung in Höhe von 9.373,-- € zustehe, deren Auszahlung mit der letzten Gehaltsabrechnung erfolge. Die Arbeitgeberin des Klägers zahlte die Monatsgehälter üblicherweise am dritten Tag des Folgemonats. Im August 2003 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat die Auszahlung der Gehälter jeweils Mitte des Folgemonats. Der Kläger, der keine Kündigungsschutzklage erhob, schied zum 30.09.2003 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Auf Antrag des Beklagten vom 23.10.2004 wurde am 01.12.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers eröffnet. Der Kläger meldete seinen Abfindungsanspruch zur Insolvenztabelle an. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Der Kläger hat noch keine Zahlungen erhalten. Mit der bei Gericht am 10.03.2004 eingegangenen Klage hat der Kläger von dem Beklagten als auch von dem Geschäftsführer, der den Sozialplan mit dem Betriebsrat vereinbarte, die Zahlung der Sozialplanabfindung begehrt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es hätte bereits bei Abschluss des Sozialplanes durch Einrichtung eines Treuhandkontos sichergestellt werden müssen, dass die Sozialplanabfindungen auch für den Fall einer späteren Insolvenz bezahlt werden konnten und keine Ungleichbehandlung zwischen früher und später gekündigten Arbeitnehmern eintreten konnte.

Jedenfalls habe der Beklagte im Kündigungsschreiben die Zahlung der Abfindung zugesagt und deshalb zumindest zu diesem Zeitpunkt durch Anlage des Geldes auf einem Treuhandkonto Vorsorge treffen müssen, dass die Zahlung auch tatsächlich erfolgen würde. Er hafte auch deshalb, da er im Namen der Arbeitgeberin noch bis zum 20.10.2003 Zahlungen unter anderem an Angestellte geleistet habe, ohne jedoch die Sozialplanabfindung zu zahlen. Der Kläger hat behauptet, er habe in dem Glauben, wie versprochen die Sozialplanabfindung mit dem Septembergehalt zu bekommen, auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet, um die Fälligkeit der Sozialplanabfindung nicht zu verzögern. Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 9.373,-- € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2004 zu zahlen. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, dass allein die Arbeitgeberin verpflichtet sei, die Sozialplanabfindung zu zahlen. Der Beklagte hat zudem die Ansicht vertreten, dass er auch deshalb nicht zur Zahlung der Sozialplanabfindung verpflichtet sein könne, weil er an der Vereinbarung des Sozialplanes nicht beteiligt gewesen sei, sondern erst später Geschäftsführer geworden sei. Der Insolvenzverwalter habe zu überprüfen, ob einzelne Gläubiger übervorteilt worden seien und gegebenenfalls von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch zu machen. Er hat behauptet, dass die Arbeitgeberin erst im Oktober 2003 nicht mehr in der Lage gewesen sei, die laufenden Verbindlichkeiten zu bedienen und die Sparkasse die Verhandlungen abgebrochen habe. Mit Urteil vom 02.11.2004 - 2 Ca 441/04 - hat das Arbeitsgericht Detmold die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Beklagten auch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zwischen früher und später ausscheidenden Mitarbeitern nicht verpflichtet gewesen seien, die Zahlung der Sozialplanabfindungen auch für den Fall der Insolvenz sicher zu stellen. Eine Haftung des Beklagten bestehe auch nicht deswegen, weil er noch bis zum 20.10.2003 auf andere Forderungen Zahlungen geleistet habe. Dafür spreche auch die Einstellung des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens. Der Kläger hat gegen das ihm am 26.11.2004 zugestellte Urteil, soweit die Klage gegen den Beklagten abgewiesen worden ist, am 23.12.2004 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er vertritt die Ansicht, dass das Kündigungsschreiben hinsichtlich der Sozialplanabfindung als Schuldversprechen des Beklagten auszulegen sei. Jedenfalls habe der Beklagte mit dem Kündigungsschreiben den Anschein erweckt, die Zahlung sei gesichert, obwohl er die Gefahr der Insolvenz hätte erkennen können, da die Banken nur noch bei massiven Sparmaßnahmen unter erheblichem Personalabbau Gelder hätten neu bewilligen wollen. So habe der Beklagte die Abfindungszahlung absichern müssen. Der Kläger behauptet, dass sogar im Oktober 2003 noch ausreichend Firmengelder vorhanden gewesen seien, um die Abfindung zu zahlen. Völlig willkürlich seien aber Sozialversicherungsbeiträge und Rechtsanwaltsgebühren, die erst Mitte Oktober 2003 fällig geworden seien, beglichen worden, statt ihm die Sozialplanabfindung zu zahlen. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass sich somit eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten sowohl aus seiner Zusage im Kündigungsschreiben als auch aus seinem nachträglichen Verhalten ergebe. Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 02.11.2004 - 2 Ca 441/04 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.373,-- € nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2004 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er vertritt die Ansicht, dass sich aus dem Kündigungsschreiben keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er sich persönlich habe gegenüber dem Kläger verpflichten wollen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf vorrangige Befriedigung gehabt. Es sei auch nicht ersichtlich, warum er willkürlich gehandelt haben solle. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung ist unbegründet. I. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Sozialplanabfindung aufgrund eines zwischen ihm und dem Beklagten geschlossenen Vertrages, sei es eines Schuldbeitritts oder eines Garantievertrages. 1. Beim Schuldbeitritt tritt der Mitübernehmer zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis ein. Beide werden Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff. BGB. Er kann zwischen Gläubiger und Beitretendem vereinbart werden. Eine Zustimmung des Gläubigers ist nicht erforderlich und er ist grundsätzlich auch formfrei wirksam, anders als ein Bürgschaftsvertrag, da der Beitretende anders als der Bürge typischerweise ein eigenes unmittelbares Interesse an der Erfüllung der Verbindlichkeit hat (vgl. Palandt, BGB, 63. Aufl., Überleitung vor § 414 Rdnr. 2 und Einführung vor § 765 Rdnr. 16). Auch bei Übernahme einer Forderungsgarantie durch einen Dritten, wie z.B. bei einer Bankgarantie, ist keine Form erforderlich ( vgl. Palandt aaO). 2. Es ergibt sich aber weder aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens noch aus anderen Umständen, dass der Beklagte persönlich für die im Kündigungsschreiben angekündigte Zahlung der Sozialplanabfindung einstehen wollte. Der Beklagte hat das Kündigungsschreiben als Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Arbeitgeberin des Klägers unterzeichnet, indem er einen Briefbogen verwandt hat, auf dem die Firma der Arbeitgeberin sowohl im Briefkopf als auch als Absender und in der Fußzeile sogar einschließlich ihrer Komplementär GmbH und dem Beklagten als ihr Geschäftsführer aufgeführt ist. Zudem hat der Beklagte über seiner Unterschrift nochmals die Firma der Arbeitgeberin des Klägers aufgeführt. Dass das Kündigungsschreiben Erklärungen im Namen der Arbeitgeberin enthalten soll, ergibt sich auch daraus, dass nur sie als Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis kündigen konnte und es im Kündigungsschreiben "wir" und "das Unternehmen" heißt. Zu keiner Zeit hat der Beklagte die Ich-Form verwandt. Es bestand mit Ausspruch des Kündigungsschreibens auch keine Veranlassung, eine Sicherung in Form eines Schuldbeitritts oder einer Garantie des Beklagten anzubieten. Der Kläger konnte seinen Abfindungsanspruch noch nicht einklagen, weil dieser erst mehrere Monate später fällig wurde. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass er Sicherheiten verlangt hat und er bereits das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit seiner Arbeitgeberin verloren hatte. Vielmehr waren nach seinem Vorbringen bisher die Sozialplanabfindungen gezahlt worden. Der Kläger konnte auch nicht den Eindruck haben, dass der Beklagte ein persönliches Interesse daran hatte, dass er - der Kläger - die Sozialplanabfindung erhielt, worauf sich die Bereitschaft gründen könnte, auch persönlich für die Abfindungsforderung einzustehen. Insofern liegen hier keine der Gesichtspunkte vor, die den Bundesgerichtshof in dem seinem Urteil vom 18.02.2002 - II ZR 358/99 - (NJW-RR 2002, 822) zugrunde liegenden Fall veranlasst haben, trotz Verwendung eines Firmenbriefbogens es nicht als geklärt anzusehen, dass der unterzeichnende Geschäftsführer nicht persönlich für die Zusagen einstehen wollte. II. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Sozialplanabfindung weder gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder §§ 130 a, 130 b, 177 a HGB noch gemäß § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung. 1. Einen solchen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten kann der Kläger nicht daraus herleiten, dass im Sozialplan nicht vereinbart wurde, die Abfindungen durch Zahlungen auf ein Treuhandkonto gegen das Risiko der Insolvenz abzusichern, dies schon deshalb nicht, weil der Beklagte an den Sozialplanverhandlungen nicht beteiligt war und erst später Geschäftsführer der Arbeitgeberin des Klägers wurde. Im Übrigen handelt ein Geschäftsführer auch nicht sittenwidrig, wenn er solche Sicherheiten nicht anbietet. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Sicherung anzubieten. Im Hinblick auf die Gefahr einer Insolvenz nach Abschluss eines Sozialplans ist gemäß § 112 BetrVG kein Anspruch des Betriebsrates auf Sicherheitsleistungen vorgesehen, sondern dem Betriebsrat gemäß § 124 InsO nur die Möglichkeit gegeben, bei einer binnen drei Monaten eintretenden Insolvenz den Sozialplan zu widerrufen und einen Sozialplan mit dem Insolvenzverwalter abzuschließen. Ein mit dem Insolvenzverwalter geschlossener Sozialplan hat den Vorteil hat, dass die aus ihm erwachsenden Verbindlichkeiten gemäß § 123 Abs. 2 InsO in den dort angegebenen Grenzen Masseverbindlichkeiten sind, die vorrangig vor den Insolvenzforderungen erfüllt werden müssen. Es liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, wenn die Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer, die später ausscheiden, auch später fällig werden und deshalb ein höheres Risiko tragen, nicht mehr erfüllt werden zu können, da diese Arbeitnehmer auch länger beschäftigt werden und damit auch länger eine Vergütung erhalten. 2. Der Beklagte hat dem Kläger auch nicht durch Betrug oder sonstige sittenwidrige Weise einen Schaden in Höhe der Sozialplanabfindung zugefügt, indem er im Kündigungsschreiben erwähnt, dass dem Kläger nach dem Sozialplan eine Abfindung in Höhe von 9.373,-- € zustehe, deren Auszahlung mit der letzten Gehaltsabrechnung erfolge. a) Diese Erklärung durfte der Kläger nur als einen Hinweis auf die Vereinbarungen im Sozialplan und die sich daraus nach Meinung seiner Arbeitgeberin ergebende Abfindungszahlung und den Zahlungstermin verstehen. Er durfte ihr nicht den Erklärungswert beimessen, dass das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit nicht bestehen würde. Ein solches Risiko besteht mehr oder weniger immer und eine besondere Absicherung der Zahlung wird in dem Kündigungsschreiben nicht erwähnt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte den Kläger täuschen wollte. b) Aber selbst wenn dem Kündigungsschreiben eine Aussage über die Sicherheit der Zahlung zu entnehmen wäre und zudem der Beklagte eine Täuschungsabsicht gehabt hätte, ist nicht erkennbar, dass dem Kläger dadurch ein Schaden in Höhe der Sozialplanabfindung entstanden ist. Dem Vorbringen des Klägers kann allenfalls entnommen werden, dass er wegen dieses Hinweises im Kündigungsschreiben keine Kündigungsschutzklage erhoben hat. Er hat aber weder dargelegt, ob und aus welchen Gründen eine Kündigungsschutzklage voraussichtlich erfolgreich gewesen wäre, noch hätte er bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage einen Anspruch auf eine Sozialplanabfindung gehabt. Einen anderen Schaden wie z.B. Gehaltsausfälle hat er nicht geltend gemacht. Insofern müsste er sich aber auch gemäß § 254 BGB entgegenhalten lassen, dass er, als bei Fälligkeit des Abfindungsanspruchs Mitte Oktober 2003 keine Zahlung erfolgte und der Beklagte am 23.10.2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragte, noch einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gemäß § 5 KSchG hätte stellen können, wenn in dem Hinweis im Kündigungsschreiben auf die Auszahlung der Abfindung mit der Septemberabrechnung tatsächlich eine Täuschung zu sehen wäre und diese ihn veranlasst hätte, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. 3. Der Beklagte hat auch nicht dadurch gegen ein den Schutz des Klägers bezweckendes Gesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verstoßen oder dem Kläger auf sittenwidrige Weise einen Schaden in Höhe der Sozialplanabfindung zugefügt, dass er weder bei Ausspruch der Kündigung noch danach dafür gesorgt hat, dass die Arbeitgeberin des Klägers eine Sicherung für die Sozialplanabfindung gewährte und die Abfindung auszahlte. Ein Schuldner ist nicht verpflichtet, Sicherheiten zur Verfügung zu stellen, ohne dass dies vereinbart ist. Sofern fällige Ansprüche nicht erfüllt werden, hat der Gläubiger die Möglichkeit, Klage zu erheben. Es kann auch kein sittenwidriges Verhalten darin gesehen werden, dass im Oktober noch Gehälter, Sozialversicherungsbeiträge und Rechtsanwaltsgebühren gezahlt wurden, nicht jedoch die Abfindung. Wenn nicht mehr alle Forderungen erfüllt werden können, sollen die Interessen der Gläubiger dadurch gewahrt werden, dass nur noch die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlichen Zahlungen geleistet werden und im Übrigen unverzüglich geklärt wird, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss. Die nicht mit einer sorgfältigen und gewissenhaften Geschäftsführung zu vereinbarenden Zahlungen sind vom Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH gemäß § 177 a HGB i.V.m. § 130 a Abs. 2 HGB der Kommanditgesellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter zu erstatten. Auch hat der Insolvenzverwalter gemäß den §§ 129 ff InsO die Möglichkeit, Zahlungen und gewährte Sicherungen unter bestimmten Voraussetzungen anzufechten und von den begünstigten Gläubigern zurückzufordern, damit sie wieder als Haftungsmasse zur Verfügung stehen und nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung an die Gläubiger ausgezahlt werden können. Keinesfalls kann bei nicht nur zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes geleisteten Zahlungen oder Sicherungen, wenn nicht mehr alle Forderungen erfüllt werden können, eine Gleichbehandlung dadurch erreicht werden, dass noch möglichst viele weitere Ansprüche erfüllt werden, weil dadurch die verbleibenden Gläubiger, die nicht mehr vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens berücksichtigt würden, noch mehr benachteiligt würden. Im Übrigen dürfte die Zahlung der Gehälter für die Fortführung eines Betriebes erforderlich sein, da bei Nichtzahlung die Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen und ihre Arbeit einstellen können. Jedenfalls spricht für eine vorrangige Zahlung der Gehälter gegenüber einer Abfindungszahlung, dass insofern die Arbeitnehmer in Vorleistung getreten sind und die Gehälter in der Regel unmittelbar für den Lebensunterhalt benötigt werden. Auch ist die Begleichung von Rechtsanwaltsgebühren erforderlich, wenn eine Rechtsanwaltliche Beratung zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung notwendig ist, z.B. zur Ermittlung der Insolvenzreife. Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist sogar gemäß § 266 a StGB strafbar. Letztlich kann dies jedoch hier dahingestellt bleiben. 4. Der Kläger hat auch keinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe der Sozialplanabfindung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 130 a, 130 b, 177 a HGB, wonach sich der Geschäftsführer einer Komplementär GmbH einer Kommanditgesellschaft strafbar macht, der nicht ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt. a) Die strafrechtlichen Bestimmungen, die an eine Insolvenzverschleppung (vgl. bezüglich einer GmbH §§ 64,84 GmbHG) anknüpfen, sind als Schutzgesetze zugunsten der Gläubiger im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Denn diese strafrechtlichen Bestimmungen sollen sicherstellen, dass die Insolvenzmasse nicht durch eine verspätete Beantragung des Insolvenzverfahrens geschmälert wird und deshalb nur eine geringere Quote der Forderungen der Insolvenzgläubiger erfüllt werden kann. Dies bedeutet aber auch, dass ein Insolvenzgläubiger wie der Kläger nur einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Quote der Forderung hat, die zusätzlich hätte erfüllt werden können, wenn der Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt worden wäre (vgl. MünchKomm, HGB/Schmidt, § 130 a Rdnr. 34 f.) b) Der Kläger hat aber nicht dargelegt, dass der Beklagte verspätet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat und somit auch nicht, zu welchem früheren Zeitpunkt bereits ein Antrag hätte gestellt werden müssen und welcher Quotenschaden dadurch entstanden ist. Darüber hinaus kann ein solcher Schaden während eines Insolvenzverfahrens gemäß § 92 InsO nur vom Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden (vgl. auch Braun/Kroth, InsO, 2. Aufl., § 92 Rdnr. 8 f und MünchKomm, HGB/Schmidt, § 130 a Rdnr. 42 f). c) Nur sogenannte Neugläubiger, die noch nach dem Zeitpunkt, zu dem der Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen, eine Forderung gegen die Gesellschaft erworben haben, indem sie z.B. noch Leistungen erbracht haben, können ihren Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, also so gestellt zu werden, als wäre der Insolvenzantrag bereits gestellt gewesen und hätten sie deshalb keine Leistungen mehr erbracht, gegen die Geschäftsführer einer Gesellschaft auch während eines Insolvenzverfahrens einklagen (vgl. Braun/Kroth, InsO, 2. Aufl., § 92 RN 7; MünchKomm, HGB/Schmidt a.a.O und BGH, Urteil vom 30.03.1998 - II ZR 146/96, NJW 1998, 2667f) Der Kläger macht jedoch kein negatives Interesse (Vertrauensschaden) geltend, sondern begehrt die Erfüllung seines sich aus dem bereits im Jahre 2002 ausgehandelten Sozialplan ergebenden Abfindungsanspruches bzw. Ersatz des Schadens, der ihm durch die Nichterfüllung entsteht. Unabhängig hiervon ist dem Kläger kein Vertrauensschaden entstanden, außer dass er evtl. bei Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Beklagten innerhalb von drei Wochen nach Ausspruch der Kündigung noch Kündigungsschutzklage erhoben hätte. Dies würde aber voraussetzen, dass der Beklagte schon im Juli 2003 einen Insolvenzantrag hätte stellen müssen. Im Übrigen hat der Kläger, wie unter II 2. b) ausgeführt, nicht dargelegt, dass ihm durch die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 97 ZPO dem Kläger aufzuerlegen. Mangels grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits war die Revision nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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